Beiträge von Sir Bobo im Thema „Rocketmen (Martin Wallace)“

    Wie werden denn die Stats ohne die Miniaturen gekennzeichnet? Tokens?

    Laut Kickstarterauftritt sind diese Token in der Basisversion aus Pappe ("heavy cardboard") mit Linen Finish. In der Tabletop-Version waren einfache Marker zum Spielen auch völlig ausreichend - ich kann mir nicht vorstellen, dass die Platzierung von Raumschiffen auf Ständern auf den kleinen Siegpunktfeldern neben den Planeten die Haptik fördert oder es damit auch nur ein optisch ansprechendes Bild (z.B. einen "Orbit") gibt.

    Ich konnte mir inzwischen einmal die Komponenten etwas genauer ansehen. Nach meinem Ersteindruck des Spiels erscheinen die höheren Kickstartervarianten mit den ganzen Figuren, Playmats etc. für mich persönlich etwas "überfrachtet". Bei aller Begeisterung für "Bling"... Plastikfiguren nur zum Markieren einer erreichten Mission bringen mir hier leider keinen echten Mehrwert für das Spielgefühl. Wir haben hier faktisch ein Kartenspiel mit Miniboard für den Mission Tracker sowie zum Markieren erreichter Missionen und eben keine "Dudes on a Map" mit längerer Spieldauer... Wenn man die Spielmechanik nicht kennt, wirken die Weltraumfiguren natürlich erst einmal verführerisch und suggerieren hier mehr, als tatsächlich dahintersteckt (es wird ein Feld für die Siegpunktwertung mit meiner Spielfarbe besetzt). Die Mehrheit der Unterstützer der Kickstarterkampagne scheint jedenfalls ähnlich zu denken, denn das Basisspiel hat gerade die Mehrheit der Pledges.


    Wenn man dann nur beim Basisspiel bleibt, ist der Kickstarter-Mehrwert mit zwei Plastikfiguren für den Mission Tracker und zwei metallischen Siegpunktmarkern für das erste Erreichen eines Himmelskörpers (jeweils statt Kartonmarkern) "optisch nett" und ohne spieltechnische Relevanz. Dies muss man nun für sich gegen die dank Versandkosten und Pfundumrechnung stattlichen Gesamtkosten von ca. 42€ für ein (durchaus gutes) Kartenspiel abwägen... Ich selbst freue mich, dass das Spiel bereits erfolgreich finanziert wurde, warte aber jetzt erst einmal das Erscheinen einer Retailversion ab.

    Ich konnte gerade auf Tabletopia eine Vierpartie #Rocketmen online spielen und bin tatsächlich hin- und hergerissen.


    Zunächst sollte man das Spiel nicht voreilig als "seen before" abtun und sich den "Mission Launch"-Mechanismus als Kern des Spiels einmal genauer ansehen, denn dort werden sich auch die Geister scheiden. Jeder Spieler hat identische Misssionskarten und muss eine Missionskarte "einlocken", um dann weitere Karten dazuzuspielen, die die Mindestantriebsstärke erfüllen und den Glücksfaktor reduzieren (aber faktisch nicht eliminieren). Man spielt ca. 5-6 Missionen im ganzen Spiel und sollte sich genau überlegen, welche Zielkarten dazupassen, welche Synergien möglich sind etc.


    Kritisch ist dabei jedoch das bald aus tiefster Euroseele gehasste "Mission Success Card" Deck, 18 Karten von 0 bis 4, die statistisch einen Mittelwert pro Karte von knapp unter 2 ergeben. Davon zieht man zwischen 3 (Erdorbit) und 5 (Mars) Karten und muss damit eine gewisse Distanz zurücklegen, die ich zuvor durch meine Boosterkarten ggf. noch etwas reduziert habe. Man kann nach jeder Kartenziehung auch abbrechen und muss dann nur minimalen Schaden ertragen, doch der Nachbar hat das gleiche Ziel und ich will ihm nicht die Chance geben, als erster einen Extrasiegpunkt einzufahren, also dann doch Risiko? Noch zwei Schritte und eine Karte, statistisch ist das 50:50... Der Finger schwebt über dem Abbruchknopf, Schweiss tropft, der Nachbar triumphiert schon heimlich... dann ziele ich die Karte... und es ist eine Vier, vier, vier... unglaublich, das Raumschiff ist drin, drin im Marsorbit!!!


    Dieser Moment ist Fluch und Highlight des Spiels, erst verhungert man gnadenlos am Boden und die Rakete hebt nicht mal richtig ab, doch das nächste Mal wird es ein grandioser Sieg, den man sich gefühlt durch 2-3 Runden Vorbereitung auch hart erarbeitet hat. Dies ist kein Spiel für Zufallshasser und Hardcore Planer, sondern hier zeigt das Schicksal auch mal eine hässliche Fratze, während dem Nachbarn Fortuna zulächelt - das muss man einstecken können.


    Pro:

    + Thematische Karten und tatsächlich mit einem "Space Race" Feeling

    + Recht gut designtes Deck Building, bei dem man gezielt auf Karten gehen muss, deren Vorteile die eigenen Ziele unterstützen

    + Spannender Moment des Mission Launch

    + Glück ist nicht alles, mit Planung kann man doch einige Risiken zumindest reduzieren und langfristig eine Strategie durchziehen


    Neutral:

    o Kein Hardcore Deck Building, da alle mit gleichen Karten starten und man kaum Karten los wird (es gibt einen Kartentyp, der es erlaubt)


    Contra:

    - Vielleicht haben wir zu viert für den ersten Durchgang einfach zu lange gebraucht, aber es waren doch 2.5h... für ein Spiel mit Glückselementen ist es lange

    - Die Downside des Glückselements - alles geplant, dann "0" und "1" gezogen und Mission abgebrochen, Nachbar zieht mit weniger Support dank Luck of the Draw durch und sackt das Ziel als erster ein, was mich insg. 3 Punkte aufgrund meiner Zielkarte kostet (autsch)



    Aktuell überwiegt bei mir grundsätzlich der positive Eindruck - das Spiel liefert, was es verspricht (ob man es mag, ist eine zweite Sache) und dies mit einem durchaus gut designten Missionenmechanismus. Allerdings werde ich mir nach der Preisentwicklung einiger Spiele von Martin Wallace ("Arrival" aktuell bei der Spiele-Offensive für 10€, "Auztralia" gab es auch bereits im Angebot) den Preis auf Kickstarter genau ansehen und dann entscheiden, ob es in meine Vorstellung passt.