Beiträge von Thygra im Thema „Verlage boykottieren, weil Erweiterungen nicht lokalisiert werden?“

    Warum korreliert die Arbeitszeit des Redakteurs mit der Auflage?

    Das tut sie eben gerade NICHT, und genau darum geht es. Das hier trifft es im Prinzip ganz gut, was ich meinte:

    Ich denke es geht eher darum mit was der einzelne Redakteur dem Verlag mehr Geld einbringt um es ma direkt zu sagen.

    Bei einem Produkt mit 500 Exemplaren bleibt ... als Gewinn.

    Wenn nun dieser gleiche Redakteur im selben Zeitrahmen aber ein Produkt entwickelt welches 2000 Exemplare verkauft macht er für den Verlag mehr Gewinn.

    Da meine Arbeitszeit als Redakteur auf X Stunden beschränkt ist, kann ich nun mal nicht alles umsetzen, was theoretisch interessant wäre. Also muss man entscheiden, WAS man von den Möglichkeiten umsetzt. Und da spielt natürlich auch eine nicht unbedeutende Rolle, wie viel Rohgewinn ein Produkt erwarten lässt. (Aber natürlich gibt es auch noch viele andere Entscheidungskriterien.)

    Wenn ich also zum Beispiel 40 Stunden Arbeitszeit bräuchte, um eine Erweiterung von einem Spiel zu machen, von dem der Verlag vielleicht 500 Stück verkaufen kann, oder alternativ ein neues Spiel machen kann, bei dem ich mit 70 oder 80 Stunden Arbeitszeit eine Auflage von 3.000 Stück verkaufen kann, dann ist die Arbeitszeit bei letzterem Produkt vermutlich effizienter investiert.

    Mir erschließt sich jetzt gar nicht warum ein großer Verlag höhere Auflagen braucht?

    Die Erklärung dafür steht bereits oben. Du hattest sie selbst schon zitiert:

    Bei einem mittelgroßen Verlag könnte ein Redakteur mit vielleicht dem doppelten Arbeitsaufwand ein Spiel umsetzen, das sich nicht nur 500 Mal verkauft, sondern 2.000 oder 3.000 Mal - und außerdem noch das Potenzial für Nachauflagen hat, wenn das Spiel ein Erfolg wird.

    Ein größerer Verlag verfügt über die Strukturen, von einem Spiel eine höhere Anzahl zu verkaufen als ein Kleinverlag. Somit ergibt es wenig Sinn, wenn ein Redakteur Arbeitszeit in die Umsetzung eines Produktes mit einer Auflage von 500 steckt, das kaum Gewinn erwirtschaften wird, wenn er in der doppelten Zeit ein Produkt mit einer Auflage von 3.000 umsetzen kann, das das Potenzial auf einen deutlich höheren Gewinn hat.

    Und eine Art P500 System wäre keine Option? Also bei einer gewissen Menge (müssen ja nicht 500 sein) Vorbestellungen wird produziert - oder ist das zu aufwändig umzusetzen?

    Der Aufwand für die redaktionelle Umsetzung des Produktes besteht ja trotzdem. Wie ich weiter oben schon schrieb, so etwas lohnt sich nur für kleinere Verlage. Bei einem mittelgroßen Verlag könnte ein Redakteur mit vielleicht dem doppelten Arbeitsaufwand ein Spiel umsetzen, das sich nicht nur 500 Mal verkauft, sondern 2.000 oder 3.000 Mal - und außerdem noch das Potenzial für Nachauflagen hat, wenn das Spiel ein Erfolg wird.

    Na ja, Pegasus macht halt sehr viele Lokalisierungen. Und ist dabei auch experimentiertfreudig. Da ist es nur logisch, dass auch immer wieder welche dabei sind, die sich nicht durchsetzen und bei denen dann die Erweiterungen eingestellt werden. Dass es zugleich auch immer wieder Lokalisierungen gibt, zu denen Pegasus alle Erweiterungen umsetzt (sofern vertraglich möglich), fällt dann eben gerne unter den Tisch.

    Die Alternative wäre ja, viel weniger Lokalisierungen zu machen. Dann würde es viel seltener vorkommen, dass Pegasus zu einem Spiel irgendwann die Erweiterungen einstellt. Aber dann würden auch viele Spiele gar nicht erst auf Deutsch erscheinen.

    Man kann es in diesem Fall nicht jedem Recht machen.

    1:3 bis 1:7 ist ja wirklich eine Große Spanne. Durch die Vorbestellungen sollte man doch eine viel bessere Planungssicherheit bekommen.

    Wie soll das gehen? Vorbestellungen kann man ja nur dann erhalten, wenn man eine Erweiterung bereits angekündigt hat. Da beißt sich die Katze in den Schwanz ...

    Solche Aktionen, dass man auf der Homepage oder bei Facebook eine Vorabfrage macht, wie viele Menschen denn die Erweiterung kaufen WÜRDEN, sind meines Erachtens nur für kleinere Verlage sinnvoll umsetzbar.

    Ist eine Erweiterung/Spiel(mir ist klar das es von Fall zu Fall unterschiedlich ist, meine im Durchschnitt) wirklich erst ab 2000Stk. wirtschaftlich?

    Auch hier gilt, es kommt auf die Verlagsgröße an. Für einen kleineren Verlag kann sich auch eine Auflage von 1.000 Stück noch lohnen, aber für einen größeren Verlag lohnt sich im Normalfall unterhalb von 2.000 Stück nicht, überhaupt darüber nachzudenken. Und ein sehr großer Verlag würde wohl erst ab 3.000 oder sogar erst ab 5.000 über eine Umsetzung nachdenken.

    Z.b. Revolver, mystic Vale oder Zombies!!! Gerade letzteres wurde m.em durch Pegasus über Jahre als Cash cow gemolken und als es nicht mehr so gut lief....schwupps stillschweigend nicht mehr fortgesetzt.

    Diese drei Spiele sind alle grundverschieden in ihrer Entstehung:

    - Bei Revolver war von vornherein klar, dass es als reines 2-Personen-Spiel mit Western-Thema schwierig sein würde, es überhaupt in Deutschland zu etablieren. Das Spiel war ein Versuch, weil ich mich dafür stark gemacht habe und weil Pegasus zu diesem Zeitpunkt versuchen wollte, eine 2-Personen-Reihe von Spielen für ca. UVP 19,95 in den Markt zu bringen. Deshalb wurde ungefähr zugleich auch Duell im Felsental gemacht, im Original Draco. Aber bei Revolver wurde meines Wissens seitens Pegasus niemals angekündigt, dass Erweiterungen auf Deutsch geplant sind.

    - Zu Mystic Vale wurde hier bereits an anderer Stelle viel geschrieben. Obwohl das Spiel von vornherein nicht gut lief, hat Pegasus trotzdem mehrere AEG-Erweiterungen auf Deutsch gemacht - in der Hoffnung, das Spiel würde durch die Erweiterungen besser werden und sich besser verkaufen.

    - Bei Zombies hat Pegasus meines Wissens alle Erweiterungen umgesetzt. Und wie du selbst schreibst, war das Spiel viele Jahre lang im Sortiment. (Eine Cash Cow war es aber nie.) Auch die V2.0 wurde noch bei Pegasus gebracht. Die Zahlen sanken aber von Jahr zu Jahr, weil viele neue Zombie-Spiele erschienen, die viel interessanter waren, insbesondere von der Ausstattung her. Ab der V3.0 war absehbar, dass das Spiel keine Zukunft mehr hatte. Zum einen war der Autor und Verleger bedauerlicherweise verstorben, zum anderen fanden kaum Veränderungen am Spiel bzw. am Material statt, welche für ein Überleben gegen die vielen neuen Zombiespiele nötig gewesen wäre.

    Und dann monatelang die Lokalisierung von munchkin ccg angekündigt und kurz vorher den Stecker gezogen.....

    Das Spiel war einfach unmöglich zu einem vernünftigen Preis zu realisieren. Wirklich unmöglich. Eine deutsche Auflage hätte niemals so hoch sein können wie eine englische. Hätte SJG ein einfacheres System der Kartenseltenheiten verwendet, wie man es von anderen Sammelkartenspielen kennt, wäre das kein Problem gewesen. Doch leider hat SJG sich zu einer Seltenheitsverteilung entschieden, die bei kleinen Auflagen nur von Hand hätten vorgenommen werden können.

    Andere Verlage würden die m.e. noch veröffentlichen und der geringere Umsatz würde dafür die Kundenbindung erhöhen.

    Nein, andere Verlage wären auch nicht in der Lage gewesen, das Munchkin CCG zu sinnvollen finanziellen Bedingungen zu veröffentlichen.

    Also ich würde in der Situation mit den Leuten im Rewe reden. Wird vieleicht beim ersten Mal nicht klappen, aber wenn genug Kunden den Mund aufmachen, könnte der Laden die Käsebrötchen wieder einführen.

    Der Grund, dass etwas aus dem Rewe-Sortiment fliegt, muss nicht sein, dass das Produkt sich nicht gut verkauft hat. Mir sind schon mehrere Fälle begegnet, wo ganze Artikelreihen aus dem Sortiment flogen, weil Rewe und der Hersteller sich über Preise oder anders gestritten haben, und dann zieht Rewe mal die Boykottkeule und wirft den Hersteller raus aus den Läden. Und in solchen Fällen nutzt es auch nichts, wenn du als Kunde den Mund aufmachst.

    In einem Fall (Frosta) waren die Produkte nach 3-4 Monaten Pause dann wieder im Rewe verfügbar. In einem anderen Fall weine ich noch heute dem Artikel nach. Trotzdem gehe ich weiterhin zum Rewe.

    Ich hätte gedacht, dass dieser Effekt, das "Grundspiel" länger am Leben zu erhalten, auch ein Grund dafür sind, Erweiterungen herauszubringen. Wenn ich Thygra oben richtig verstehe, scheint das ja nicht wirklich so zu funktionieren.

    Doch, das ist natürlich auch ein wichtiger Aspekt. Sorry, dass ich den Punkt oben nicht genannt habe. In der Tat macht man eine Erweiterung mitunter auch dann, wenn sie sich wirtschaftlich nicht zwingend rechnet, wenn man sich davon erhofft, das Grundspiel im Gespräch zu halten. Aber auch das ist meist nur dann sinnvoll, wenn sich das Grundspiel sehr gut verkauft, dass man es möglichst lange am Leben halten möchte. Im besten Fall können Erweiterungen dann sogar dafür sorgen, dass ein Grundspiel irgendwann zu einem Longseller wird.

    Dieser Effekt lässt sich aber kaum in Zahlen messen. Man weiß eben nie so genau, wie groß dieser Effekt bei einer Erweiterung ist.

    Ein Beispiel, wo das recht gut funktioniert hat, ist Port Royal. Hier konnte man an den Verkaufszahlen recht gut erkennen, dass das Erscheinen der 1. Erweiterung dem Grundspiel noch mal einen Verkaufsboost gegeben hat. Vermutlich aus dem Grund, dass die Erweiterung nicht nur ein komplett neues Element ins Spiel gebracht hat, sondern sowohl einen kooperativen Modus als auch ein Solospiel enthält. Es kann gut sein, dass Port Royal ohne diese Erweiterung nicht so erfolgreich geworden wäre, wie es heute ist.

    Aber auch hier gilt: Wenn das Grundspiel nicht bereits alleine gute Verkaufszahlen und eine dritte Auflage erreicht hätte, wäre auch die Erweiterung kaum lohnenswert gewesen.

    Ganz allgemein: Zu einem normalen Spiel, dessen Konzept nicht von vornherein auf Erweiterungen aufgebaut ist (wie z. B. ein LCG), lohnt sich eine Erweiterung rein finanziell für den Verlag nur selten. Das liegt daran, dass das Verhältnis von verkauften Erweiterungen zu Grundspielen in Deutschland meines Wissens meist irgendwo 1:3 und 1:7 liegt.

    Wenn ein Verlag ein Spiel mit einer Auflage von 3.000 Stück startet, muss er also rein rechnerisch mindestens die 3. Auflage erreichen, um eine Erweiterung mit einer Auflage von wenigstens 2.000 Stück verkaufen zu können. Viele Spiele erreichen aber die 3. Auflage gar nicht.

    Deshalb ist diese Aussage hier ...

    Für Verlage ist es oft lukrativer, zig Erweiterungen rauszubringen, weil das Platzieren neuer Titel am Markt in Zeiten des Neuheiten-Overkills viel riskanter geworden ist.

    ... aus meiner Sicht unzutreffend. Eine Erweiterung ist meist viel riskanter.

    Das grundsätzliche und irgendwo auch unlösbare Problem bei allen Lokalisierungen ist, dass es immer irgendeinen Punkt geben wird, wo sich für den Originalverlag eine weitere Erweiterung noch rechnet, aber für den lokalisierenden Verlag eben nicht mehr.

    Das ist generell korrekt. Es gibt aber auch den umgekehrten Fall, wenn eine Lokalisierung so gut läuft, dass der lokalisierende Verlag gerne eine Erweiterung hätte, sich für den Originalverlag aber keine Erweiterung lohnt aus dessen Sicht. Über solche Fälle wird aber natürlich fast nie gesprochen.

    Ein wenig Merkwürdig finde ich immer wenn Erweiterungen zunächst erhältlich sind und nach gewisser Zeit nicht mehr, obwohl Grundspiel und andere Erweiterungen weiterhin angeboten werden (z.B. Village Inn)

    Das liegt daran, dass sich Erweiterungen selten so gut verkaufen, dass sich eine Nachauflage lohnt.