Beiträge von Dirtbag im Thema „Vampire: The Masquerade – CHAPTERS“

    Wir haben die beiden Module auf Tabletopia am WE mal ausprobiert, weil mich die Kampagne neugierig gemacht hatte.

    Fazit:

    Ich werd's nicht supporten.

    Warum?

    Das Spiel versucht, ein Rollenspiel in ein Brettspiel zu quetschen. Das alleine ist ja schon herausfordernd genug, aber Chapters geht noch einen Schritt weiter: Es will all die Freiheiten eines von einem Spielleiter geführten Rollenspiels sowohl beim Kampf als auch bei der Interaktion in ein Brettspiel stopfen, bei dem jeder ein individueller und facettenreicher Held, aber keiner Spielleiter sein will. Das Resultat ist ein endloses Abarbeiten von "Wenn-dann"-Anweisungen in Form von teilweise recht umfangreichen Kartendecks. Ich habe meiner Frau beim Ventrou-Tutorial - das auf Dialog, soziale und mentale Disziplinen fokussiert - wohl eine halbe Stunde lang diverse Karten vorgelesen. Aus einem Deck, das über 50 Karten hatte, und aus denen man dann nach jeder Entscheidung ("Wenn Domination, dann gehe zu Karte E24, sonst gehe zu Karte E14") die passende Karte raussuchen musste.

    Das Kampfsystem funktioniert ähnlich.

    Eine Karte beschreibt den aktuellen Zustand, und die möglichen Aktionen des Charakters samt den herauszusuchenden Karten. Dort gibt's dann wieder Text, dazwischen Skill-Tests, mehr Text. Dazwischen kann man wohl noch ein bisschen auf dem Spielbrett rumbewegen, aber ich habe das nicht mehr im Detail angeschaut, sondern abgebrochen.


    Ja, der Text war gut geschrieben und konsistent. Die Kampfaktionen und Situationen waren gut beschrieben. Ja, es hat beim Dialog die involvierten Clans gut abgebildet. Ja, man fragt sich, was wohl anders gewesen wäre, hätte man sich irgendwo in den zig Dialog-Entscheidungen anders entschieden.

    Aber:

    Das ist kein Brettspiel, das ist ein massiv aufgeblasenes Game-Book mit umfangreicherem Charakter-Management. Und ich frage mich ernsthaft, was die anderen Spieler in der Zwischenzeit so machen? Parallel ein zweites Spiel spielen, bis sie wieder eine halbe Stunde lang an der Reihe sind?


    Imho symptomatisch für den "New Breed of Story-Driven Boardgames": Lieber Aktionen und Entscheidungsoptionen vorgeben und bis ins letzte Detail beschreiben, anstatt auf "Emergent Storytelling" durch spielerische Freiheit, gut ausgearbeitetes Setting und thematisch sinnvolle Aktionsmöglichkeiten zu setzen. Man stelle sich mal vor, Earth Reborn würde den "Ich erschlage dich mit Text"-Ansatz verfolgen...