Beiträge von ravn im Thema „24.10.-30.10.2016“

    Am Freitagabend in entspannter Zweierrunde und dann am Samstag in Viererrunde:


    Hand in the Seas : Die Inspiration von A Few Acres of Snow ist arg deutlich erkennbar. Im Kern eine komplexere Variante mit Aufbau der Kriegsflotte, um Kontrolle über Küstenstädte auszuüben oder Supportwege abzuschneiden. Dazu noch jede von maximal 12 Runden ein Zufallsereignis, das so wie bei uns dann auch mal eine komplette Strategie zunichte machen kann. So haute es meine komplette Kriegsflotte weg, dazu den Supportweg und die Chance, einen Konflikt zu gewinnen. Dann gibt es noch die üblichen Scharmützel des Mitspielers, die man entweder durch Karten kontern kann oder die mal eben eine Stadt weghauen, eventuell den Supportweg trennen und weitere Städte unspielbar werden lassen.


    Ganz klar ein Spiel, das die totale Konfrontation erfordert, die man so auch ausspielen und ebenso aushalten muss. Bis man die arg vielen Aktionsarten effektiv in Kombination einsetzen kann, zudem sein Deck im Griff hat und mit der Reserve und den Strategiekarten zielgerichtet hantieren kann, werden ein paar Partien ins Land gehen. Weitaus komplexer als A Few Acres of Snow. Wer den Urvater allerdings schon kennt, wird vieles in leicht anderer Form wiedererkennen und einen leichteren Einstieg haben. Genre-Einsteiger könnten sich hingegen damit übernehmen.


    Da kann man sich ordentlich reinknienen, muss es aber wohl auch, damit sich der Erkäraufwand lohnt. Deshalb meine Empfehlung nur an die erfahrenen Spieler mit ausreichend Zeit für Revanchen, die sich zudem an A Few Acres of Snow satt gespielt haben und mehr Tiefgang und mehr Möglichkeiten suchen, die aber auch nichts gegen Zufallsereignisse haben, vor die man sich kaum alle schützen kann. Mitspielen gerne wieder, aber ansonsten reicht mir persönlich A Few Acres of Snow in diesem Gerne als Zweierspiel.


    Aurimentic : Zu viert spielt. Kennt Ihr das blöde Gefühl, wenn sich der grandiose Spielablauf der Demopartie auf der SPIEL am heimischen Esszimmertisch einfach nicht einstellen will? So plätscherte unsere Partie arg langamtig vor sich hin. War zudem geprägt von Zwangszügen, weil zur Verfügung stehende Rohstoffe und Einsetzmöglichkeiten durch den Wetterstein und die Spielfeldauslage vorgegeben waren. Meist waren wir durch die Würfel gespielt, Umklammerungen von Anpflanzungen gab es so gut wie keine, Erntefelder auch nur arg wenige und dann schlug auch noch das Unwetter zu. In Folge blieb kaum noch etwas übrig.


    Irgendwann war die Partie dann dadurch vorbei, dass ich forcieren konnte, alle Steinfelder zugebaut zu haben. Zu dem Zeitpunkt kontrollierte ich zwei Inseln und so gut wie alle Kristalle. Meine Mitspieler hatten sich gegenseitig behindert und mich eher machen lassen, da eine frühe Festung auf meiner Hausinsel unangreifbar schien und wenig Angriffsmöglichkeiten bot. So war das Ergebnis mit 36 zu 3x unter 10 dann auch arg einseitig. Spielspass sieht anders aus.


    Bleibt einzig die Hoffnung, dass kommende Partien besser werden oder wir irgendwelche grobe Spielfehler gemacht haben. Oder ist das Spiel doch nur ein Blender? Wäre arg schade, weil das Potential des Spiels, das uns auf der SPIEL gezeigt wurde, muss sich irgendwo verstecken. Oder lag es daran, dass wir ohne Rohstoffe in die Partie gestartet sind und uns schlicht der Mentor im Gegensatz zur SPIEL fehlte, der uns mögliche Winkelzüge zeigte? Wird eine erneute Chance bekommen müssen.


    Noxford : Ein kleines Kartenspiel zu viert gespielt, bei dem man um Mehrheiten an Stadtvierteln kämpft, während sich die Stadt selbst aus neutalen Karten und Hanlangern der Spieler aufbaut und ausbreitet. Dazu kommen Polizeikarten, die schön konfrontativ fremde Handlager neutralisierne können. Dann gibt es noch Zahnradkarten, die Karten nachträglich noch verschieben lassen, sofern die nicht zugebaut sind. Zudem haben wir Handlanger in unterschiedlichen Wertigkeiten und können damit auch Mitspieler überdecken. Schön gemein und weitaus mehr als nur ein paar Karten. Überraschend gut, sofern man Mehrheitenspiele und direkte Konfrontation mag. Mir hat es bestens gefallen. Auch weil es im Handling und dem Aufbau der Stadt erfrischend neu ist, sich aber auf überschaubar wenige Regeln beschränkt. Gerne wieder.


    Speed Dice : Wörter aus Buchstabenwürfeln bilden und das auf Zeit und um die Wette. Durch den Einwurfmechanismus in das Tiefziehteil mit seinem allerletzten Würfel wird eindeutig und ebenso einfach bestimmt, wer zuerst fertig war. Kreuzworträtsler haben hier wohl eindeutige Vorteile, ich zumindest kam kaum hinterher. Als der Pizzaman dann klingelte, war die Partie dann vorzeitig vorbei. Ansonsten hätte der Schlagabtausch noch länger gedauert. Zu lange? Weil um zu gewinnen, muss man eine Serie von drei Siegen in Folge hinlegen. Für Zwischendurch ok, weil schnell erklärt und schnell gespielt und kreative Wortspiele mag ich sowieso. Als Hippodice-Prototyp-Punkte-Geschenk ausreichend gut, aber eben auch kein Überknaller - will es aber wohl auch nicht sein.


    The Great Western Trail : Zu viert angefangen, leider nur zu dritt zu Ende gespielt. In der Erklärung mit sehr vielen Details fast schon überfrachtet, die sich aber spätestens nach ein paar Spielzügen zu einem angenehmen Puzzle - Teil für Teil - zusammenfügten. Wirkte nicht nur auf mich zunächst arg mechanisch, auch weil man so viel machen kann, der Blick für die Mitspieler noch fehlt und die Anfangsphase durch Wartezeiten geprägt war, durch ungünstige Rahmenbedingungen gegeben, die ich nicht dem Spiel an sich ankreide, dem Spiel aber fast zum Verhängnis wurden. Hätten wir es, wie fast geschehen, an dieser Stelle vorzeitig abgebrochen, ich wäre mit einem verfrüht verfestigten Negativeindruck nach Hause gegangen.


    Zu dritt und mit ein wenig Erfahrung in den Spielzügen und damit weitaus flotter gespielt, entwickelte sich dann zum Glück auch der fehlende Drive, der Spannungsbogen zog an, Spielelemente wurden klarer und Wartezeiten minimiert. Deshalb empfehle ich für eine Erstpartie eher drei Spieler oder eine zügige Spielweise, denn zu viele Atempausen tun dem Spiel nicht gut, wenn man für sich selbst schon seine nächsten drei-vier Züge vorausgeplant hat und mehr wartet als spielt. Denn man kann The Great Western Trail durchaus angenehm zügig, aber nicht überhastet spielen. Auch in einer Erstpartie.


    Am Ende lag ich mit 101 Punkten vorne. Meine zwei Mitspieler hatten zusammen gut und gerne so viele Punkte wie ich alleine. Überragende Spielweise? Sicher nicht. Eher ein wenig Glück in der Erstpartie, in den entscheidenden Momenten die richtigen Entscheidungen getroffen zu haben: Kartenhand schnell vergrössern, um einen höheren Durchlauf an Karten zu haben. Zylindermänner angeheuert, um schneller mit der Lok fahren zu können und als erster Spieler einen Bahnhofsvorsteher einsetzen zu können, der zudem noch einen dauerhaften Boni für die restliche Partie gab. Zudem die eigene Kuhherde stetig maximiert, um weiter entfernte Bahnhöfe anfahren zu können. Und Gebäude-Serien gebaut, die Mehrfachaktionen in Kette ermöglichten. Danach gezielt Auftragskarten erfüllt. In der Summe hat das alles irgenwie gepasst.


    Und in der Summe war es dann auch ein gutes bis sehr gutes Spiel. Allerdings ein Eurogame, das scharf an der Kante zur Optmieraufgabe fährt, im ungünstigen Fall zur Aktionsaneinaderreihung verkommen kann und dann verkopft Mechanismen kombiniert. Der Funke kann überspringen, wenn man die vielen tollen Feinheiten erkennt, bevor die Erstpartie langweilig und langatmig wird. Hat bei mir gerade so eben noch die Kurve bekommen. Mitspielen ja. Selbst besitzen müssen? Eher nein, weil mir mitspielen ab und zu reicht und ich aktuell thematischere Spiele bevorzuge, die mehr Spiel als Arbeit sind. Redaktionell ausgereift, aber irgendwie ein wenig seelenlos, weil in den Ecken und Kanten zu rundgeschliffen? Eine Priese Amitrash kann nie schaden. Wird aber so oder so seine Fans finden.


    Cu / Ralf