Beiträge von ravn im Thema „Weimar - The Fight for Democracy (Skellig Games)“

    Eine Frage die bei uns aufkam: Was ist für euch ein „Auslöser“ - worauf kann man reagieren? Nur die gespielte Karte? Was ist wenn eine Karte zwei Aktionen (z. B. zwei Demos) erlaubt - sind das für euch zwei getrennte „Auslöser“? Wir haben es so gespielt.

    Bei der Reaktion, die 1 Verstärkungspunkt kostet, steht auf der Spielhilfe, bei welchen Aktionen die aktiviert werden kann. Zwei ausgeführte Demos sind dann in meinem Verständnis zwei getrennte Auslöser, selbst wenn die Ursache dafür das Ereignis einer Karte ist. Ich reagiere ja nicht auf die Karte, sondern auf einzelne Aktionen der Karte.

    Wenn ich per Karte reagiere, weil ich damit ein Ereignis komplett blocken kann, dann ist das ganze Ereignis mit all seinen Aktionen betroffen und die werden nicht ausgeführt.

    Regelfrage: Wenn die DNVP per Kartenereignis eine Verstärkung ins Spiel bringen kann und die dort abgebildete Freikorps-Einheit mit Stärke 2 nicht mehr im Vorrat vorhanden ist, darf ich dann auch eine Freikorps-Einheit mir Stärke 1 ins Spiel bringen, die noch verfügbar ist? Allerdings vermute ich nein und ich hatte vorab eine falsche Einheit ins Spiel gebracht, weil die nur durch Kartenereignisse ins Spiel kommen und dann diese Karten auch aus dem Spiel sind, so dass es zu so einer Situation gar nicht kommen kann.


    Spielablauf-Frage: Durch Reservepunkte oder auch Karteneffekte kann man eine Reaktion auf eine Mitspieler-Aktion spielen. Wie macht Ihr das im Spielablauf, um den Mitspielern die Chance zu geben, auch diese Reaktion ausrufen zu können? Wirklich erst Kartenart ansagen, die man spielt (ob eigene oder Republikkarte) und dann auch genau, ob das ein Ereignis oder eine Aktion ist und welche genau wo, bevor das durchgeführt wird? In unseren Partien war für mich manchmal unklar, was denn jetzt gespielt wird, um für mich zu entscheiden, ob ich darauf reagieren kann (manche Karten schränken das ein) und auch möchte. Zumal es ja auch eine Reihenfolge gibt, wer zuerst reagieren darf, weil nur eine Reaktion möglich ist und eventuell möchte ich erstmal sehen, ob meine Mitspieler vor mir schon einschreiten, bevor ich verrate, dass ich eine Karte auf der Hand habe, die mir ebenso eine Reaktion ermöglicht. Und Aktionen zurücknehmen, wenn einer zu schnell einfach spielt, ist auch blöd.

    Am Freitagabend dann die Revanche-Partie zu unserer 3er-Erstpartie (siehe oben). Als vierter Mitspieler war jemand dabei, der Weimar schon wesentlich häufiger als wir mit nur einer Partie Erfahrung gespielt hatte. Er hatte die KPD und baute schon in der ersten Runde mächtig Druck auf mit einer zweiten Räterepublik. Prima, so dachte ich mir als DNVP-Spieler, weil so kann ich im Schatten dieser Bedrohung meine Regime aufbauen und SPD sowie Zentrum können nicht nur gegen mich angehen. Tja, leider aber lehrreich war das dann eine sehr kurze Partie. Noch in der ersten Spielrunde konnte die KPD über Räterepubliken gewinnen, weil SPD und Zentrum zu wenig dagegen gemacht hatten und ich mich als DNVP zu stark rausgehalten hatte.


    Erkenntnis aus dieser Partie: Wenn man den Spielsieg eines Mitspielers nicht aktiv verhindert, kann man nicht selbst gewinnen. Als DNVP hätte ich in der Räterepublikstadt putschen sollen, um da selbst ein Regime zu errichten und zeitgleich den Räterepublikmarker der KPD dort entfernen können. Zu sehr nur eigene Pläne zu verfolgen, das funktioniert bei Weimar nicht. Ich war da zu sehr in meinen Kartenmöglichkeiten und eigenen Plänen verliebt, um auf die anwachsende KPD-Bedrohung auf dem Spielbrett zu reagieren.


    Also direkt zweite Partie gestartet, nachdem wir noch ein wenig diskutiert hatten, wie wir so einen schnellen Spielsieg hätten verhindern können: Selber dagegen agieren anstatt die Verantwortung auf andere zu schieben und hoffen, dass die schon was machen. Gleiche Rollenverteilung, auch damit wir unsere Rolle vertiefen konnten. Und diesmal lief es wesentlich ausgewogener und die Partie endete erst in Runde 4 mit Anarchie und Sieg der KPD mit wenigen Punkten Vorsprung vor Zentrum (als Juniorpartner in der Regierung) und der DNVP. Zwischenzeitlich musste die SPD mit Zentrum auf Initiative der DNVP die absolute Mehrheit der KPD im Parlament verhindern, in dem wir gemeinsam die Themen-Mehrheit der KPD gebrochen haben.


    In Folge war kein eindeutig Führender auszumachen. Ich hatte nie mehr als zwei Regime im Spiel und meine lieben Mühe, irgendwie Siegpunkte zusammen zu bekommen. Die SPD hatte arg mit Armut zu kämpfen und dauerhaft mit dem Zentrum in der Regierung mit Unruhen, so dass es rundenweise viele Konflikt-Würfe für die Regierungspartien gab, was Siegpunkte und Präsenz stutzte. Ich selbst hatte über die Republikkarten die Hoffnung, an Parlamentssitze und Siegpunkte zu kommen, aber mehrmals wurden meine Vorbereitungen dazu vereitelt durch die Mitspieler. Tja und irgendwann musste ich eben das Ereignis der Republikkarte spielen, nur um dann festzustellen, viel zu viel Aktionen dafür aufgewendet zu haben, um dann doch nur sehr begrenzt davon profitieren zu können. Erinnerte mich an Twilight Struggle - Eventkarten dann spielen, wenn es am wenigsten schadet oder einem am meisten nützt. Und ebenso sehen, wann es sich nicht lohnt, gegen ein Event zu spielen, weil das zu viele Aktionen frisst.


    Am Ende hatte ich als DNVP das Problem, dass jedes neue Regime einen der zwei Instabiler Staat Marker in die Republikbox gespielt hätte und damit die Anarchie ausgebrochen wäre, ich aber dann zu wenig Siegpunkte im Vergleich hatte, um zu gewinnen. Also irgendwie Siegpunkte bekommen, was in der Situation nicht recht klappte und dann war das Spiel durch Anarchie der KPD auch schon vorbei. Weiterhin ein tolles, weil packendes und forderndes Spiel, das auch nicht zwingend 6 Stunden dauern muss. Bin auf die Folgepartien gespannt und weiss schon jetzt, dass ich mir auch mal die Aktionsmöglichkeiten der anderen Fraktionen mal genauer anschauen sollte, um zu wissen, was die dagegen machen können, weil in Details weichen diese Aktionen schon erheblich von den eigenen ab.

    Ich hab mir in den letzten Stunden mal ein paar Besprechungen, Meinungen und Erfahrungen zu Weimar angeschaut, die ich allen interessierten ebenfalls empfehlen möchte:






    Fünf unterschiedliche Spielgruppen und alle sind sich einig, dass Weimar ein wirklich besonderes Spiel ist. Sicher nicht für jeden, schon alleine wegen dem Zeitbedarf einer Partie und die Notwendigkeit von genau 4 Mitspielenden. Aber wer sich darauf einlässt, kann hier (meiner Meinung nach) ein echtes Meisterwerk in Sachen Spielmechanik sowie thematischer Verankerung entdecken.


    Bei mir hat das Spiel zudem das Interesse geweckt, mich noch intensiver mit der Zeit der Weimarer Republik zu beschäftigen und was da im geschichtlichen Rückblick alles (schief) gelaufen ist und warum, auch und besonders weil mir vieles davon aktuell so erschreckend bekannt vorkommt. Ebenso bin ich interessiert, das Spiel weiter in anderer Spielrunden zu tragen, um zu sehen, ob und wie es da wirkt und thematisch wie spielerisch trägt. Rückblickend ist es wirklich gar nicht so kompliziert, zumal die Spielübersichten den Einstieg erleichtern und gegenüber Voidfall scheint es laut BGG-Gewichtungsklasse klar einfacher zu sein - 3.96 gegenüber 4,60 von maximal 5.

    Am Samstag eine entspannte Erstpartie mitgespielt. Für alle das erste Spiel, aber dank Regelvideo vorab fernab des Treffs und eines vorbereiteten Mitspielers, der den Ablauf erklären konnte, kamen wir insgesamt gut rein in die Partie. Details mussten wir anfangs zwar noch nachschlagen, aber dank zwei Regelhefte und eines Online-Regelheftes war das gemeinschaftlich gut zu bewältigen, ohne dass es nur eine Person schultern musste. Hilft. Zumal wir die Partie alle sowieso als Kennenlernpartie der Möglichkeiten verstanden hatten - einfach mal ausprobieren und sehen, wohin uns das führt, um dann später in der Partie mit mehr Wissen um die Mechanismen-Zusammenhänge zielgerichteter und effektiver spielen zu können.


    Leider war ein fest eingeplanter Mitspieler ohne jegliche Rückmeldung nicht erschienen. Echt schade, aber so haben wir eben zu dritt reihum die Zentrums-Partie gemeinsam im Sinne ihrer politischen Ausrichtung und Siegpunktziele gespielt. Hat funktioniert, zumindest in dieser Kennenlernpartie. Aus Zeitgründen haben wir dann nach vier Spielrunden abgebrochen. Mir als DNVP fehlte nur noch ein Regime, aber das hätten meine Mitspieler sicher verhindert. Die SPD war in Sachen Siegpunkte derweil enteilt, schaffte es aber nicht vorzeitig in die Anarchie. KPD war in Siegpunkten auf Platz 2, aber ohne Chance auf einen vorzeitigen Sieg per Räterepublik. Eine 50% Mehrheit im Senat war für keine Partie in Sicht, so dass die Partie wohl über die volle Distanz gegangen wäre und dann die SPD über ihren Siegpunktevorsprung gewonnen hätte.


    Als DNVP hatte ich mich anfangs zu sehr zwischen Debaten und Unruhe-Armut-Einheiten-Aktionen in Vorbereitung zu Putsche aufgerieben. Die KPD und auch SPD hatten da zu stark gegen mich gearbeitet, um Regime zu verhindern oder direkt wieder zu entfernen. Auch bei den politischen Themen war das in Hin und Her. Im Laufe der Partie stand ich dann vor dem Problem, dass immermehr Einheiten von mir aufgelöst wurden und in dieser grauen Box landeten. Bis auf den Themenmarker Sicherheit, den ich für mich hätte entscheiden müssen, hatte ich keine einzige Karte auf die Hand bekommen, um meine aufgelösten Einheiten wieder zurück zu bekommen. Also die weissen Einheiten auf schwarz gedreht, aber da hatte die SPD in Regierungsposition was dagegen und liess mich nicht einfach gewähren. Dazu ein paar blöde Würfelwürfe hintereinander, was sich wie zwei verschenkte Aktionen anfühlte, wenn man mit 4 Würfeln nur maximal eine 3 hat und zudem der +1 Bonus verschenkt war damit und ich meinte mich abgeschlagen in dieser Phase.


    In der vierten Runde konnte ich aber endlich gegenhalten, weil ich seit Runde 3 keine Debaten mehr spielte, sondern verstärkt darauf, mein Berlin-Regime zu halten und zwei weitere Regime zu errichten für einen sofortigen Sieg. Zudem zahlte es sich aus, Aktionspunkte per Reserve anzusparen und dann erst geballt loszuschlagen anstatt über zwei Aktionen sich vorzeitig zum Ziel zu machen, sondern Tatsachen zu schaffen dann mit einer 5er-Karte. Insgesamt hatten wir aber zu viel Wohlstand auf der Karte, was für mich ein ewiger Kampf war, weitere Krisenmarker aufs Feld zu bekommen, um die Regierung auszubremsen und zu schwächen.


    Mein erstes Fazit: Weimar atmet extrem viel Thema. Sofern man sich wenigstens ein wenig für diese Epoche interessiert. Im spielmechanischen Kern ist es eigentlich nicht wirklich kompliziert, sondern nur komplex von den vielen Möglichkeiten über Aktionspunkte, politische sowie gesellschaftliche Themen und Ereignisse. Ein Spiel, das man sich (auch per Kennenlernpartie) erstmal begreiflich machen muss in seinen Möglichkeiten und Auswirkungen. Ich werde jetzt mal die Regeln nachlesen, um für mich zu sehen, was ich alles richtig oder auch falsch verstanden und ggf. gespielt habe. Wer sich auf so ein Spiel einlassen mag und es nicht nur bei einer Erstpartie belässt (weil dann lohnt sich der Aufwand wohl nicht) und es dann öfters in 4er-Runde auf den Tisch bringt und mit den Partien wachsen mag an Spielverständnis und Erfahrung, für den kann ich eine Empfehlung aussprechen. Steht für mich im Vergleich auf einer Komplexitätsstufe mit Card-Driven-Games von GMT wie Time of Crisis - auch da muss man damit leben können, dass Pläne an der Realität scheitern in Form von Würfeln. Ich mag das - eine 9 von 10 auf der BGG-Skala von mir. Eine zeitnahe Revanche ist schon eingeplant und das spricht dann für sich und für Weimar.

    Wie viel Spiel und wieviel historische Simulation ist Weimar nach Euren Erfahrungen? Kann man mit seiner Fraktion so spielen, wie man will oder eingeschränkt in den historischen Möglichkeiten? Ist es für SPD und Zentrum überhaupt möglich, einen ebenso schnellen Sieg einzufahren oder konnen die ihre vorzeitige Niederlage nur verhindern?

    Schön, dass bisher keine Errata zum Spielmaterial nötig war. Die beiden Beispiel Errata im Regelheft kann ich verkraften. Spielworxx wurde deshalb in der Vergangenheit ja öfters kritisiert in Sachen Qualitätskontrolle. Hat da die Kooperation mit Skellig Games geholfen, die Last auf mehrere Schultern zu verteilen?

    Erinnert mich ein wenig (ohne Weimar bisher selbst spielen zu können) an den Staat be Hegemony.


    Bitte politisch nicht gleichsetzen, aber eventuell auf einer spielmechanischen Ebene.


    Der Staat-Spieler führt die anderen Spieler durch Staatsgeschenke in Versuchung und erreicht es dabei, die eigene Position zu stärken, wenn diese Versuchungen angenommen werden. Eventuell so zu stark zu stärken, dass der Staat-Spieler gewinnt. Aber eigentlich möchte man selbst als Mitspieler nicht auf diese Staatsgeschenke verzichten, weil die einem selbst dem eigenen Sieg näherbringen können. Auf der anderen Seite, wenn alle Mitspieler so denken, wird der Staat-Spieler (möglicherweise) zum Sieg getragen, wenn man woanders nicht gegensteuert.


    Hegemony und Weimar sind/waren für mich die beiden herausragenden Neuerscheinungen dieses Jahres in diesem Genre. Gut, dass die Brettspiellandschaft inzwischen so breit aufgestellt ist, so dass solche Spiele überhaupt erst möglich und veröffentlicht werden.

    Geschichte ist ebenso vom Zufall geprägt, der fernab des eigenen Einflussbereiches liegt. Warum sollte ein geschichtlich verankertes Spiel nicht ebenso Zufall haben? Zumal es ja nicht nur der offensichtliche W6 ist, sondern auch die eigene Kartenhand eines Card-Driven-Games zum jeweiligen Zeitpunkt. Aber ich verstehe auf einer emotionalen Ebene durchaus, wenn man nach einer 6-Stunden-Partie meint, von einem Würfelwurf geschlagen worden zu sein, auch wenn das eine arg billige Ausrede ist.

    Ist dieses "wenn ich keine Chance mehr habe, dann lasse ich alle verlieren" eventuell sogar ein gewolltes Spielelement? Auch um zu verhindern, dass eine Spielrunde einen Einzelnen in diese Rolle drängt? Oder ist es schlicht ein möglicher Ausgang eines bewusst offenen Spiels, in dem die Spieler eben so agieren können, wie die innerhalb der Mechanismengrenzen wollen und das schliesst eben auch die Niederlage für alle ein. Die dann ja auch ihren Grund gehabt haben wird bzw. Mitspieler, die es überhaupt so weit haben kommen lassen. Oder?