Beiträge von ravn im Thema „Carnegie von Xavier Georges (Quined Games 2020 Release)“

    Ich hätte mir für meine Erstpartie eine Hilfe vom Spiel gewünscht, welche Abteilung ich für mich reservieren sollte. Besonders weil einzelne Abteilungen nur einmal vorhanden sind und dann den Mitspielern nicht mehr zur Verfügung stehen.


    War am Ende dann eher eine Zufallsentscheidung, weil ich da keinerlei Überblick hatte über die ganzen Abteilungen und habe dann auf die alternativen Ratschläge meiner Mitspieler gehört, die Carnegie schon mal gespielt hatten vorab. Mir kam die Entscheidung zu heftig vor, zumal die auch die Spielweise extrem beeinflusst hat, weil die erste Aktion des Spiels dann "auch bauen" war. Und man vorab seine Arbeiter verteilen sollte. Da kam mir gar nicht in den Sinn, Arbeiter auf noch freie Felder zu ziehen, um die dann bei "auch bauen" direkt an Ort und Stelle zu haben.


    Bei einer Erstpartie mit 2 bis 3 Stunden Spielzeit wohl auch nicht anders möglich, als sich auf diesen Blindflug einzulassen, bei denen man dann ganz viel auf die harte Tour lernt: Alle Arbeiter bis auf den vorgedruckten auf der Bewegungs-Abteilung abzuziehen, nur weil man mal zwischenzeitlich eh kaum Arbeiter bewegen kann oder will, ist wohl keine gute Idee und nur mühsam zu korrigieren. Ebenso zu meinen, dass man doch in Geld schwimmt und dann merkt, wie teuer die Spenden dann wirklich werden, weil die läppischen 5 oder 10 Geld klingen doch erstmal wenig.

    Für mich klar ein Spiel, das man häufiger spielen muss, um das volle Potential des Spiels wirklich erkennen zu können und echte Siegpunkt-Engines auzubauen, die dann auch funktionieren und Punkte abwerfen.

    Vom Spielgefühl erinnerte mich Carnegie an Imperial Steam, wenn auch nicht ganz so knallhart in den Fehlentscheidungen. Age of Steam mit den Bietrunden und dem "fehlenden 1 Dollar" ist da ein weiteres. Gibt sicher noch mehr. Bin selbst nicht mehr so tief im Eurogame-Sektor drin.


    Die Form von fremdbestimmter Interaktion mit Mitspieler-Aktionsauswahl ist nur eine Spielart der Interaktion. Ich persönlich bin da mehr ein Freund von selbstbestimmter Interaktion anstatt mich für alle Aktionens-Eventualitäten bestens aufzustellen. Das habe ich eher als mühsam empfunden.

    Am Sonntag eine entspannte Erstpartie in 3er-Runde mitgespielt:


    Schön verzahntes Euro-Optimier-Spiel. Interaktion ist durch die Aktionsauswahl für alle durch den aktiven Spieler gegeben und welche Städte-Verbindungen man sich gegenseitig wegschnappt und wer es auf den letzten Schritt der Fortschrittsleisten in den Landesteilen schafft, sofern da überhaupt die Ambition zu besteht. Denn es gibt so viel zu tun und sehr selten war ich wirklich bereit für die Mitspieler-Aktionsauswahl. So halb irgendwie, aber weit davon entfernt wirklich optimiert zu spielen. Was allerdings für mich auch kein Anspruch für eine Erstpartie war.


    Denn wenn ich etliche Arbeiter in Wartestellung auf Arbeit habe und dann kein Mitspieler die Aktion wählt, Personal verteilen zu können, dann muss ich mit meinen vorab in die Abteilungen verteilten Arbeiter auskommen. Dieses "lass die Mitspieler die Aktionen machen, die ich benötige", das funktionierte nur so halbwegs. Wirklich sicher planen konnte ich nur bei der Mitspieleraktion direkt vor mir, weil ich ja wusste, was ich dann in der eigenen Aktionsauswahl wählen würde. Da aber wieder limitiert durch das Zurückholen und damit die Generierung von Einkommen durch meine verteilten Handlungsreisenden - also entweder eine passende Aktion wählen, aber den Mitspielern bei ihren Handlungsreisenden in die Karten spielen und selbst nichts davon haben oder eben auf Handlungsreisende spielen und die Aktionsauswahl dabei nur so halboptimal selbst nutzen können. Viele Zwänge durch Verknüpfungen von Spielelementen.


    Eigentlich müsste ich mich in Position bringen, dass mir jegliche Aktion und Landesteil-Auswahl der Mitspieler etwas nützt und in meinen eigenen Plan passt. Spätestens bei der Wahl einer neu zu bauenden Abteilung war ich aber absolut überfordert, weil ich keinerlei Ahnung hatte, wie die sich wirklich in der Spielpraxis auswirken und meinem Plan nutzen würde. Ein Projekt auf den Spielplan mit Geld anstatt mit Handlungsreisenden zu bauen, das klingt gut. Aber eigentlich möchte ich ja doch Handlungsreisende in den Landesteilen haben, um die Boni sowie das Grundeinkommen mitzunehmen, wenn die wieder zurückkommen in meine Firma. Und je grösser die eigene Firma wird, desto weiter werden die Laufwege und die Verteilung der Arbeiter wird zeitaufwendiger.


    Leider blieb das Spielgeschehen für mich arg abstrakt. Ich hatte nie wirklich das Spielgefühl, auf der Detailebene eine Firma zu führen. Das war eher der abgehobene Manager-Blick, der neue Abteilungen bauen lässt, Personal hin- und herschieben lässt. Forschung und ebenso Spenden fühlten sich für mich nicht als solche an, sondern eher das abstrakte Fortschreiten auf unterschiedliche Leisten sowie das Markieren von Siegpunkt-Schwerpunkten gegen Geld. Ich wusste noch nicht einmal, was meine Handlungsreisenden jetzt wirklich in den diversen Landesteilen gemacht haben - die haben halt Geld eingenommen und unbestimmte Waren besorgt. Selbst die Bauprojekte bleiben abstrakt und auf ihrer Symbolebene. Warum ich mein Grundeinkommen nur bekomme, wenn mindestens ein Handlungsreisender zurückkehren kann, war mir thematisch völlig unklar. Eine weitere Spielmechanik, die für mich nicht thematisch begründet oder verknüpft war, sondern nur da, um Druck auf die Mitspieler aufzubauen.


    Die Symbolsprache und die Übersicht ist gut und gelungen. Dabei blieb für mich aber das Thema auf der Strecke. Eventuell ist das in der Anleitung verborgen, aber in meiner Erstpartie hatte ich genug damit zu tun, die Spielmechaniken zu verstehen im Zusammenspiel. Die angedeutete thematische Einbindung konnte mir da nicht helfen, auch weil die ganze Symbolsprache für mich nicht das Thema wiederspiegelt, sondern die Funktionen: Ein Pöppel wird auf dem Spielplan eingesetzt und bekommt dafür x Klötzchen oder y Geld.


    Mein erstes Fazit: Für Eurogame-Optimierfreunde, die es aushalten können, durch Mitspieleraktionsauswahl teils fremdbestimmt zu sein und trotzdem das Beste daraus zu machen, sicher eine Empfehlung. Ich empfand es als sehr verkopft, wenig spielerisch, dafür arg optimierungslastig. Nochmal mitspielen ja, aber ragt für mich nicht zu sehr aus der Masse dieser knallharten Euro-Optimierungsspiele heraus.


    Fühlte sich wenig belohnend an, sondern nur neue spielerische Herausforderungen stellend. Lag eventuell auch daran, dass ich der Einzige war, der bis zur Schlussabrechnung überhaupt Siegpunkte (aber wenige, unter 10 oder so für eine Personal-Abteilungs-Aktion) bekommen hatte. Die restlichen Siegpunkte waren bis dahin zwar in Spenden und Bauprojekten vorhanden, aber nur in der eigenen durchgezählten Vorstellung vorhanden. Am Ende lagen wir dann mit um die erinnerten 120 Punkten jeweils nur 4 bis 6 Punkte aufgereiht auseinander. Also eine Aktion etwas optimaler gespielt oder effektiver vorbereitet entschied zwischen dem ersten und dem letzten Platz. Schulterzuckend hingenommen. Der Weg war hier das Ziel und diesen möglichst optimal zu begehen.