Eindrücke der 2nd edition (2E) insbesondere im Vergleich zur alten Auflage (1E):
Material
colourblind-friendly? Bei den Siegpunktpöppeln wurde im Gegensatz zu den Karten offenbar nicht darauf geachtet …
Die Kartentexte wurden deutlicher, teilweise auch eindeutig formuliert. Erläuterungen wurden aus der Regel auf die Karten übernommen. U. a. aufgrund der angewachsenen Texte ergab sich auch die Entscheidung für eine reduzierte Schriftgröße (Vergleich s. o.). Ich habe glücklicherweise (noch?) keine Sehprobleme und komme auch mit kleiner Schrift klar, allerdings wäre es mit 10 oder 12 pt wie gehabt deutlich einfacher … So ist es leider definitiv keine ideale grafische Umsetzung. Ja, die großteils von 1E übernommenen Bilder auf den Karten sind in etwas größer noch hübscher anzuschauen und bringen durchaus Atmosphäre, aber ich möchte zuallererst, dass das Spiel möglichst reibungslos läuft. Form follows function!
Die sonstige Umsetzung ist gut gelungen. Die Piktogramme sind klar erkennbar und eindeutig. Die Anleitung ist übersichtlich und mit anschaulichen Beispielen illustriert. Aber auch hier wurde wieder zu kleineren Schriftgrößen gegriffen, als nötig gewesen wäre …
Der Siegpunktpfad auf dem Development Board geht nur bis 49. Es wird also im Regelfall ein Marker für 50+ VP nötig sein. Wir haben eine Münze unter die Pöppel gelegt.
Die Qualität der Karten lässt zu wünschen übrig und das obwohl Osprey ja schon nachgebessert hatte. Meine Auflage hat keine linen finish Karten, sondern die mit matte varnish finish. Nach einer Partie und dem Handling der Karten, um sie für einen Vergleich mit 1E komplett zu erfassen, zeigen sich schon an einigen Kanten entsprechende Spuren. So lange sich die Rückseite halbwegs gleichmäßig abnutzt, spielt das glücklicherweise keine Rolle. Da der Stapel komplett benutzt wird, sollte es immerhin nicht dazu kommen, dass man A/B/C irgendwann anhand der Rückseite erkennen kann. Jaja, kann man alles mit Sleeves fixen, nur mag ich das Handling nicht so sonderlich.
Umsetzung & Änderungen
Die Umsetzung der boroughs und insbesondere die Verlagerung von Sonderfunktionen der Karten School, Uni, Bank, Stock Exchange, Parliament und Pubs auf 9 der insgesamt 20 borough-Karten finde ich durchaus gelungen, weil so gelegentlich weitere interessante Abwägungen ins Spiel kommen können. Manche Sonderfunktion kann unter gewissen Umständen so hilfreich sein, dass es sogar sinnvoll sein kann, auf den Kauf eines weiteren boroughs zu verzichten und stattdessen 3 Karten zu ziehen. Die Notlösung der 1E wurde also durchaus aufgewertet. Auch zu Beginn einer Partie scheint das einfache Kartenziehen eine valide Option zu sein, da man beim sofortigen Kauf eines boroughs die abzugebenden poverty points mangels selbiger verschenken müsste. Der buy-play-run-cycle ist also in der Tat aufgebrochen oder mindestens aufgeweicht worden.
Das (kleine) Problem an dieser Umsetzung der Sonderfunktionen ist jedoch, dass man die boroughs nicht so häufig zu Gesicht bekommt wie die Handkarten. Bei der 1E war die Verknüpfung von Karte x zu ihrem Sondertext nach ein paar Partien verinnerlicht. Das wird bei den boroughs der 2E vermutlich etwas länger dauern und bis dahin ist genaues Hinschauen nötig. [7 pt …]
Die Karten wurden teils stark überarbeitet. Etwa 3/4 dürften bis auf angepasste oder verlagerte Aktionstexte identisch sein, bei den anderen wurde teils sogar die Farbe oder die Set-Zugehörigkeit angepasst. Manche wurden komplett gestrichen (z. B. School, Fleet Street, Pubs, Parliament). Durch jetzt 101 statt 110 Karten sollte das Spiel etwas zügiger vonstatten gehen, was sicher nicht schadet.
Die East India Company (-£4 Kauf, 1 Karte abgeben, +£12) hat die Anpassungen i. ü. schadlos überstanden, obwohl sie im Vergleich zu den Gilden (Vintners, Fishmongers etc.: +£4–6) und der Leather Industry (+£7 +1 poverty) eher stark ist – insbesondere natürlich früh im Spiel und in Kombination mit dem Hospital. Thematisch ist das vollkommen ok und es gibt dem Spiel auch einen gewissen Reiz, dass eben nicht alles ausbalanciert ist, aber es wundert mich dann doch. Die Omnibusse wurden selbstverständlich generft, können je nach Anzahl der Mitspieler und Spielverlauf aber immer noch relevant sein.
tl;dr
Im Großen und Ganzen fügen sich sämtliche Änderungen gut ein und machen das Spiel etwas runder. Am besten gefallen hat mir der deutlich stärkere Armutsdruck durch die nicht mehr vorhandene dauerhafte Reduzierung durch ausreichend boroughs. Am Ende einer Partie der 1E war es oft so, dass man seine Stadt mindestens poverty-neutral laufen lassen oder sogar Armut abbauen konnte. Das war wohl die größte Schwäche des Spiels. Diese wurde ausgemerzt, so dass die Armutsbekämpfung jetzt mehr Aufmerksamkeit erfordert. Auch hier ergibt sich also neuer Reiz.
Das Spielgefühl an sich hat unter den Änderungen meines Erachtens nicht gelitten. Den fehlenden Spielplan habe ich zu keiner Zeit vermisst. Die Underground ist wesentlich einfacher abzuhandeln und auch die Endwertung ist etwas einfacher. Auch wenn das räumliche Element mehr oder minder fehlt, so hat es mich nicht weiter gestört, da das Spiel merklich flüssiger lief. Zugegebenermaßen ist es immer noch nicht super spannend, Mitspielern beim Auslegen ihrer Karten zuzuschauen, aber insgesamt geht es etwas flotter. London doesn’t overstay its welcome anymore
1st edition verkaufen?
Vom rein spielerischen Gehalt her hätte ich keine Bedenken, aber mich wird die Schriftgröße und die suboptimale Kartenqualität der 2E wohl irgendwann nerven … Vielleicht doch sleeven?
Dann ist da noch dieses Autogramm von Martin Wallace auf der Box. London ist das einzige Spiel, was ich mir jemals signieren ließ und das auch nur weil er nachgefragt hat. Er kam wegen einer Regelfrage an unseren Tisch in Essen und wollte nach Klärung wissen, ob er denn die Box auch signieren solle. Sure Dabei stellte er dann fest, dass es ja gar keine Limited Edition sei und witzelte noch was von besonders wertvolle Standard Edition, wahrscheinlich die einzige weltweit … Also einen gewissen sentimentalen Wert hat die Kiste dadurch irgendwie doch => Ich weiß es noch nicht