Beiträge von MetalPirate im Thema „Warum sind euch Spiele nicht den UVP wert?“

    Bei welchem Händler sehe ich den Preis erst beim Checkout?

    Bei allen (!) Asmodee-Angeboten in Nordamerika ist das so. Und Asmodee kontrollieren da auch die Vertriebswege für Spiele und haben 2/3 aller besonders beliebten Longseller-Spiele unter ihren Fittichen, u.a. Catan, Ticket to Ride, Pandemic oder Carcassonne.

    Beispiele hier oder hier. "See price in cart".

    Gut, jetzt kann man natürlich sagen: "Was interessieren mich die USA?" Klar. Aber das wäre nicht die erste Entwicklung, die dann nach Europa rüberschwappt.

    Verlag produziert 1000x ein Spiel für EK-Preis 50€.

    Das Spiel wird von Händler A für 50€ und Händler B für 80€ verkauft.


    Die Frage bleibt: Warum sollte es den Verlag stören das der eine Händler mehr und der andere Händler weniger Gewinn gemacht hat?

    Das Problem ist, dass der Kunde dann irgendwann das Gefühl hat, dass Spiele des entsprechenden Verlages nur die Hälfte des UVP "wert" wären und solche Angebote sogar erwartet, bevor er ein Spiel kauft.

    Konkrete Beispiele: Queen Games leidet heute noch unter einem negativen Image, weil sie vor vielen, vielen Jahren erfolgreiche Spiele wie Fresko oder Kingdom Builder bei Amazon verramscht hatten. Oder nimm den Praktiker-Baumarkt: Da haben die Kunden ohne "20% auf alles"-Aktion irgendwann gar nichts mehr gekauft, was den Laden am Ende in die Pleite getrieben hat.

    Jeder Hersteller hat ein eigenes Interesse daran, den gefühlten Gegenwert der eigenen Produkte hoch zu halten. Alle Rabattaktionen sind diesbezüglich aus Herstellersicht gefährlich. Luxusmarken gehen teilweise sogar so weit, Produktionen lieber für teures Geld zu vernichten als sie mit Rabatt zu verkaufen. Warum? Weil es sich alles in allem doch rechnet.

    Mappe ist eine Vereinbarung zum Angebotspreis des Händlers (Werbung, Preisschild) NICHT zum tatsächlichen Abgabepreis (Rabatt, Gutscheine etc.)

    Außerhalb Europas schließen die MAPP-Verträge oft auch eine Limitierung der Rabatte und Gutscheine ein. Da darf der Händler dann das Spiel wirklich nicht günstiger als X Prozent unter Listenpreis verkaufen, außer bestimmte Spiele werden im Rahmen eines No-MAPP-Sales vom Verlag explizit dafür freigegeben. Insbesondere Asmodee North America ist da sehr aktiv dabei, die Händler zu knebeln und hohe Preise einseitig zu diktieren. In den USA ist's möglich. Aber auch Verlage wie EGG oder Stonemaier beteiligen sich aktiv an Preisfixierungen.

    In Europa ist das nicht ganz so leicht, aber auch da gibt's Verlage, die dann lieber auf eine breite Verfügbarkeit ihrer Produkte verzichten, um dafür ihre Preis hoch halten zu können. Siehe Schwerkraft, siehe Spieleschmiede-Lokalisierungen unter dem guten Dutzend von Eigenlabel-Pseudoverlagen.

    Aus Kundensicht sind da so manche Entwicklungen äußert bedenklich. Mit Blick auf die USA wäre da z.B. auch noch die Monopolisierung von Distributionswegen zu nennen, auch wieder mit Asmodee als gefährlichstem Übeltäter. Ohne funktionierenden Wettbewerb leidet am Ende immer der Kunde und nur das Großkapital gewinnt...

    Was ist das?

    Wenn's sonst keiner erklären will: Minimum Advertized Price Policy.

    Die Händler müssen sich vetraglich verpflichten, ein Spiel nicht unter einem gewissen Mindestpreis anzubieten, sonst werden sie nicht mehr vom Verlag beliefert. Damit ist dann der maximale Rabatt (außerhalb von erlaubten Sonderaktionen) auf so-und-viele Prozent gedeckelt. Im nordamerikanischen Markt noch sehr viel üblicher als in Europa.

    Meine Erfahrung: wenn ich mir nur weil etwas günstig ist die Frag stelle ob ich es brauchen könnte, dann brauche ich es nicht.

    Das unterschreibe ich so. Wobei "ich stelle mir die Frage, ob ich es brauchen kann", ggf. mit eigener Recherche, z.B. Erklärvideos anschauen oder BGG-Comments sortiert nach jüngstem Datum durchlesen, noch ein Stückchen sinnvoller ist als "ich stelle anderen die Frage, ob das Spiel gut ist".

    Vorab: Ich finde ich Antwortoptionen nicht so ganz glücklich gewählt, denn "zahle jeden Preis" oder "kann ich mir nicht leisten" drücken den Antwortenden schon etwas zu sehr in bestimmte Ecken. In Ecken, in die man vielleicht nicht unbedingt rein will, auch wenn man ab und zu UVP zahlt (z.B. bei einem Messe-Spontankauf nach Ausprobieren) oder wenn man mal bei einem Schnäppchen zuschlägt (z.B. weil über ein zwei Jahre altes Spiel immer noch positiv bei Unknowns berichtet wird).


    Zur Frage: Ich finde mich in mehreren Antwortmöglichkeiten wieder. Hängt vom Spiel und seinem Preis ab. Generell ist es so, dass ich mit vollem Spieleregal erstens höhere Ansprüche an neue Spiele habe und zweitens auch mehr Geduld, denn ich habe ja schon mehr gute Spiele zuhause als ich realistischerweise im nächsten Jahr spielen kann. Alle Neuzugänge müssen deshalb im Prinzip in der Lage sein, ein anderes Spiel aus dem Regal zu verdrängen. Solche Spiele sind normalerweise auch noch 1-2 Jahre später noch nicht OOP und dann kann man sie normalerweise auch besser einschätzen; idealerweise hat man sie dann selbst irgendwo mal mitgespielt.

    Manche Neuheiten, bei denen ich Autor und/oder Verlag schätze, schaue ich mir an. Ich lese die Regeln und bestelle sie vor, wenn ich davon überzeugt bin, dass sie gut sind. Unter den aktuellen Neuheiten zum Beispiel Castles of Tuscany und Bonfire. Aber ich muss nicht alles sofort kaufen. Interessantes kommt bei mir deshalb eher auf eine Art "Beobachtungsliste" -- und das gilt umso eher, je teuer das Spiel ist. 50 Euro ist da schon eine Schmerzgrenze für mich, die mich normalerweise vom direkten Kauf abhält. Auf der Beobachtungsliste bleibt's dann, ich sammele Meinungen und Berichte. Die allermeisten Sachen fliegen dann irgendwann mit "nö, brauche ich doch nicht" von der Liste wieder runter.

    Manches von der Liste wird gekauft, teils "teuer" bzw. UVP-ähnlich, weil ich es wirklich will. Manchmal kaufe ich auch auf Verdacht, einfach weil ich's kann. Das ist dann der Punkte, wo ein guter Preis bzw. ein günstiges Angebot wirkt: das senkt dann nämlich die Kaufschwelle. Nicht mehr, aber auch nicht weniger.

    Oder direkt bezogen auf Schnäppchen-Aktionen wie aktuell bei Milan oder bei den klassischen Adventskalendern: Wenn da etwas bei mir im digitalen Einkaufswagen landet, dann war es in 95% der Fälle zuvor schon auf meiner Beobachtungsliste. Ein "für Preis X kann man es ja mal mitnehmen" ist dann nicht völlig falsch, aber eben auch nicht ganz richtig, weil dabei verloren geht, dass vorher schon eine starke Selektion stattgefunden hat.