Beiträge von ravn im Thema „Hunter und Cron führt Bezahlmodell ein“

    Kann man denn die Personen von der YouTube-Brettspielbesprechung wirklich trennen? Hunter und Cron bauen ihre YouTube-Präsenz ja auch bewusst um ihre Personen auf, werden namentlich mit ihren Künstlernamen bezeichnet und identifiziert und wenn die zu oft auf ihrem Kanal nicht auftauchen, werden die vermisst. Werden Hunter und Cron deshalb nicht ebenso als die "netten Typen von nebenan" wahrgenommen, die einen selbst mit ihrer Meinung zu Brettspielen beeinflussen und zum Kauf verleiten?

    Mit den typischen YouTube-Influencern möchte ich die trotzdem nicht gleichsetzen. Da sehe ich doch noch erhebliche Unterschiede. Bleibt die Frage, ob diese Unterschiede auch durch die Gesetzgebung gesehen werden, bzw. man dann im Einzelfall klarlegen müsste, warum man eben keine Werbung macht, obwohl man typische Merkmale eines Influencers (wenn auch nicht alle) zeigt?

    Teilweise ist es auch falsch verstandener vorauseilender Gehorsam, dass man Niemanden auf die Füße treten will, von dem man meint, abhängig zu sein.


    Wer das meint, hat meiner Meinung aber seinen Job verfehlt. Das waren auch meistens die Leute, die einfach nur Eventeinladungen und Merchandise für sich persönlich abstauben wollten. Aus meiner Erfahrung war es Publishern viel wichtiger, dass die auf fachkompetente und zuverlässige Pressemitarbeiter treffen, mit denen man auf einer professionellen Ebene arbeiten konnte. Kritik, wenn fachlich begründet, war nie ein Problem.


    Ich war immer froh, wenn Publisher ein Arbeitsumfeld schaffen konnten, das effektives arbeiten ermöglichte. Eben so, dass ich dann auch meine Arbeit machen konnte und bestmöglichstes Material aus erster Hand hatte. Die gebuchten 5-Sterne-Hotels waren da für mich total verschwendet, besonders bei den üblichen 4-Stunden-Nächten vor Ort. Ist allerdings auch schon 10 Jahre her und läuft eventuell heute ganz anders und in der Brettspielbranche sowieso.

    Und: ich habe das Gefühl alle schreibe voneinander ab. Irgendwie sagen alle inhaltlich dasselbe, nur mit anderen Worten, egal ob´s stimmt oder der größte mist ist.

    Kann daher kommen, dass es im Terminstress leider gängige Praxis war, dass sich ein Reviewer vorab über mitgelieferte und vorformulierte Pressetexte als Primärquelle informiert hat und es sich nun einfach macht und Passagen davon übernimmt. Kann aber auch davon kommen, dass es beschreibend wenig anderes zu sagen gibt und somit Doppelungen schlicht vorkommen. An wirkliche Meinungen, die dann unterscheidbar wären, traut man sich nicht heran, weil man damit angreifbar wird. Besonders wenn das eigene Review nicht sonderlich belastbar ist, weil auf einer zu dünnen Informations- und Erfahrungsquelle gebaut.


    Soweit meine Erfahrungen aus der Videospielbranche. Auch da gab es solche und solche.


    Letztendlich ist das alles immer wieder eine eigene Einstellungssache zu seiner Arbeit und ob man sich dafür die nötige Zeit und die nötigen Ressourcen nehmen kann, die ein fachlich fundiertes und ebenso unterhaltendes Review braucht. Zudem immer noch ein Kosten-Nutzen-Verhältnis, wenn es Arbeit und kein Freizeitvergnügen ist.

    In meiner Zeit in der Videospielbranche haben wir es so geregelt, dass Rezensionsexemplare entweder intern als Arbeitsmittel weitergegeben und weiterverwendet werden, um die langfristige Betreuung des Titels sicherzustellen. Oder eben diese Rezensionsexemplare in Absprache des Publishers an die Community verlost wurden, was dann Content und Werbung zugleich erzeugt hat.


    Ich bin erst durch die Diskussion hier und die dort verlinkten Artikel darauf aufmerksam geworden, welche Geldbeträge da inzwischen wandern, wenn es um Produktvorstellungen und Platzierungen auf Webseiten mit internationaler Reichweite geht. Kein Wunder, wenn da Einzelne auch ein Teil dieses Kuchens abhaben wollen oder sich andere Finanzierungsmodelle überlegen müssen, wenn es so nicht klappt aufgrund der Sprachgrenzen, die dann zeitgleich Reichweiten- und Marktgrenzen sind.

    Ich finde es persönlich gut, wenn erwähnt wird, in welcher Form man von Dritten unterstützt wurde. Sei es durch Rezensionsexemplar oder Einladung zu einem Event mit Kostenübernahme. Kenne es nur zu gut aus der Videospielindustrie, wie aufwändig und kostenintensiv Publisher es versuchen, eine passende Wohlfühlatmosphäre für die Berichterstatter zu gewährleisten: Einladung zum Fußballspiel in der ersten Reihe für ein neues FIFA. Flug zum Hersteller in Frankreich mitsamt Übernachtung im 5-Sterne-Hotel und Essen wie Trinken frei Haus für einen neues Assasins Creed und und und.

    So lange es sich im Kosten-Nutzen-Verhältnis besser rechnet, mehr Content und damit auf Masse zu gehen, anstatt zeitaufwändigen kreativen Content in herausragender Qualität zu erschaffen, ist doch klar, warum die Videos von H&C so aussehen, wie die aussehen. Als Regisseur und Drehbuchautor wäre da wohl mehr möglich, zumal die sicher auch entsprechende Kontakte zu anderen Professionen haben, welche ihre Brettspielvideos aufwerten könnten.


    Als Beispiel nehme ich die Tagebuchvideos von der SPIEL. Das war kaum mehr als ein teils uninformiertes Schachtel in die Kamera halten. Kann ich voll und ganz verstehen, weil ich weiss, wie platt man nach einem Messetag sein kann. Und die hatten ja noch einen eigenen Messestand und andere Termine. Also nochmals eine andere Hausnummer. Nur mit entsprechendem Aufwand und mehr Hintergrundrecherche, was dann aber mehr Leute in der redaktionellen Aufbereitung der Inhalte bedeuten würde, wäre da weitaus mehr möglich gewesen. Und schon sind wir wieder beim Kosten-Nutzen-Verhältnis und dem Rahmen der Möglichkeiten.


    Erwarten und erhoffen kann man sich viel. Aber auf für den Zuschauer kostenfreier Basis, nur bezahlt durch die YouTube-Werbung und die eigene Datenspur, die man dort hinterlässt, sehe ich mich persönlich in keiner Position, um da irgendetwas verlangen zu können. Bleibt die Frage, ob der Content qualitativ besser und kreativer wird bei H&C, wenn man dafür direkt zahlt.

    Gefährliche Aussage in einem Forum, das auch davon lebt, dass Mitglieder ohne Bezahlung von ihren Spieleerfahrungen berichten...

    Diejenigen Mitglieder hier, die den Content einbringen, müßten dementsprechend dann auch etwas für ihre „Leistung“ verlangen können ... ;)

    Es gibt Orte, an denen man das Tauschmittel Geld für seine Leistung verlangt. Und dann gibt es Orte, an denen man einfach was gibt. Ganz im Vertrauen, dass andere ebenso was geben und am Ende alle mehr haben. Funktioniert allerdings nur, so lange sich alle wohl dabei fühlen. Und es fällt (mir) schon auf, wenn Einzelne nur nehmen, aber selbst nichts geben wollen.

    Ich weiss vermutlich genau, was Du meinst. Ich kaufe meine Musik auch immer noch auf CD. Aber nur, weil ich keinen Plattenspieler mehr habe und die CD weniger Störgeräusche hat. Aber rational betrachtet geht es doch gar nicht um den Datenträger, sondern um die Musik an sich und so lange ich irgendein Ding vorzeigen und sagen kann, dass hier habe ich gekauft und darf jetzt so oft und überall diese Musik hören, wie ich will, ohne dass mir jemand diese Musik wieder wegnehmen kann, ist alles irgendwie in Ordnung. Erst letztens erlebt, dass ich eine mp3-Musikdatei von Amazon nicht mehr verfügbar hatte, obwohl gekauft, weil ich die nur auf meinem alten Smartphone hatte und ein erneuter Download auf mein neues Handy nicht mehr möglich ist oder ich zu dumm dafür bin. Jetzt müsste ich Lebenszeit aufwenden, um die wiederzubekommen. Wiederzubekommen, was eigentlich mir gehört zur Nutzung.


    Aber wir sterben da eh aus. Die Generation, die ein Leben ohne Abhängigkeit vom Smartphone nicht kennt, ist längst geboren und die wollen in Mehrheit keine Datenträger besitzen. Nur durch die ständige und absolute Verfügbarkeit im Überfluss, ist der Wert des einzelnen Gutes eh längst verloren gegangen. Ex und hopp und bitte schnell das Nächste, bevor man sich langweilt und etwas verpasst. In dieser Denke hat Qualitäts-Content eh keinen Platz mehr und für den ganzen überlauten Rest will sowieso niemand etwas fernab seiner Aufmerksamkeit bezahlen. Content im Überfluss, völlig egal, ob der was taugt, weil der Maßstab fürs Taugen längst keine Bedeutung mehr hat. Es lebe der kritiklose Konsum, der nicht hinterfragt werden will, weil man sich sonst selbst hinterfragen müsste.


    Ich wünsche H&C viel Erfolg, kann persönlich aber eher weniger mit deren Art anfangen. Ist mir zu gewöhnlich, ohne es selbst besser zu können und zu machen. Als wirkliche Leuchttürme der niveau- und gehaltvollen Brettspielunterhaltung sehe ich hingegen ShutUp&SitDown. Die habe ich auch schon mit Geld unterstützt, einfach so, weil mir deren Inhalte und die Präsentation gefällt. Ein H&C ist davon für mich aber meilenweit entfernt, weil die überzeugende Lockerheit hat man oder eben nicht. Wenn die gespielt wird, wie bei Boardgamedigger oder eher krampfhaft versucht, wie bei H&C, passt das (für mich) nicht. Wenn ich schon jemanden von seinem Brettspielregal sitzen sehe, schalte ich weg.

    Ich bin wahrscheinlich auch zu alt für solche Konzepte. Ich sträube mich dagegen, für etwas imaterielles zu bezahlen.

    Ich mag auch kein Netflix, Spotify, Sky, Software per Download etc.

    Du bezahlst keine Rundfunkgebühren? Und dieses Konzept gibt es schon seit 1923 in Deutschland.


    Das Konzept, "für etwas imaterielles zu bezahlen", gibt es schon ewig. War früher aber weniger offensichtlich und meist noch an einen Datenträger gebunden. Heutzutage wird dieser Datenträger als solches aber nicht mehr wahrgenommen, der ist aber weiterhin vorhanden, nur in anderer Form. Die Cloud ist eben nix anderes als ausgelagerte Datenträger, die Du früher zu Hause im Schrank stehen hattest. Mit allen Vor- und Nachteilen.

    Konsumierbare Inhalte zu erstellen, das kostet Zeit und Erfahrung und technische Austattung. Das will alles irgendwie vorhanden sein und fällt auch nicht vom Himmel.


    Zu Zeiten vor dem Internet und Fido-Net-Mailboxen wollte jeder Inhalt in irgendeiner Form entlohnt werden. Die Zeitschrift vom Kiosk, damit man in seinem Hobby informiert war. Die Tageszeitung, damit man wusste, was in der Welt passiert. Radio und Fernsehen über die GEZ abgerechnet. Damals fuhren noch diese Antennenwagen herum, um Schwarzseher aufzuspüren.


    Seit dem Internet hat sich die Denke eingebürgert, dass alles kostenlos verfügbar sein muss. War es teilweise auch. Scheinbar. Eben weil sich die Macher andere Einnahmequellen wie Werbung und Verkauf von personenbezogene Daten erschlossen hatten. Oder es waren eben Hobbyprojekte von Leuten, die sich über das Medium Internet irgendwie Gehör verschaffen wollten und das schon Bezahlung genug war. Oder eben Altruisten aus Überzeugung.


    Inzwischen wird immer mehr klar, dass es nichts kostenlos gibt. Auch nicht im Internet. Fängt bei BILDplus an und hört bei H&C auf. Demnach begrüße ich diese Entwicklung, auch offen Geld für seine Leistung zu verlangen, anstatt unter der Wahrnehmungsschwelle an personenbezogene Daten zu verdienen über zielgruppengerechte Werbung & Co. Bleibt nur die Frage, für wen oder was man sein Geld ausgibt, denn die Konkurrenz und das Angebot im Internet ist riesig. Da könnte für den Einzelnen dann zu wenig unterm Strich übrig bleiben. Zumal dann auch immer der Gegenwert gegeben sein muss, weil ansonsten bezahlt keiner auf Dauer.


    Ist dann eigentlich nur noch eine Frage der Zeit, wann es kein kostenfreies unknowns.de mehr gibt. Weil das hier funktioniert nur so lange für den Einzelnen, wie sich Geben-und-Nehmen die Waage hält, die persönlich ganz individuell geeicht sein kann.