An die Leute die, die das Spiel mittlerweile gezockt haben, wie schlägt sich für euch Darkest Dungeon (DaDu) gegenüber der Genre-Konkurenz? Insbesondere ein Vergleich zu S&S würde mich da interessieren und generell, ob DaDu das Zeug hat in eure persönlichen Top3 der Dungeon Crawler zu gelangen?
Beckikaze hat ja in seinem Jahresrückblick (und auch in dem von RonSilver ) angedeutet, dass die Spiele des letzten Jahres es schwerer hätten, wären sie in früheren Jahren erschienen. Einen direkten Vergleich zu S&S, Altar Quest, Lobotomy II oder Street Masters (wenn man SM überhaupt als Dungeon Crawler bezeichnen kann) zieht Beckikaze in dem Video zu DaDU glaube ich nicht (korrigiert mich wenn ich falsch liege, dann schaue ich mir die Videos noch mal an).
Ich bin ein bisschen am Überlegen, ob ich DaDu auch noch in meiner Sammlung brauche oder ob ich da mit einem S&S AC generell besser fahre
Das Philibert Angebot ist ja schon sehr verlockend...
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DaDu hat schon Mängel, die sich nicht wegreden lassen. Neben den ärgerlichen Dingen wie Fehlern auf dem Brett (z.B. beim Garden Guardian gibt es gar keinen Blutsfleck mehr) oder Regelunklarheiten (am Unklarsten war für mich das Scouting von den Dots aus), betrifft das aber in erster Linie die Balance:
-> (Stellenweise) Bosse, die sich exploiten lassen (Gestating Heart mit STUN-immunen Gegnern) und dadurch extrem langweilige und langwierige Kämpfe darstellen
-> Mangelhafte Mitskalierung der Kerker 2 und 3, weil die Stufe 1 Monster nur reingemischt werden und deren Anzahl schlicht nicht reicht.
-> Heart of Darkness als immergleicher Endboss (der gegen Crusader und Plague Doctor) schlicht chancenlos ist und keine Fähigkeiten permutieren kann, ist ebenfalls Motivationsbremse
Das sind natürlich alles Dinge, die mit Hausregeln justierbar sind (z.B. STUN einfach eleminieren beim Gestating Heart und/oder gewirkte Effekte Resistenzen aufbauen lassen). Manche Regeln gehen schneller, andere langsamer. Aber die Frage ist: Wozu Hausregeln in einem 2023er-Spiel? Ist die Auswahl nicht groß genug, dass wir lieber Spiele spielen sollten, die keine Hausregeln brauchen?
Und das brächte uns dann zu potentiellen USPs. Das ist bei mir auch immer das Ausschlusskriterium: Wenn ich ein Spiel vor mir habe, das ohnehin nicht besser als Standard ist, dann aber auch noch gefixt werden muss durch (am besten noch schnell zu sehen Mängel und dadurch rasch anzulegende) Hausregeln, fliegt das Ding achtkantig raus: Hallo Blackstone Fortress, hallo Reichbusters.
Darkest Dungeon hat aber Aspekte, die ich einzigartig genug und spielenswert finde, so dass sich Hausregeln lohnen könnten:
- Progressionsgefühl ist sehr belohnend: Helden wachsen spürbar an Stärke und die einzelnen Skills zu leveln motiviert sowie das passende Ausrüsten der Trinkets
- Anlage zum situativen Slapstick: Krankheiten, Quirks und Afflictions/Virtues können nette Effekte erzeugen, die zum Beispiel mehrere Effekte von Stressketten bilden etc.
- Zusammengehörigkeitsgefühl wird gefördert: Settlement ist kooperatives Ressourcenmanagement (nicht über Gebühr verkaufen, aber man muss sich schon im Team absprechen) und das Explorationsmodul ist eine gemeinsame Teambewegung und Risk/Reward-Spiel
- Flow: Das Spiel wechselt fließend zwischen den drei Phasen und erzeugt einen angenehmen Spielfluss
- One-Shot-Kampagne: An drei Abenden spätestens ist eine Kampagne durch. Dann kommt es erstmal weg und/oder man startet mit Expansion einen anderen Run. Die Kerkerphasen sind dabei (abseits des Balancings) schnell genug vorbei, dass sich das Spiel nicht zieht.
- Monster-KI: Die ist zwar nicht intelligent (Monster laufen ja mal aufgrund ihrer Zielprio ins Nichts und greifen niemanden an), aber ich mag deren Ausführung, weil sie dafür sorgt, dass Monster X nicht in jeder Partie gleich agiert, sondern in Abhängigkeit der Stances anderes Verhalten nutzt und/oder sowieso zufällig auswürfelt. Das hält die Monster länger frisch.
- Synergieanlage: Wenn es gut läuft, ergänzen sich Monster ganz nett. Monster A erzeugt Stress, kann aber noch nicht angegriffen werden weil Monster B "Guard" spielt etc.
- Manche Bosse wirklich witzih und erfordern durchaus taktisches Spiel (auf Bier & Bretzel Niveau), zum Beispiel der Garden Guardian, der aus drei Figuren besteht und die ihn buffen, wenn sie auf sein Feld ziehen
- Kampfsystem ist aufgrund der hohen Trefferchancen nicht frustig - eigentlich geht es nur um Crit oder "nicht-Crit".
- Zustände sind trotz der fummeligen Handhabe sehr befriedigend - mehrere Blight/Bleeding-Stapel abzuräumen und Schaden draufzuknallen - das fühlt sich richtig gut an.
Neben der Balance gibt es aber auch andere Kritikpunkte:
- Eingeschränkter Charakterzug (zwei Actions, D10er Kampf, fertig) - zu dritt war das noch ok, aber mit vier echten Spielern gibt es wohl pro Spieler nicht genug zu tun (wobei das andere Gruppen ja auch bei KDM nicht problematisch finden - das könnte ich auch nicht zu viert spielen)
- rudimentäre Taktik - hier gibt es keine Kopfnüsse zu knacken - mal aus der Reichweite rausziehen, mal Gegner Z fokussen, das isses dann aber auch
- fluffrei: Immersionspuristen werden hier wohl weniger Freude haben - Texte gibt es kaum; wenn, dann zieht der Slapstick.
- Kartenanzahl dürfte höher sein (Afflictionts, Virtues, Trinkets und Hamlet-Events gibt es leider nicht so viele, wie ich mir wünschen würde)
- Questdesign gibt es eigentlich nicht - es gibt Arenakämpfe, die bestimmte Regeln haben, das isses
- Scouten ist unterentwickelt - man scoutet einfach immer solange man kann
- anders als im Videospiel sind die Curios einfach nur Zufallstabellen von Effekten, die man mit den passenden Provisions (die man zufällig gewürfelt hat idR) umgeht
Vergleichskandidaten, die du erwähnst:
- S&S ist ein viel komplexeres und aufwändiger designtes, auch besser designtes Spiel. Questdesign und KI stechen hier DaDu klar aus
- Street Masters ist kein Crawler, aber auch das ist mechanisch deutlich stärker - Leute, spielt mehr Street Masters!
- Lobotomy II - das wird schon spannender - DaDu fühlt sich als Gesamtkonstrukt frischer an durch seine drei Module und den zügigen Wechsel als Kampagne; Lobotomy II ist, blse gesagt, ein komplexes Zombicide - hier sticht das Questdesign besonders hervor. DaDu finde ich trotz Mängel aber frischer, besser - Lobotomy II ist aber runder und braucht keine Hausregeln
- Altar Quest: Die Quests haben ein leicht stärkeres Profil durch die Questkarten, haben aber dennoch Bausatzcharakter. Immersiv kann AQ nix. Das Kartenspiel auf Heldenebene ist deutlich besser. DaDu hat aber deutlich besseres Pacing und Progression. Auch die Monster und deren Verhalten gefallen mir in DaDu besser.
DaDus größte Stärke ist sein One-Shot-Kampagnenmodus, der durch seinen schnellen Wechsel dreier Module einen angenehmen Spielfluss erzeugt. Taktisch zwar eher seicht (zum Beispiel taktischer als ein Townsfolk Tussle auf unterer Skala), aber mit belohnender Progression. Wenn es keine Hausregeln bräuchte, wäre es mit deutlich weniger Einschränkung zu empfehlen. Das Spielgefühl von DaDu und seine One-Shot-Kampagne haben so viele Spiele derzeit nicht - das allein beschert ihm schon einen guten Platz im Regal bei mir. Die Addons werden wohl entscheiden, wohin die Reise dann final geht.