Beiträge von MetalPirate im Thema „Die Schwarze Liste - Kickstarter mit unverhältnismäßig großen Verzögerungen oder Total-Ausfall“

    Dann noch ein "flexibles Finanzierungsziel", die Creator bekommen also das Geld auf jeden Fall, auch wenn jetzt urplötzlich gegen Ende 280 Backer mit je 1000€ wegfallen? Ich wusste bis eben nicht, dass das möglich ist. Damit ist es im Gegensatz zu Konkurrenzplattformen ja nochmal ein gutes Stück leichter für Scammer :/

    Indigogo war schon immer so ein Geld-immer-weg-Crowdfunding. In den Anfangstagen des Crowdfundings waren Indigogo und Kickstarter noch ungefähr gleich groß bzw. besser gesagt gleich klein. Rate mal, warum sich Kickstarter durchgesetzt hat... Bei Indigogo wollte irgendwann keiner mehr backen.

    Merke: Den Fokus auf die Creator und deren Interessen (anstelle von Backerfreundlichkeit) kannst du dir als Plattform erst dann leisten, wenn du groß genug geworden und alle Konkurrenz aus dem Feld gedrängt hast.

    Falls hier noch andere WYG-Madeira-Backer rumlaufen: Wie fandet ihr denn das neueste Update heute?

    Nur überflogen. Für mich ist die entscheidende Information, dass sie sich melden und dabei Sachen erklären wollen. Was sie dabei genau sagen, interessiert mich gar nicht mal so sehr. Ich bin immer noch optimistisch, dass das Spiel irgendwann kommt. Bei wirklich betrügerischen Kampagnen kommen nur kurze Update in immer größer werdenden Abständen und die sind dann eine substanzlose Ansammlung von Ausreden, Doppeldeutigkeiten, vagen Versprechungen und Hintertürchen für zukünftige Ausreden. Das ist hier nicht der Fall. Solange da noch von konkreten Problemen wie Goldfoliendruck geredet wird, ist das alles noch okay. Sicher kein perfektes Projekt, "noch okay" heißt "Note 4 für die Durchführung", aber eben kein Projekt, bei den ich sage: "Schreibt's ab, da kommt nichts mehr."

    Oh, mir fällt gerade ein, dass ich irgendwann auch mal die Rising Tides Erweiterung zu #Vanuatu gebacken habe!

    Da ist ja der Autor quasi durch eine private Tragödie, ich meine die schwere Krankheit seiner Frau?, in der Versenkung verschwunden.

    Das waren auch nur 10€ oder so, geschenkt, bei dem Thema...

    #Vanuatu ist allerdings ein Sonderfall. Das Spiel wurde später von Quined Games in einer aktualisierten 2nd Edition neu veröffentlicht und Quined Games hat allen Backern der alten, gescheiterten Crowdfunding-Kampagne ein Exemplar des neuen Spiels geschenkt, obwohl sie mit der alten Kampagne nichts zu tun hatten. Ich glaube, nur die Versandkosten mussten bezahlt werden. (Wurde wohl mit dem Autorenhonorar verrechnet, aber Quined hat meines Wissens immer noch draufgelegt.) War natürlich für die Backer des Komplettpakets interessanter als wenn man damals nur die Rising Tides Erweiterung bestellt hatte.

    Mit viel Verzögerung ist auch der Kickstarter zu #TheManhattanProject belastet

    Kleine Korrektur: The Manhattan Project - Energy Empire. Und davon die Erweiterung Cold War. Manhattan Project bzw. Manhattan Project II sind andere Spiele aus dem gleichen Verlag.

    The Manhattan Project: Energy Empire – Cold War | Board Game | BoardGameGeek

    Ich habe bisher einen Totalausfall (Solarius Mission 2nd ed.), was man wohl als Betrug verbuchen muss, und zwei schon arg lange hängende Projekte, bei denen ich aber noch auf Lieferung hoffe. Neben MPEE Cold War noch Madeira Collector's Edition von WYG.

    Nie im Leben würde ich mir ein elektronisches Gerät über Kickstarter besorgen wollen

    Ich würde grundsätzlich nichts anderes außer Brettspielen dort unterstützen wollen. Brettspiele, bzw. "Tabletop" wie die Kategorie dort heißt, sind auch so ziemlich der einzige (!) Bereich von Kickstarter, der ohne größere Ausfallraten funktioniert und zumindest mit gewisser Zuverlässigkeit liefert, was die Backer sich versprechen. Alles andere ist bei Kickstarter eher Geldverschwendung und das hat sich mittlerweile auch so herumgesprochen. Sei es weil das Risiko zu hoch ist (Kategorie Gadgets) oder sei es weil es die Sachen recht bald deutlich günstiger geben wird (Kategorie Video Games).

    Außerhalb von Brettspielen haben schon zu viele KS-Nutzer zu viel Geld versenkt und dann Kickstarter den Rücken gekehrt. Ohne ihre Vorzeige-Kategorie "Tabletop" könnte kickstarter.com vermutlich dicht machen. In der aktuellen Kicktraq-Hotlist besteht die Top-25 aus 21 Einträgen der Tabletop-Kategorie und nur vier anderen (wovon eines eine Kartenspiel-Illustration ist, also eigentlich sogar 22 von 25).

    Wenn man sich das mal klar macht, dann kann man sich ausmalen, wie argwöhnisch die Kickstarter-Verantwortlichen GameFound oder ähnliche Entwicklungen innerhalb der Brettspiel-Szene beobachten dürften.

    "Haben sich die KS-Projekte in den letzten Monaten/Jahren in Sachen zeitnahe Lieferung, Entsprechung des Spielinhalts wie beschrieben oder eine spürbare Qualitätssteigerung (Minis, Karten, etc) verglichen mit früher verbessert?"

    Nein. Aber die Probleme sind ein bisschen anders geworden.

    Früher gab es eher mal das Problem, dass irgendein Macher sich nicht bewusst war, dass Miniaturenherstellung im Allgemeinen, Spieleproduktion in China oder ein (früher oft selbst organisierter!) internationaler Versand gewisse Risiken mit sich bringt. Da waren manche Macher schon extrem blauäugig unterwegs. Davon sind dann einige auch von schwarzen Schafen schlicht abgezockt worden. Das ist heute alles deutlich professioneller geworden. Zum einen auf Hersteller/Anbieter/Dienstleister-Seite, zum anderen aber auch auf Seiten der Crowdfunding-Macher, wo es heute Anfänger wesentlich schwerer haben, überhaupt zur Kenntnis genommen zu werden. Kickstarter ist ja heute eher Vorverkaufskanal mit Gratis-Kredit und kompletter Risikoabwälzung auf den Kunden für die Großen im Geschäft als Plattform zur Ideen-Realisation für Kleine.

    Überhaupt nicht geändert haben sich schlechte Kommunikation oder schlechte Projektplanung. Gab es schon immer, wird es auch immer geben. Da hilft nur: auf gründliche, plausible Planungen und auch auf die vergangene Historie der Macher schauen. Wer sich diese Mühe nicht machen will oder mit einer "wird schon gut gehen"-Einstellung backt, der soll sich halt nicht beschweren, wenn's schief geht.

    Neu dazu gekommen sind auch manche Probleme durch die zunehmende Professionalisierung des Kickstarter-Marketings (incl. gewisser eingeforderter Unehrlichkeit bei Themen wie Stretch Goals), Fanboy-Gehabe und so manche mittlerweile eingeschliffenen ungesunden Einstellungen. Meiner Meinung nach auch vielfach von Backern selbst verschuldet, langfristig zu ihren eigenen Ungunsten. Wenn man mit der Einstellung "Verzögerungen bis 6 Monate sind doch völlig normal!" seinen Lieblingsverlag verteidigt und auch klare Probleme noch schön redet, dann braucht man sich nicht wundern, wenn da Best-Case-Planungen bei den entsprechenden Anbietern völlig normal werden.

    Micknick : Es wird ja oft gesagt, dass Kickstarter die Einstiegshürden in den Spielemarkt für Neulinge gesenkt habe. Das mag in den Anfangszeiten von Crowdfunding mal so gewesen sein (und viele der frühen Kickstarter-Spielverlage sind heute bekannte Namen der Branche), aber ich bin mir nicht so sicher, dass das immer noch so ist. Wir leben jetzt in einer Zeit, in der Kickstarter von großen, etablierten Firmen dominiert und als Plattform für Direktvermarktung mit Risikoabwälzung genutzt wird. Möglicherweise sind die Einstiegshürden inzwischen sogar höher als sie es früher in der Vor-Kickstarter-Zeit für Spiele-Enthusiasten wie die Lamont-Brüder mal waren.

    Ich würde ein großes Fragezeichen daran machen, ob sowas wie Fragor Games in der heutigen Zeit noch möglich wäre. Also dass zwei Brüder ohne großes Team aus Grafikern, Social Media Experten oder anderen Spezialisten originelle eigene Spielideen umsetzen und damit innerhalb der Spieleszene gewissen Kult-Status erlangen können. Die Fragor-Spiele hatten immer das gewisse komplett überproduzierte Etwas (Figuren! Der Berg in Game of Gnomes!), aber mit dem, freundlich ausgedrückt, unterdurchschnittlichem Artwork bei Karten oder Spielplan würde sowas heute doch direkt untergehen. Gleichzeitig sind einzelne überproduzierte Komponenten keine Besonderheit mehr, sondern der Regelfall.

    Hinter dem heutigen Kickstarterspiel stecken normalerweise direkt ein halbes Dutzend darin involvierte Leute mit entsprechenden Vorab-Investitionen für Grafik, Werbung oder Social Media Betreuer. Das muss man als Macher erstmal stemmen können. Eine Crowdfunding-Kampagne, die da nicht das Niveau erreicht, das die Profis vorgeben, wird vom durchschnittlichen Endkunden doch direkt weggeklickt.

    Im Übrigen können sich auch kleine Verlage und Einzelkämpfer abseits von KS etablieren....

    Ich denke z.B. an Fragor .....

    Gerade mit Bezug auf die mittlerweile nicht mehr existente Firma Fragor Games könnte man darüber diskutieren, ob das in modernen Zeiten nicht

    Zitat

    Im Übrigen konnten sich auch kleine Verlage und Einzelkämpfer abseits von KS etablieren....

    heißen müsste. Deren Geschäftsmodell der (leider nur in Teilen) überproduzierten, teuren Liebhaberspiele ist durch nicht zuletzt durch Kickstarter gekillt worden.

    Ob man das nun gut findet oder nicht: Sehr viele, wenn nicht gar die meisten, der in den letzten Jahren bekannt gewordenen neu gegründeten Verlage haben dies maßgeblich durch Crowdfunding-Spiele geschafft.

    Ich empfehle diese Liste bei BGG: Controversial or Fraudulent Kickstarters. | BoardGameGeek

    Neben dieser Liste (die meiner Meinung nach jeder, der sich für Kickstarter-Spiele interessiert, abonniert haben sollte) gibt es noch eine zweite Liste bei BGG, die etwas mehr in die Richtung dieses Threads geht:

    https://boardgamegeek.com/geeklist/247437


    Ich selbst halte mich für überdurchschnittlich vorsichtig bei Kickstarter, bin aber (bei deutlich über 100 Crowdfunding-Projekten bisher) auch schon mal mit Totalverlust eingegangen. Bei Solarius Mission 2nd Edition. Da denkt man: Zweitauflage eines bekannten Spiels, da kann eigentlich nicht viel schief gehen. Doch. Es kann. Totalverlust. Zwei weitere Projekte bei absolut renommierten Verlagen hängen und es ist fraglich, wie es weiter geht. Einmal weil der Verlagschef überraschend verstorben ist.

    Sowas und genauso auch die ganzen Erfahrungsberichte hier zeigen mir: Man kann eben nicht Kickstarter-Preise 1:1 mit Retail-Preisen vergleichen. Ein "so viel Geld ist mir das Spiel wert" tut es alleine nicht. Im Crowdfunding-Bereich trägt der Backer das gesamte Projektrisiko, und das ist ja nicht nur das Risiko, gar nichts zu erhalten, sondern auch noch das viel größere Feld der Spiele, die am Ende die Erwartungen nur teilweise erfüllen. Ich finde, dass der Backer da das Recht hat, ein gutes Angebot zu erwarten. Also besser als vergleichbar ausgestattete Retail-Veröffentlichungen und nicht nur genauso gut bepreist. Für das Risiko, das man übernimmt, muss es eine Kompensation irgendeiner Art geben. Exklusives, Preis, was-auch-immer. Aber eben irgendwas. (Ausnahmen möglich für sympathische Kleinverlage und Erstlingsprojekte, bei denen andere Maßstäbe gelten als bei etablierten Verlagen.)

    Leider geht die Entwicklung in eine andere Richtung. Es gibt kaum mehr Kickstarter-Spiele unter 50 Euro. 100 Euro und mehr ist der neue Normalfall. Und die Backer machen's weiter mit und reden sich auch alle Probleme, vor allem mit langen Lieferzeiten und sonstigen gebrochenen Versprechen, auch noch fröhlichschön. Die Macher sagen sich dann natürlich: solange die Backer das so mitspielen, lasst uns immer weiter an der Preisschraube drehen. Von der ursprünglich Crowdfunding-Idee ist Kickstarter meilenweit weg. Das ist reiner Kommerz. Kein Vorwurf an die Macher: Die machen aus ihrer Sicht alles richtig.

    Ich habe mittlerweile meine Kickstarterei drastisch zurückgefahren. Lohnt sich normalerweise einfach nicht. Bei den wirklichen Highlights aus diesem Bereich ist es 99% sicher, dass man das Spiel auch später noch bekommt. Sei es Retail oder sei es im Rahmen einer zweite Kickstarter-Kampagne, bei der man dann immer noch einsteigen kann. BTW: Meine bisherigen Highlights unter den Neuheiten dieses Jahres sind Faiyum und Bonfire. Beides zusammen günstiger als so mancher Kickstarter und jeder kann's ohne irgendwelche Risiken oder lange Wartezeiten beim Händler seiner Wahl kaufen. Warum gibt's dann eigentlich immer so viel Bohei um irgendwelche 08/15-Kickstarter? Nur weil Rahdo mal wieder irgendwas hochjubelt oder weil irgendwelche Leute ihre dreistelligen Ausgaben sich schön reden müssen? Einfach mal sich trauen selbst zu denken, FOMO ausschalten und schon gibt's Entspannung...

    In diesem Sinne zurück zum Thread-Titel: Schwarze Liste? Klar, dafür! Wenn da die Backer nicht konsequent zeigen, dass sie zwielichtiges Verhalten auf Kickstarter mit Nicht-Backen bestrafen, dann ist das nur eine Ermutigung für solches Verhalten.