Beiträge von Dee im Thema „19.09.-25.09.2022“

    Nach drei Monaten Pause schaffte ich es tatsächlich wieder einmal zu einem Spieleabend. So mit richtigen echten Menschen in der Realität an einem physischen Tisch. Korrekt wäre aber die Einzahl „Mensch“, denn wir waren nur zu zweit, was aber auch sehr schön war. Und weil ich letztens noch über modulare Spiele wenig begeistert geschrieben habe, kam deswegen auch gleich …

    Teotihuacan (Schwerkraft, 2018)

    … mit allen Modulen aus allen Erweiterungen auf den Tisch. Teils auch über den Tisch, da ich dem Gast nicht sagte, dass wir auf dem kleinen Tisch (120x80) spielen müssen, weil der große (120x90) belegt war. Aber auf die 10 Zentimeter kam es nicht wirklich an. Es hätte sicherlich irgendwo sogar noch ein dritter Spieler Platz gehabt.

    Zu „Teotihuacan“ schreibe ich hier nicht viel. Im Kern sehr mechanisch, aber mit einem hübschen, thematischen Anstrich, lassen wir unsere Würfelarbeiter über das Aktionsrondell wandern. Je mehr eigene Würfel und je höher die Augenzahlen auf einem Feld, desto stärker die Aktionen. Je mehr Spielerfarben auf einem Feld, desto kakaolastiger/kostspieliger wird es aber auch. Mit den Aktionen bauen wir eine Pyramide auf (also echt physisch, mit schönen, weißen Steinen), verzieren deren Treppenstufe und/oder steigen in Tempeln auf. Und wenn die Würfelarbeiter zu alt sind, werden sie neugeboren (von 6 auf 1 gedreht) und geben uns einen Bonus. Das Grundspiel finde ich mit allen Spielerzahlen super und es spielt sich wirklich sehr gut trotz der Fülle an Optionen. (10,0)

    Die erste Erweiterung „Späte Präklassik“ hatte ich 2019 schon gespielt, was auch das letzte Mal war, dass „Teotihuacan“ auf den Tisch kam. Entsprechend neu musste ich eingewiesen werden. Es gibt asymmetrische Charaktere zur Auswahl, die einen Bonus und einen Malus mit sich bringen. Das gefällt mir sehr gut, weil dadurch das Spiel in eine bestimmte Richtung gelenkt wird. Den orangen Tempel fand ich nur nett. Die Boni dort sind schön mitzunehmen, aber ich komme auch ohne aus. Die Ereignisse und Effekte für jede Eclipse waren wieder vergessenswert im Sinne von am Ende einer Eclipse: „Ach stimmt, der Effekt lag ja auch noch da.“ Wie schon 2019 haben wir vergessen, die Effekte zu nutzen. In Summe ist die Erweiterung gut, aber nur die Charaktere stechen für mich am positivsten heraus. (8,5)

    Als Nummer Zwei folgte die Erweiterung „Im Schatten des Xitle“, welche gar nicht auffällt. Grund ist, dass es nur neue Technologie- und Startplättchen gibt. Die integrieren sich direkt ins Spiel und geben etwas mehr Varianz. Ob ich sie brauche? Vermutlich nicht. Ich durfte mir aber gleich zum Start die höchstwertige Technologie (es blieb im Spiel auch meine einzige) nehmen, die mich mit einem Würfel 1 Schritt zurück und dann als normale Aktion mit einem anderen Würfel 1-3 Schritte vorgehen lässt. Das fand ich sehr stark, weil ich damit sehr gezielt Würfel in Stellung bringen konnte. In Summe sind die Plättchen gut, aber es geht auch ohne. (7,5)

    Die neueste und dritte Erweiterung ist „Ausbreitungperiode“. Mit Obsidian gibt es eine neue Joker-Ressource. Die ist ganz nett und hat mir zweimal beim Bauen geholfen, aber ich brauche sie nicht zwingend. Mein Mitspieler benötigte sie gar nicht, weil sein Charakter-Malus Obsidian nicht mehr als Joker nutzen ließ. Eine größere Änderung ist die Ausbreitung des Imperiums. Anstatt die Häuser von der Straße der Toten nur auf dem Spielplan aufzureihen, kann ich mit einer kleinen Handwerker-Figur über eine separate Landkarte laufen und die Häuser dort bauen, die mir dann Punkte bringen. Wie sich das spielt? Keine Ahnung, wir haben kein einziges Mal die Bauaktion genutzt. Ich weiß nicht, wieso, aber irgendwie passte es mit der Fülle an anderen Siegpunktoptionen nicht ins Spiel hinein. Und zuletzt gibt es noch Schamanen, die auf vier neuen Aktionsfeldern zwischen den anderen Aktionen gegen den Uhrzeigersinn bewegt werden können, um die Aktion rechts oder links davon mit einem virtuellen Arbeiter zu verstärken. Bei der Erklärung dachte ich mir noch, dass dies das schon optionsreiche Spiel nur unnötig anreichert und mir nicht gefallen wird. Aus dem Grund wählte ich als Charakter den, der den Schamanen besser aktivieren lässt, ihn dafür aber ernähren muss. Und die ersten anderthalb Eclipse nutzte ich den Schamanen und seiner Verstärkung sehr häufig. Und ja, das gefiel mir vom Prinzip sehr. Nur gibt es eine weitere Aktionsmöglichkeit, an die ich denken und die ich vor allem durchdenken muss. Der Downtime im Spiel tut das nicht gerade gut. Dennoch fand ich vor allem die Verstärkung meiner Würfel durch den Schamanen sehr mächtig und hilfreich und damit das beste Modul. (8,0)

    In Summe sind das natürlich viel zu viele Module gewesen, aber so konnten wir alle zumindest kennenlernen (bis auf die Ausbreitung des Imperiums, wie geschrieben). Ich bevorzuge aber nach wie vor das Grundspiel, vor allem wenn es nur alle drei Jahre auf den Tisch kommt, denn das hat Varianz genug. Was mir vermutlich wirklich fehlt, ist die Gitteranordnung aller Aktionsfelder, weil das in meinen Augen mehr Übersicht schafft. Und das Freisetzen von Arbeitern über bestimmte Aktionsfelder fand ich auch sehr hilfreich. Ansonsten mag ich aus den Erweiterungen die Charaktere sehr gern, weil sie mir eine Richtung vorgeben. Und den Schamanen fand ich auch noch gut, wenn ich sonst kein weiteres Modul mehr hinzufüge. Alles in allem war es trotz oder wegen der vielen Module wieder eine großartige Partie, die ich knapp für mich entscheiden konnte. Vielleicht spielen wir beim nächsten Mal dann sogar mal mit meinem Exemplar, was seit dem Gebrauchtkauf vor über einem Jahr noch nicht zum Einsatz kam. :( (10,0)


    #Teotihuacan

    Wildes Weltall (Board Game Circus, 2020)

    „Wildes Weltall“ habe ich auf der SPIEL.digital 2020 kennengelernt und seitdem habe ich es positiv in Erinnerung. Letztens ergab sich die Möglichkeit eines Gebrauchtkaufs und so wollte ich das zum Abschluss noch spielen.

    Nur kurz zum Spiel: Es handelt sich um ein Set-Collection-Spiel, bei dem ich in zehn Runden mit meinen fünf Raumschiffen entweder auf einem Planeten lande und dessen Aktionen ausführe oder den Planet erforsche (auf dem ich schon gelandet bin) und eine Aktion ausführe. Zu den Aktionen zählen vor allem das Nachziehen und Ausspielen von Karten. Einige Karten haben Bedingungen an bereits ausliegende Karten, und zusätzlich Effekte, was oft das Nachspielen weiterer Karten erlaubt. Wenn es gut läuft, kann ich auf die Art viele Karten mit einer einzigen Aktion als Kombination spielen.

    Wenn es nicht gut läuft, dann so wie in der Partie. Ich habe nur einmal drei Karten ausspielen können, weil ansonsten nicht die passenden Karten in die Auslage und auf meine Hand kamen. Wir haben aber auch nie die Möglichkeit genutzt, die Auslage zu erneuern, wodurch der Kartendurchsatz zu zweit sehr gering war. Zu fünft gibt es da mehr Möglichkeiten, denke ich. Thematisch ist das Spiel natürlich völlig abstrakt (Wieso lande ich auf einem Planeten und darf dadurch meine Crew vergrößern? Und was bedeuten die Crew-Karten auf meiner Hand?), dennoch hat es mir wieder Spaß gemacht, die Tiere in meiner Auslage zu sammeln. Als Einstiegsspiel für Wenigspieler oder als Absacker für Vielspieler halte ich „Wildes Weltall“ für sehr gut geeignet. (8,0)


    #WildesWeltall

    The Fox Experiment (Pandasaurus Games, 2023)

    Wer wollte nicht schon immer ein Fuchs als Haustier haben? In „The Fox Experiment“ (basierend auf einem echten Projekt in den 1950er in der Sowjetunion) versuchen wir genau das: Generation für Generation an Füchsen mit bestimmten Merkmalen zu züchten, damit diese möglichst zutraulich werden. Das Spiel wird bis Anfang Oktober bei Kickstarter finanziert und kann auf Tabletopia online getestet werden.

    Die Regeln von „The Fox Experiment“ fassen sich sehr leicht zusammen. In jeder der fünf Runden liegen männliche und weibliche Füchse mit vier verschiedenen, unterschiedlich stark ausgeprägten Merkmalen (Ohren, Schwanz, Bellen und Fell). Zusätzlich gibt es noch Bonusplättchen zur Auswahl, die zum einem die Spielreihenfolge der nächsten Runde bestimmen und mir auch Hilfekarten und Merkmalplättchen geben. Reihum wählt jede Spielerin einen weiblichen und einen männlichen Fuchs als Eltern und ein Bonusplättchen, sodass ich dreimal die Auswahl hatte. In der nächsten Phase bekommen die Fuchseltern Kinder. Anfänglich nur eins, später bis zu drei. Dafür nehme ich eine leere Fuchskarte vom eigenen Stapel (die Karte bestimmt zufällig das Geschlecht). Die vier Merkmale der beiden Füchse bestimmen, wie viele Würfel ich in den vier zugehörigen Farben würfeln darf. Die Würfel zeigen vollständige und halbe Symbole an. Pro Fuchskind werfe ich diese und sortiere sie so, dass ich möglichst viele vollständige Symbole erhalte. Die Anzahl kreuze ich dann auf meiner Fuchskindkarte an. Die Gesamtzahl der Kreuze gibt die Zutraulichkeit des Nachwuchses an, die ich auch vermerke. Durch die Hilfekarten und Jokerwürfel kann ich Symbole hinzufügen oder zu vollständigen Symbolen ergänzen.

    The Fox Experiment – Auslage zur Auswahl der Fuchseltern (Tabletopia)

    Durch die Fuchskinder erhalte ich je nach Anzahl der Kreuze pro Merkmal Plättchen, die ich benötige, um in den vier Leisten auf meinem Spielertableau voranzuschreiten. Die Merkmalplättchen lege ich auf mein Tableau und kann dann mehr Fuchskinder zeugen, mehr Jokerwürfel nutzen oder mir eine neue Studienkarte ziehen. Dies sind Zielkarten mit Vorgaben für gewünschte Merkmale, die von den Fuchskindern erfüllt werden müssen. Als Letztes kann ich die Merkmalplättchen ausgeben, um die Unterstützung eines Förderers zu sichern, was mir ein Bonusplättchen bringt, aber vor allem Siegpunkte am Spielende für bestimmte Bedingungen bedeutet (beispielsweise ein Siegpunkt pro eingesetztem Ohren-Merkmalplättchen auf dem Spielertableau). Die höchste Zutraulichkeit eines Fuchses gibt auch Siegpunkte jede Runde. Unsere Fuchskinder legen wir dann alle in die Auslage zur Auswahl als Elternteil in der nächsten Runde. Die Auslage wird noch entsprechend durch neutrale Fuchseltern wie zu Spielbeginn aufgefüllt. Nach fünf Runden ist das Experiment vorbei und die Siegpunkte für die Studienkarten, die höchste Zutraulichkeit pro Runde, die Zielerfüllung der Förderer und die erreichten Upgrades auf meinem Spielertableau werden addiert. Und die Person mit den meisten Punkten gewinnt, wie üblich.

    The Fox Experiment – Nachwuchs von Fuchsmännchen Nikolai und unbekannter Fuchsdame (Tabletopia)

    „The Fox Experiment“ besticht zuerst durch die Grafik und Aufmachung. Die Füchse sind wunderschön von Joe Shawcross illustriert und alle neutralen Fuchseltern sind einzigartig. Die Fuchskinder im eigenen Stapel wiederholen sich zwar in der Illustration, aber ich fand es auch ganz lustig, als ich Zwillinge bekam, die sich bis auf einen Merkmalpunkt tatsächlich auch identisch entwickelten. Die Symbolik, vor allem auf den Förderern, hätte noch etwas besser sein können, denn diese habe ich nur durch Nachschlagen in der Anleitung verstanden. Dafür ist das Spiel aber fast sprachneutral. Nur die Hilfekarten enthalten Text, wann sie einzusetzen sind und welchen Vorteil sie mir bringen.

    Was die Umsetzung des Themas angeht, bin ich zwiegespalten. Ich finde, dass die Weitergabe der Merkmale durch die Würfel großartig gelöst wurde. Wenn beide Eltern unterschiedliche Merkmale aufweisen, kann das Kind all diese Merkmale vereinen, es ist aber nicht sicher. Wenn die Eltern gleiche Merkmale aufweisen, dann geben sie diese noch verstärkter an ihre Kinder weiter. Diese Steigerung der Merkmalweitergabe (gemessen an der Anzahl der Würfel beziehungsweise Anzahl der Kreuze, die ich machen darf) kommt sehr gut im Spiel heraus und ergibt dadurch sogar einen kleinen Engine-Builder. Mit mehr Würfeln gibt es mehr Kreuze, was zu mehr Würfeln führt. Das restliche Thema, also dass wir Füchse mit bestimmten Merkmalen züchten, fällt aber völlig unter den Tisch. Es ist ein rein abstraktes Spiel, bei der zwei Karten mit Kreuzen vorgeben, wie viele Würfel ich werfen darf. Und deren abstrakte Symbole geben an, wie viele Kreuze ich auf anderen Karten machen darf, die dann als Vorlage für die nächste Runde dienen. Die konkreten Merkmale selbst haben dabei ebenfalls gar keine Bedeutung, wobei es natürlich schön ist, dass die Designer vier Fuchsmerkmale gewählt haben, die bei der realen Vorlage eine Rolle spielten.

    The Fox Experiment – Das Spielbrett mit den Förderern links (Tabletopia)

    Neben dem gleichen Engine-Building steht natürlich die Kartenauswahl (Card Drafting) und die Kartenmanipulation (Card Crafting) im mechanischen Vordergrund. In meinen Augen funktioniert das Zusammenspiel gut. Bei der Auswahl sollte ich mir schon die für mich passenden Füchse sichern, da ich sonst ins Hintertreffen geraten und nicht mehr aufholen kann. Der Puzzleaspekt mit den Würfeln ist nicht zu komplex, nur durch die Jokerwürfel und unvollständige Symbole muss ich etwas Gehirnschmalz in die Anordnung stecken. Und das Ankreuzen auf den Fuchskarten geht dann recht schnell. Als etwas problematisch empfand ich die unterschiedliche Stärke der Hilfekarten, die ich durch Bonusplättchen oder die Förderer erhalte. Es gibt dabei sehr starke wie „Wirf alle Würfel mit halben Symbolen neu“, was bei zehn Würfeln sehr viel ausmacht. Und dann gibt es Karten wie „Ziehe drei Karten vom allgemeinen Fuchsstapel und tausche eine Elternkarte durch eine der drei aus.“, was aber maximal in der ersten und vielleicht zweiten Runde einen Sinn ergibt. Danach habe ich immer Fuchseltern gewählt, die wesentlich mehr Würfel bringen als die eins bis drei Würfel des allgemeinen Fuchsstapels. Und so gibt es noch andere Hilfekarten, die zum Ende des Spiels nichts bringen. Immerhin sind diese noch einen Siegpunkt am Spielende wert.

    Die Anleitung lag mir nur als Entwurf im Kickstarter vor. Dadurch ließ sich das Spiel aber dennoch problemlos erlernen, auch wenn die 33 Seiten mich anfänglich erschlugen. Die Seitenanzahl täuscht eine Komplexität vor, die das Spiel nicht hat. Fuchseltern und Bonus auswählen, Würfel entsprechend werfen und anordnen, Kreuze bei den Fuchskindern machen, Marker nehmen und für Upgrades ausgeben und das fünf Runden lang. Das verstehen auch ältere Kinder ab acht Jahren. Für die und Familien ist „The Fox Experiment“ auch gemacht, finde ich. Die Abläufe sind sehr simpel. Einzig in der ersten Partie, die ich auch abgebrochen hatte, habe ich aus Versehen so viele Würfel wie Kreuze genommen, obwohl auf den Fuchskarten klar erkenntlich ist, dass ich nur beim ersten und dritten Kreuz pro Merkmal einen Würfel erhalte. So simpel wie das Spielprinzip ist, so simpel ist leider auch die Taktik – strategische Entscheidungen gibt es im Spiel in meinen Augen keine. Ich wähle jede Runde die Füchse, die mir viele Würfel geben, am besten in den Merkmalen, die meinen Studien entsprechen. Und die Upgrades auf meinem Spielertableau wähle ich so, dass ich anfangs mehr Jokerwürfel und mehr Nachwuchs erhalte und später dann mehr Studien und die Förderer für das Spielende. Das Spiel bietet mir auf die Art zu wenig Variabilität, sodass sich der Ablauf von Partie zu Partie sehr gleich anfühlte. Aber auch in einer Partie empfand ich das Spiel sehr monoton und unspannend. Es gab wie gesagt keine tiefgreifenden Entscheidungen zu treffen und ich mache jede Runde das Gleiche. Sicherlich habe ich in Runde 5 wesentlich mehr Würfel, bekomme mehr Fuchskinder und darf mehr Kreuze setzen, aber im Kern würfel ich nur und mache Kreuze ohne Entscheidungsfreiheit. Bei mir kam da keine Spannung auf und ich möchte auch keine weitere Partie (auf Tabletopia, in der Realität vielleicht schon) spielen.

    The Fox Experiment – Spielertableau mit den vier Upgrade-Leisten und Studienkarte (Tabletopia)

    Das liegt vermutlich aber auch an der Umsetzung auf Tabletopia. So schön eine Online-Umsetzung ist, um ein Spiel vorab zu testen, bei Roll'n'Writes (und im Kern ist „The Fox Experiment“ nichts anderes) ist dies meist schwierig umzusetzen. Anstelle der Kreuze mit einem Stift gibt es sehr kleine X-Marker, die ich einzeln auf die 20 Kästchen einer Fuchskarte legen muss. Selbst als ich ganz nah heranzoomte, habe ich öfters danebengegriffen und die Fuchskarte oder den Tisch bewegt. Das zeigt mir auch, dass meine erste Kritik an den abwaschbaren Stiften teilweise nicht mehr hält. Zumindest durch Marker will ich diese im realen Spiel nicht ersetzen, weil das eine zu große Fummelarbeit ist. Zusätzlich würden die Marker beim Verschieben der Fuchskinder in die Auslage sicherlich nicht an Ort und Stelle verbleiben. Auch von der Dimension des Spielbretts stieß Tabletopia an seine Grenzen. Selbst komplett herausgezoomt passten nicht alle Spielertableaus plus Kartenauslage auf meinen Bildschirm. Entsprechend hoch war auch die Spielzeit. Zu zweit benötigen wir circa 2,5 Stunden. Für die Solopartie benötigte ich ungefähr 70 Minuten. Und diese Dauer trägt in meinen Augen das Spielprinzip nicht.

    Die lange Spielzeit kann aber auch mit einer Besonderheit zu tun haben: Nicht nur im Solospiel spiele ich gegen einen Automa, sondern auch im Zweipersonenspiel kommt dieser zum Einsatz, um Abwechslung in die Kartenauswahl zu bringen. Und so werden im Solospiel Karten und Marker für drei Personen aufgedeckt und im Zweipersonenspiel gleich für vier. Dies ist notwendig, weil der Automa ein eigenes Aktionsdeck hat und er immer zwei Sachen (Fuchskarten und/oder Bonusplättchen) für sich beansprucht. Über ein extra Studiendeck wird dazu bestimmt, welche Fuchseltern er präferiert. Die Kinder entstehen direkt aus den Eltern ohne extra Würfeln oder Kästchen ankreuzen, dennoch beansprucht die Verwaltung ein bisschen Zeit.

    Die Spielzeit im Solo- und Zweipersonenspiel darf man deswegen nicht einfach hochskalieren, denn nur die Auswahlphase der Fuchseltern geschieht in Spielreihenfolge. Aufgrund der nicht übermäßig vielen Optionen und der meist recht offensichtlichen Auswahl geht dies auch schön schnell. Die Fortpflanzung, das heißt das Erwürfeln der Eigenschaften der Fuchskinder, sowie das Nehmen und Ausgeben der Merkmalplättchen für Upgrades kann parallel abgehandelt werden. Dadurch entsteht kaum Downtime, außer eine Spielerin hat nur fünf Würfel und ein Fuchskind, während eine andere zehn Würfel und drei Fuchskinder hat (also auch dreimal würfeln, arrangieren und ankreuzen muss). Dann ist die Chance sehr hoch, dass die erste Spielerin einige Zeit warten wird, ehe es für sie weitergeht. Die geringe Downtime kommt aber wie bei vielen Roll'n'Write-Spielen aber auch durch die fehlende Interaktion. Es gibt die Wegnahme der Fuchseltern und der Bonusplättchen plus Startspieler und am Rundenende den Vergleich, wer den zutraulichsten Fuchs gezeugt hat. Aber beim eigentlichen Hauptteil des Spiels schaut jeder nur auf seinen eigenen Bereich und setzt stumm seine Kreuzchen. Es gab in meinem Zweipersonenspiel auch so gut wie kein Interesse daran, was mein Mitspieler gerade macht. Eigentlich ist spicken sogar verboten, weil ich sonst Jokerplättchen ausgeben könnte, nur um die höchste Zutraulichkeit (und damit Siegpunkte) zu erhalten.

    The Fox Experiment – Nachwuchs des Automa im Solospiel (Eltern jeweils ganz links und rechts) (Tabletopia)

    Noch ein Wort zur Soloversion: Der Automa spielt wie gesagt für zwei Mitspielerinnen, nimmt sich im Gegensatz zum Zweipersonenspiel aber die Fuchseltern und erzeugt daraus auch neue Fuchskinder. Für die muss ich nicht würfeln, aber zumindest die Kreuzchen muss ich nach einem einfachen Schema setzen. Ich habe zwei Partien solo gegen den Automa gespielt. In der ersten Partie stellte der Automa keinen ernstzunehmenden Mitspieler dar. Seine Fuchskinder lagen immer 1 oder 2 Zutraulichkeitspunkte hinter meinen, sodass ich jede Runde die Siegpunkte für die Zutraulichkeit einheimsen konnte. Ansonsten macht der Automa nur Punkte über seine eigenen Studien. Hier schaffte er es aufgrund einer nicht optimalen Auswahl der Fuchseltern aber nicht, viele zu erfüllen. Gerade einmal zwei Studien hatte er komplett abgeschlossen. Am Spielende hatte ich mit 59:22 Punkten mit weitem Abstand gewonnen. In der zweiten Partie testete ich den in der Anleitung erwähnten „Hard Mode“, der daraus besteht, mehr Jokerplättchen zu nehmen, die auf Studien gelegt werden, was mehr Kreuze bei den Fuchskindern bedeutet. Hier hatte der Automa jede Runde die zutraulichsten Füchse. Ich musste mich schon sehr stark anstrengen, zumindest gleichzuziehen. Mit seinen Studien zusammen lag er damit 10 Punkte vor mir. Durch die Siegpunkte der Förderer konnte ich aber aufholen und gewann mit 54:42 Punkten. Die zweite Partie im Hard Mode war dadurch wesentlich spannender als die erste.

    In Summe hat mich „The Fox Experiment“ eher ernüchtert zurückgelassen. Grafik und die Mechanik der Vererbung finde ich großartig, aber das Spiel hat mir zu wenig Abwechslung und Spannung, als dass es mich zu einer weiteren Partie reizt. Die zweite Solopartie habe ich nur gespielt, um den höheren Schwierigkeitsgrad zu testen, der tatsächlich ein bisschen anspruchsvoller ist. Einzig das Gefühl am realen Spieltisch mit Stiften und die dabei entstehende Spielzeit würden mich noch einmal interessieren. Aber ansonsten bevorzuge ich andere, kürzere Roll'n'Write-Spiele. (6,0)

    The Fox Experiment – Komplettansicht in Tabletopia für zwei Spieler

    #TheFoxExperiment

    Age of Comics: The Golden Years (Lirius Games, 2023)

    Von „Age of Comics“ hatte ich bereits im Mai 2022 berichtet. Das Spiel hatte mir damals sehr viel Spaß gemacht, weil mir Thema, Mechanik und Grafik sehr gut gefallen haben. Die Designer haben kürzlichen einen Solomodus veröffentlicht, den ich mir näher angeschaut habe.

    Ich erkläre die Regeln nicht im Detail, aber kurz noch einmal das Spielprinzip: Wir sind Comic-Hersteller und müssen via Arbeitereinsatz kreative Texter und Zeichner anheuern, Ideen für Comics sammeln und damit eine Comicbuch-Reihe erstellen. Diese gewinnt abhängig von den Fähigkeiten der Kreativen Fans, was Geld in die Kassen spült. Durch den Vertrieb der Comicbuch-Reihen in der Stadt kann ich die Fans steigern, denn das gibt die Siegpunkte am Ende des Spiels. Ich kann sogar die Comicbuch-Reihe eines Mitspielers kopieren (plagiieren), was mir kaum Fans und wenig Geld bringt, aber Vorteile bei der Spezialisierung hat und mir Boni bringt. Diese wiederum geben mir mehr Fans, mehr Punkte oder andere Vorteile. Vor allem das thematische Zusammenspiel der einzelnen Aktionen ist dabei sehr gut umgesetzt.

    Age of Comics – Spielbrett (TTS)

    Im Solospiel agiere ich gegen einen Automa. Dieser hat ein Aktionskartenstapel, mit dem er in seinem Zug nicht nur Aktionsfelder belegt, sondern diese auch teilweise ausführt. Der Bot nimmt mir dadurch die Kreativen, die Comicbuch-Reihen, die Ideenmarker und die Vertriebskanäle in der Stadt weg. Er veröffentlicht sogar eigene Comicbuch-Reihen, die ich plagiieren kann, wenn ich will. Der Automa spielt sich sehr schnell, die Aktionen sind zufällig, aber nicht völlig willkürlich. Dadurch fühlt es sich tatsächlich wie ein echter Mitspieler an.

    Die Anleitung sieht vor, dass ich am Ende des Spiels nur meine Punkte zähle und anhand einer Tabelle erhalte ich dann einen Rang. Es geht also nur um eine reine Highscore-Jagd, die ich grundsätzlich sehr langweilig finde. Vermutlich kommt das auch daher, dass ich jede Partie die gleiche Strategie fahren kann. Es macht zwar Spaß, die Comicbuch-Reihen zu veröffentlichen, aber es gibt keine große Strategievarianz. Meine Punktezahlen mit 98, 102 und 107 zeigen auch, dass ich immer sehr ähnlich spiele und sich die Punkte nur in Nuancen unterscheiden. Der Automa gibt mir hier leider wenig Anreiz, meine Strategie anzupassen oder von meinem Plan abzuweichen. Es fühlt sich eher an, wie kleinere Steinchen, die mir in den Weg gelegt werden, über die ich aber hinweghüpfen kann. Kein Stein verbaute mir einen Weg völlig, sodass ich nie groß umdisponieren musste. Ich fand es schade, dass nach drei Partien die Luft raus war.

    Age of Comics – Soloboard mit Aktionskarten (TTS)

    Auf BoardGameGeek habe ich dem Designer zwei Vorschläge gemacht, wie er das Spiel gegen den Automa interessanter gestalten könnte. Zum einen könnte auch der Automa nach gewissen Regeln am Spielende punkten. Da er sehr zufällig agiert, variierte in meinen Testspielen seine Punktzahl auch sehr stark, entsprach aber in etwa einem realen Mitspieler. Zum anderen schlug ich noch vor, mir zufällige Zielvorgaben zu geben, sodass ich beispielsweise bestimmte Genres drucken oder bestimmte Bereiche auf der Vertriebskarte erreichen muss. Dies gäbe dann einen Weg vor, den ich erst einmal einschlagen muss, um das Spiel zu gewinnen. Ich könnte somit nicht immer meinen Plan nach Schema-F herunterspielen. Was davon in der fertigen Version umgesetzt wird, weiß ich aber natürlich nicht.

    Bis dahin ist der Automa gut im Sinne, dass er mein Spiel ein bisschen stört und auf einfache Weise ohne viel Mehraufwand einen Mitspieler mimt. Auf Dauer kann ich gegen den Automa aber einfach meine Strategie herunterspielen ohne dass er etwas entgegensetzen kann, was die Spannung über mehrere Partien nimmt. (Solo: 7,0)

    Age of Comics – Veröffentlichte Comicbuch-Reihen des Automa und von mir

    #AgeofComics

    Werwörter (Ravensburger, 2019)

    Wenn alle zu müde für was Tiefgehendes sind, greifen wir gerne zu „Werwörter“. Auch diesmal war es ein großer Spaß zu viert. Im Gedächtnis bleibt mir als Werwolf das Wort „Bandscheibe“. Die Gruppe hatte es immerhin auf „im Körper“ eingrenzt. Und dann fragt ein Spieler unverhofft: „Verletzten sich viele Menschen daran?“ :D Ich musste mich arg zurückhalten, nicht als Werwolf das Wort zu „erraten“, nur damit ich auf die Seherin zeigen kann. Aber auch die meisten anderen Runden waren so lustig und luden nach der Auflösung zu einigen Diskussionen ein. Ein wirklich großartiges Spiel! (9,0)

    #Werwörter