Spiele mit denen ihr Euch echt lange beschäftigt habt... und doch habt ihr sie nie gespielt.

  • Nach dem Thread über Spiele, die nach dem gespielt werden noch eine lange Beschäftigung mit dem Spielthema nach sich zogen, kam mir die Idee zu diesem Thread.

    Viele von Euch haben das vermutlich schon einmal erlebt. Man erfährt von einem Spiel, man liest sich ein, schaut Videos, verliebt sich in das Spiel, ist megainteressiert an allen Neuigkeiten, Updates, Bildern, dem Material, etc., etc.

    Dann kommt das Spiel und das Interesse verebbt - entweder nach dem Lesen der Regeln oder weil die Auslieferung (danke, Kickstarter) Jahre gedauert hat und das Interesse inzwischen verebbt ist.

    Oder war es noch anders? Das Spiel kam an und ihr wart immer noch Feuer und Flamme, habt vielleicht sogar Inserts gebaut, die Karten gesleeved, die Regeln fieberhaft gelesen?

    Und dann ist dennoch irgendetwas passiert, was verhinderte, dass das Spiel dann wirklich auf dem Spieltische landete? Was war es und seht ihr in der Zukunft vielleicht doch noch die Chance, dass ihr es einmal in (hoffentlich) all seiner Pracht eigenhändig auf dem Spieltisch erleben werdet?

    Erzählt davon - da sind bestimmt spannende (und vielleicht auch deprimierende) Geschichten dabei.

    Ich habe drei dieser Spiele, die erwähnenswert wären:


    #Android :

    Ich las vor vielen vielen Jahren das erste Mal von dem Spiel. Ein damals typisches FFG-Spiel. Viele Karten, viele Marker, ein übergroßes Spielbrett und eine tolle thematische EInbindung versprachen ein tolles Erlebnis. Gut, ich war etwas skeptisch, da gerade einige negative Reviews immer davon berichteten, dass die Spieler es schade fanden, dass der Mordfall, der während des Spiels gelöst werden sollte, mehr ein "jeder Spieler versucht, dass sein Verdächtiger der echte Mörder ist"-Problem wurde, so dass es gar keinen echten Fall zu lösen gäbe. Man versuchte eher, in dem Blade Runner-artigen Science-Fiction Setting, mit seinen Ermittlern, die alle mit ihren persönlichen Problemen zu kämpfen hatten, nicht nur eine Verschwörung der Konzerne aufzudecken (= zu bilden), sondern auch dem eigenen Verdächtigen genügend Verdachtsmomente unterzuschieben, dass man diesen am Ende erfolgreich zur Strecke bringen könnte.

    Ich las mich also viel ein, verschaffte mir einen Überblick und überlegte, ob das wohl in einer meiner Gruppen zünden und auf den Tisch kommen könnte.

    Dann ergab sich nach langer Zeit endlich eine Tauschgelegenheit und das Spiel landete in meinem Regal. Ich las die Regeln und war sehr angetan von den dort vorhandenen Ideen, war aber wiederum ein wenig skeptisch, da das Regelsystem nicht gerade intuitiv, etwas kleinteilig und zudem durchaus kompetitiv und sicherlich auch frustig sein konnte, da man negative Karten auf die übrigen Spieler spielen musste und konnte. Klang auch ein wenig nach Kingmaking-Problem. Trotzdem hatte ich immer noch Bock auf das Spiel und wartete auf die richtige Gelegenheit.

    Gut - ich las noch von einer Variante, die aus dem Spiel tatsächlich mehr ein Deduktionsspiel mit einem "echten" Mordfall machen würde. Sehr gut!

    So ging die Zeit ins Land und irgendwie kam nie die richtige Gruppe vorbei, der ich ein so komplexes, potentiell frustiges und vermutlich langes Erlebnis zumuten wollte.

    Endlich kam die richtige Gelegenheit - ein Spielewochenende mit der richtigen Sorte thematischer Spieler, die aber auch vor komplexen Spielen nicht haltmachen würde. Ich las also die Regeln noch einmal, wollte aber erst einmal die normale Variante spielen (ich fand es thematisch weniger problematisch, da man es auch so sehen kann, dass all die Verdächtigen in Frage kommen, aber nur ein Ermittler es schafft, genügend stichhaltige Beweise zu sammeln und es den etwas heruntergekommenen Gestalten in Android ggf. dann egal ist, ob derjenige auch wirklich der echte Mörder war ;) ). Da Spiel schaffte es bis in die Spielauswahl und ich hatte schon die Schachtel in der Hand, um es auszupacken, da klingelte es an der Tür und ein weiterer Spieler traf unerwartet ein - die Spieleranzahl hatte sich damit spontan auf "zu viele" erhöht und das Spiel fristet seit dem Tag vor ca. 3 Jahren wieder ungespielt sein Dasein in meinem Regal und wartet auf seine Chance.... Lust hätte ich ja immer noch drauf ;)


    #MysticPath - Nebel um Burg Tiefenkaastel

    Eines schönen Tages surfte ich durch die Weiten des Internets und stief auf dieses RPG-Kampagnen-Spiel, von dem ich zuvor noch nie gehört hatte. Obwohl die Grafik recht altbacken daherkam, war ich sofort begeistert. Das Spiel verprach eine gewisse Spieltiefe, war von Enthusiasten aus Deutschland entwickelt und sogar auf einer CD mit MP3-Dateien vertont worden. Da es zudem recht günstig war, bestellte ich es. Auch wenn das Material nur aus Pappe bestand, fand ich die Möglichkeiten, die das Spiel bot und die Ideen, die das Spielsystem hergab, faszinierend. Die Helden der Geschichte würde Geräusche aus Nachbarräumen hören, ohne genau zu wissen, welche Gegner sie dort erwarten würden. Möbel waren nicht nur Fluff, sondern konnten verschoben werden, um sie für den Kampf zu nutzen (man könnte z.B. einen Schrank vor eine Tür schieben, um Gegner daran zu hindern, hindurchzukommen). Dazu kam ein ganzes Dorf, was durchstreift werden konnte, und bei dem jedes Haus betreten und erkundet werden konnte, Charaktere, die Schwächen hatten (der Zwerg muss immer einen gewissen Alkoholpegel haben, damit er keine Nachteile hat, aber auch nicht zu viel, weil die Werte sonst auch wieder schlechter würden, etc.) und jede Menge Gegnertypen.

    Leider waren die Regeln durchaus komplex und das Spiel wirkte optisch nun mal ein wenig altbacken. Außerdem kamen ein wenig Zweifel auf, ob die kleinen Kampfszenarien und die Erkundung der Häuser am Ende wirklich ein spaßiges Erlebnis bieten würden.

    Ich habe mich immer wieder mal mit dem Spiel beschäftigt und hätte wirklich Lust, ihm mal eine Chance zu geben. Allerdings ist die Konkurrenz, was Kampagnenspiele angeht, die polierter und optisch hübscher daherkommen inzwischen so hoch, dass ich bezweifle, dass es jemals auf dem Tisch landet. Außerdem scheint bei uns die Zeit der 1vsMany-Spiele endgültig vorbei zu sein.

    Wenn ich das in den 90ern gehabt hätte....


    #Zendo

    Pyramids ist ein Spielsystem von Andrew Looney (dem Erfinder von (schauder) #Fluxx ). Als ich es vor Ewigkeiten im Internet kennenlernte, schienen die Möglichkeiten unbegrenzt. Die durchsichtigen Pyramiden hatten soooo viele Möglichkeiten und Zendo von all den Spielen, die man damit spielen konnte, erschien mir besonders faszinierend. Einer der Mitspielenden würde sich eine Regel ausdenken und die anderen würden mit Hilfe der Pyramidensteine "Fragen" an den Regelersteller richten, die dieser wiederum mit Antwortsteinen beantworten würde. Ein Deduktionsspiel par excellence.

    Ich bestellte also eine Menge Pyramiden in allen möglichen Farben und dazu ein Buch mit jeder Menge Spieleideen zu den Pyramiden. Ich probierte die Pyramiden aus, baute sie unterschiedlich zusammen und auseinander, überlegte mir Aufbewahrungsmöglichkeiten und spielte einfach damit herum, weil sie ein schönes Material sind.

    Leider war mein Enthusiasmus für dieses doch etwas abstrakte Material recht.... einzigartig :D

    Bis zum heutigen Tag habe ich die Pyramiden, aber ich habe nicht ein einziges Spiel mit irgendjemand anders damit gespielt. Die Pyramiden sehen eben auf ihre Art auch irgendwie wie Lernspielzeug aus Plastik aus. Alle Spiele, die man damit spielen kann sind irgendwie abstrakt und ihre Faszination erschließt sich nicht aus einer reinen Spielbeschreibung. Außerdem sind die Spiele aus dem, was ich aus eigenen kleinen Solo-Tests erschlossen habe, eine Mischung aus unintuitiv bzw. schwer zugänglich, gar nicht so tiefgehend, wie vermutet und schnell vorbei, so dass man hier einen gewissen Eindenkaufwand für recht wenig Ertrag leisten muss.

    Ich habe bisher niemandem diese Hürde aufgebürdet, da ich selbst nicht recht von der Qualität der Spiele überzeugt bin.

    Dennoch fasziniert mich das System nach wie vor und wenn jemand käme, und es vorschläge, wäre ich sofort dabei - gleichwohl liegt es unten in irgendeiner Schublade - die Wahrscheinlichkeit, dass das Gespräch darauf kommt ist also eher verschwindend gering - außerdem ist da irgendwo im Hinterkopf das nagende Gefühl, dass ich die Spiele und auch Zendo am Ende selbst gar nicht mal so gut finden würde :)

    Mögest Du in uninteressanten Zeiten leben...

  • Sehr interessante Frage - danke dafür


    Nachdem ich lange (80er, 90er und frühe 00er) fast nur RPGs und CoSims gespielt habe, mich dann der boomed Brettspielszene mit den tollen neuen Spielen gewidmet habe und keine RPGs und kaum Wargames gespielt habe, kommt bei mir zurzeit soetwas wie Sehnsucht/Nostalgie nach Wargames auf.


    Auf meiner BGG Wishlist habe ich mittlerweile wieder Spiele wie „Atlantic chase“, „Chase of the bismark“ oder (pervers überteuert) „Axis Ampires Ultimate Edition“ auf der Wishlist. Ich lese so manches über die Spiele, aber, ach Seufz, warum soll ich sie kaufen, wenn ich ein 2 Spieler Wargame wohl kaum wieder mal auf den Tisch bringen kann, mangels Interessent*innen? Alle drei finde ich superspannend, Axis Empires habe ich in der 2nd edition schon mal gespielt, die neue Edition scheint manches besser zu machen, die beiden anderen habe ich noch nie gespielt und werde es sehr wahrscheinlich auch nie.


    Weimar hat mich dieses Jahr sehr beschäftigt, ich finde das Thema superspannend, aber der Preis und insbesondere die Notwendigkeit 4 Spieler*innen zu haben, haben mich bisher abgeschreckt - für das Spiel mit der Länge (6h?) haben nur drei von den fünf (mehr oder weniger) Mitspielern Sitzfleisch. Ich würde es also wahrscheinlich nie auf den Tisch bekommen und über die „kaufen, weil will haben, egal ob spielen“ Phase bin ich (zum Glück) hinaus