Beiträge von Countrysidepop im Thema „[2017] Inis“

    Nach zwei weiteren Partien INIS tendiert mein lächelndes Gefallen am Spiel spürbar nach oben. Die von @MetalPirate beschriebenen Phänomene kann ich zwar tendenziell sehen, aber es fand sich auch in beiden Spielen ein Sieger ohne permanente Patt-Revivals und ohne wenn und aber.


    Bestätigen kann ich zwei Dinge, die ich jedoch als wesentliche Teile der konfrontierenden und emotional herausfordernden Spielidee wahrnehme:


    + Wer sich zu früh aus der Deckung wagt und seine Pläne offenbart läuft Gefahr in der beschriebenen "Alle-auf-einen-Attacke" klein gemacht zu werden ---> das Spiel erfordert sehr viel mehr taktisches Geschick, ein Abwägen und eine womöglich defensivere Spielweise. Kämpfe wollen wohl überlegt sein, nach einigen Partien rückt auch das Verhandlungselement in den Vordergrund.


    + Das abwartenden Taktieren führt zu einer grundsätzlich längeren Spielzeit wie auf der Packung angegeben; 60 Minuten never ever. Darüber hinaus empfand jeder am Tisch (eine 4er Partie, eine 3er Partie) das ständige Taktieren als sehr spannend, obwohl sich gerade die zweite Partie zu dritt in einem wahren Catenaccio weit über 2 Stunden streckte. Draften ist in INIS mehr als nur "sich selbst gute Karten aussuchen". Ich kann mir aber sehr gut vorstellen, dass gerade diese kaugummihafte Dehnung in der "scheinbar nichts passiert" vielen Spielertypen nicht schmeckt. INIS hebt Ameritrash sehr elegant auf ein ein feinsinniges Plateau. Auch das Passen und schauen wie viele Aktionskarten die Anderen noch auf der Hand haben offenbart sich als taktisches Momentum.


    Mein persönliches Spielerlebnis mit INIS läuft deutlicher in die Richtung von @unittype001, obwohl ich in beiden Partien übrigens auf bittere Weise schmerzhaft der "Leidtragende" und "Gelackmeierte" war. Cooler Scheiss trifft es gut. Ich finde das Spiel ist auch eine prima Übung in "Ungerechtigkeit aushalten und verlieren können", wenn man seinen Spielabenden mit Menschen einen Kontext verleihen möchte, der einem auch im Leben hilft.



    Flundi nun auch im INIS-Club.


    Gestern zwei Partien am Abend mit folgenden Beobachtungen und Eindrücken:


    + beide Partien wurden jeweils in Vollbesetzung (4) in der Spielzeit zwischen 1900h - 2300h inkl. Erklärung erfolgreich mit zwei Siegern zu Ende gespielt


    + IINIS ist unerbittlicher Abnutzungskampf, der Nehmerqualitäten, Stehvermögen und eine erhöhte Frustrationstoleranz erfordert


    + aggressive Interaktion, Attacken auf das eigene, überhöhte Gerechtigkeitsempfinden und Sisyphos sind wesentliche und beabsichtigte Bestandteile der Empfindungswelt von INIS


    + die Pattsituations-Wiederholungsschlaufen sind Teil der Spielidee


    + der Organismus des Spiels und das Ineinandergreifen der 17 Grundaktionskarten haben alle nach wenigen Runden erfasst; die größte Downtime in beiden Spielen war dem gemeinsamen Verständnis und Verstehen der Karten geschuldet


    + der flexible Draft ist cool


    + ich hatte sehr schnell Lieblingskarten (z.B. der Barde)


    + Ungeduld und Empfindlichkeit werden es in INIS schwer haben


    + Nervennahrung wie Nüsse zum Knabbern sollten für die Gäste bereit gestellt werden


    + das Artwork aus Hippie-Tarot-Ästhetik, gefaktem Fotorealismus und Zerklüftung ist brillant


    + die Miniaturen aus Plastik sind Käse und wurden durch klassische Holzpöppel ersetzt, die sich zudem besser erkennen lassen --- > sieht geil aus


    + Im Fußball würde man sagen: ein von Taktik geprägtes Spiel. Nicht schön für die Zuschauer, aber für Experten sehr interessant

    Vielleicht wäre Inis besser beraten gewesen, sich als Verdun anzubieten. Dann wäre der Stellungskrieg thematisch und die Kennerspielwelt würde die thematische Umsetzung bei gleichem Spieldesign als gelungen preisen.


    So jedoch summieren sich schon nach wenigen Einträgen die Gräber Totenttäuschter. Und ich als Einer, der Inis noch nicht gespielt hat, bekomme Angst vor dem keltischen Schützengraben im grandiosen Tarot-Look. Ich sollte vielleicht doch desertieren und das Spiel geöffnet, aber ungespielt an einen Ahnungslosen verkaufen, der noch mit Hurrah und Kaiser Wilhelm in den Stellungskrieg zieht.


    Verdun könnte auch in Irland liegen. Unter den sattgrünen Hügeln befinden sich Gräber namenloser, enttäuschter Inis-Spieler:



    Ich möchte an dieser Stelle einmal den hier in diesem Thread geführten sehr inhaltlichen Diskurs loben ohne Hickhack und Befindlichkeiten. Das vermittelt mir als Leser eine Idee des Spiels, das bei mir in der Deutschen Version zwar geöffnet, aber noch ungespielt auf dem Tisch steht. Artwork und Material von Inis finde ich übrigens vorbildlich gut, großzügig und lobenswert.