Beiträge von ravn im Thema „01.01.-07.01.2018“

    Alleine schon wegen dem Kartenmechanismus lohnt sich Civilization New Dawn. Allerdings setzt der auf Texterklärungen, was man machen darf. Dabei bleibt unklar, welche dort nicht aufgelisteten Detailregeln noch zu beachten sind. Anscheinend haben die Autoren und die Redaktion gescheut, eine klare und verständliche Symbolsprache zu entwickeln und lieber auf Kartentexte gesetzt.


    Den Ansatz, den Spieleinstieg zu erleichtern, gibt es hingegen schon: Auf den bei allen Spieler ausliegenden Aktionskarten der Stufe 1 gibt es jeweils einen Strategietipp, wieso und wofür diese Aktion sinnvoll ist. Auf den aufgewerteten Aktionskarten muss man das schon alleine herausfinden, was auch gut ist. Da steckt aber noch eine Menge Potential drin, das Spiel für Erstspieler angenehmer zu gestalten. Aber eventuell braucht die typische FGG-Zielgruppe diese Hilfestellungen nicht und mag es sogar, die ganzen Detailregeln, die nur im Regelwerk auftauchen, zu erinnern.

    Entspannter Spieleabend zu dritt:


    Azul : Zwei sehr konfrontative und genau deshalb gute Spielpartien. Azul funktioniert eben in jeder Runde. Einzig stört mich, dass sich die Spielbretter immer noch durchbiegen und deshalb auf Holztischen zum drehen neigen. Wenn die Punkteleiste zudem noch vertiefte Felder hätte und der Startspielermarker aus Pappe nicht so extrem gegenüber dem restlichen Spielmaterial abfallen würde, wäre es perfekt. Eventuell gibt es ja noch eine Deluxe-Version nach dem Verkaufserfolg?


    Furcht : Einmal komplett durchgespielt. Im Kern ein Kartenspiel, das auch bei Amigo ins Verlagsprogramm passen könnte. Wirkt zunächst banal, wird durch die Sonderregeln und neue Karten, die nach und nach ins Spiel kommen, aber interessanter und spieltiefer ohne kompliziert zu werden. Einzig die Begriffe Ablagestapel und "aus dem Spiel entfernen" waren zunächst irreführend. Da sollte die Regelkarte nachgebessert werden, um den Unterschied deutlicher herauszuarbeiten. In Summe ein gutes Spiel, aber nicht wirklich spektakulär. Allerdings frischt man sein Kopfrechnen im Zahlenraum 1 bis 21 auf.


    Civilization New Dawn : Wirkte bei der Erklärung zunächst wie ein elegantes Eurogame. Eben weil die Aktionen auf den Karten stehen, der Ablauf eingängig ist und es auch keine typische Amitrash-Materialschlacht ist. Dann kamen allerdings die Sonderegeln und Ausnahmen, die nicht auf den Aktionskarten erwähnt sind und die man schlicht erinnern muss - das darf man, das und das und das aber nicht. An der Stelle wurde es dann wieder das typische Fantasy Flight Game mit einer Komplexität, die aber nicht durch Symbolik oder Erinnerungshilfen unterstützt wird. In der laufenden Partie passte dann alles wieder und fügte sich zusammen, aber die Detailregelfülle wirkte auf mich bei der Erklärung abschreckend.


    Dieses Civilization ist ein völlig neues Spiel und hat so gar nichts mit seinen Vorgängern gemeinsam. Weder von Avalon Hill / Welt der Spiele noch Fantasy Flight Games. Die Karte ist zu Spielbeginn aufgebaut per Vorlage oder von den Spielern selbst (was aber erst Sinn macht, wenn man das Spiel mindestens einmal gespielt hat und somit weiss, auf was es ankommt). Es gibt also keine Erkundung und keine Überraschungen. Alles liegt offen aus. Die Ungewissheit kommt durch die Mitspielerzüge, der Zufallsbewegung der Barbaren-Marker sowie die W6-Kampfwürfel in Spiel, weil sonst wäre das alles ausrechenbar.


    Wir spielen eine der fünf vor uns in Reihe ausliegenden Aktionskarte aus und je weiter die in dieser Reihe rechts liegt, desto mächtiger oder universeller einsetzbar ist diese. Danach wird diese Karte ganz links auf Position 1 einsortiert und spült die anderen Karten weiter nachts rechts, so dass diese aufgrund iherer Auslageposition besser werden. Toller Mechanismus, weil einfacher und eleganter Mechanismus, der einen schnellen Spielzug erlaubt. Jeder hat sozusagen sein eigenes Aktionsrondell in Kartenform. Individueller wird es, da man im Laufe des Spiels noch Aktionskarten mehrstufig aufwerten und austauschen kann, aber eben nie alle bis zu ihrer maximalen Ausbaustufe. Teilweise fallen dann auch schon mal beliebte Kartenteilaktionen weg und werden durch andere ersetzt. Spielpraxis hilft, die Übersicht zu behalten und strategischer aufzuwerten und deshalb kann so eine Erstpartie auch nur ein Kennenlernen sein.


    Zeitgleich - und das ist ebenso elegant - zeigt die Kartenposition an, auf welchen Geländetypen man agieren kann. Je weiter die Karte rechts liegt, desto mehr Geländetypen kann man bedienen. Das führt dazu, dass man gerne und bevorzugt Karten erst spielt, wenn die auf ihr volles Potential angewachsen sind und ganz rechts aus Position 5 liegen. Danach müsste man aber vier weitere Züge warten und immer nur Karten vor dieser Karte spielen, damit diese wieder erneut vollstes Potential hat. Klingt gut, funktioniert im Spielverlauf aber kaum, da man immer mal auch Aktionen ausführen will, um den Mitspieler zuvor zu kommen, dringend reagieren muss und alternative Pläne kurzfristig vorzieht. Denn selbst auf der Position 1 ganz links kann eine Karte durchaus Sinn machen, verändert aber nicht die Potentiale der anderen Karten.


    So breiten wir uns um unsere Startstadt herum aus mit Kontrollmarkern, bauen weitere Städte, um unseren Kontrollbereich weiter zu vergrössern, verstärken unseren Kontrollbereich gegen Angriffe von Mitspielern und Barbaren. Sammeln zudem Technologiepunkte an, um Aktionskarten gegen bessere Karten aus unserem Deck auszutauschen. Bauen Weltwunder, die individuelle Vorteile bringen, sammeln Einmal-Ressourcen ein und besetzen dauerhafte Ressourcen-Quellen, die uns beim Weltwunderbau helfen. Dann haben wir noch Karawanen, um neutrale und Städte von Mitspielern zu besuchen, um ebenfalls Vorteile zu bekommen und nutzen zu können.


    Da alles geht zügig reihum und alles könnte ein schön entspanntes Aufbauspiel sein. Ist es aber nicht. Dafür sorgen drei Zielkarten, die zu Spielbeginn zufällig für alle geltend gezogen und offen ausliegen. Jeder Zielkarte zeigt zwei alternative Zielbedingungen an. Eine davon will man irgendwann im Spiel erreichen, um dort seinen Marker zu platzieren. Nur wer alle drei Zielkarten erfüllt, gewinnt das Spiel. Zwar wird die laufenden Spielrunde noch zu Ende gespielt, aber das Spiel ist dann vorbei. Somit wird das Aufbauspiel zum Wettrennen um die Erfüllung dieser drei Zielkarten. Und alles ordnet sich diesen Zielkarten unter.


    So müssen wir zum Beispiel 15 Felder kontrollieren, die am Spielfeldrand oder an Wasser angrenzen. Alternativ können wir auch zwei Weltwunder eines bestimmten Typs bauen. Eines von beiden reicht, aber eines von beiden muss es zwingend sein. Gegen ausufernde Felderkontrolle haben die Mitspieler was und Wunder gibt es leider auch nicht ausreichend für alle Spieler. Eine Mischstrategie bringt nichts ausser Zeitverlust und den kann man sich bei einem Wettrennen um Zielbedingungen nicht leisten. So optimieren wir unsere Spielweise auf diese drei Zielkarten und alles andere ist völlig egal. Das führt teilweise zu Hauruck- oder Alles-oder-Nichts-Kamikaze-Aktionen, weil ein einmaliges Erreichen der Bedingung reicht, halten muss man diese Bedingung nicht.


    Wenn die Mitspieler aufpassen, können die durchaus konfrontativ dagegen spielen. Wenn dieses Gegenhalter aber nicht in den eigenen Plan passt, kostet es nur Zeit und man entfernt sich selbst davon, die Zielkarten zu erfüllen. Im Zweifel freuen sich die restlichen Mitspieler, dass man sich gegenseitig ausgebremst hat. Das sorgt für ein fast schon solitär belauerndes Spielgefühl. Man sieht zwar, was die Mitspieler machen, muss sich aber um seinen eigenen Kram kümmern, um selbst schneller voranzukommen. Wer nur noch eine Zielkarte erfüllen muss und dabei eine der beiden Alternativen gewählt hat, die einfacher gestört werden könnte, hat eventuell schon verloren oder ist zumindest den Mitspielern ausgeliefert. Spielen die gezielt gegen einen oder wird man ignoriert, weil die anderes zu tun haben? Das sind Erfahrungswerte, die man aus einer Kennenlernpartie schöpfen kann.


    Insgesamt ein gutes mittelkomplexes Spiel, viel mehr Eurogame als Amitrash, weil den erlebt man wenn überhaupt nur in den Kämpfen, wenn zwei W6-Wurfel gegeneinander antreten. Da kann man das Risiko suchen und Zeit sparen oder vorab diverse Boni anhäufen und auf Nummer Sicher gehen. Jeder so, wie er mag. Der Aufbau einer Zivilisation ist allerdings nur Mittel zum Zweck, um die Bedingungen der Zielkarten nachzustellen. Das verengt den Fokus des Spiels enorm, weil jeder auf einen schnellen Sieg spielt. Wirklich episch kann eine Spielpartie deshalb nicht werden, dafür aber überschaubar in der Spielzeit. Wer Optimierspiele im Zivilisationsumfeld mag und die Schwächen der Fantasy Flight Games im Regelwerk und die zu erinnernden Detailregeln verschmerzen kann, findet hier ein empfehlenswertes Spiel.


    Gerne wieder. Und wenn es deutschsprachig wäre und man die Regeldetails auch per Symbolik auf den Karten oder dem Spielplan oder zumindest Übersichten wiederfinden würde, es könnte in einer Eurogames-Klasse mit Great Western Trail und Terraforming Mars mithalten. So ist es aber eher ein Spiel für Leute, die sich eine Stufe intensiver mit Regelwerken auseinandersetzen wollen und bereit sind, während Erstpartien diverse Details nachzulesen. Solltet Ihr unbedingt mal anspielen, sofern Ihr die Gelegenheit dazu bekommt und es Euch jemand erklären kann. Ansonsten muss man sich eben selbst durch das Fantasy Flight Games Regelwerk wühlen.