Beiträge von Huutini im Thema „Crowdfounding Preise vs. Retail - Erklärung benötigt“

    Ich wollte das Thema "allgemein" ansprechen und leider, bin ich auch nur ein Mensch mit seinen Vorstellungen von richtig oder nicht ganz richtig ;)

    Ich mein, im Kern stimme ich ja auch völlig überein mit der Meinung: wenn im Kickstarter steht „Backer first“, dann sollte man es zuerst bekommen. Ganz egal welche logistischen (&logischen) Gründe dagegen sprechen. Es sollte ganz einfach so sein.

    Ich bin ja da ein Verfechter des Realismus und sage: "Versprechen sind schön und gut, aber manchmal eben aufgrund von Ereignissen außerhalb unseres Einflusses nicht zu erfüllen".
    Ich kann dir gerne versprechen, am Wochenende mit dir in den Zoo zu gehen. Wenn ich aber morgen ins Koma falle, bringt es auch nix, wenn du an meinem Krankenbett mit den Füßen aufstampfst und greinst: "Du hast es aber versprochen!!! Das sollte ganz einfach so sein."
    Ja, stimmt. Und aus Gründen, die außerhalb meiner Kontrolle liegen, habe ich das Versprechen nicht einhalten können. Es ist halt nicht immer so einfach.

    Das ist die Welt, das ist das Leben - Versprechen werden mit besten Absichten gegeben, und dann passiert etwas, und sie können nicht realistisch eingehalten werden. Und bei einem Kickstarter, der zwei Jahre später aufgrund einer unvorhergesehenen Pandemie oder wasauchimmer dann in einer völlig irrwitzigen globalen Frachtsituation auf den letzten Metern halt zwei, drei vier Wochen nach dem Retail ausgeliefert wird ... das ist dann etwas, das außerhalb des m.E. völlig unrealistischen Wunsches liegt, dass jedes Versprechen immer und überall egal zu welchem Preis und unter welchen Bedingungen eingehalten werden müsse.

    Frei nach John Lennon: Life is, what happens to you while you're busy making other promises.

    (Ich freue mich jetzt schon auf die "Dann meinst du also, dass niemals irgendwo irgendein Versprechen eingehalten werden muss?" Fragen ... :) )

    Ein passenderes Beispiel wäre eine Sneak-Preview im Kino, wo ich für ein Ticket 10€ zahle (und mir der Film ggf. nicht gefällt) und dann die normale Vorstellung mit dem gleichen Film aber nur 6€ kostet ... im Endeffekt hat man das gleiche Produkt bekommen aber zu unterschiedlichen Preisen ... und nein, in meinem Beispiel würden alle Filme 6€ kosten. Die "Überraschung" kostet die 4€ Aufpreis.

    Nein, das Beispiel passt genausowenig wie alle anderen, weil du immer noch "Investor" mit "Käufer" gleichsetzt. Solange du dich davon nicht löst, wird das nix mit deinen Risikovergleichen. :)

    Da schaut man ein paar Stunden nicht rein und dann läuft das hier teilweise auf "bewaffnete Auseinandersetzungen" hinaus ;)

    Zu dem Thema "Käufer 2. Klasse" ... mMn. korrekt, viele Risiken (inkl. später beliefert werden und höherer Preis) versus minimalem Vorteil: bei der "Verwirklichung helfen". Das wiegt die Risiken aber nicht auf. (Bsp. ich warte jetzt auf einen Ersatz-Teil bis Q3/2023. Im Normalen Shop schick ichs zurück und erhalte ein paar Tage später Ersatz oder der Defekt fällt schon vorher auf und dann wird das nicht erst rausgeschickt)

    Und fällt dir was auf? Wer trägt da das Risiko? Der Retailer. Das Risiko löst sich ja nicht einfach in Luft auf.
    Darum ist ja dieses ganze "2. Klasse"-Argumentation so kompletter Humbug! NATÜRLICH hast du ein höheres Risiko, wenn DU das Risiko eingehst, anstelle von dem Retailer, der für dich die Risiken eingeht.

    Mit derselben unsinnigen Argumentation bist du als Autofahrer nur "Fahrer 2. Klasse", weil du selbst Schuld bist, wenn du einen Unfall baust, während du, wenn du mit dem Bus fährst, nach einem Unfall einfach nach Hause spazieren kannst und keinen Ärger mehr hast.

    Das ist ja der Unterschied zwischen "ich kaufe bei einem Retailer und habe kein Risiko" und "Ich investiere in einen Kickstarter und trage das Risiko selbst". Genau dieser Unterschied ermöglicht ja erst die Projekte, die Crowfunding so interessant machen.

    Davon abgesehen ist dein ganzer Abschlussbeitrag echt schräg. Aber gut, es wird immer jemanden geben, der sich beim Kickstarter als "Endkunde" betrachtet und auf einen "Käuferschutz" und "Fernhandelsgesetze" pocht. So what.

    Richtig, du bist Investor. Du tust das, was sonst der Verlag tut, mit dem Unterschied, dass dein Ziel nicht darin besteht, das Produkt weiterzuverkaufen und damit Profit zu erwirtschaften, sondern dass du ein Exemplar für den Eigengebrauch finanzierst.

    Aber du bist nicht der gleiche Investor oder? Du wirst anders behandelt oder?

    Das klingt, als würdest du dir eine kommunistische Form von Crowdfunding wünschen ... :/

    Ich sehe Crowdfunding jetzt nicht als Spende, sondern eher als eine Art Investition. Und bei einer Investition hat man natürlich auch Eigeninteressen, auch wenn man bei der Umsetzung einer Idee helfen will.

    Richtig, du bist Investor. Du tust das, was sonst der Verlag tut, mit dem Unterschied, dass dein Ziel nicht darin besteht, das Produkt weiterzuverkaufen und damit Profit zu erwirtschaften, sondern dass du ein Exemplar für den Eigengebrauch finanzierst.

    Man lässt sich das Spiel vorfinanzieren, tritt einen beträchtlichen Teil des Risikos an die Backer ab, lässt sich auch die Transportkosten aus China abgelten und macht zusätzlich noch mehr Marge mit den Backern.

    Dass die Backer das Risiko tragen, war aber nie anders und ist doch von vornherein bekannt!? Genau ist das doch das Prinzip von Crowdfunding, das Risiko auf viele Schultern zu verteilen!?

    Und man hat ja als Herausgeber auch keinerlei Gewissheit, tatsächlich Verlage zu finden, die eine Retailversion machen.

    Vor allem ist das ja der Grund, warum über Crowdfunding Projekte realisiert werden, die im Verlag keine Chancen haben.

    Denn dort muss der Verlag selbst für die gesamten Kosten von Produktion über Transport, Lagerung und Co. vorlegen und aus eigener Tasche bezahlen. Das sind in der Regel enorme Summen. Das macht ein Verlag logischerweise nur, wenn er sich am Ende einen finanziellen Gewinn davon verspricht. (In seltenen Fällen mögen andere Beweggründe im Vordergrund stehen.)

    Beim Crowdfunding tragen die Endkunden das Risiko, wobei jeder Backer alleine einen relativ kleinen Betrag "vorlegt". Da hier - in der Regel - keine Existenzen bedroht sind, können auch Projekte realisiert werden, die für Verlage vollkommen uninteressant sind.

    Darum ist Crowdfunding ja eine der treibenden Kräfte bei der Entwicklung von Brettspielen der letzten Jahre gewesen, sogar so weit, dass selbst Verlage jetzt ganz andere Rahmenbedingungen setzen, und auch Projekte übernehmen, deren Lukrativität ja erst durch Crowdfunding bewiesen wurde.

    Wenn man die Werkzeugkosten und Entwicklung quasi den Backern auferlegt und beim Retail rauslässt, dann entspricht das ungefähr einem Rabatt von 50% ...

    Damit muss das gar nichts zu tun haben (aber ich sehe, dass die Werkzeugkosten für dich ein bedeutender Faktor sind, den du nicht ausklammern magst. :) ).

    Es geht ganz einfach darum, dass hohe Stückzahlen zu produzieren IMMER günstiger ist als niedrige Stückzahlen.
    Und wenn man das mal gegeneinanderhält, dann bestellt 1 Backer immer 1 Exemplar und ein Retailer immer sehr viel mehr, also ist es logisch, dass er pro Stück weniger bezahlt.

    Oder um bei deinen Werkzeugkosten zu bleiben:

    Wenn 500 Backer 500 Exemplare bestellen, müssen die Werkzeugkosten (sagen wir mal 20.000€) auf 500 Backer umgelegt werden, also 40€ pro Backer.
    Kommt nun noch EIN Retailer dazu und bestellt 1000 Exemplare, müssen die Werkzeugkosten auf 1500 Exemplare, aber nur 501 Backer umgelegt werden, damit zahlen die Backer nur noch 13,3€ pro Exemplar und der Retailer 13.300€. Tatsächlich senkt der Retailer mit einer Großbestellung also die Werkzeugkosten für die Backer. Es ist also genau das Gegenteil von deiner Annahme.

    Und selbst hier könnte der Kampagnenstarter dann sagen, dass er den Retailer entlastet, und jedem Backer 26€ der Werkzeugkosten auferlegt und dem Retailer nur noch 7.000€, selbst dann ist es für beide Seiten noch eine Ersparnis.

    Überlegen wir die Rechnung mal anders, und nehmen Folgendes an:

    Backer (bestellt 1 Stück):
    Produktionskosten von 1 Produkt: 60€
    Versand von 1 Produkt zum Backer: 60€
    Steuern, 20%: 24€
    Gewinn für Kampagnenersteller: 20€
    Gesamtkosten für 1 Backer: 164€

    Retailer (bestellt 1000 Stück):
    Produktionswert (mit Rabatt von 50% weil 1000 Stück): 30.000€
    Versand von 1000 Stück (mit Rabatt von 50% weil 1000 Stück): 30.000€
    Steuern, 20%: 12.000€
    Gewinn für Kampagnenersteller (20€ pro Exemplar): 20.000€
    Gesamtkosten für Retailer: 92.000€
    Gesamtkosten pro Exemplar: 92€
    Verkaufspreis an Händler pro Exemplar: 110€
    Reingewinn für Retailer: 18.000€
    Verkaufspreis für Händler pro Exemplar: 130€
    Reingewinn für Händler: 20.000€
    Ersparnis für 1 Backer: 34€

    Das ist immer alles noch sehr grob, zeigt aber, dass es einfach günstiger ist, große Mengen auf einmal abzunehmen (und dafür mit viel Geld in Vorleistung zu gehen), und dadurch TROTZ günstigerem Preis noch Gewinn zu machen.