Schon jetzt eine sehr spieleintensive Woche mit eindrücklichen Erfahrungen, hier ein Zwischenbericht:
Am Wochenende wurden mit den Kindern eine ganze Reihe "Klassiker der Kindheit" gespielt, die jetzt zum Sozialladen wandern. Immer noch schöne Spiele, aber der Kleine ist jetzt doch zu groß dafür geworden. Bei ein paar Titeln tut mir der Abschied schon weh, weil viele schöne nostalgische Erinnerungen damit verbunden sind: Joe's Zoo, Linus der kleine Magier, RinglDing, Kinder-Cluedo (bei dem man einen Tortendieb fangen muss), Tier auf Tier, Obstgarten: Alle wurden hundert Mal und mehr gespielt, und alle haben auch beim letzten Spiel nochmal Spaß gemacht. Nun denn, auf zu neuen Ufern (und zu neuem Regalplatz für mich).
Am Sonntag gab es eine fünfte Runde #HorselessCarriage. Diesmal erstmals zu dritt, was die Spielzeit auf kommensurablere 3,5 Stunden gesenkt hat. Je öfter man es spielt, desto interaktiver wird es auch schon in den ersten Runden - man ahnt jetzt schon, wer sich auf bestimmte Wagen spezialisieren will, und versucht dies entweder zu kontern oder diesen Weg für sich zu vermeiden. Zweier-Konflikte sind wie so oft zu dritt unbedingt zu vermeiden, da freut sich dann der Dritte und hat ungebremste Marktmacht. Aber eine "von allem ein bisschen"-Strategie wäre wie bei den meisten anderen Splotter-Titeln hier auch verfehlt. Ich habe noch Lust auf viele weitere Partien, aber es wird zunehmend schwieriger, die Mitspieler zur Partizipation zu überreden. Neue zu finden würde bedeuten, ihnen in der ersten Runde hoffnungslos davonzulaufen. Zu dritt ist nicht ideal, ich würde den Sweet Spot des Spiels trotz der langen Spielzeit ausdrücklich bei 5 Spielern sehen.
Montag gab es mit Aleo und unseren weiblichen Begleitungen zuerst #Dorfromantik, was diesmal am Tisch nicht viel mehr als ein Schulterzucken auslöste, dann #Flamecraft, was schon deutlich besser ankam. Flamecraft ist wirklich hübsch anzuschauen, auch wenn sich die niedlichen, kindgerechten Grafiken schon etwas mit dem Anspruch des Spiels (klassisches Kennerspiel-Niveau) beißen. Es spielt sich auch sehr eingängig und schnell runter (in einer Stunde war die Partie gespielt). Im Endeffekt spielt man auf seine Zielkarten (=Schmuckdrachen), von denen man anfangs am besten soviele wie möglich einsammelt. In unserer Runde waren sehr viele Münzläden im Spiel, und die sind schon extrem stark (3x 8 Siegpunkte durch reines Besuchen bei der einen Karte, 5 Siegpunkte und gleich noch eine Aktion bei der anderen würde ich schon fast OP nennen). Sind solche Läden im Spiel, werden die Verzauberungen fast schon zweitrangig. Ich mag es, aber sehe auch nur das Potential für x<5 Partien ohne Erweiterung, die etwas mehr Komplexität reinbringt - die Abläufe sind schon sehr gleichförmig. Mal sehen ob da noch etwas kommt.
Anschließend nochmal #Lacrimosa, das am Dienstag gleich nochmal auf den Tisch kam. Und hier muss ich jetzt einiges an Abbitte leisten: Bei der Erstpartie war mir das Spiel erklärt worden, und zwar in einigen grundlegenden Prinzipien falsch. Die komplette Wertung des Requiems war dadurch viel zu stark ausgefallen, und das hat meinen Ersteindruck stark verschlechtert. In der Vorbereitung der beiden Partien habe ich die Anleitung dann nochmal selbst gelesen, die übrigens absolut grauenhaft aufgebaut ist (wer bitte erklärt erst die Spielabläufe und dann das dafür benötigte Spielmaterial???). Und korrekt gespielt ist #Lacrimosa dann tatsächlich auf dem Weg zum Expertenspiel, trotz des eigentlich simplen und gut durchdachten Aktionswahlmechanismus. Man schiebt dazu zwei Karten ein, eine bestimmt die Aktion(en), die andere die Ressourcen für die nächste Runde. Die Karten kann man durch eine dieser Aktionen aufwerten, so dass man gen Ende immer mehr Möglichkeiten hat. Anders als bei den meisten Spielen dieser Komplexitätsstufe schwimmt man von Beginn an in Ressourcen, knapp ist wenn überhaupt nur Geld, und das auch nur wenn man nicht aufpasst. Die zweite und dritte Runde mit dem Spiel hat mir jetzt sehr gut gefallen, und durch das Austauschen der Komponistenteile kann man wirklich sehr viel Variation reinbringen; die expertigeren Teile erfordern dann auch ziemliches Umdenken. Passiert mir selten, dass ich ein Spiel beim zweiten Mal so deutlich besser finde, aber hier ist es eindeutig der Fall, auch wenn bei aller opulenten Optik die Ikonographie wirklich nicht das Gelbe vom Ei ist.
Friedemann Frieses in Essen etwas untergegangenes #FreieFahrt kam auf den ausdrücklichen Wunsch einer Mitspielerin, die Zugspiele sonst nicht mag, auf den Tisch. Wie so oft bei Frieses Spielen ist auch Freie Fahrt eine Versuchsanordnung: Im Kern ist es ein aufgebohrtes Transamerica/Transeuropa mit ein paar zusätzlichen Elementen, die eher noch an Thurn und Taxis oder Elfenland denn an Zug um Zug erinnern. Neu sind ein paar Details; so kann das Spielende sehr stark herausgezögert werden, wenn die Mitspieler das so wollen. Ich beendete mein Spiel und durfte dann noch fast 30 Minuten zugucken wie die anderen ihren Kas essen, gewonnen habe ich trotzdem. Wie schon bei Faiyum führt die sehr variable Streckenauslage zu sehr variablen Spielverläufen, die das Spiel je nach Runde beschleunigen oder verlangsamen können (mal sehen ob es wie bei Faiyum auch zu ganz gekippten Partien kommen kann). Man merkt dem Spiel an dass die Grundidee 15 Jahre alt ist, denn genau in die Zeit passt das Spiel sehr gut hinein. Das muss aber ja gar nichts negatives sein: Als ich mich 2008/2009 durch die ganzen Zugspiele auf dem Markt gekämpft habe, wäre ich von Freie Fahrt schwer begeistert gewesen, gerade weil es sich strategischer spielt als die meisten Konkurrenten auf vergleichbarem Familienspielniveau. Und ist es weitaus weniger konfrontativ als die meisten anderen Zugspiele, das ist zumindest für diese Mitspielerin ein echter Vorteil. Ich bereue den Kauf somit nicht und freue mich auf weitere Partien.
Vital Lacerdas #RailroadsofPortugal kam auch nochmal auf den Tisch. Meine Heiligkeit ist das ein gemeines Spiel. Die Karte ist winzig, schon zu zweit standen wir uns in der Erstpartie nur auf den Füßen, zu dritt war es gestern massivst konfrontativ. Eigentlich baut man sich konstant Verbindungen weg und muss beim Liefern viele ungewollte Strecken der Gegner mitnutzen. Die zusätzlichen Elemente fügen sich dabei harmonisch ein und machen es noch konfrontativer. Ein wirklich böses Spiel, mit dem man Freundschaften beenden kann. Gewonnen hat diejenige, die einfach immer nur in die Streckennetze der anderen reinbaute, ohne selbst größere Ambitionen auf ein eigenes Liefernetz zu haben. So partizipierte sie quasi bei jeder Lieferung und rutschte immer weiter nach vorne. Wer also nach einem passiv-aggressiven Rausschmeißer für eine Kuschelrunde sucht, der wird hier definitiv fündig.
#OhneFurchtundAdel Nach einer gefühlten Ewigkeit nochmal gespielt, die Originalausgabe von Hans im Glück nebst Erweiterung. Ich überlege mir die Neufassung mitsamt der neuen Erweiterung zu holen, genug neues Material wäre ja vorhanden, um den Kauf zu rechtfertigen. Aber so sehr ich das Spiel immer noch mag, es knirscht halt schon etwas im Gebälk. Viele der Mechanismen sind mittlerweile aus einer ganzen Reihe anderer Spiele bekannt (Fist of Dragonstones wäre etwa eine auch schon alte, aber schnellere Alternative), und "Auf den Führenden stürzen" ist hier leider ein echtes Problem, denn der hat in meinen Runden dadurch noch nie gewonnen. Daher vermeidet man in Führung zu gehen, was das Spiel aber effektiv künstlich verlängert. Kam leider nicht so gut an wie erhofft (und erinnert).
#Innovation mit der Echoes-Erweiterung wurde zu dritt gespielt, ich stelle erneut fest, dass Innovation für mich zu dritt nicht ganz so gut funktioniert (entweder zu zweit oder in der Teamvariante zu viert). Ansonsten aber wie immer über jeden Zweifel erhaben, die Wendungen von "ich hab in Runde 1 schon verloren" hin zu "Runde 9, gleich hab ich alle Zivilisationen die ich brauche, und kann gleichzeitig mit dieser Karte auch Schluss machen", um es dann doch nicht zu schaffen, sind hier ja großartiger Standard. Der dritte Mitspieler, dem das Spiel neu war, hat es sich gleich im Anschluss bestellt.
#DungeonFighter: Das Spiel, das mich wie Murtaugh dastehen lässt, bei jedem zweiten Wurf will man "Ich bin zu alt für diesen Scheiß" sagen, hat aber doch einen Mordsspaß dabei, mit geschlossenen Augen Würfel über die rechte Schulter auf eine winzige Zielscheibe zu werfen und garantiert eher die Mitspieler zu treffen. Ein Obermotz wurde von einem Mitspieler mit einem gezielten Wurf, der tatsächlich dreimal vorher auf der Tischkante aufprallte, erledigt. Ein großer Spaß nach wie vor, auch in der alten Heidelberger-Ausgabe (bei der Neuausgabe habe ich das Prinzip, vier getrennte Grundspiele zu produzieren, einfach nicht wirklich verstanden).
#Traumfabrik bzw. #FabrikderTräume Für mich Knizias verlorener Auktionsklassiker, aber ich gebe zu, das Thema spielt da auch mit rein. Meine in den 00er Jahren selbst beklebte Version mit zeitgenössischeren Filmen und Regisseuren ist jetzt ihrerseits schon nostalgisch geworden, so dass ich lieber mal das Originalspiel mit King Kong und Casablanca auf den Tisch gebracht habe (schon allein weil Kevin Spacey und Mel Gibson jetzt wohl eher auf den schwarzen Stern gehören). Man ersteigert immer Gruppen von Produktionschips und bestückt damit möglichst gelungen seine eigenen Drehbücher, wobei es neben möglichst schnell zu erreichenden Zielen gottseidank auch zumindest einen Preis für den lausigsten Film gibt. Mir macht es immer eine Heidenfreude, es auf den Tisch zu bringen.
#Atlantis (das Colovini-Remake von Cartagena) wurde mit beiden Promo-Erweiterungen gespielt, die eine bringt mehr Glück rein, die andere mehr Strategie. Eigentlich ein nettes Laufspiel, bei dem man wie bei Cartagena und Verflixxt die punkteträchtigen Teile wegnimmt und so teure Lücken produziert. Und trotzdem sollte man möglichst schnell zum Ziel rennen, denn wer hier trödelt verliert garantiert. Und auch wenn man Erstspielern diesen Umstand bei der Erklärung nahebringt, so werden sie doch davon überrascht, wie schnell das Spiel zuende sein kann und wie böse teuer dann das Nachziehen der eigenen Figuren wird. Erste Runde mit 27 zu -7 und -12 Punkten gewonnen, das wollte man natürlich nicht auf sich sitzen lassen, und die zweite Partie ging dann natürlich schon ganz anders aus.
Aus der Rubrik "schnell gespielt" gab es dann noch das gute alte #Diamant (Indiana Jones als Push.-Your-Luck-Kartenaufdecken, extrem simpel, aber immer wieder spaßig und spannend), #Mistkäfer (Würfeln, Würfeln beim Mitspieler klauen, Werten - hier steht das Ärgern im Vordergrund, aber das macht das Spiel gut), und gleich zwei Partien #ProjectL, das erste Polyomino-Spiel, das sich wirklich nach Tetris anfühlt, auch wegen der Schnelligkeit, mit der es dann doch beendet wird. Kam wieder sehr gut an.