Beiträge von MetalPirate im Thema „Schwerkraft: Wieso keine digitalen Regeln?“

    Ich habe Oben und Unten jetzt vielleicht 15 Mal gespielt, meist (aber nicht nur) zu zweit. Wie oben geschrieben: die schlechten Übersetzungen der Geschichten schaden beim Vorlesen schon erkennbar der Atmosphäre, und davon lebt das Ganze schließlich. Nimm die Geschichten raus, und du hast ein nur leicht überdurchschnittliches Spiel, was obendrein latent AP-anfällig ist. Ohne Geschichten trägt das Spiel nicht, da hängt insbesondere auch der gesamte Wiederspielreiz dran, man will neue Geschichten erleben. Im Unterschied zu schlecht übersetzten Spielregeln ist hier das Problem auch nicht dadurch lösbar, dass man sich einmal durchgekämpft hat, sondern immer wiederkehrend.



    EDIT, zur Frage von Tom: Selbst wenn man eine schon bekannte Geschichte bekommt (bei unseren Spielen mittlerweile vielleicht 1-2 Mal pro Spiel), ist der Ausgang dennoch oft unterschiedlich. Mal hat man eine schwacher 2er-Gruppe zum Erkunden geschickt und erreicht 3 Laternen, mal die Supertruppe für 7. Im Einzelfalle kann man sich auch merken "Aha, bei der Geschichte kriege ich Äpfel raus", aber der Nutzen davon ist gering, wenn man für kleinen Erfolg einen Apfel und beim Erreichen der höheren Schwelle zwei Äpfel und eine Münze bekommt. Man nimmt ja sowieso eigentlich meistens die Schwelle, die man gerade so erreicht, denn höhere Schwelle heißt idR bessere Belohnung. Relevanz für die Spielstrategie hätte es erst, wenn man Geschichten soweit auswendig kennt, dass man die Entscheidung, welche Schwelle man versucht zu erreichen, von der Kenntnis der verfügbaren Belohnungen aller in Frage kommenden Wege abhängig machen kann. Beispiel: "7 Laternen bringen einen Amethyst, den habe ich schon, also nehme ich trotz meiner 4-Mann-Supertruppe die 3er Erfolgsschwelle, denn die bringt den Fisch, der mir noch fehlt." Um dahin zu kommen, muss man schon verdammt lange spielen und sich viele Details merken können.



    #ObenUndUnten

    Kein Wunder, da war mal wieder der göttliche Ferdinand K. am Werk.

    Ich finde Ferdinand K.s "Übersetzungen" auch oft furchtbar, aber lass und fair sein: den trifft die Schuld hier nur zum Teil. Wenn wiederholt einfach Satzteile nicht zusammenpassen, dann hat das niemand gründlich Korrektur gelesen. Das muss sich dann auch der Verlag ankreiden lassen.


    Das sage ich in vollem Bewusstsein dafür, wieviel Arbeit es ist, ein Buch mit 200+ Geschichten-Fragmenten zu übersetzen. Trotzdem gibt's gewisse Sachen, die einfach nicht passieren dürfen, z.B. dass man jede zehnte Story-Geschichte nicht flüssig vorlesen kann, weil's irgendwo sprachlich klemmt. Das zieht gleich die ganze Atmosphäre runter, von der gerade so ein Spiel lebt.


    #ObenUndUnten

    Bei seriösen Übersetzungen, zu denen ich die von Schwerkraft zähle,

    Ähem. Die Übersetzung von "Above and Below" ("Oben und Unten") ist leider ziemlich schrottig. Im Buch der Begegnungen wimmelt es von unvollständigen und missverständlichen Sätzen. Das ist schnell mal runtergerotzt, das hat vermutlich niemand mal gründlich Korrektur gelesen. Da wünsche ich mir, ich hätte die englische Version gekauft. :|

    Vor allem ist es doch normalweise so, dass deutschssprachige Spiele merklich günstiger sind als der Import von englischen Originalausgaben (auch bei etwas kleineren Verlagen).

    Jein. Je nach Auflage und Aufwand der Übersetzung (Beispiel: Begegnungsbuch von "Oben und Unten") kann sich das mit dem Import-Aufschlag durchaus die Waage halten. Kanban war z.B. auch ähnlich teuer in beiden Sprachversionen.



    Mittlerweile machen sie [gemeint: Schwerkraft] das auch oft direkt in der Erstauflage mit.

    Ich habe den Eindruck, dass das rückläufig ist. "Die vergessene Welt" erschien noch parallel auf deutsch und englisch. "Among the Stars" wurde verspätet lokalisiert (und keinerlei Erweiterungen dazu), diverse andere Spiele von Red Raven Games gar nicht (auch an die Zweitauflage von City of Iron hat man sich nicht dran gehängt), nur "Oben und Unten" wurde jetzt parallel zur englischen Zweitauflage lokalisiert. "Tiny Epic Galaxies" ja, "Tiny Epic Western" dann wieder nein. (Englische) Stretch Goals gibt's mal über Schwerkraft dazu (Tiny Epic Galaxies), mal nicht (Oben und Unten). Ziemlich uneinheitlich, mit Tendenz zum Abwarten bis zur Zweitauflage.


    Der Markt ist klein und voller Leute, die es einfach nicht abwarten können. Spiele werden gefundet, in Übersee bestellt, [...]

    Dass Schwerkraft abwartet, wie sich die Erstauflage verkauft, um dann ggf. bei der Zweitauflage mit einzusteigen oder auch nicht, das ist zwar absolut nachvollziehbar, aber insgesamt ist die oben beschriebene Unberechenbarkeit für mich tendenziell eher ein Grund, beim englischen Kickstarter mitzumachen als auf eine Schwerkraft-Lokalisierung zu warten, von der ich nicht abschätzen kann, ob es sie jemals geben wird.


    ich hab Verständnis dafür, dass der Verlag das so macht, wie er das macht.

    Grundsätzlich habe ich dieses Verständnis auch. Wobei ich mir schon wünschen würde, dass der Verlag sich auch kreative Lösungen überlegt, aus dem Dilemma herauszukommen. Zum Beispiel den verkauften Exemplaren einen Download-Code für die Anleitung beilegen, denn das Fehlen einer Anleitung in PDF-Form ist nun mal ein Mangel, der bei mir Minuspunkte gibt. Oder Abmachungen mit Original-Herausgeber, dass Vorbesteller der deutschen Erstauflage (parallel zur englischen Zweitauflage erscheinend) dann auch Stretch Goals / Promos der ursprünglichen Kickstarter-Kampagne erhalten. Ich denke, dass es da für Lokalisierer wie den Schwerkraft-Verlag schon noch Möglichkeiten gibt, den Kunden, die noch nicht auf dem "ich kaufe eh alles auf Englisch"-Trip sind, etwas mehr zu bieten, ohne dass es alle finanziellen Überlegungen sprengen würde.