Nachdem ich mich nun lange mit den Regeln auseinandergesetzt und von Michael einen Prototypen des Spiels bekommen hatte, kam ich am Wochenende dazu das Spiel auszuprobieren und hier sind meine Erkenntnisse. Wer nicht viel lesen will (ist hier im Forum eigentlich falsch 😉) bekommt ein bisschen was davon wohl auch noch in einem kurzen Video die Tage von mir zu sehen.
Für Regelstudium, Notizen und Generierung der Helden habe ich bestimmt 5 Stunden gebraucht und dabei im Regelbuch vieles nur überflogen. Das Regelbuch hat 200 Seiten (inkl. Quests, Tabellen und Anhänge) und dazu kommt noch das Bestiary.
Die Regeln scheinen stimmig zu sein und grundsätzlich funktioniert alles. Es macht Spaß das Regelwerk zu lesen, mehr über die vielen Möglichkeiten zu erfahren und sich vorzustellen, was alles passieren kann. In der Praxis funktioniert das aber alles ganz schlecht.
Es sind unglaublich viele Würfelwürfe für ALLES im Dungeon nötig, alleine um eine Tür zu öffnen benötigt man u. U. SECHS Würfe (verschlossen? Falle? Welche Falle? Test zum Ausweichen, Schaden, Gegner-Spawn?). Sollten im Raum hinter der Tür Gegner stehen, müssen Art, Anzahl und Position der einzelnen Monster ebenfalls ausgewürfelt werden. Trotz vieler Notizen und Ausdrucke der Tabellen war das ein ständiges Blättern und Nachschlagen in diversen Quellen.
In der Theorie gibt es ein Event-System (Threat), dass sich durch Aktionen verändert und somit die Gefahr steigt, dass Events (generisch oder quest-spezifisich) getriggert werden. Der Wert dafür liegt irgendwo zwischen 2 und 18 und muss zu Beginn jeder Runde mit einem W20 unterwürfelt werden, damit etwas passiert. Vorher muss allerdings noch der "Scenario Die" geworfen werden und nur bei einer 9 oder 10 wird der Threat-Wurf überhaupt durchgeführt. Der Wert für den Scenario Die verändert sich üblicherweise nicht, wodurch das ganz Threat-System entwertet wird. Ich habe in einer der Partien in 30 Minuten kein einziges Threat-Event (und keinen Gegner-Spawn) gehabt, da ich einfach keine 9 oder 10 gewürfelt habe. 🤷♂️ Das waren also 30 Minuten, die nur aus dem Öffnen von Türen bestanden und dabei immer unheimlich viel “für nichts” gewürfelt wurde (abgeschlossen, Falle, Encounter, Sceanrio Die, Threat).
Die Traps, die durch das Threat-System oder die Türen ausgelöst werden können, bieten ebenfalls viel zu wenig Varianz und sind viel zu generisch (Es gibt nur eine Hand voll).
Ich hatte eine Party mit drei Helden generiert. Mein Wizard war außerhalb der Kämpfe relativ nutzlos, da er einfach den anderen Helden, die die Türen öffneten, hinterherlief und nichts tun konnte. Das Durchsuchen der Räume kostet ja den ganzen Zug, also ist lange stehen bleiben, während der Rest weiterzieht auch keine gute Option für ihn gewesen. Somit entstanden sehr viele tote Züge, in denen der Wizard einfach nichts tun konnte (was mich als Spieler der Figur in einer Mehrspieler-Partie richtig genervt hätte).
Die Kampfoptionen wie Power Attack, Overwatch, Dodge, Parry Stance, etc. finde ich übrigens richtig gelungen (DUN kann sowas leider gar nicht).Dadurch, dass das Spiel komplett auf Pinning/Binding verzichtet, fällt eine ganze Menge an Taktik flach, die ich an DUN so geliebt habe. Zur Klarstellung: das Pinning bei DUN ist mit Schmerzen in der Ausführung verbunden, da es so viel zu Beachten gibt, insbesondere wenn dann noch long-ranged Weapons mit dazu kommen und die Größenunterschiede der Einheiten. Deshalb gefiel mir erst mal der Straightforward-Gedanke von LoD sehr gut, das alles über Bord zu werfen. In der Praxis war es dann aber sehr spannungsarm. Bei DUN muss ich meine Fernkämpfer und Spellcaster immer weit weg von allen Gegnern halten, da sie mich sonst pinnen und ich nichts mehr tun kann (es gibt nur SEHR wenige Touch-Spells in DUN). Bei LoD ist das alles kein Problem. Wenn ein Gegner an mich heranzieht, gehe ich einfach weg und mache dann meine Fernkampf- oder Zauber-Aktion. Das war dann ebenfalls wieder sehr spannungsarm.
Ich habe etwas im Quest-Kapitel gestöbert und finde die Ideen in den Quests gut, auch das triggern von kleinen Events beim Erreichen von Threat-Stufen, das Erscheinen von Sondergegnern oder einfach auch was in einzelnen Räumen passiert. Richtig schön fand ich die Idee der Dungeons mit mehreren Ebenen.
Die Skirmishes im Overland-Crawl sind eine nette Idee aber ja nichts anderes als Kämpfe wie in einem Dungeon-Raum. Hierbei zieht LoD im Vergleich zu DUN auch wieder mit Abstand den Kürzeren, da bei DUN diese Skirmishes (Epic Events) mit Story und Sonderregeln ausgestaltete Mini-Quests sind und mit einem vorgegebenen Aufbau an Terrain und Positionen der Gegner daherkommen.
Das D100-System empfinde ich nicht als großes aber ebenfalls auch ein Problem, da es ziemlich mühselig ist (meine Dyskalkulie mal außen vor gelassen). Man muss sich einfach unheimlich viele hohe Zahlen merken, mit vielen Modifikatoren rechnen und auch wirklich genau aufpassen ob z. B. die gewürfelte 62 noch ausreicht, da es so viele Zwischenstufen durch die Zehnerstelle gibt. Wer als Solo-Spieler bei einer Party aus vier Helden den Überblick über all die ganzen Attribute und Modifikatoren (mit Werten zwischen 0 und 100) aller Helden behalten will, der muss ein richtig gutes Gedächtnis haben oder sonst vor jedem Würfelwurf die Sheets studieren.
LoD im Vergleich zu DUN
DUN hat größere Probleme wie das schlecht geschriebene und z. T. immer noch lückenhafte Regelwerk, den ADP-Würfel (Scenario Die), der auch oft genug für leere Dungeons sorgt, eine schlechte Skalierung nach unten (weniger als vier Helden) und ebenfalls überkomplizierte Mechaniken. Dennoch hat DUN viel mehr Stärken was das Missionsdesign angeht, denn es setzt auf unterschiedliche Szenarien-Arten (Freeform Dungeons mit fixer Karte, Karten mit festen Gegner-Spawns und Spawn-Punkten, Timer-Quests, Castle Defense, Schiebelevel, etc). Da es ausnahmslos feste Karten gibt, ergeben sich alleine durch die Tiles fast immer “sinnvolle” Räume oder auch Außenanlagen, die über die Stadtmauern ins Innere von Gebäuden führen.
DUNs Kampfsystem ist limitierter als das von LoD, denn dort gibt es Parry Stances, Power Attacks, Dodging und einiges mehr. Dafür verzichtet es komplett auf Pinning (binden von Gegnern) was bei DUN zwar durchaus komplizierter ist, aber dadurch viel bedachteres Vorgehen erfordert, da Fernkämpfer und Magier immer gedeckt werden müssen oder sich aktiv weit genug weg vom eigentlichen Kampfgetümmel halten müssen.
LoD hat Crafting, Alchemie sowie unterschiedliche Mechaniken für Spells und Prayer, dafür hat DUN viel mehr verschiedene Magie-Lores.
Das Bestiarium ist in LoD sehr viel kleiner als in DUN (inwieweit sich die vielen Faktionen von DUN wirklich spielerisch unterscheiden mal außen vor gelassen).
Fazit
Das Spiel fühlt sich zu jedem Zeitpunkt nach Arbeit an, egal ob in der Vorbereitung (Regelstudium, Heldengenerierung) oder aber beim Spiel selber. Und für diese Arbeit wird man nicht belohnt. Es ist von vorne bis hinten ein sehr altes System (ich weiß, dass es das sein soll), das neben jeglichem Komfortverzicht auch die Probleme vieler Konkurrenten mit sich bringt: es wird nicht in ausreichendem Maße für Spannung und Unterhaltung gesorgt. Die Events und Fallen sind viel zu wenig und dabei noch generisch.
Die Abläufe zum Öffnen von Türen und des Kämpfens sind viel zu mühsam und belohnen dafür nicht. Die Fallen sind viel zu generisch. Das Threat-System entwertet sich durch den Scenario Die selbst und die möglichen Events sind auch viel zu spannungsarm und repetitiv.
Das Prinzip des zufallsgenerierten Dungeons klingt spannend, ist aber schnell ermüdend und der Aufbau des Kerkers naturgemäß unbedeutend.
Ich hätte sehr gerne mehr von der Welt und den ganzen Mechaniken wie Crafting, Levelling, etc. gesehen, aber das Spiel halte ich bis dahin einfach nicht durch. Ich habe mindestens 5 Stunden die Einarbeitung der Regeln, das Herausschreiben von Notizen und mit dem Generieren der Helden verbracht. Die Praxis war für diesen Aufwand einfach viel zu ernüchternd. Die Vorstellung, dass ich, und sei es nur alle paar Dungeons, solche Leerlauf-Abschnitte habe, in denen einfach (fast) nichts passiert, schreckt mich unheimlich ab.
Ich wüsste aktuell auch keine Zielgruppe, der ich das Spiel empfehlen würde. Moderne Brettspieler auf gar keinen Fall. LoD entfernt sich so sehr von dem simplen WHQ ‘95 (selbst mit RPG-Regeln), dass wohl auch Nostalgiker nicht das bekommen werden, was sie sich erhoffen. Es bleiben eigentlich nur PnP-Spieler, die auf einen Dungeon Master verzichten wollen. Aber selbst die werden ja nicht erfreut sein, dass sie dort mitunter durch leere Dungeons laufen und einfach nur zig Würfeln werfen für Dinge, die eben ein Dungeon Master viel schneller selber entscheiden und dann auch spannender gestalten würde. Der Rollenspiel-Anteil abseits des Kampfes bliebe ja zudem für sie ebenfalls auf der Strecke.
Ich hätte LoD sehr gerne gemocht und ich habe große Hoffnungen darauf gesetzt, dass die Events und Monster-Spawns besser funktionieren würden als bei DUN. Das ist einer der Hauptgründe, warum ich DUN aktuell nicht spiele und in absehbarer Zeit auch nicht wieder spielen werde. Für mein Empfinden braucht LoD ganz dringend viel mehr Streamlining in allen belangen (ich weiß, dass es nicht dafür gemacht ist). Das Würfeln auf Tabellen, die z. T. über mehrere Sheets und Bücher verstreut sind, ist Oldschool aber macht einfach in dieser Frequenz keinen Spaß.