Beiträge von Archibald Tuttle im Thema „Top 10 Filme“

    cool, kaum geht es im anderen Thread um den Neorealismus kommt eine Liste mit drei Vertretern auf 1-3 ;)

    Hm, Roma ≠ Neorealismo. Fellini galt ja als einer der großen "Betrüger" des Neorealismo, weil seine Filme immer mehr introspektiv, wild fabulierend und psychoanalytisch angehaucht wurden. Nicht falsch verstehen, ich liebe Achteinhalb und La Dolce Vita, aber beide sind böse gesagt das Gegenteil von Neorealismo. Bei Roma müsste ich selbst nochmal reinschauen, ob es da noch Spuren gibt, aber im Kern ist auch das radikal subjektives Kino.

    Vorgefertigt nicht. Ab jetzt 50 cent pro Textblock. ;)


    Nee, falls es Dich interessiert gern, Neorealismo ist tatsächlich auch eines meiner Steckenpferde. Den im Vergleich zum Film Noir zu sehen, die ja in vielen Dingen ganz ähnlich operieren, aber doch eigentlich so grundverschieden sind, ist ein hübsches Projekt. Aber das dann vllt besser in einem anderen Thread. ;).

    Ich danke Dir vielmals für diesen Vortrag! :danke:

    Jackie Brown ist dann auch eher als Pastiche zu betrachten?

    Ja, und zugleich aber nimmt der schon ein bisschen das vorweg, was maßgeblich die Filme nach Kill Bill tun: Er referiert über das Genre Blaxploitation auf der optischen Ebene, ist inhaltlich aber viel näher am französischen Gangsterfilm, die ja ihrerseits maßgeblich durch die Hardboiled Novel beeinflusst wurde. Der fällt aber als Literaturverfilmung auch sowieso ein bißchen raus.

    Ja denn bittesehr, Herr Klaus_Knechtskern und wer immer sich jetzt hier durchkämpft.


    Zuerst die Basics: Wenn ich hier von "Tarantino" schreibe, ist das ein Konstrukt, der Mann besteht ja aus einem ganzen Team von Leuten, die hinter den Kulissen für ihn arbeiten und zu den Filmen beitragen. Quentin Tarantino ist jemand, der von Filmliebe (und wie wir mittlerweile wissen auch von Fernsehliebe) so zerfressen ist wie sonst nur ein mottenverseuchter Bastteppich in Indonesien. Man kann seine Filme grob in zwei Phasen unterteilen, wobei man prüfen müsste, wo man genau den Wendepunkt ansetzt: die Zeit vor Kill Bill, in der er vorrangig zwei postmoderne Verfahren nutzte, die Pastiche und die Collage. Pastiche bezeichnet dabei das Nachahmen kultureller Artefakte bestimmter Zeiten mit modernen Mitteln und unter der Voraussetzung, dass diese Artefakte gemeinhin bereits in den Kanon der Kulturgeschichte eingegangen sind. Reservoir Dogs ist klar an französische Vorbilder angelehnt, erinnert gleichermaßen an die Coolness des französischen Gangsterfilms wie Rififi, an Godards Außenseiterbande (der ja seinerseits bereits süffisante Parodie auf US-Gangsterfilme war), an Melvilles Figurenzeichnung (vgl. Vier im roten Kreis), bei der ja schon alle Figuren von vornherein zum Scheitern verurteilt sind, etc. Es ist aber nicht nur Pastiche des französischen Gangsterfilms (und dessen Begeisterung für den US-Gangsterfilm), es ist zugleich auch Collage, denn Elemente ganz anderer historischer Medien, Genres und Filmnationen fließen mit ein. Den Plot entlehnt der dem chinesischen Heroic-Bloodshed-Klassiker "City on Fire" von Ringo Lam, die Musik wird mit obskuren Hits vergangener Tage bestritten, die ebenfalls ganz generell Seventies-Feeling aufkommen lassen (auch wenn Like a virgin diskutiert wird). Reservoir Dogs ist ästhetisch also klar an bestimmte Vorlagen angelehnt, inhaltlich zugleich davon erfüllt, dass solche und andere kulturelle Vorgaben dann leidenschaftlich zitiert und diskutiert werden, und sei es Essen. Es handelt sich aber hier letztlich um einen Film aus einem Guß, der einem Thema treu bleibt.


    Diese formale Strenge ist in Pulp Fiction komplett aufgegeben, ebenso wie die stringente Narration. Tarantino nutzt stattdessen her eher die postmoderne Fassung der Architektur nach dem Motto "anything goes". Grob wird er durch einen ästhetisch und von den Figuren her an Film Noir erinnernden Rahmen zusammen gehalten, der ja bewusst zeitlos wirkt, so dass Elemente der 30er bis 70er wie selbstverständlich direkt nebeneinander stehen können. Der Schwerpunkt auf die Pastiche weicht also vielmehr der Collage, dem wilden Zitieren all dessen, was Tarantino vermutlich toll findet. Der sogenannte Sophomore Slug, der berüchtigte zweite Film, der vielen Regisseuren nicht gelingt, wird hier also bewusst umgemünzt zu "ich kann einfach alles machen was mir gefällt". Tarantinos Glück war, dass er erstaunlich viele Menschen fand, die diese Elemente überwiegend ebenfalls cool fanden, und er so nicht nur Kultur spiegelte und neu zusammen setzte, sondern eben auch die Kultur seiner Zeit selbst stark prägte, indem diese neu zusammen gesetzten Elemente stilbildend wurden. Will sagen: Pulp Fiction fungiert wie eine kulturelle "Wiederaufbereitungsanlage": Die Stilelemente verschiedener Zeiten kommen bei ihm auf ungewohnte Weise zusammen, diese Mischung ist dann aber so populär, dass sie in die aktuelle Kultur (der 90er) unter dem Label "retro" eingehen. Ohne dass dabei eigentlich klar ist, was hier "Original" und was hier "Tarantinos Blick auf die Kultur" ist.


    Was Tarantino darüber hinaus besonders macht, ist seine fundamental andere Rezeption in den USA und hier. In den USA gilt er als jemand, der fremdsprachige Filme, das sog. World Cinema, in den heimischen filmischen Diskurs einspeist, der also quasi heroic bloodshed und französische Gangsterfilme durch sein Zitieren erst populär macht. Hierzulande hat er eine erstaunliche Symbiose geschaffen, die es so vorher nicht gab: Er hat die Gewalt/Acion/Horrorfans (spätestens mit From Dusk till dawn) für sich eingenommen und gleichzeitig die Violine fürs Feuiletton gespielt, so dass die ehemals als Mainstream/niveaulose Filme wahrgenommene Ware über die Vermittlung von Tarantino dann plötzlich wiederentdecken und feiern konnten. In Deutschland gab es quasi vor Tarantino nur bruchstückhaft eine richtige Kultur der Filmkritik zum Mainstream, vorher war das ablehnende Denken der Frankfurter Schule, die Hollywood als Kulturindustrie sah, allgegenwärtig. Das wird hier aufgebrochen, und dafür kann man Tarantinos Filmen (und einigen seiner Zeitgenossen) nur dankbar sein.


    Sprung nach vorne: Was läuft jetzt seit Kill Bill anders? Nun, die Filme selbst sind immer noch durch Mechanismen der Collage und der Pastiche geprägt, aber sie werden zu einem anderen Zweck eingesetzt. Programmatisch ist da das Zitat am Anfang von Kill Bill: "Revenge is a dish served cold" - "Old Klingon Proverb". Nee, isses natürlich nicht, es ist ein Zitat aus einem französischen Briefroman des 18. Jahrhunderts namens Les liaisons dangereux, und wer spielte da die Hauptrolle in der Verfilmung? Richtig, Uma Thurman. Diese Art von Rätselanordnung, von falsch zugeordneten Zitaten, das wird zum zentralen neuen Bestandteil von Tarantinos Filmen. Es geht nicht mehr (nur) ums Abfeiern der filmischen Kulturen die er zitiert, es geht ums bewusste Inszenieren wechselseitiger filmhistorischer Abhängigkeiten. Kill Bill wechselt mit der Steinsalzszene quasi ostentativ das Genre, vom Martial-Arts- zum Italo-Western. Der gute alte Gag "Ich kann Karate! - Ich kann Winchester" in seiner filmischen Inszenierung ist hier aber schon zu spät, schon davor ist der Plot weitaus näher am europäischen denn am optisch vorherrschenden asiatischen Kino. Man denke an die Anime-Sequenz, in der Lucy Lius Kindheit thematisiert wird. Bis ins kleinste Detail kopiert das den Anfang von Der Tod ritt dienstags, einem Italowestern, der hier in ein japanisches Anime umgetextet und kulturell verschoben wird. So wie eben auch martial arts-Kino und Italowestern, obwohl aus völlig unterschiedlichen Kulturen, sich während sie die Kinos der Welt dominierten, gegenseitig beeinflusst haben. Und ja sogar aus der gleichen Quelle stammen: "Für eine Handvoll Dollar" ist ein Remake von Akira Kurosawas Yojimbo, der wiederum ist eine bitterböse Abrechnung mit dem jidai-geki, dem ehrenvollen Samuraifilm, so wie der Italowestern eine bitterböse Abrechnung mit dem US-Western ist. Und: Yojimbo ist maßgeblich beeinflusst durch Chandlers Kurzgeschichte Red Wind, die archetypisch für die Hardboiled Novel steht - und damit eben auch für den Film Noir, der in Pulp Fiction ästhetisch so wichtig war.


    Ich könnte das Spiel (und ein Spiel ist es bei Tarantino, eine spielerische Versuchsanordnung, die immer interessant bleibt, und die die Filme quasi endlos sehenswert macht) jetzt noch weiterspielen, auch mit allen anderen Filmen (der vielgescholtene Death Proof etwa verbindet US-Sexploitation, italienische B-Ware mit einer Ästhetik, die an Antonioni gemahnt). Aber kommen wir zu Hateful Eight - hier macht Tarantino etwas eigentlich unerhörtes: Er nutzt vorgeblich die Optik des Epics und des epischen Western a la How the West was won (und epischer als Ultra Panavision wird es in der Filmgeschichte nunmal nicht mehr), aber er dreht ein kleines Kammerspiel mit einem Plot, den man aus sehr vielen verschiedenen Folgen von US-Fernsehwesternserien bereits kennt (die direkte Vorlage ist eine Episode von Gunsmoke/Rauchende Colts, die es sogar in der Radiofassung vor dem Fernsehen schon gab und im Fernsehen dann nochmal verfilmt wurde). Kammerspiel und Breitwand klingt erstmal widersprüchlich, hat aber auch in der Filmgeschichte viel miteinander zu tun. So sind etwa die Filme von Otto Preminger absichtlich in Breitleinwand gedreht, um die Klaustrophobie der Handlungsorte zu betonen (z.B. der Gerichtssaal in Anatomie eines Mordes). Hateful 8 will uns also die Brillanz der Dialoge im US-Fernsehwestern nahebringen, die ja auch zumeist als Kammerspiel inszeniert sind, und nutzt dabei aber die gegenläufige Optik des epischen Western. Es geht hier um die Verbindbarkeit des Unverbindbaren, bzw. das Aufzeigen, dass diese vermeintlich gegensätzlichen Pole immer schon interagiert haben und zusammen gehören. Im Kern ist Hateful Eight eine Langfassung jener 30 Sekunden aus The Searchers, die auch Kill Bill schon zitierte: Der Schritt aus dem Haus/aus der Kirche in die Weite der Prärie. Tarantino lenkt hier und noch mehr im Folgefilm "Once upon a time in Hollywood" den Blick aufs Drehbuch, und wie gut die schon im Fernsehen der 1960er waren (kein Wunder, die meisten brillanten Filmemacher der 60er und 70er haben beim TV angefangen, z.B. Sam Peckinpah). Man kann bei Tarantino immer ganz schön sehen, wie der erste Film den nachfolgenden Film schon präfiguriert, wie sich Themen durchziehen, die dann erst einen Film später wiederkommen, oder die wie in einer Reprise noch einmal aufgegriffen werden (so hier in Hateful eight das Rassismusthema aus Django). Zudem nähert sich Tarantino hier wie in den letzten Filmen einer außerfilmischen Wirklichkeit und deren Themen an, bis hin zur Thematisierung wirklicher historischer Ereignisse in Inglourious Basterds, Django und zuletzt natürlich Once upon a time in America, die durch seine Brille dann eben in einer Art gloriosen, kathartischen Fantasiewelt auch einfach mal positiv ausgehen dürfen.


    Tl;Dr: Pulp Fiction feiert Kulturgeschichte (und ist selbst zu ihr geworden. Hateful Eight ist quasi eine Studie über Kulturgeschichte. Beides ermöglicht neues Denken über alte Filme und Serien.

    Ich kann mich nur an mein "Boah ist es bald gut jetzt" erinnern, das mir einige unerfreute Blicke einbrachte. Durch Lord of the Rings habe ich mich fleißig im Kino gequält, alle drei Teile. Danach hatte ich nie wieder Bedarf ;)

    ..und dabei gab es im Kino ja nur drei der sechs Enden zu sehen...

    Grüne Tomaten


    Im Vorhof zur Hölle

    Sehr schöne Liste! Bei Grüne Tomaten werde ich den Blick meiner Schwester nicht vergessen, die im Kino saß und am Ende völlig erschüttert war, dass

    ist schon eine sehr spezielle Handlungsebenen dieses ansonsten ja eher Wohlfühlfilms.


    Und "Im Vorhof der Hölle" ist ein unglaublich intensives, böses Familienkrimimelodram, so eine Art ehrlicher Pate im Straßenmilieu, mit Christopher Walken als Bestie Mensch.

    Kommt auf die Serie an. Stranger Things war von Anfang an auf mehrere Staffeln ausgelegt, Marco Polo auch. Auch Serien die nur eine Staffel überlebt haben können ursprünglich auf mehr Staffeln konzipiert worden sein. Als klassische Event series fällt mir aktuell Nine perfect Strangers ein, auch wenn das bei Prime ist. Da siehst du schon an der Besetzung dass die wenig Interesse an weiteren Folgen haben, zuviele zu teure Stars, die sich nur sehr schlecht auf ein Projekt vereinen lassen. Damengambit bei Netflix dürfte auch in sich geschlossen sein.

    Da Serien heutzutage mit kürzeren Staffeln daherkommen ist dochz die Differenzierung recht schwierig würde ich postulieren

    Postulier du mal, aber zumindest auf Produktionsseite ist das eindeutig. Miniserien oder sog. Event series werden mit abgeschlossenen Produktionsbudgets und zumeist ohne den Gedanken einer zweiten Staffel gedreht. Klar kann es dann dazu kommen, aber das ist die Ausnahme (siehe Fackeln im Sturm). Bei richtigen Serien kalkuliere ich völlig anders, weil die Produktionsmittel auch für eine zweite Staffel zur Verfügung stehen können, was die Kosten senkt, und die Darsteller werden gleich vertraglich auf die Fortführung zur gleichen gage verpflichtet. Eventserien sind oft mit Promis und Stars ausgestattet, da die sich leichter für eine Staffel kriegen lassen.


    Fargo war tatsächlich ein Mittelding: es war klar dass eine zweite Staffel kommen kann und sollte, aber man hatte die teuren Darsteller nur eine Staffel, wusste also dass man einiges weiterverwenden konnte, aber inhaltlich und seitens der Darsteller frei war. Sowas nennen die Amis dann auch Anthologieserie, wo die Handlung dann eben eine Staffel umfasst. Murder One war ein früher Vorläufer dieser Idee.

    Zum einen erstmal eine klassische Anthologie-Fernsehserie, wobei halt mehrere Folgen durch die gemeinsamen Kommissare verbunden sind. Insoweit eine Anthologieserie mit mehreren Unterserien (aus der ja auch ganze Fernsehserien wie "Schimanski" und "Schwarz-Rot-Gold" dann hervorgegangen sind, und natürlich vier Kinofilme).

    Er meint Filmserien. Aka James Bond, alien und Sachen wie mini-Serien (Seewolf war ja ein Weihnachtsmehrteiler). Bei vielen Menschen sind Miniserien eher bei Filmen einsortiert, bei mir auch.

    Statt Filmserie bevorzuge ich eher die Bezeichnung Filmreihe. James Bond, Alien, Fast and Furious, Zurück in die Zukunft, Eis am Stil.... Das sind für mich Reihen.


    Deswegen fehlt auch leider "Das Boot" in meinen Listen. Die Filmversion (Director's Cut) - finde ich - verliert im Gegensatz zur TV-Miniserie erheblich. Als "Serie" im herkömmlichen Sinn fand ich es aber auch unpassend, obwohl es da wiederum das ähnliche angelegte "Shogun" auf meine Liste geschafft hat. Schwierig, wie ich mit dem Zwitter da umgehen soll. Da bin ich mir selbst nicht treu. Definitiv ist "Das Boot" aber auf jeden Fall ein Top5 Kandidat für mich, dessen Erwähnung ich hiermit nachholen möchte.

    James Bond oder Alien-Reihe: Filmreihe oder Filmserie.

    Das Boot: mehrteilige Fernsehproduktion, die auch in gekürzter Form im Kino aufgeführt wurde, also Miniserie.


    In den Medien wird da vorrangig über den Produktionskontext unterschieden, bei Zuschauern eher über den Aufführungskontext.


    Wir brauchen schlicht eine dritte Liste für Miniserien. Dann kann ich Chernobyl auch unterbringen.

    ??? Gibt es doch schon ...

    Er meint Filmserien. Aka James Bond, alien und Sachen wie mini-Serien (Seewolf war ja ein Weihnachtsmehrteiler). Bei vielen Menschen sind Miniserien eher bei Filmen einsortiert, bei mir auch.

    Ich hoffe Du hast diese Gehirne gewaschen ;)

    Einerseits haben sie nichtmal unrecht. Die Serie ist ja genau deshalb nie fortgesetzt worden, weil Kritiker im Haus die Herrschaftsstrukturen in der Serie durch die militaristische Weltregierung wunderbar kritisieren konnten. Die Gefängnisfolge, wo ja nur politisch Unangepasste auf einen eigenen Planeten exportiert werden, ist ebenso bedenklich wie die "Frauenplanet-"Folge. Und der Krieg gegen die Frogs ist ja wirklich eine kaum verschlüsselte Invasion der Roten. Erst Hans Kneifel hat die Serie dann in der Heftromanreihe auf unproblematischeres Gelände geführt (und dafür ja auch einen großen Zeitsprung eingebaut).


    Andererseits gab es auch die Idee einer einheitlichen Weltregierung, ressourcenschonenden Unterwasserfarmen, eine Militärrevolte, bei der die zivile Raumfahrt am Ende zur Rettung ausrückt etc. Die Serie ist also hochambivalent, vor allem aber eines: extrem unterhaltsam.

    Ich merke wie kommen gar nicht auf einen Nenner und wahrscheinlich liegt es wirklich daran, wie du es sagst, dass wir fundamental andere Sichtweisen haben. Ich bin kein Nostalgiker, weiß um die historischen Errungenschaften mancher Filme, habe mich von ihnen damals begeistern lassen und denke mir heute einfach, puh ganz schön angestaubt. Wie ich in meinem ursprünglich Post schrieb gilt das nicht für alle Filme, aber vor allem für diejenigen die damals technisch begeistert haben. Die Cam bei Shining oder die Autoverfolgung bei Ronin haut mich heute einfach nicht mehr vom Hocker. Wenn man da z.B. das auch hier mehrfach genannte Children of Men nimmt. Da ist beides einfach viel intensiver und auch ohne großes CGI. Gleich am Anfang der Panzerscene kommt der Fleck auf die Kamera und da bleibt er die ganze Scene lang, daran sieht man es. Andere Beispiele für immer wieder andere neue Interpretationen der Kameraführung sind z.B. Russian Ark, das völlig ohne einen Schnitt auskommt oder anstrengend aber auch ein interessantes Experiment: Hardcore mit durchgehender First Person Kamera in atemraubendem Tempo. Immer wieder wird das Ganze weiter gesponnen und immer mehr ausgereizt und das finde ich reizvoll. Und das ist wohl wirklich die gegensätzliche Sichtweise zu deiner.

    Ich bin auch kein Nostalgiker, weit entfernt davon. Ich freue mich über jede neue Filmtechnik, über jede Innovation, schlicht über jeden guten neuen Film. Aber immer noch entwertet das keine alten Filme. Children of Men ist ein gutes Beispiel: Der Film kommt so intensiv rüber, weil er durch intensiven Handkameraeinsatz und unter Vermeidung von Schnitten gedreht ist. Genauso wie "Wege zum Ruhm" von Kubrick, das sind stellenweise identische technische Vorgehensweisen, da ist nichts neues in CoM. Was CoM ja nicht schlechter macht - Wege zum Ruhm aber eben auch nicht. Russian Ark ist ein toller Film, aber Hitchcock und diverse französische Filmemacher haben dieses Drehen ohne Schnitt schon 60-70 Jahre zuvor perfektioniert. Hardcore Henry als First-Person-Film ist ein direkter Nachfolger zu Lady in the Lake, Dark Passage und diversen Experimentalfilmen davor (und zugleich natürlich der Versuch, Computerspieloptik filmisch umzusetzen). Sicher sind das alles gute Filme, aber technisch bringen sie Film jetzt marginal weiter. Will sagen: Man darf rezente Filme mögen, das macht aber alte Filme ja nicht schlechter. Du darfst die neueren alle viel besser finden, aber das ist keine verallgemeinerbare Position, und genau das wollte Dein Posting ja sein.

    Jup mit Affenhirn auf Eis... aber bei Indy 2 ist vor allem der Einstieg großartig, aber der Rest hat zu viel Nerviges...

    Und das nervigste hat Spielberg hinterher geheiratet!


    (ich finde es nach wie vor genial, wie die es in der Synchro hinbekommen haben, dass Uta Hallant (sonst sehr weich als Priscilla Presley in Dallas oder als Audrey Hepburn) genauso nervig klingt wie Kate Capshaw).

    Da steht ja auch Zurück in die Zukunft 3 - die sind fast zeitgleich rausgekommen, ich tippe auf frühkindliche Fehlprägung. Wahrscheinlich zu lange gestillt worden für Indy 2.

    Du gehst von einem evolutionistischen Ansatz bei Filmtechnik aus, ich von einem historisierenden. Nur weil Filme heute schneller geschnitten und schneller erzählt sind, macht sie das nicht besser. Gleiches gilt für Filmtechnik: Die Steadycam-Aufnahmen in Shining sind bis heute quasi unerreicht (und Du findest sie die nächsten 20 Jahre noch in etlichen Hollywoodfilmen, selbst in der Unendlichen Geschichte). Die Kamerazauberei eines Michael Ballhaus in Goodfellas oder Zeit der Unschuld macht heute keiner mehr, weil es beim Einfügen von CGI schlicht nicht möglich wäre die Kamera so durch den Raum fliegen zu lassen.


    Als jemand, der mit praktischen Effekten groß geworden ist, selbst aber mal im Bereich Computeranimation rumgemacht hat, sieht jede Computeranimation der letzten 30 Jahre mit gaaaanz wenigen Ausnahmen total unecht aus. Da muss man auch gar nicht bis zur Prequel-Trilogie zurückgehen (wo ja alle Effekte nur in 1K gerendert wurden und die greenscreen-Interaktionen katastrophal geraten sind), sondern auch die sauteuren Marvelfilme haben immer wieder Computereffekte, die so unrealistisch oder schlecht gerendert sind, dass sie mich komplett aus dem Film rausreißen. Es ist also immer eine Frage der Erfahrung und der Sehgewohnheiten und wie man diese Effekte einsetzt. Wenn sich jemand bei "Der weiße Hai" Dich wirklich an den Hai-Effekten stört und lieber einen digitalen Hai sehen würde, weiß ich auch nicht weiter. Mich begeistern da sehr viel eher Filme, die mit echten Menschen in echten Kulissen und Landschaften gedreht wurden, was heute gar nicht mehr möglich wäre. Lucas wusste sehr genau, warum er in die gleiche Wüste wie Leans Lawrence von Arabien wollte. 5000 Statisten bei Spartacus sind einfach um etliches beeindruckender als 2.000.000.000 Pixel im Remake von Ben Hur, das sieht bis heute authentischer und echter aus. Und bei Autoverfolgungsjagd hat Ronin wohl immer noch die beste und authentischste Szene der Filmgeschichte zu bieten, ohne jeglichen Einsatz von Computertechni.



    Kurz gesagt: Filme werden nicht schlechter weil sie älter sind. Maximal Sehgewohnheiten ändern sich. Muss man aber auch nicht zulassen.

    Spiel mir das Lied vom Tod

    Bester Western aller Zeiten.

    Ich tue mich etwas schwer damit, Italo-Western als Western zu betrachten, für mich sind das zwei unterschiedliche Genres. Es ist aber auch nicht wirklich wichtig. :)

    ..wobei die Amis und Paramount ja bis heute nicht glauben, dass das ein Italowestern ist, ist ja in den USA für US-Geld auf Englisch gedreht worden. Die Diskussion finde ich dann auch immer wieder lustig.

    Kleiner Zwischenstand (gebe noch die Daten ein, also keine zuverlässige Endaussage): Bisher führen Star Wars, HdR und Alien, aber erstaunlich dicht gefolgt von ausgerechnet Brazil. Und bei Kubrick gibt es sehr viele unterschiedliche Nennungen, da ist fast schon jeder Film dabei. Will nicht noch jemand Wege zum Ruhm und Spartacus auf seine Liste setzen? :)

    Oh Mann echt? Gut möglich. An beide Filmreihen habe ich nur sehr dunkle Erinnerungen...

    La boum pop corn

    ..und wie ich gerade lese, gibt es die gleiche Szene auch 1982 in American Diner/Diner von Barry Levinson, dort ist es Mickey Rourke. Und - tada! - auch in Eis am Stiel Teil 6 - Ferienliebe (1985). Hatten wir also alle recht. Aber ehrlich gesagt ist die Szene echt unangenehm zu gucken (schwupps, nein ich will nicht ins RSP und halte die Klappe).


    04. Windstruck, 2004 von Jae-young Kwak
    RomCom mit Elementen von so ziemlich jedem Genre, ein neu modernes Märchen das von der Chemie und Sympathie des Pärchens Jun Ji-Hyun und Jang Hyuk lebt. Für mich der Feel Good Movie Überhaupt. Die Bitwin Disc (Limited Edition) aus Südkorea ist ein Diamant in der Sammlung, sowohl was Optik und Idee angeht und die über ein dutzend Hidden Features beinhaltet, brachten massive Freude beim Entdecken.

    Du wirst es wissen, aber für den absurden Fall dass nicht: Der Film funktioniert auch als Prequel zum m.E. besten koreanischen Liebesfilm aller Zeiten, My sassy Girl.

    Wie oft schaut ihr die alten Sachen nochmal?

    Das ist ne sehr seltsame Auffassung, die mir aber schon öfters begegnet ist. Mit der gleichen Logik sind alle Bücher, Bilder, Bauwerke etc aus den letzten 5-10 Jahren mehr wert als ältere Exemplare. Habe ich als Gedankengang nie nachvollziehen können, dafür machen mir viele ältere Filme viel zu viel Spaß. Ich glaube allerdings, dass Streamingdienste diese Perspektive noch befördern, da sie außer einer Handvoll kanonischer Klassiker in Deutschland kaum ältere Filme ins Programm aufnehmen. Z.b. finde ich schon auffällig, dass Für eine Handvoll Dollar, unheimliche Begegnung der dritten Art, ET, Gandhi, Amadeus, Einer flog über das Kuckucksnest, Hundstage, die Unbestechlichen etc. nicht in den Listen auftauchen - alles Filme, die seit Jahren entweder gar nicht oder nur sehr kurz im Streaming verfügbar waren.

    Ronin

    Mein Lieblings Actionfilm.

    dann als kleiner Tipp: Die britische BluRay von Arrow ist eine Neuabtastung vom kaneranegativ. Seit dem Kino hatte der Film auf DVD und BD Probleme mit dunklen Szenen und den Farben, außerdem war er künstlich überschärft. Die Neuabtastung sieht aus als wäre der Film gestern erst gedreht worden. Kenne wenig Filme wo sich eine remastered-Fassung derart lohnt.

    erstaunlich, dass hier noch keiner so wunderbare Filme wie "Invasion of the Body Snatchers", "Soylent Green" oder "Silent Running" erwähnt hat, die damals bereits auch heute noch aktuelle Themen behandeln (bspw. Umweltzerstörung, Überbevölkerung, äußere Bedrohungen)..

    Immerhin logan's Run hat jemand gelistet. Bei einer SF-Liste wären bei mir zwei davon wohl dabei. Soylent Green mag ich auch, aber der ist schon sehr aus dem Moment geboren und wirkt heute stellenweise unfreiwillig komisch. Body snatchers (1978), für Pauline Kael "perfect Cinema", und Silent Running halte ich aber auch für absolute Klassiker.

    Ich durfte nur 10 nennen.


    Ja, ich bin damals extra nach Israel zur Premiere dort gereist. Fanboy halt.

    Das ist cool. Also, was denkst Du war das Problem, warum die deutschen Koproduzenten des Remakes damals die Verwertungsrechte nicht wahrgenommen haben? Und was es mit dem deutschen Titel "Eis am Stiel - Domizil" auf sich hat, das man 2001 auf frühen Plakaten des Films sehen konnte, bevor dann schließlich nur eine Fernsehverwertung erfolgte?

    Du hast Hasenjagd - 2. Teil vergessen. Und ich hätte ein paar Fragen zum Remake, da Du ihn ja offenbar 2001 im israelischen Fernsehen sehen konntest - sonst hat den nämlich nie jemand gesehen.

    Ganz einfach:


    1. Brazil


    Es gibt viele gute Filme und es gibt Brazil. So einfach ist das.

    Der Mann hatte Gilliam doch schon zweimal auf der Liste, und über Leben des Brian, Sinn des Lebens (beides nur Drehbuch) und König der Fischer hat er sicher auch nachgedacht... :) Aber tendenziell stimme ich Dir zu: Brazil ist der Film, der sich am längsten auf meiner Liste befindet, und immer noch Platz 2. Ich hab den mit 12 nachts im TV aufgenommen (damals hatte der noch eine FSK 18) und dann mit 40 Grad Fieber zum ersten Mal geguckt. Aber auch ohne Fieber hat er mich oft begleitet, bis hin zum Summen von "Brazil" in allen möglichen und unmöglichen Lebenslagen.

    Muss ich noch mal machen. Meine Begeisterung für Sono ist dann auch etwas abgekühlt. Ich hatte von ihm noch Strange Circus gekuckt ... der hatte mich aber jetzt nicht so wirklich abgeholt. Und Sono Filme muss man sich doch vergleichsweise aufwendig besorgen.

    Sind beide bei Amazon Prime auf dem Realeyz -Channel, also im Testzeitraum kostenlos guckbar. Und sehr viel weniger abgedreht als Strange Circus.

    • Love Exposure
      Zum Schluss noch einen etwas anderen Film. Love Exposure vom Japaner Sion Sono dauert vier Stunden, erzählt eine Story die schon irgendwie Banane ist und wechselt alle halbe Stunde das Genre. Aber das alles macht den Film irgendwie auch zu einer ganz eigenen Erfahrung. Kann man, muss man sich aber nicht antun. Ich fand's trotzdem großartig.

    Wenn Dir der gefallen hat, guck auch die beiden weiteren Teile von Sonos Hass-Trilogie: Cold Fish und Guilty of Romance. Beide inhaltlich wesentlich geschlossener, aber nicht weniger beeindruckend.

    nur nicht Brügge, das ist beschissen.


    Ich hoffe und bete, Du zitierst nur den Film und meinst nicht die echte Stadt!?!? Sonst bitte eigener Thread zur Erläuterung :).

    Knapp über die Klippe gegangen sind:

    The Departed, Prisoners, Heat, Auf der Flucht, aus Mangel an Beweisen, Bang Boom Bang, Gatacca, Ein verrücktes Paar,

    Nur aus Neugier: Meinst Du wirklich "Ein verrücktes Paar" von 1993 oder den Matthau-Lemmon-Klassiker "Ein seltsames Paar" (die Grundlage für die Fernsehserie Männerwirtschaft)?