Kalkulation Übersetzung

  • Moin, Moin,


    da sich hier ja auch ein paar Übersetzer herumtreiben, hoffe ich auf ein paar grobe Hinweise bezüglich der Kalkulation einer Übersetzung.


    Hintergrund: Wir haben mit der Universität Wuppertal ein nasschemisches Messinstrument entwickelt, das sehr viele Abnehmer in China hat. Es analysiert ein bestimmtes Molekül in der Atmosphäre, das an der Reinigung der Luft beteilig ist. Je dreckiger die Umgebung, desto höher das Aufkommen des Moleküls. Da China viel dreckige Luft hat, ist die Erforschung des Moleküls dort auch ein wichtiger Faktor und da die Anzahl der Kunden dort stetig zunimmt wollen wir nun ein chinesisches Manual anbieten.


    Da die Chemikalien im Gerät und der Betrieb nicht unkompliziert sind (wir verkaufen das Gerät nur inkl. 3-tägiger Schulung) war es uns lieber einen Übersetzer zu finden, der mit dem Betrieb des Geräts vertraut ist, statt eine professionelle Agentur damit zu beauftragen, die nicht weiß, was sie beschreibt bzw. kein Gefühl dafür hat welche Inhalte besonderes Gewicht haben. Einen möglichen Übersetzer haben wir gefunden aber weder er noch wir haben Erfahrung damit, was das kosten könnte.


    Es ist ein Manual mit ca. 8100 Wörtern und muss vom Englischen ins Chinesische übersetzt werden. Eine grobe Idee was wir dem Übersetzer dafür anbieten können würde mir schon reichen. Vielleicht auch so was wie eine Range "von-bis".


    Danke im Voraus!

  • Wir lassen in der Firma relativ regelmäßig übersetzen, allerdings nicht ins Chinesische.

    Bei kürzeren Teten gibt es meist eine Pauschale, bei längeren Zahlen wir pro Wort.

    Je nach Art des Textes und der Sprache blättern wir da was zwischen 0,10 und 0,15 Euronen netto hin.

    Ganz grob.

  • Der Preis einer Übersetzung orientiert sich in der Regel an drei Faktoren (wenn man das berühmte Preis/Qualität/Zeit-Dreieck mal außen vor lässt), und zwar "Ausgangssprache", "Zielsprache" und "Textgenre".

    In eurem Fall wird es vermutlich teurer werden, denn chinesisch ist eine exotische Zielsprache, die in der Regel teurer wird. Englisch ist außerdem eine - zumindest in Deutschland - exotische Ausgangssprache, was es teurer macht. Und technische Manuals sind als Zielgenre immer etwas teurer, vor allem in einem so speziellen Thema wie eurem.

    Rein preislich wäre mein Tipp immer noch, eine in China ansässige Übersetzungsagentur zu finden - da fällt das Chinesisch als Fachsprache weg, Englisch als Ausgangssprache sollte vorhanden sein, womit noch das Thema bliebe.


    Würdet ihr euch einen deutschen (Profi-)Übersetzer suchen, würde ich da vermuten, dass ihr einen Preis von 13-16 Cent pro Wort zahlen müsstet. Plus Mehrwertsteuer (19% weil keine kreative Übersetzung, sondern eine technische.)

    Am Ende halte ich das auch für einen fairen Preis, angesichts dessen, was man an Vorwissen mitbringen muss. :)

    Einmal editiert, zuletzt von Huutini ()

  • Danke für deine Einschätzung.


    Unser (Amateur-)Übersetzer ist Chinese und arbeitet bei einem befreundeten Institut in Frankreich. Er ist es gewohnt auf der Arbeit in Englisch zu kommunizieren und übersetzt quasi eine Anleitung für ein Gerät, mit dem er seit 2017 arbeitet, in seine Muttersprache. Das ist uns lieber als jemand "gerätefremdes", da die Chemikalien in dem Gerät schädlich für das Gerät sind, falls man ein Leck hat (da ist die Frage nur "Wann" und nicht "Ob", da sich mit der Zeit Partikel in den Schläuchen sammeln und diese blockieren).


    Uns geht es nur darum einen "fairen" Preis abschätzen zu können. Ob wir nun ein paar Euro mehr oder weniger bezahlen ist zweitrangig. Erstrangig ist es jemanden zu haben, der weiß, was es gilt besonders hervor zu heben.


    Aber deine 13-16 Cent decken sich ja mit der vorherigen Aussage.

  • Ich würde sagen: Engagiert eine professionelle Agentur. Die sind zwar voraussichtlich teurer als die 13 bis 16 cent, aber das sollte es Wert sein. Nur weil ich eine Sprache spreche, heißt es noch nicht, dass ich diese auch schriftlich einwandfrei beherrsche. Gute professionelle Agenturen beschäftigen sich außerdem auch mit der Thematik und übersetzen nicht nur blind. Um etwaige technische Mängel der Anleitung zu beseitigen, kann am Ende immer noch einer vom Fach drüberschauen.

  • Ich würde sagen: Engagiert eine professionelle Agentur. Die sind zwar voraussichtlich teurer als die 13 bis 16 cent, aber das sollte es Wert sein. Nur weil ich eine Sprache spreche, heißt es noch nicht, dass ich diese auch schriftlich einwandfrei beherrsche. Gute professionelle Agenturen beschäftigen sich außerdem auch mit der Thematik und übersetzen nicht nur blind. Um etwaige technische Mängel der Anleitung zu beseitigen, kann am Ende immer noch einer vom Fach drüberschauen.

    Ja, das ist ein valider Punkt.


    Allerdings sprechen wir hier auch von einem Wissenschaftler, dem Publikationen in seinem Fachbereich nicht fremd sind. Im Prinzip läuft ja jegliche Grundlagenforschung darauf hinaus, dass man Paper produziert.


    Falls die Zusammenarbeit mit ihm nicht statt findet dann kann man diesen Weg noch immer als Alternative betrachten (Profiübersetzung -> Proofreading von einem vom Fach)

  • Agenturen gibt es nur wenige gute, die meisten "brennen" sich regelrecht durch ihre Übersetzer und haben auch keine Probleme MÜ als echte Übersetzer auszugeben oder einen Auftrag an zig Unterübersetzer in vielen Ländern zu verteilen. Sobald eine Agentur für viele Sprachen und Bereiche Übersetzungen anbietet kann man davon ausgehen, dass die via den üblichen Plattformen die Übersetzungen an Dritte weiterverteilen. Ich durfte da schon bei genug solchen Agenturübersetzungen Feuerwehr spielen. Hat sich für mich finanziell sehr gelohnt, für den Auftraggeber war es richtig teuer.

    In Fachbereichen sind pro Seite 30 Euro im Durchschnitt nicht unüblich. Wobei der Preis sich noch in beide Richtungen bewegen kann, aber eher nach oben als unten. Qualität des Quelltexts, Seltenheit der Sprachkombination, Schwierigkeit und Seltenheit des Fachgebiets etc. und die Geschwindigkeit der Übersetzung können da den Preis noch merklich verändern. Kein Übersetzer der was auf sich hält kann dir übrigens einen auch nur annährend sinnvollen Preis nennen, bevor er nicht den Text durchsehen konnte.

    Wenn der mögliche Übersetzer nicht weiß was das kosten könnte: Sorry, dann ist er der Falsche. Er hätte sich zumindest in Kollegenkreisen informieren können. Ich kann euch an ein paar Kollegen weiterreichen die auf solche Sachen spezialisiert sind und dann könnt ihr das untereinander ausmachen. In der Regel ist es teuerer zuerst einen Amateurübersetzer ranzulassen und dann festzustellen, dass man doch einen Profi braucht, der oft genug nochmal von Vorne anfangen darf. Gute Übersetzer erkennt man auch daran, dass sie bei solchen Übersetzungen viele das Gerät betreffene Fragen stellen, Bilder oder Videos davon sehen wollen oder es sogar live sehen wollen wenn möglich.

    Englisch ist übrigens keine exotische Sprache unter deutschen Übersetzern sondern eigentlich Standard. Aber der Übersetzer sollte die Quellsprache schon auf Muttersprachniveau beherrschen und der fachlich bewanderte Lektor der Zielsprache auch auf dem gleichen Level arbeiten. Und letzteren braucht ihr auf jeden Fall, um grade bei rechtlichen Sachen auf der sicheren Seite sein zu können, dass euer Übersetzer keinen Mist übersetzt hat.

    L'Art Noir
    Game Design, Translation and Media Studio

    3 Mal editiert, zuletzt von AndreMW ()

  • .Englisch ist übrigens keine exotische Sprache unter deutschen Übersetzern sondern eigentlich Standard.

    Englisch ist in Deutschland weder Amts- noch Muttersprache und damit ein Asset, dass man sich aneignen muss, und das nicht als gegeben vorausgesetzt werden kann. Damit ist es ein Aspekt der den Preis hochtreibt. Von einem deutschen Übersetzer Englisch-Chinesisch einzufordern ist teurer als Deutsch-Chinesisch.


    Von daher doch: Für die Preiskalkulation ist Englisch ein Exotikum.

  • Ich weiß nicht wo du dich rumtreibst, aber Deutsch/Englisch/Französisch und auch Spanisch gelten in den professionellen Kreisen schon als Standard, da die meisten guten Übersetzer zumindest in drei Sprachen wirklich fit sind. Und bei technischen und wirtschaftlichen Übersetzungen sind eh so viele Texte auf Englisch, dass du gar nicht erst anfangen brauchst, wenn du das als exotisch ansiehst. Ich kann deine Aussage ja gerne im BDÜ-Forum zur Diskussion stellen, wundere dich aber nicht über die Antworten. Und auch bei den anderen Verbänden und Fachforen wirst du da nur Verwunderung ernten.

    L'Art Noir
    Game Design, Translation and Media Studio

  • Wenn der mögliche Übersetzer nicht weiß was das kosten könnte: Sorry, dann ist er der Falsche. Er hätte sich zumindest in Kollegenkreisen informieren können.

    toomuchcoffeeman hat doch deutlich geschrieben, dass sie den Auftrag an einen ganz bestimmten Amateur-Übersetzer vergeben möchten, weil sie ihn kennen, seine fachliche Expertise schätzen und für sie die fachliche Expertise besondere Priorität hat. Dessen Kollegenkreise sind vermutlich Wissenschaftler und keine Übersetzer.

    Fabian Zimmermann - Autor von Tiefe Taschen / GoodCritters

    Einmal editiert, zuletzt von Fobs () aus folgendem Grund: Typo

  • Rein interessehalber: um welches Molekül in der Luft geht es?

    HONO



    Wie schon erwähnt handelt es sich nicht um einen professionellen Übersetzer, sondern einen Wissenschaftler, der unser Gerät seit rund 4 Jahren betreibt.


    Die Diskussion verlässt hier die Fragestellung. Es geht mir nur darum was wir ihm zahlen können/müssen/dürfen. Die Beweggründe, warum wir nicht auf eine professionelle Agentur sondern jemanden mit Erfahrung am Gerät zurück greifen sind ja bereits genannt und stehen eigentlich auch nicht zur Debatte. Es ging lediglich um den Preis.


    Und mal so zur Einordnung: Das ist ein hochwissenschaftliches Instrument von dem im Jahr höchstens eine Hand voll verkauft werden. Wir reden hier also nicht über Massenware und tausende Handbücher, sondern eine ganz kleine zweistellige Zahl Kunden im chinesischen Sprachraum, denen wir mit einer Übersetzung entgegen kommen wollen. Wenn ich nach China fliege und eine Schulung gebe dann bin ich ja auch kein engl. Muttersprachler und die Trainees in aller Regel ebenfalls nicht und das klappt ja auch. Wir brauchen jemanden, der das Gerät kennt, der die Chemie dahinter versteht und weiß was beim Betrieb wichtig ist und ich denke da haben wir den Richtigen - falls man sich auf einen Preis einigen kann

  • Dann kann man ihn als Übersetzungsberater mit ins Team nennen, aber aus der Erfahrung heraus: Im eignen Fach gut zu sein macht noch keinen wirklich guten Übersetzer, wenn man das nicht wirklich gelernt hat. Und grade bei technischen Geräten kann das wirklich zu ernsthaften Problemen führen. Ein fachlich geeigneter Übersetzer ist gegen Übersetzungsfehler in der Regel versichert, bei einem Amateur hast du dann ein echtes Problem. (Es gab da z.B. den Fall einer Gasturbine in Japan, wo der Laien-Übersetzer vergessen hatt, dass blau und grün das gleiche Wort benutzen... das wurde aufgrund der Fehlbedinung echt teuer, auch wenn es keine Menschenleben gekostet hat.)

    L'Art Noir
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  • Dann stellt sich weiterhin die Frage wie gut der Quelltext ist und wer die Verantwortung übernimmt bei einer Fehlübersetzung. Bei einem so speziellen Bereich bewegt sich eine Übersetzung meist zwischen 30 und 60 Euro pro Seite, da mit nicht wenig Recherche/Nachfragen verbunden und eingebrachtes Fachwissen auch bezahlt werden muss.

    Beispiel: Ein Kollege hat eine technische Übersetzung für ein Institut der Uni Stuttgart übernommen. Waren 40 Seiten und behandelten Bioreaktoren für NASA-Experimente zur Luftgewinnung auf der ISS. Der Text war von guter Qualität, die Rückfragen hielten sich in Grenzen und Sprachkombination war Deutsch-Englisch, der Kollege war gegen Übersetzungsfehler versichert. Er hatte dafür knappe zwei Monate Zeit, was recht fair war. Der Preis pro Seite lag dann bei guten 50 Euro wobei ihm Folgeaufträge zugesichert wurden. Ohne wäre der Preis etwas höher ausgefallen. Alles darunter ist bei dem notwendigen Aufwand Selbstausbeutung und wenn man das nicht ständig macht, dann hängt man da deutlich länger dran, da können zwei Monate schon sehr knapp werden.

    L'Art Noir
    Game Design, Translation and Media Studio

    Einmal editiert, zuletzt von AndreMW ()

  • Mal aus neugieriger Rückfrage zu deinem Beispiel AndreMW


    Das sind ja für 2 Monate Arbeit sagenhafte 2000€ brutto (40 Seiten zu je 50€). Ist das dann ein Nebenjob oder betreut ein Übersetzer zeitgleich mehrere Aufträge? Sonst kann man davon ja nicht leben =O

  • AndreMW

    Sorry, was genau ist dein Problem?

    Er möchte sicher sein, dass auch wirklich jeder User hier verstanden hat, welch großer Experte er ist und dass es ein Fehler wäre, nicht auf ihn zu hören. :evil:

    SCNR

  • Er hatte zwei Monate Zeit, das war das Zeitfenster in dem es fertig sein musste (steht auch dort). Da kann man normale Sätze berechnen. Hätte es in z.B. zwei Wochen fertig sein müssen, dann wäre das min. der doppelte Satz gewesen da man da dann schon etwas länger am Tag dransitzt.


    Problem hab ich keins, aber ich weiß auch was bei Amateurübersetzern schiefgehen kann grad bei solchen Projekten. Kann gut laufen wenn du Glück hast, kann aber auch wirklich in die Hose gehen. Wirf ne Münze, das sind so die besten gängigen Chancen bei einem solchen Vorgehen. Ich hab nur genannt, wass die üblichen Standards in der Branche sind und was dir auch jeder Verband sagen würde. Was du daraus machst ist deine Sache. Grad bei der Komplexität der chin. Sprache kann da schon leichter was schiefgehen und das muss nicht einmal die Absicht/Unfähigkeit des Übersetzers sein, sondern liegt einfach an den Eigenheiten dieser Sprache. Übersetzung ist ja nie nur Wort, sondern auch gleichzeitig ein Kulturtransfer, auch bei technischen Übersetzungen.

    L'Art Noir
    Game Design, Translation and Media Studio

    Einmal editiert, zuletzt von AndreMW ()

  • Ich komme aus dem 'juristischen Bereich' und habe daher regelmäßig mit Übersetzungen / Dolmetscherleistung zu tun. Nach meinen Erfahrungen ist auch die Leistung von 'professionellen Übersetzungsbüros' je nach Übersetzer in einer nicht unbeträchtlichen Zahl von Fällen einfach nur schlecht. Dies fällt allerdings im Wesentlich bei den Sprachen auf, bei denen man selbst Kenntnisse besitzt oder wenn 'ins Deutsche' übersetzt wird. Von daher ist die Idee, es von jemandem übersetzen zu lassen, der sich sowohl in Sprache als auch in der Thematik auskennt, durchaus gut. Eine andere Variante wäre, die Übersetzung in 'professionelle Hände' zu geben und den Fachkollegen dann die Übersetzung 'prüfen' zu lassen.

  • Nach meinen Erfahrungen ist auch die Leistung von 'professionellen Übersetzungsbüros' je nach Übersetzer in einer nicht unbeträchtlichen Zahl von Fällen einfach nur schlecht. Dies fällt allerdings im Wesentlich bei den Sprachen auf, bei denen man selbst Kenntnisse besitzt oder wenn 'ins Deutsche' übersetzt wird.

    Ich hatte beruflich mit großen, weltweit agierenden Übersetzungsdienstleistern zu tun und war von deren Fähigkeiten, das Originallayout zu übernehmen und sauber in der Zielsprache umzusetzen, recht angetan. Bei etwas komplexeren Aufbauten mit mehreren Textflüssen, Software-Screenshots und Abbildungen mit Textbeschreibungen in der Abbildung gar nicht so einfach, wenn auch nicht gerade Hochtechnologie.


    Die Textqualität jedoch war vermutlich katastrophal. Ich kann zwar kein Chinesisch oder Polnisch, bin aber durchaus in der Lage, Stichproben zu machen, dem Internet sei Dank. Und wenn man dann feststellt, dass eine Funktion eines Geräts in einem Abbildungstext oder der Software selbst mit, sagen wir, „Einstellung Breite“ bezeichnet wird, im Fließtext jedoch mit „Vorwahl Dicke“, man bei weiteren Stichproben noch mehr sinnentstellende Diskrepanzen findet, das an den Dienstleister meldet, der dann alle angemahnten Punkte rasch korrigiert (aber rein gar nichts darüber hinaus), ahnt man, das extrem schlampig gearbeitet wurde und die Übersetzung noch weitere Knaller enthält, die man als Sprachunkundiger garantiert nicht finden kann.


    Die eigentlichen Übersetzer sind, wie weiter oben jemand berichtet hat, fast immer vom Dienstleister eingekauft, haben normalerweise eigentlich technisch und sprachlich was auf der Pfanne, werden aber derart beschissen bezahlt, dass sie die Arbeit ziemlich runterrotzen müssen, um Butter auf“s Brot zu bekommen. Glossare werden zwar angelegt und es wird CAT-gestützt übersetzt, aber da mehrere Köche an einem Projekt arbeiten (einer übersetzt die Software, einer den Anleitungstext, einer bearbeitet Bilder) müsste es mehr Kontext geben, der aber nur mühsam eingepflegt werden kann. Diese Mühe macht sich halt keiner, obwohl ich in weiser Voraussicht bereits Glossare mitgeliefert hatte, in denen ich mit Anmerkungen die Fallstricke erwähnt habe. Die hatte aber wohl nur in den seltensten Fällen jemand gelesen. Es kamen, insbesondere bei Software-Übersetzungen, auch kaum Rückfragen, was ein miserables Zeichen ist.


    Kleine Anekdote, die zeigt, dass Ignoranz bezüglich Kontext ein dauerhaftes Problem ist, das selbst die allergrößten Player betrifft: Vor vielen Jahren gab es eine Version von Photoshop Elements, die durch holprige Hilfe- und Meldungs-Texte bereits auffiel, den Vogel abgeschossen hatte aber dieser Dialog:


    „In welchem Format wollen Sie die Grafik abspeichern? Für Mac oder Fenster?“


    Ist jetzt ca. 10 Jahre her, aber ich habe damals für die angefangene Normzeile (55 Anschläge, glaube ich) 1,90 Euro bezahlt, Englisch zu Chinesisch. Layoutübernahme einer Seite war mit 6,50 Euro ebenfalls fürstlich bezahlt (mit vielen „geigelten“ Abbildungen, also solche, wo Linien an Elemente der Abbildung führen und mit Texten versehen sind, wäre das knapp, aber das kommt halt eher selten vor).


    So ein A4-Heftchen mit ca. 65 Seiten hat dann etwa 4.500 Euro gekostet.


    Der vom Ursprungsposter oben genannte Im Thema steckende Übersetzer ist garantiert keine schlechte Idee, wenn man weiß, dass er konsistent arbeiten würde. Dem würden solche eklatanten inhaltlichen Sprünge garantiert auffallen. Ob er sprachlich was kann, ist jedoch nur schwer zu beurteilen. Ich hatte Kollegen, die in ihrem technischen Bereich wahre Wunder vollbracht haben, wenn sie jedoch einen Erklärungstext schrieben, klang das holprig-kindlich, von der Rechtschreibung mal ganz abgesehen.

    Einmal editiert, zuletzt von M_20210813_gelöscht ()

  • Wie stark Übersetzungsqualitäten schwanken, kennen wir als Brettspieler doch zu Genüge. Selbst wenn scheinbare Profis dafür engagiert werden, ist das noch keinerlei Beleg dafür, dass die Qualität auch stimmt. Ich hoffe einfach mal, dass andere Branchen fernab von verzichtbaren Luxusgütern fürs Freizeitvergnügen da mehr Sorgfalt mitbringen. Wie übersetzt man Doomsday-Button?

    Content-Nachschlag gefällig? Brettspieltag.de – Das etwas andere Boulevard-Magazin der versammelten Brettspiel-Szene

  • Wie übersetzt man Doomsday-Button?

    Ich bin noch immer von Eldritch Horror's Übersetzung der Doom Track auf "Verderbensleiste" fasziniert ... das erinnert mich immer an meinen ehemaligen Junggesellenkühlschrank :)


    Gewisse Dinge sollte man halt nicht übersetzen. Das Problem ist halt, ein Profi-Übersetzer kostet. Wer kann sich das im Boardgame-Hobby schon leisten?

  • Sorry toomuchcoffeeman dass ich mich weiter vom eigentlichen Threadthema entferne, aber es interessiert mich doch zu sehr: Handelt es sich bei dem Gerät um ein LOPAP und darf ich fragen mit welchem Arbeitskreis ihr kooperiert? Du kannst mir auch gerne per PN antworten, wenn du das nicht hier in der Öffentlichkeit diskutieren willst, würde mich nur interessieren, weil ich mit großer Wahrscheinlichkeit an dem Gerät gearbeitet habe und die zuständigen Personen kenne. ^^;)

    Einmal editiert, zuletzt von Planck ()

  • Sorry toomuchcoffeeman dass ich mich weiter vom eigentlichen Threadthema entferne, aber es interessiert mich doch zu sehr: Handelt es sich bei dem Gerät um ein LOPAP und darf ich fragen mit welchem Arbeitskreis ihr kooperiert? Du kannst mir auch gerne per PN antworten, wenn du das nicht hier in der Öffentlichkeit diskutieren willst, würde mich nur interessieren, weil ich mit großer Wahrscheinlichkeit an dem Gerät gearbeitet habe und die zuständigen Personen kenne. ^^;)

    Ja, es handelt sich um einen LOPAP-HONO und für die Übersetzung wollen wir mit einem Post-Doc vom CNRS Orleans zusammenarbeiten

  • Die meisten Agenturen mit großer Angebotsbreite sind da inzwischen fast nur noch Gig-Economy und ProZ mit seinem Bietsystem für Aufträge hat das nur noch weiter gefördert. Man sollte nach der Auftragsvergabe an so eine Agentur immer ein Auge auf ProZ und Co haben, denn oft genug findet man kurz nach Auftragsvergabe mehrere Ausschreibungen, die dem eigenen Projekt verdächtig ähnlich sind.

    Wir haben uns mal die Mühe hemacht so eine verhunzte Regelübersetzung mit 30 Seiten nachzurecherchieren. Am Ende kamen wir auf etwa 5-7 Übersetzer, von denen dem Duktus nach min 3-4 aus dem asiatischen Raum kommen mussten und ihre Muttersprache grammatikalisch deutlich eingebracht haben, einer hat ganz sicher Linguee benutzt und einer tatsächlich wohl nur Google Translate... ein Glossar wurde wohl nie erstellt und der Lektor hat nur grob die verschiedenen Sprachstile aneinander angepasst. Die Agentur hatte zwar in 3 Tagen geliefert und nur den halben üblichen Satz verlangt... aber für den deutschen Leser hätte der Text auch in Altägyptisch sein können... Die Chefs solcher Firmen sind fast immer BWLer wie man sie auch bei Gorillas, Zalando, etc. findet und die Agenturen wechseln auch regelmäßig den Besitzer.


    DeepL:
    Für einen groben Überblick halbwegs gut, aber inzwischen versteckt es seine Fehler zu gut, d.h. der Text klingt zwar stimmig, ist aber nicht vom eigentlichen Inhalt her korrekt. Zu viele glauben, nur weil es sich flüssig liest ist es auch völlig korrekt. Bei komplexeren Sachen rät der Algo auch recht gerne, hat aber eine nur mittelmäßige Trefferrate, gibt aber nicht an, dass er versucht hat zu raten. Und sobald DeepL nicht massiv Daten aus dem Netz abgleichen kann, geht die Qualität massiv in den Keller. Das Programm ist massiv auf menschliche Vorarbeit die ins Internet gestellt wird angewiesen.

    Qualität:
    Sobald die Unternehmensberater und Controller freie Hand haben wird als erstes an der Übersetzung gespart... auch wenn es bei den dazugehörigen Produkten Wahnsinn ist da die Cousine vom Vertriebsleiter die ein halbes Jahr in Spanien gelebt hat dranzulassen. Einige Bereiche und Firmen haben die Lektion auf die harte Tour gelernt. (Funfact: Wir standen mal kurz vor einem Atomschlag der Russen, weil man einen Dolmetsch-Anfänger bei einer wichtigen Verhandlung in Oslo aus Kostengründen gebucht hatte... Glücklicherweise war einer der Russen selber Dolmetscher (wenn auch nicht dienstlich dort) und hat die Fehler des Kollegen bemerkt. Die Karriere des Anfängers war damit übrigens zu Ende).

    Doom Track:
    Da gäbs je nach Kontext zig Möglichkeiten.... Schicksalsleiste, Chaosleiste, Leiste des drohenden Unheils... etc. müsste ich aber genauer sehen um das was passendes zu wählen. 1:1 ist oft nicht sinnvoll, oft ist es sogar besser den Gedanken dahinter zu übersetzen und nicht das Wort direkt.

    L'Art Noir
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