"Kickstarter bringt uns (die Spielebranche) um" (Martin Wallace)

  • Hallo miteinander,

    gerade schlage ich die neue Spielbox auf und muss zugeben, dass mich der Artikel von Matthias Hardel über Martin Wallace und seine Gedanken zu "Kickstarter" sehr nachdenklich gemacht hat.

    Martin kritisiert vor allem, dass ein Autor sein Spiel nicht so kreieren darf, wie er möchte. Für ihn ist es Unsinn, massig Stretchgoals an die Backer auszuliefern. Ein Spiel, dass fertig ist, braucht keine Strechgoals. Entweder sind die Stretchgoals spielrelevant, dann gehören sie in das Spiel, oder aber, die Stretchgoals sind bloßes überflüssiges Blendwerk. Des Weiteren ist ein "geiles" Video absolutes Muss sowie eine 24/7 Kommunikation mit den Kunden.

    An dieser Stelle frage ich mich, ob Kickstarter auf Dauer eine richtige Zukunft hat. Mich als Kunde interessiert nur ein gutes Spiel. Auf den Rest kann ich ebenfalls gut verzichten. Aber wie denkt ihr darüber?

    Meine Bereitschaft bei Kickstarter zu backen, war in den letzten beiden Jahren bescheiden. Es wurden und werden viel zu viele unausgegorene Spiele angeboten, die das Backen nicht wert sind. Aber wie würdet Ihr darauf als Backer reagieren, wenn Martin Wallace in Zukunft seinen Backern a) keine Stretchgoals, b) keine aufwendigen Videoclips und c) keine 24/7 Erreichbarkeit vorzuweisen hat?

    Ich muss zugeben, dass mich das abschrecken würde, weil ich denke, dass der Anbieter/Autor kein Bock gehabt hat, seine Spieleideee besser zu vermarkten. Andererseits: Meistens weiß ich , was ich von einem Martin Wallace bekomme. Brauche ich dieses Blendwerk?

    Ein anderes Beispiel: Der Uwe Eickert macht es ja so, wie Kickstarter es erwartet. Ob das extremst neue Spiel (Hallo Sternfahrer :rolleyes: ) Mare Nostrum wirklich so toll ist wie seine Marketingfilmchen es darstellen, bleibt abzuwarten.Bestes Beispiel für gelungenes Marketing: https://www.kickstarter.com/projects/53206…rquest?ref=card ( WarQuest von Mr. Drover). Hier bin ich allerdings sehr skeptisch, ob das Spiel, außer geilem Marketing, noch mehr zu bieten hat.

    Kurzum: Welche Wege kann ein guter Spieleautor noch gehen, wenn er einfach nur gute Spiele entwerfen und verkaufen will?

    Sind wir so "kickstartergeil", dass wir uns von dem ganzen Drumherum so blenden lassen, dass wir das Spiel dabei aus den Augen verlieren?

    Freue mich auf eure Gedanken dazu ;)

    Spielerische Grüße
    Marc

    3 Mal editiert, zuletzt von Jimmy_Dean (6. Oktober 2015 um 19:08)

  • Ohne da je was unterstützt zu haben, mir persönlich käme es da immer auf die Art der Stretchgoals an.

    Als Beispiel (ja ich weiß, wurde nie über Kickstarter angeboten) nehme ich einfach mal Twilight Imperium.
    Es gibt so nette "Flottenständer" und einen schicken Rahmen, den man um die Galaxie legen kann, damit einem das Spielen an sich erleichtert wird.
    Das beides als Stretchgoal bei einem solchen Spiel fände ich durchaus reizvoll, es macht das Spiel nicht besser, ist einfach nur Luxus drumrum. Braucht man nicht wirklich, hätte ich aber gerne. Sowas als zusätzlicher Bonus ist meiner Meinung nach vollkommen in Ordnung.
    Ähnlich bei sämtlichen anderen Boni die in diese Richtung gehen. Besseres Material usw kann man gerne so erreichen (wenn das Ausgangsmaterial nicht der letzte Murks ist).

    Bei Inhalten das Spiel selbst betreffend sehe ich es ähnlich, die gehören ins Spiel und fertig. Wenn sowas einfach nur nachgeschoben wird, stört mich das auch irgendwie.

    Mir persönlich sind ansprechende Videos allerdings auch wichtig. Derzeit in der Endphase des Studiums lese ich praktisch den ganzen Tag, da empfinde ich ein Video einfach als angenehmer. Dieses sollte dann allerdings auch halbwegs sachlich sein und nicht nur 10 Minuten betonen wie toll das Spiel doch ist.

    Mir würden allerdings ein paar aussagekräftige Bilder und Details zu den Regeln schon reichen. Wenn die Bilder gut aussehen und mich das Thema interessiert, würde ich auch nach einem 10h Lerntag noch 2-3 Seiten lesen, selbst dann, wenn sie nur auf englisch sein sollten (oder es aufs Wochenende verschieben).

    Da die Allgemeinheit allerdings wohl eher den Weg mit tollen bunten Videos bevorzugt, wird man da wohl nicht dran vorbei kommen können, sofern man einen ähnlichen Umsatz machen möchte.

    PS; Wurde neulich bei BSG noch drauf hingewiesen, dass diese Pappfiguren in der heutigen Zeit von Zombicide und Co ein totales no-go wären. Das Spiel kam dann dennoch gut an, aber ich bin mir recht sicher, dass die Gruppe es ohne mich nie gespielt hätte, es fehlen halt die coolen Miniaturen (die zumindest für die Sterne ja auch noch nachgelegt wurden).

    Mit freundlichen kollegialen Grüßen

    Syrophir

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    "Die Menschen hungern nach der Wahrheit, doch wissen sie selten ihren Geschmack zu schätzen."

  • Ohne den Artikel bisher gelesen zu haben, halte die zumindest diese Aussage von Martin Wallace für grundlegend falsch.

    Es gab auch schon Kickstarter ohne Stretch Goals, weil der Anbieter gesagt hat, das Spiel sei so fertig, wie es ist, und gut. Mal davon abgesehen, dass es immer auch Möglichkeiten gibt, ein Spiel mit "Upgrades" zu versehen, die das Spiel selbst gar nicht antasten. Ich denke da an die drei Stufen des Discworld-Spieles, zum Beispiel.

    Okay, viele sagen mittlerweile, dass Kickstarter mittlerweile nicht mehr das sei, für was es intendiert war, da es nicht mehr darum geht, kreativen Köpfen dabei zu helfen, ihre Idee auf den Markt zu bringen, seit große Konzerne oder (in unserem Fall) Verlage sich dieser Plattformen und Finanzierungsmodelle bedienen. Ich sage aber, dass es unweigerlich darauf hinaus lief, und tatsächlich ein Schritt in die Zukunft des Customer-Producer-Verhältnisses ist. Der Verlag/Hersteller produziert nur noch, was der Kunde auch wirklich will. Ähnlich dem p500-System von GMT, eben. Nur, dass bei KS vorfinanziert wird, wodurch dem Verlag/Hersteller kaum noch finanzielle Risiken entgegen stehen. Dadurch kann er viel freier gestalten...

    Das mit den Videos und den Stretch Goals - klar, je erfolgreicher man mit einem Spiel sein muss, um so mehr Werbung muss man dafür machen. Das war aber auch schon for Kickstarter so. Und Stretch Goals sind ja nix anderes als Köder, die für das Spiel werben. Damit kommen die GEsellschaftsspiele aus ihrer Nische des Pullitragenden Kellerzockers raus und gehen in die freie Marktwirtschaft, von der Nische an die Öffentlichkeit (zumindest an eine breitere ebensolche).

    Das zu bemängeln, heißt einfach, zu faul zu sein, mit der Zeit zu gehen!

    Und nein, auch bei SPielen kommt es nicht nur auf "flashy advertising" an - letztendlich definiert der Inhalt und die Qualität des letztendlich gelieferten, wie zukünftige Produkte unterstützt werden. Kein Mensch würde mehr denjenigen unterstützen, der "The Doom that came to Atlantic City" via KS anbot. Ist es nicht so eindeutig wie da, laufen Erkenntnis-Wellen eben langsamer durch den Markt. Aber letztendlich ist es NOCH IMMER das SPIEL, das relevant ist - das Produkt, das ausgeliefert wird. Und nicht die Werbung.

    Was sich ändert, das ist die Fragmentierung des Marktes. Vorher gab es die Zielgruppe Spieler (ganz massiv vereinfacht) und drei Spiele im Angebot. Du wähltest das aus, was Dir gefiel, aber da das Angebot bestimmte, was Du spielen konntest, musstest Du deine Bedürfnisse auf das Angebot zuschneiden.
    Heute muss der Anbieter wesentlich differenzierter das Angebot auf die Bedürfnisse des Kunden zuschneiden. Und gibt es nicht genügend Kunden, dann bleibt das Angebot eben im Regal. Das ist anstrengender, aber andererseits ist es das, was den Markt ausmachen sollte. Nicht ein "Friss oder stirb" vom Anbieter, sondern ein "biete mir an, was ich will, oder verhungere halt".

    Wer Smilies nutzt, um Ironie zu verdeutlichen, nimmt Anderen den Spaß, sich zu irren.

    Über den Narr wird nur so lange gelacht, bis man selbst Ziel seiner Zunge wird!

    :jester:

  • Im Interview mit Wallace ist unterschwellig eine grosse Verbitterung herauszulesen, dass es mit seinem Moongha Invaders so gehörig schief gegangen ist und er sich zeitlich und finanziell so richtig verzettelt hat damit. Ich finde er tut den "aufrichtigen" Kickstarter-Autoren etwas unrecht mit dieser generalisierenden Abwatsche. Und das Strech Goals nicht immer mehr Material (da bin ich mit der Kritik nämlich voll auf seiner Seite) sondern z.B. auch einfach nur höherwertiges Material bedeuten können, das vergisst er mal eben auch so beiläufig.

    Und das sage ich, der eine extrem zurückhhaltende Sichtweise auf Kickstarter für Brettspiele hat (ich habe bisher 1 Spiel auf dem Konto, Viticulture, und das bereits längst wieder verkauft, weil ich auf eine Dt. Ausgabe gehofft habe die jetzt auch tatsächlich erscheint).

  • Ich denke auch, dass es vor allem Verbitterung ist, die da aus dem guten Mann spricht. Wie er selbst mehrfach betont hat, ist er einfach kein guter Geschäftsmann. Und da sich Kickstarter schnell professionalisiert hat, auch was Marketing und Produktpräsentation angeht, ist das einfach nicht seine Baustelle.

    Wobei mir der Mann aber auch immer mehr vorkommt wie Peter Molyneux - ein wegweisendes Spiel, seither eine irgendwie magische Aura - aber irgendwie kam dann nix mehr. Wobei ich Brass noch nicht einmal gespielt habe. Seine anderen Spiele waren aber nichts für mich.

    Von daher verstehe ich nicht einmal so ganz, warum er überhaupt als diese Ikone gilt.

  • Hallo Syrophir,

    ich gebe dir Recht, dass zusätzliche Stretchgoals, die nur einen Zusatz oder eine Aufwertung des Spielmaterials darstellen, okay und wünschenswert sind. Aber: Alleine solche "Giveaways" produzieren zu lassen, kostet viel (unbezahlte) Zeit und Geld. Ebenso ein cooles Video. Alleine das Video von Herrn Drover wird locker zwischen 10.000 -20.000 Euro gekostet haben. Jetzt stellt sich die Frage, ob ein Spieleautor wie Martin Wallace wirklich noch ein Marketingexperte werden muss, um seine Spiele überhaupt an den Mann zu bringen. Irgendwie schade, dass ein guter Autor, der eigentlich nur gute Spiele kreieren möchte, so viele Zusatzaufgaben und -kosten in seine Spieleentwicklung mit einbeziehen muss. Des Weiteren sind die Fähigkeiten und Eigenschaften, die einen guten Spieleautoren ausmachen, komplett verschieden von denen eines Marketingspezialisten. Muss ein angehender Spieleautor heute automatisch einen oder mehrere Mitarbeiter beschäftigen, um seine Spiele zu marktgerechten Preisen auf den Markt zu bringen?

    Wenn ich überlege, zu welchem Preis Martin Wallace seine Spiele auf den Markt bringen könnte, wenn er diesen ganzen Mumpitz weglassen würde, dann hätten wir extrem preiswerte Spiele, die sich jeder leisten kann und möchte...


    Nur mal meine Gedanken dazu ;)

    Marc

  • Ich denke auch, dass es vor allem Verbitterung ist, die da aus dem guten Mann spricht. Wie er selbst mehrfach betont hat, ist er einfach kein guter Geschäftsmann. Und da sich Kickstarter schnell professionalisiert hat, auch was Marketing und Produktpräsentation angeht, ist das einfach nicht seine Baustelle.

    Wobei mir der Mann aber auch immer mehr vorkommt wie Peter Molyneux - ein wegweisendes Spiel, seither eine irgendwie magische Aura - aber irgendwie kam dann nix mehr. Wobei ich Brass noch nicht einmal gespielt habe. Seine anderen Spiele waren aber nichts für mich.

    Von daher verstehe ich nicht einmal so ganz, warum er überhaupt als diese Ikone gilt.

    Hallo Brandigan,

    ich kann dir zustimmen, dass nicht jeder Mensch zu einem erfolgreichen Unternehmer taugt :) Martin Wallace ist ein guter Spieleautor, der mir schon viele schöne Stunden beschert hat. Seinen "Ikonenstatus" hat er meines Erachtens zurecht erworben mit seinen überragenden Spielen. Obwohl ich noch nicht alle seine Spiele gespielt habe, so gehören "A few acres of Snow", Age of Steam, Empires of the ancient world...sicher dazu.Ist natürlich auch Geschmackssache. Dennoch scheint er den Nerv vieler Spieler/-innen getroffen zu haben ;)

    Du schreibst, dass dir Produktpräsentationen und Werbung sehr wichtig sind. Das akzeptiere ich, finde es aber schade, da ein Mensch nicht alle Fähigkeiten und Eigenschaften zugleich haben kann. Daher scheint es heutzutage nicht mehr auszureichen, ein guter Spieleautor zu sein, sondern auch noch ein "Unternehmertyp". Leider gibt es das Schulfach "Unternehmertum" noch immer nicht, obwohl die Unternehmerverbände schon seit Jahren dafür plädieren, das Fach endlich als eigenes Schulfach in den Schulen zu unterrichten. Woher sollte Martin Wallace seine unternehmerischen Kompetenzen also erwerben?

    Irgendwie bedrückt es mich, dass es heutzutage einfach nicht mehr ausreicht, nur in einer Sache gut und erfolgreich zu sein.Das heißt ja andererseits auch, dass diese Megakonzerne mit einer gigantischen Marketingabteilung immer mehr den Markt mit ihren 08/15 Produkten überfluten, weil gute Spieleautoren alleine keine Chancen mehr haben werden, ihre guten Ideen erfolgreich zu vermarkten.

    Nachdenkliche Grüße
    Marc

    Einmal editiert, zuletzt von Jimmy_Dean (6. Oktober 2015 um 19:10)

  • Ich denke auch, dass es vor allem Verbitterung ist, die da aus dem guten Mann spricht. Wie er selbst mehrfach betont hat, ist er einfach kein guter Geschäftsmann. Und da sich Kickstarter schnell professionalisiert hat, auch was Marketing und Produktpräsentation angeht, ist das einfach nicht seine Baustelle.

    So sehe ich das auch. "Ich bin Künstler - lasst mich in Ruhe", mit der Einstellung hat man es auch schwer auf Kickstarter. Solange er sich diese Haltung leisten kann - warum nicht?

  • Es ist nicht ganz richtig, dass es nicht reicht, nur in einer Sache gut zu sein. Nur muss man eben dann Personen anwerben, die in den fehlenden Dingen gut sind. Mittlerweile gibt es nicht umsonst "Campaign Manager" (keine Ahnung, ob das so heißt), die die Kickstarter-Kampagnen von Verlagen managen (siehe 7th Continent).

    Das Problem ist, dass heutzutage der Kunde von einem Unternehmen mehr erwartet als nur "eine Sache können". Guter Service, gute Qualität, gute Kommunikation, gute Grafik, gute Kundenbindung, etc. Da ist der Autor nur ein Stein in der Kette, aber bei kleinen Verlagen eben ein wichtiger. Nur, wenn er halt alles selbst machen will, dann MUSS er auch alles selbst machen, um mit der Zeit Schritt zu halten. Ich kann mich z.B. (wie meine Frau) noch so sehr gegen Mobiltelefone wehren, weil ich sie scheiße finde - es geht kaum noch ohne.

    Wallace hat also die Wahl, entweder mit der Zeit zu gehen, oder für einen Verlag zu produzieren, der seine Produkte verlegt oder annimmt (dann aber nach dessen Konditionen), oder eben unterzugehen. Das ist eine ganz normale Situation, in der man eben eine vernünftige Entscheidung treffen muss.

    Und obwohl ich wirklich ne Menge Spiel von MW hier stehen habe (mehr als von jedem anderen Autoren), sehe ich ihn halt mit seiner Einstellung massiv baden gehen, dort in Neuseeland. Ich wünsche es ihm nicht, aber wenn man eben an altem festhält, dann wird man mit altem irgendwann zum Alteisen geworfen...

    Wer Smilies nutzt, um Ironie zu verdeutlichen, nimmt Anderen den Spaß, sich zu irren.

    Über den Narr wird nur so lange gelacht, bis man selbst Ziel seiner Zunge wird!

    :jester:

  • Wobei mir der Mann aber auch immer mehr vorkommt wie Peter Molyneux - ein wegweisendes Spiel, seither eine irgendwie magische Aura - aber irgendwie kam dann nix mehr. Wobei ich Brass noch nicht einmal gespielt habe. Seine anderen Spiele waren aber nichts für mich.

    Selbst wenn man die Spielefamilien AoS/RotW/Steam und Brass/AoI außen vor lässt, bleiben immer noch BGG-Top200-Spiele wie #London, #AFewAcresOfSnow, #StruggleOfEmpires und #Automobile. Es gibt sicher einige Autoren, die sich wünschten, so viel "nix" erdacht zu haben... => Peter Molyneux ist wohl näher am One Hit Wonder als Martin Wallace.

    Kurzum: Welche Wege kann ein guter Spieleautor noch gehen, wenn er einfach nur gute Spiele entwerfen und verkaufen will?

    Die üblichen! Martin selbst macht es doch vor. Er hat Treefrog quasi eingestampft, wird sich in Zukunft auf das Spieleerfinden konzentrieren und nur noch bei anderen Verlagen veröffentlichen. Man könnte es schlicht den "traditionellen Weg" nennen: Prototypen an geeignete Verlage schicken und auf’s Beste hoffen :)

    Sind wir so "kickstartergeil", dass wir uns von dem ganzen Drumherum so blenden lassen, dass wir das Spiel dabei aus den Augen verlieren?

    Nein - oder besser: ich sicher nicht. Mir ist Kickstarter bis auf wenige Ausnahmen vollkommen egal. Gute Spiele setzen sich durch und werden (mindestens) eine Zweitauflage erhalten. Ich habe zwei Erstauflagen gekickstartet: Progress (ausgepackt, angeguckt, Regel in Ruhe gelesen, direkt wieder verkauft) und Factory Funner. Der Rest waren spielenahe Projekte (Boardgames that tell stories I + II, Twilight Struggle Digital) oder Deluxe-Ausgaben (Viticulture, Twilight Struggle). In den letzten Jahren haben ich ein Vielfaches dessen über "normale" Vertriebskanäle und auf dem Sekundärmarkt erworben.

    »Remember to look up at the stars …

    … and not down at your feet. Try to make sense of what you see and wonder about what makes the universe exist. Be curious. And however difficult life may seem, there is always something you can do and succeed at. It matters that you don't just give up.«
    Stephen Hawking

  • Du schreibst, dass dir Produktpräsentationen und Werbung sehr wichtig sind.

    Stimmt gar nicht, bitte einmal genauer lesen ;) Ich sagte, dass auf der Plattform Kickstarter eine Professionalisierung stattgefunden hat, bei der Marketing und Produktpräsentation wichtiger geworden ist. Ich habe das nicht bewertet. Es ist ganz amüsant, dass das steinzeitalte "Früher! Da ging das alles noch so und so und ohne diesen Firlefanz!"-Argument in einem Bereich angewendet wird, der seit gerade einmal 3 Jahren so richtig durch die Decke geht - also ein durchaus überschaubarer Zeitraum.

    Nun ist es ja nicht so, dass ein Martin Wallace einsam seine Spiele genialisch in die Welt materialisiert hätte. "Früher" hat er dafür Verlage in Anspruch genommen. Was tun die? Sie kümmern sich überraschenderweise um Marketing und Produktpräsentation. Machen die das aus Nächstenliebe? Natürlich nicht, sondern für ein sehr großes Stück vom Ertragskuchen.
    Aber dass Herr Wallace damit auch richtig auf die Schnauze gefallen ist, zeigt die Schlammschlacht mit Eagle Gryphon Games um die Neuauflage von Brass.

    Man kann sich vielleicht wünschen, dass ein Einzelner seine auf Pappe gemalten genialen Brettspiele direkt in die Hände verzückter Vielspieler legt, die ihm dafür direkt und ohne Händlerkosten das Konto vollmachen - nur ist es völlig realitätsfern. Eben weil ein Einzelner nur jeweils "inselbegabt" ist und sich auf anderen Feldern nicht zwangsläufig (gut) auskennt, arbeitet er mit anderen zusammen - sei es nun ein Verlag oder ein Kampagnenmanager. Der mag zwar auch einiges Kosten, dürfte aber dennoch letztlich wesentlich günstiger sein, als nachher die Erlöse mit allen anderen zu teilen.

    Daher ist seine Aussage auch so dämlich. Denn gerade da, wo Kickstarter viele der kostenintensiven Zwischenschritte eliminiert bzw. die Kosten drastisch senkt, geht er hin und beschwert sich, dass man ja ach so überfordert dabei sei. Ja was denn nun? Entweder überlässt er bis auf das Design anderen die Arbeit und muss dann eben mit deutlich reduzierten Einkünften rechnen (weil: Verwertungskette), oder er stemmt die Anstrengung und macht es selbst. Wenn die Kampagne erfolgreich sein soll, weil die Erwartungshaltung mittlerweile recht hoch ist, muss sie dann natürlich gut gestaltet sein. Aber dabei hilft eben der Kampagnenmanager - oder Fortbildung. Jamey Stegmeier schreibt mittlerweile ganze Bücher, wie man auf Kickstarter erfolgreich ist. Seine Anleitungen stehen sonst aber für jeden frei zur Verfügung. Man muss es also nur wollen. Und mir scheint, dass das bei Herrn Wallace das Problem ist .

    Zu den Stretchgoals: hätte er sich nur eine sinnvolle Minute mit Kickstarter beschäftigt, wäre ihm aufgefallen, dass ein Spieldesign und ein Kampagnendesign auch Hand in Hand gehen kann. Die Stretchgoals können durchaus Teil des Gesamtspiels sein, aber so modular aufgebaut, dass man sie beliebig hinzufügen kann. Jemand, der das auf "klassischem" Verlagswege gemacht hat, war Vaccarino. Dominion war gleich mit eine ganzen Masse an Karten geplant und vom Start weg auf Erweiterungen angelegt. Hat wunderbar funktioniert, sogar ohne Kickstarter.

    Da funktinieren aber auch Komponentenupgrades wirklich immer. Die sind für die Backer grandios, trüben aber den Spaß kein bisschen, wenn sie nicht erreicht werden.

    Ich bleibe dabei: Herr Wallace findet keinen guten Weg mehr, seine Designs zum Kunden zu bringen, teils aus Unlust und mangelndem Interesse, teils aus mangelnder Begabung, teils aus vergangenen Fehlern. Und darum wird er zunehmend verbittert und teilt nun kräftig gegen die böse böse Welt aus.

  • Ich muss ganz ehrlich sagen, dass das alles irgendwie so klingt:
    "Die anderen sind alle blöd, weil sie Dinge machen, die ich nicht machen will, und nicht die Dinge, die notwendig wären, damit ich mein Leben so leben kann, wie ich das will!"
    So hat auch letztens eine Freundin von mir argumentiert:
    "Ich finds scheiße, dass alle jetzt Familie und andere Prioritäten haben - ich will mit denen Rollenspiel spielen, weil ich Rollenspiel spielen will! Und wenn die nicht mehr so wollen, dann ist das deren Schuld und die sind blöd, weil ich kann dann nicht mehr das machen, was ich will (Rollenspiel spielen)."

    Die Prämisse heißt:
    "Wenn Du nicht glücklich bist, dann ändere Deine Situation."
    Sie heißt nicht:
    "Wenn Du nicht glücklich bist, sind alle anderen daran schuld - versuche, sie zu ändern!"

    Wer Smilies nutzt, um Ironie zu verdeutlichen, nimmt Anderen den Spaß, sich zu irren.

    Über den Narr wird nur so lange gelacht, bis man selbst Ziel seiner Zunge wird!

    :jester:

  • Hi,

    Ich sehe das ein wenig differenzierter, denn hier (bzw. in der Ausgangsthese) wird mir viel zu viel über einen Kamm geschoren. Kickstarter ist eine Platform um Geld zusammen zu bringen und sonst gar nix. Das ist erstmal wertungsfrei. Es gibt Vorteile und Nachteile die jeder für sich abwägen muss ob er a) diesen Weg geht um ein Projekt zu finanzieren und b) ob man bereit ist ein Projekt zu finanzieren. Das ist Projekt für Projekt eine Einzelentscheidung und keinesfalls eine generische Entscheidung.

    Es werden so viele Schrottspiele jedes Jahr aufgelegt (ganz ohne Kickstarter), das ist jetzt aber kein Grund zu sagen "meine Bereitschaft ein Spiel zu kaufen ist sehr gering, weil so viel unausgegorener Scheiss fabriziert wurde". Es gibt Spiele die mir gefallen und welche die es nicht tun. Alleine aufgrund der Finanzierungsart schliesse ich doch nicht darauf ob ein Spiel gut oder schlecht ist. Wo ist denn da die Logik?

    Zu Stretch-Goals / Videos: Das ist natürlich unter dem Werbeaspekt zu sehen, speziell die Videos. (Die ich mir meistens nicht anschaue - wenn sie das Spiel erklären schau es es mir schonmal an)
    Die Strechgoals sehe ich aber unter dem Aspekt das man den Leuten die das Projekt finanzieren soll einen Anreiz bietet das auch zu tun. Da Spiele in der Regel einen steil fallenden Preis haben, ist es scheinbar nicht lukrativ zu sagen: "Leute ihr bekommt das Spiel zum halben Preis." (So wie es bei anderen Projekten durchaus der Fall ist) das glaubt einem sowieso keiner, da Spiele die heute 50 Euro kosten morgen schon für 30 Euro rausgeschleudert werden können. Das hat sich "die Branche" selbst zuzuschreiben. Also was kann man jemand bieten, der das Projekt mitfinanziert (also überhauptr möglich macht) im Vergleich zu den "normalen" Käufern? Da haben sich "Strech Goals" etabliert - das ist ja nun nix neues, sondern im Grunde nur das Konzept der Messe-Promos auf Kickstarter übernommen - auf der Messe versuchen die Verlagen ja auch schon seit Urzeiten die Kunden mit irgendwelchen Promos zu ködern die es nur-auf-der-Messe-und-sonst-nirgends gibt. Angeblich zumindest.
    Und wie es auch zu Messe-Promo-Zeiten schon war, ist die Qualität der Promos und der Werbeversprechen sehr schwankend. Da gibt es "solche" und "solche". Die meisten sind diese, welche sich als Luftnummer rausstellen, da man das Promo ohne Probleme später bekommt und man letztendlich den "Messepreis" bezahlt hat (der meistens nicht besser ist als der Preis später im Handel). Das ist nicht der Untergang des Abendlandes oder der Spielebranche, sondern einfach nur das was "die Branche" schon immer tut auf den nächsten Level übertragen.
    An sich sehe ich die Strechgoals auch nicht als "Köder" (auch wenn man das so sehen kann), sondern es ist ja so das die Grösser der Auflage ja mit steigender Geldsumme die gesammelt wurde steigt, d.h. die Stückkosten sinken, also kann man die Materialqualität aufwerten (bessere Spielsteine, ggf. Plastik/Holzminis, etc) und man kann auch den Umfang der Produktion erhöhen (5ter/6ter Spieler, mehr Karten, etc). Die Aussage "ein Spiel was fertig ist braucht keine Stretchgoals" ist in so fern falsch, als das sie Erweiterungen generell ja abstreitet. Also ich hätte es toll gefunden, wenn AoS mit besseren Grafiken und besserem Material erschienen wäre. Bei einer festen Auflage muss man aber mit dem kalkulieren was man hat. Eine 1000er Auflage (AoS) hat vermutlich zu der Zeit einfach nicht mehr hergegeben als das was dabei raus gekommen ist. Eine 5000er oder 10000er 1st-Auflage hätte sicherlichlich signifikant besseres Material ermöglich, ohne das der Kunde mehr dafür bezahlen hätte müssen.

    Also wer ein Kickstarter-Projekt macht, und dann sagt das er das nicht so machen kann wie er möchte, dann ist er imo völlig falsch an die Sache ran gegangen. Wenn ich ein Spiel erfunden habe dann mache ich mir Gedanken darüber wie teuer der Spass wird und wie viel Kohle ich brauche. Nehmen wir mal an ich habe ausgeknobelt ich brauche 30000,- für eine 1000er Auflage (das ist also mein Ziel) - jetzt kommen die 30000,- zusammen (sagen wird 30,- "pledge"-Betrag) und ich kann nun das Spiel produzieren und alles ist gut. Nun kommen aber 60000,- zusammen, d.h. eine 2000er Auflage. Diese kostet nun aber nicht 60000,- sondern 50000,- habe ich 10000,- "übrig". Was tut man damit? - In die Tasche stecken? (Wieso auch nicht?) oder investiert man die umgehend darin das Produkt zu verbessern? (Oder macht halbe/halbe :) ) - ich halte das nicht für so verkehrt.

    Ob alle Stretchgoals die Spiele "verbessern" sei dahin gestellt, manche tun es aber imo definitiv. Über eine bessere Materialqualität hat sich soweit ich weiss noch niemand beschwert.

    Uwe Eikert wird mit Mare Nostum hier ja gerne kritisiert, aber wenn man es mal logisch betrachtet ist es doch so: Er hatte ein Spiel mit allem möglichen Zip-und-Zap, div fertige kleine Erweiterungen, mehr Helden, Wunder und Karten als ein normales Spiel braucht. Wenn man es in der Form wie es jetzt produziert wird von vorne rein angeboten hätte, wäre entwerder der Preis deutlich höher, oder die Gesamtfinanzierungssumme wäre ziemlich optimistisch. (Hinzugehen und eine superdeluxe-Ausgabe für $65 anzubieten und sagen "hey, wenn wir 700k zusammenbekommen, dann mach ich das" ist optimistisch, finde ich).

    Atti

    3 Mal editiert, zuletzt von Attila (6. Oktober 2015 um 21:32)

  • Was mich an Kickstarter, Spieleschmiede & Co. stört ist die Fülle von Angeboten. Man kann sich gar nicht mehr davor retten und manche bekommt man auch nur durch Zufall mit. Dennoch ist die Angebotsvielfalt so groß, dass man förmlich überflutet wird. Das da auf Dauer so viele Leute mitmachen finde ich ziemlich erstaunlich.

    Ein Bild sagt mehr als 298 Wörter... :floet:

  • Hi,

    Ich unterstütze die Projekte die ich für unterstützenswert halte. So einfach ist das.
    Stretchgoals gehen mir in dieser Entscheidung echt am Allerwertesten vorbei, freue mich aber netürlich darüber wenn das Spiel dann wertiger wird, oder facettenreicher. Die Ersatzminis für die Pappcounter in Bloodrage machen *null* unterschied rein Spieltechnisch. Sie werten das Spiel aber trotzdem auf. Ich brauch sie nicht, um das Spiel zu spielen, werde aber sicher keins ohne diese bestreiten. :)

    Wer braucht schon Coins in Spielen, wo es Pappmarker auch tun? - ICH!

    Atti

  • Martin kritisiert vor allem, dass ein Autor sein Spiel nicht so kreieren darf, wie er möchte

    Wer verbietet ihm das? Meint er, dass ein Spiel ohne Stretch-Goals nicht gut zu vermarkten ist auf KS? Mein erstes crowed-fundig Spiel war A Study in Emerald von Martin Wallace. Verdankt Martin nicht diesem System, dass ASiE realisiert und sogar dann regulär neu aufgelegt wurde? Klingt so, als würde er seinen momentanen Frust etwas unreflektiert auf KS projezieren.


  • Aber wie würdet Ihr darauf als Backer reagieren, wenn Martin Wallace in Zukunft seinen Backern a) keine Stretchgoals, b) keine aufwendigen Videoclips und c) keine 24/7 Erreichbarkeit vorzuweisen hat?

    Mir würde es schon reichen wenn ich nicht über 3 Jahre auf eines seiner Spiele warten muss (ok, war jetzt aber auch eine Ausnahme, hinterlässt aber einen schalen Beigeschmack).
    Stretchgoals müssen nicht sein, wenn alles im Grundspiel drin ist was man braucht und wenn genau das was es bei KS gibt, später auch im FLGS zu haben ist.


    Sind wir so "kickstartergeil", dass wir uns von dem ganzen Drumherum so blenden lassen, dass wir das Spiel dabei aus den Augen verlieren?

    Mir könnte KS gerne gestohlen bleiben, wenn wirklich gute Spiele auch so ihren Weg zum Endkunden finden und keine künstliche Limitierung von Spielzubehör stattfindet (KS - exclusives).
    Heute bekommt man aber immer öfter das Gefühl jetzt oder nie zuschlagen zu müssen, weil man ja sonst das Spiel evtl. gar nicht bekommen könnte oder eben ohne die Extras.
    Wenn aber immer öfter die Backer eines Spiels eine schlechtere Qualität erhalten als Kunden einer späteren Retail Version, erledigt sich das ja vielleicht auch irgendwann von selbst.

  • Brauche ich Kickstarter und Co. ?
    Ich schaue mir gern die neuen Sachen an und bin oft überwältigt von den optischen Eindrücke der ganzen Projekte.
    Oft juckt es in den Fingern wenn ich ein Spiel mit herrlichen Miniaturen und Grafik sehe, aber gefällt mir das Spiel in einen halben/ganzen Jahr immer noch so, das ich es unbedingt möchte wenn ich es dann geliefert bekomme ? Da meldet sich dann bei mir der Verstand --> 1 Hey du hast immer noch ein paar ungespielte Schätze im Schrank stehen. 2 Wenn das Spiel so gut , dann kommt es auch auf den normalen Vertriebswegen und wenn ich es dann immer noch möchte kann ich mir das immer noch zulegen.
    Der Fimo Mann über mir triffts ziemlich gut ;)

    Es gibt ein paar Sachen die würde ich sofort unterstützen, seltsam aber das sind mehr oder weniger nur Neuauflagen oder lang ersehnte Sachen .

  • Ich habe den Artikel mittlerweile gelesen.
    Und muss sagen, dass er Kickstarter per se nur recht gering kritisiert, viel mehr aber die Tatsache, dass durch Kickstarter (unter Anderem, wenn man genau hinliest) mittlerweile SO VIELE SPIELE auf den Markt kommen. Denen er dann im gleichen Atemzug (generalisierend abwatschend) Style over Substance vorwirft - also vielversprechende Aufmachung und wenig dahinter, oder gar mangelnde Qualität, oder fehlender Feinschliff, etc.
    Was er dabei kritisiert, ist, dass es dadurch schwerer wird, die eigenen Spiele auf den Markt zu bringen.

    Ja, da hört sich doch alles auf.
    Er beschwert sich also über größere Konkurrenz, weil er dann mehr Arbeit in seine Spiele stecken muss, und diese nicht so groß angenommen werden könnten, wenn sie nicht irgendwie was besonderes sind?
    Und nicht nur das - ER müsse ja vom Spielemachen leben.

    Konkurrenz ist also nur dann gut, wenn sie ihm nicht gefährlich wird? Und solange er seine Spiele auf den Markt werfen kann - egal, was sie sind oder wie sie bearbeitet wurden?

    Pah.
    Und was den fehlenden Feinschliff angeht - London, A Few Acres of Snow, Discworld Ankh-Morpork sowie eine ganze Menge seiner älteren Spiele (nein, ich sage nicht Tempus, nein, tu ich nicht) sind auch nicht "poliert". Da sieht bzw. sah man eben auch, dass das "einer alleine" macht, und nicht ein Redaktionsteam nochmal dran feilt.

    Was bleibt also als Quintessenz von Mr. Wallace's Kritik?
    Dass er meckert, weil er seinen Lebensplan den Bach runtergehen sieht, weil er sich nicht anpassen will, sondern lieber wie gehabt seinen Ausstoß produzieren will.
    Und ich würde noch nicht mal bezweifeln, dass er Probleme damit hätte, diese Spiele noch immer an den Mann zu bringen. Nur werden die Absatzzahlen eben geringer...

    Tja.
    Wer ohne Fallschirm springt, muss halt damit rechnen, dass er dabei hart aufprallt.
    Da sage ich nur "selbst dran schuld".

    Mit diesem Interview macht sich die Ikone der historischen britischen Spiele tatsächlich selbst lächerlich.


    Aber immerhin - meckern kann er. Er sollte also nach Deutschland kommen - da fühlt er sich wahrscheinlich gut aufgehoben, in der Nation, die Meckern zum Volkssport erhoben hat...
    :D

    Wer Smilies nutzt, um Ironie zu verdeutlichen, nimmt Anderen den Spaß, sich zu irren.

    Über den Narr wird nur so lange gelacht, bis man selbst Ziel seiner Zunge wird!

    :jester:

  • HI,

    Wobei mir ein "nicht poliertes" A Few Acres of Snow immer noch lieber ist als locker 95% des Spielejahrgangs. Oder ein A Study in Emerald, ein Brass, ein AoS (seit >10 Jahren in meiner 10 Top), ein Tinner Trails oder ein Automobile. Von daher finde ich es echt schade, das Martin Wallace die Möglichkeiten die Kickstarter gerade ihm als Mircoverlag bietet nicht erkennt.

    Die hier hochgehaltene Stange der "redaktionellen Bearbeitung" sehe ich kritischer, denn imo werden die Spiele dadurch nicht immer "besser" sonder nur Massenkompatibler gemacht (was natürlich im sinne des Verlags ist). Deswegen ist eine Spielewelt ohne die Spieleautoren die *ihr* Spiel auf den Markt bringen wollen in meinen Augen eine ärmere Welt, weil sie schlichtweg weniger kreativ ist.

    Atti

  • Die hier hochgehaltene Stange der "redaktionellen Bearbeitung" sehe ich kritischer, denn imo werden die Spiele dadurch nicht immer "besser" sonder nur Massenkompatibler gemacht (was natürlich im sinne des Verlags ist).

    Sehe ich nicht ganz so. Das "massenkompatibel" ist mir zur negativ hier, zu sehr schwarz/weiß gedacht. Ein guter Redakteur wird ganz sicher nicht versuchen, das Spiel in einer Masse von 100% konsensfähigem Einheitsbrei untergehen zu lassen, sondern es ganz im Gegenteil davon absetzen. Sonst könnten kaum HiG, Alea, CGE, WYG, Lookout, Spielworxx oder wie sie alle heißen einen gewissen eigenen Stil haben. Je spezieller der Verlag (und je kleiner die Auflage und damit auch je teurer das Spiel), umso weniger ist es auf Massenkompatibilität gebracht, und wenn ein Redakteur allzu extreme "Inkompatibilitätsspitzen" wegbügelt, dann ist das Ergebnis noch lange nicht gleich "massenkompatibel". Dazwischen gibt's noch einen ganz weiteren Bereich des "expertenkompatibel", dem sich z.B. What's Your Game? oder Spielworxx verschrieben haben.

  • Hi,

    Du hast schon gesehen das ich "... denn imo werden die Spiele dadurch nicht immer "besser" sondern ..." geschrieben habe? Sicher machen die Redaktionen meist gute Arbeit, aber sie bergen halt die Gefahr der "verwässerung" die Martin beschreibt.

    Atti

  • Habe ich. Und du hast auch mein "Sehe ich nicht ganz so." gesehen? ;) Ich glaube, so weit liegen wir auch gar nicht auseinander. Im Grundsätzlichen jedenfalls. Im speziellen Falle von Martin Wallace glaube ich allerdings schon, dass da eine redaktionelle Bearbeitung von einem Verlag, der auf anspruchsvolle Spiele spezialisiert ist, tendenziell eher mehr nützen als schaden würde. Wie andere schon geschrieben haben, hat es sich Herr Wallace doch ein wenig in seiner eigenen privaten Spielewelt bequem eingerichtet und etwas den Kontakt und Bezug zu seiner Kundschaft verloren, teils designtechnisch und mindestens genauso auch durch strategische und kommerzielle Fehlleistungen seines Eigenverlags, z.B. treue Abonenten schlechter behandeln als "dahergelaufene" Messebesucher. Wenn er vom Spieledesign leben will, dann wird er sich auf die Bedürfnisse der Kunden einstellen müssen, entweder selbst oder mit der Unterstützung kompetenter Helfer wie Kickstarter-Kampagnenmanager.

  • Ich habe das Interview noch nicht gelesen, aber mit einigen Aussagen disqualifiziert Martin sich ja wohl selbst.

    Für ihn ist es Unsinn, massig Stretchgoals an die Backer auszuliefern.

    Stretchgoals sind ja nicht unbedingt Erweiterungen, es kann auch eine Verbesserung des Spielmaterials sein. Und gerade das macht Martin Wallace doch ohnehin schon bei seinen Limited Versions. Und eine hübsche Startspielerfigur oder hochwertige Metallmünzen gehen immer.

    Des Weiteren ist ein "geiles" Video absolutes Muss sowie eine 24/7 Kommunikation mit den Kunden.

    Gerade im Bereich Marketing wäre Herrn Wallace unabhängig von Kickstarter etwas mehr Professionalität zu wünschen. 24/7 verlangt bestimmt kein Mensch, aber eine Stunde pro Werktag kann man schon mal mails beantworten. Das hat nichts mit Kickstarter zu tun sondern eher damit dass ein genialer Autor nicht unbedingt auch ein genialer Verleger und Vertriebler ist.

    Gruß aus dem Münsterland
    Herbert

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    I'm old enough to know what's wise
    and young enough not to choose it

  • HI,

    Wobei mir ein "nicht poliertes" A Few Acres of Snow immer noch lieber ist als locker 95% des Spielejahrgangs. Oder ein A Study in Emerald, ein Brass, ein AoS (seit >10 Jahren in meiner 10 Top), ein Tinner Trails oder ein Automobile.

    Das steht ja auf einem anderen Blatt. Auch mir geht es mit vielen seiner Designs so, oder mit anderen aus Klein- bzw. Eigenverlagen. Aber eben solche "Fehler" wie der Halifax Hammer, London's Kredit-"Strategie" oder Kommandant Mumms Insta-Win bei gleichmäßig guten Spielern sind Dinge, die einm redaktionellen Schleifer-Team nicht durchgerutscht wären...

    Die hier hochgehaltene Stange der "redaktionellen Bearbeitung" sehe ich kritischer, denn imo werden die Spiele dadurch nicht immer "besser" sonder nur Massenkompatibler gemacht (was natürlich im sinne des Verlags ist). Deswegen ist eine Spielewelt ohne die Spieleautoren die *ihr* Spiel auf den Markt bringen wollen in meinen Augen eine ärmere Welt, weil sie schlichtweg weniger kreativ ist.

    Das ist die andere Seite. Spiele wie "Clinic" oder "Small City" würden sich für einen Verlag nicht lohnen - da müsste noch viel wegpoliert und gerundet werden. Dann aber fehlen die Ecken und Kanten, die gerade solche Spiele so charmant machen können...

    Ich denke, es gibt hier keinen richtigen oder falschen Weg, nur unterschiedliche Ansätze und Möglichkeiten. Aber sowohl Verlage als auch selbstveröffentlichende Autoren sind auf die Kunden angewiesen, und müssen dem eben entweder mit Auflagen Rechnung tragen, die gering genug sind, um eben ihre Idee einfach mal so auf den Mark zu werfen (und gehen selbst dabei nicht selten baden - erinnert sich noch wer an I9?), oder sich halt dem Kunden und Markt anpassen und mit der Zeit gehen. Insbesondere halt dann, wenn man davon leben will oder MUSS.

    ...womit wir wieder bei Herrn Wallace und seinem "Mimimi" sind. Aber das hatten wir ja schon...
    :)

    Wer Smilies nutzt, um Ironie zu verdeutlichen, nimmt Anderen den Spaß, sich zu irren.

    Über den Narr wird nur so lange gelacht, bis man selbst Ziel seiner Zunge wird!

    :jester:

  • Ich war drauf und dran, ihn drauf anzusprechen, als ich ihn am Gemeinschaftsstand (mit Surprised Stare etc.) sitzen sah. Ist aber gut, dass ichs nicht gemacht hab, glaub ich - wäre wohl wenig diplomatisch geworden. Aber die Messe läuft ja noch - vielleicht kann das jemand anderes ja in vernünftiger Weise hinbekommen...
    :)

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    :jester: