Ich hab gestern Sex mit Krebsen gesehen, auch bekannt als Thunder Force (jetzt auf Netflix). Es wundert mich fast, dass bisher hier noch niemand etwas dazu geschrieben hat: Eigentlich ein recht sympathischer Superheldinnenfilm mit Melissa McCarthy und Octavia Spencer, ziemlich familienfreundlich soweit, bis auf - und da sieht man wieder, dass McCarthys Regie/Drehbuch-Ehemann der größte Klotz am Bein einer erfolgreichen Schauspielerin ist seit Doris Day - der absolut schräge und hochgradig zoophil/kannibalistisch inszenierte Subplot um McCarthys sexuelle Begierde nach einem Halbschurken, dessen Arme aus Krebsscheren bestehen. Ich hab ja schon viel gesehen, aber mitten in einer harmlosen Familienkomödie so eine Nummer abzuziehen, das haben selbst die Farellys nicht hinbekommen. Nur weiß ich nicht, ob das jetzt ein Lob ist oder nicht (eher nicht). Überlagert jedenfalls den restlichen Film (den man sofort nach dem Sehen ansonsten wieder vergessen hat, auch wenn er ein paar gute Lacher hat).
Außerdem - das passt aber nur begrenzt in diesen Thread - hab ich ein paar Filme gesehen, die wohl niemand als Klassiker bezeichnen würde, die aber immerhin gutes Hollywood-Unterhaltungskino sind und die schon viel zu lange in Deutschland nicht mehr zu sehen waren:
- Kennwort "Schweres Wasser" (The Heroes of Telemark): Anthony Manns letzter vollendeter Film, eine erstaunlich ernste und halbwegs zurückhaltende Schilderung des Kampfs norwegischer Partisanen gegen die Nazis, die in Norwegen schweres Wasser für ihre Raketen- und Atomversuche herstellen wollen. Kirk Douglas und Richard Harris sind alleine schon die 2 Stunden Zeit wert, dazu kommen einige brillante Landschaftsaufnahmen Norwegens (zumindest auf der US-BD, die ich sehen konnte) und 20 Minuten mehr Plot, der in der deutschen Kinofassung fehlte (dabei auch alle Massaker der deutschen Truppen, die man 1965 fürs deutsche Publikum fürsorglich lieber rausgeschnitten hat). Einer dieser Kommando-Filme der 1960er Jahre wie "Kanonen von Navarone" und "Das dreckige Dutzend", aber weitaus ernster und realistischer (naja, für einen britischen Kriegsfilm der 1960er) gehalten. Das dürfte außerdem der erste Film sein, der Skifahren aus der Ich-Perspektive (mit zwischen den Beinen geklemmter Panavision-Kamera, wie immer die das bei den riesigen Monstren hingekriegt haben) zeigt. Ein paar Längen hat er, aber das ziemlich spektakuläre Ende entschädigt dafür mehr als genug.
- MacKennas Gold: Regisseur und Hauptdarsteller von "Die Kanonen von Navarone" diesmal in einem "Kommando"-Film, der im Wilden Westen spielt. Neben Gregory Peck, Omar Sharif und Edward G. Robinson spielen hier außerdem all die Schauspieler der 1960er mit, die man aus Nebenrollen in Lawrence von Arabien und Die Brücke am Kwai so kennt. Gleichzeitig ist es 1969 zu spät für solch epische Filmemacherei, so dass hier ganz klar auch Anklänge an den Spät- und Antiwestern sowie an den aufkommenden Actionfilm der 1970er Jahre mit hineinspielen. Ein extrem schräger Film, damals muss der hochgradig unkonventionell gewirkt haben, heute wirkt er wie völlig aus der Zeit gefallen. Aber die Schauspieler, die alle overacten als gäbe es kein Morgen mehr, und die teils sehr guten, teils absolut lausigen Effekte machen jedenfalls zwei Stunden lang immens viel Spaß. Wer also einen wilden Genremix mit Starbesetzung sucht, wird hier fündig. Leider gibt es bisher nur eine französische BluRay des Films, aber die ist es wert.
- Geheimaktion Crossbow: Sehr eigenartiger Kriegsfilm mit George Peppard und Sophia Loren um den Bau und die Experimente zur V1 und V2 in Peenemünde. Auch hier will der Film alles gleichzeitig sein: Agententhriller, Historienfilm, Kriegsfilm mit düsterem Ende, dazwischen heiteres Kampftraining und viel Action. Man weiß eigentlich bis kurz vor Schluss nie so genau, wie die Handlung weitergehen wird, auch wenn der historische Ausgang natürlich von Anfang an feststeht - aber das Ganze ist so episodisch erzählt (Produktion Carlo Ponti, für den war das ja typisch), dass man tatsächlich gespannt darauf ist, was uns der Film als nächstes erzählen will. Bemerkenswert ist vor allem, dass die Technik- und Flugtests der Deutschen ganz unaufgeregt als technische Erfolgsgeschichte erzählt werden - man fiebert mit der deutschen Testpilotin, ob sie den Testflug in der V2-Rakete überlebt, und bekommt zum Dank kurz darauf die vehemente Zerstörung Londons serviert.
Also, wer sich fernab der eingetretenen Wege cineastisch weiterbilden will, dem seien diese drei Unterhaltungsfilme (alle damals große Hits in den deutschen Kinos) tatsächlich empfohlen.