Beiträge von ravn im Thema „02.05.-08.05.2016“

    Am Wochenende bei einigen Partien #Codenames hat sich mal wieder gezeigt, weshalb es wichtig ist, dass die Spieler laut nachdenken.

    Wenn dieser Passus nicht schon längst als Spieltipp in der Anleitung steht, sollte der dick und fett aufgenommen werden in einer Neuauflage. Weil gerade laut nachzudenken - selbst wenn man nur alleine im Rateteam ist - macht aus einem durchschnittlichen Begriff-Assoziations-Spielchen den absoluten Überflieger. Wenn man als Gegnerteam dann noch liebgemeinten Trashtalk einstreut, wird es zur Gaudi. Und wenn der Teamchef mal etwas länger braucht, einfach anmerken: "Es ist keine Schade, 1 zu sagen."

    Was aber einem vor Augen führt, dass diese Schubladen auch bei einem selbst vorhanden sind. Dies kann teils sogar unangenehm sein und mit Abwehr begegnet werden. Aber idealerweise werden die Vorurteile als solche erkannt.Und wird in gleichem Maße nicht offensichtlich, dass diese Vorurteile eben nicht allgemeingültig sind und dass damit deren Bedeutung zu hinterfragen ist?

    Vorurteilsfrei ist niemand - zumindest niemand den ich kenne, ich auch nicht. Unterschiedlich stark ist eben die Ausprägung oder die geäusserten Vorurteile und wie stark man sich von seinen Vorurteilen im Alltag beeinflussen lässt. Oder diese eben selbst hinterfragt, bevor man die äussert. Eventuell wird einem dabei auch klar, dass diese Vorurteile oberflächlich, verallgemeinernd, diskriminierend, rassistisch, unfair und schlicht dumm sind.


    Wenn einem das Spiel "Die unüblichen Verdachtigungen" dabei hilft, einem die eigenen Vorurteile bewusst zu machen, ist das schon ein ganzes Stück mehr, was ich von einem Gesellschaftsspiel erwarte. Von einem Spiel, das in meinen Runden bisher durchweg Spass gemacht hat und für anregende Diskussionen über Vorurteile gesorgt hat. Verstehe aber ebenso, wenn man sich nicht mit seinen Vorurteilem in einem Partyspiel beschäftigen möchte. Ich möchte auch nicht ständig das Not und Elend der Welt vorgehalten haben, wenn ich eigentlich abschalten möchte.


    Dass aber das Spiel von sich aus Vorurteile fördern kann, die nicht schon sowieso latent vorhanden sind, möchte ich allerdings bezweifeln. Für so charakterlich gestärkt halte ich mich, als dass mich eine Partie so stark beeinflussen könnte - zumal ich es als Spiel und nicht Erziehungsunterricht in Sachen Vorurteile verstehe. Eher deckt das Spiel die eigenen Vorurteile auf. Und genau das finde ich dann wieder interessant und spannend.


    Aber so oder so, das Spiel polarisiert und das ist schon mal besser als nur ein austausbares "ganz nettes" Spiel.


    Cu / Ralf

    In den letzten Tagen in entspannten Runden gespielt:


    West of Africa : Kennenlernpartie zu zweit. Nach der Regelerklärung hab ich mich gefragt, wo denn da das Spiel sein soll. Als ich dann wenig später scheinbar hoffnungslos mit 23 zu 10 hintenlag, wusste ich dann, dass das Spiel ein "umgekehrter Blender" ist. Kommt in Aufmachung und Regelwerk ganz harmlos daher. Fast könnte man lockeres Familienspiel ausrufen. Dann wird man - BÄMM - von den ausgeklügelten Mechanismen in die Knie gezwungen, erkennt die ausgelegten Fallstricke und Herausforderungen und weiss für die Folgepartie dann das Spiel richtig einzuschätzen.


    Echter Geheimtipp. Hätte ich es nicht angespielt, ich wäre weiterhin dran vorbeigelaufen. Ist die Schachtelgrafik gerade noch so ok, aber wenig aufregend, so ist der Spielplan gähnend langweilig grafisch umgesetzt. Sehr plakativ und wenig ansprechend mit Inseln als Farbkleckse. Erst auf den zweiten Blick erkennt man die Details der Wellenlinien und Strömungen, aber bis dahin sind wohl die Meisten längst vorbeigegangen. Von der Handhabung und Übersichtlichkeit hätte ich es zudem besser gefunden, wenn das Oberhaupt einer Insel (es gibt da einen Fachbegriff, den ich mir nicht merken konnte) nicht nur seine Inseln vor sich auslegen kann als Pappteile, sondern dieser Status direkt auf der Insel angezeigt worden wäre - durch einen thronenden Pöppel in Spielerfarbe in der Mitte der Inseln. Weil ich möchte mich gerne aufs Spiel konzentrieren und nicht darauf, meinen Blick von Spielerauslage zu Spielerauslage schweifen zu lassen, um zu erkennen, wer wo bauen darf. Etwas mehr redaktioneller Feinschlief mit Fokus auf Spielbarkeit und Übersicht (u.a. Zugwege der Schiffe deutlicher, Ablaufübersicht weniger geschwätzig) hätte dem Spiel durchaus gut getan


    Zum Kennenlernen für zwei Spieler ok, glänzt aber wohl eher in grösserer aber nicht zu grosser Runde, damit man die Grenzlinie zwischen eigenem Einfluss und Mitspieler-Interaktion trifft und nicht ins Chaos abgleitet. Wird wegen der öden Aufmachung wohl wenig auf Spieletreffs zu finden sein. Also doch selbst kaufen? -sic- Mal abwarten bis Herne oder so.


    City of Iron: Second Edition : Zu zweit gespielt. Meine Erstpartie, wobei ich das Spiel gar nicht mehr auf den Schirm hatte. War eben irgendsoein Mehrheitenspiel mit Deckbuilding-Mechanismus. Ist es im Kern auch. Nur hat eben jeder sein eigenes Deck, das sich anscheinend auch ganz unterschiedlich spielt, wie unsere Partie gezeigt hat. Mal wieder hat man viel zu wenige Aktionen pro Runde und pro Spiel zur Verfügung, um über Rohstoffmehrheiten und Siegpunktkarten in drei Wertungen die Mehrheit an Siegpunkten zu erspielen. Das Regelwerk ist gradlinig, kommt aber leider im Regelheft nicht wirklich auf den Punkt. So war der Einstieg etwas holprig, aber einmal verinnerlicht, läuft das Spiel rund. Empfehle, auf Kurzspielregeln zurückzugreifen, um die Erklärphase zu verkürzen. Aber wir haben uns die nötige Zeit genommen, was gut war.


    Die einzelnen Karten im eigenen Deck wollen gekauft werden, um dann direkt zur Vefügung zu stehen. Dazu muss man aber erstmal eine Maschinerie ans Laufen zu bekommen, um ausreichend Geld und Bücherwissen zu generieren. Bessere Karten sind entsprechend teuer, können dann aber auch mehr. Geld und Wissen braucht man aber auch, um Gebäude bauen zu können, die wieder dauerhafte Vorteile bringen und Geländeplatz verbrauchen. Deshalb kann man neue Geländestreifen für sich beanspruchen, was aber auch bestimmte Karten braucht, die man erstmal kaufen muss. Dazwischen will man die Mehrheit in x verschiedenen Rohstoffen erlangen, die aber natürlich nicht in jedem Gelände zu finden sind und entsprechende Gebäude brauchen, um die abbauen zu können.


    Dann gibt es noch Orte, die man erobern kann, die einem wiederum direkt Rohstoffe bringen. Da wird es dann interaktiv-konfrontativ, weil man diese den Mitspielern (wenn auch teurer) wieder wegnehmen kann, was eine deutliche Veränderung der Rohstoff-Mehrheiten bewirkt. Klar kann man sich durch Karten dagegen besser schützen, aber die kosten Geld und Aktionen, um gespielt zu werden.


    Was nach so einer Erstpartie bleibt, ist ein gutes Spiel, das aber erst so richtig auflebt, wenn man sein Kartendeck kennt und damit die Möglichkeiten, was man alles damit machen kann. Müsste also eigentlich öfters auf den Tisch kommen, um wirklich glänzen zu können und lebt dann sicher auch von mehr Mitspielern, weil dann der Mehrheitenkampf erst so richtig losgeht. Im Zweierspiel war es nur der direkte Schlagabtausch, den man entweder aufnahm oder auf andere Rohstoffe ausgewichen ist. Festzuhalten ist, dass man es extremst unterschiedlich spielen kann und am Ende lagen wir nur einen einzigen Siegpunkt auseinander.


    Goldene Zeitalter : Meine inzwischen vierte Partie. Zu viert diesmal gespielt. Lief zunächst alles ganz gut bei mir, bis dann auf einmal der Kampf um Diamanten los ging. Blöd, dass ich zwei Kulturepochenkarten hatte, die Boni auf Diamanten gaben, meine Mitspielerinnen aber ebenso auf Diamantenjagd gingen. Eine sehr zügig gespielte Partie, die mehr und mehr Fahrt aufnahm und dann fast schon zu schnell vorbei war. Über die Fortschritts-Siegpunkte konnte ich mich vom letzten Platz auf den ersten Platz retten.


    Das Grundspiel ist an sich gut. Allerdings kann man sich durch die Kulturepochenkarten schon etwas gespielt vorkommen, wenn man damit in Richtungen gedrängt wird, die man eventuell nicht spielen will, weil sich das Geschehen auf den Plan zu sehr in Konkurrenzsituationen entwickelt, die man nicht gewinnen kann. So musste ich eigentlich auf Diamanten gehen, es gab aber kaum Diamantfelder im Spiel und die übrig gebliebenen waren zu hart umkämpft. Hätte mich deshalb da lieber rausgehalten, dann aber auf Kulturboni verzichtet. Zudem kann einem das Kriegselement ganz schön in die Quere kommen, wenn man gehäuft von Mitspielern verdrängt wird und deshalb keine Klötzchen auf den Plan aufbauen kann, um über passende Weltwunder oder Fortschritte oder geheime Siegbedingungen seine Punkte zu machen.


    Muss mir mal genau die Erweiterung anschauen, ob und wie diese dagegen steuert. Drafting der Kulturkarten vorab nachdem man seine geheime Siegbedingung kennt? So oder so weiterhin ein tolles Spiel, eben weil Partien mit Vielspielern zeitlich überschaubar bleiben und die Denktiefe nicht zu extrem ist, um in Grübelorgien auszuarten. Aber eventuell hat das Grundspiel dann doch zu viele Zufallselemente, die dann in Summe mehr als man selbst den Ausgang einer Partie bestimmen? Wäre auf Dauer schade, zumindest wenn die Erweiterung da nicht dagegen halten kann.


    Die unüblichen Verdächtigen : Fünf Runden hintereinander und nur eine davon konnten wir gewinnen. Herrliche Vorurteile, die man hier spielerisch ausleben kann. Weil genau diese Grenzerfahrungen ohne wirkliche Konsequenzen machen mir Spass. Weil im Brettspiel darf ich plündern, meucheln, hintergehen, lieb und nett wie auch heimtückisch sein oder auch gemeinsam Vorurteile diskutieren. Denn nach x Minuten ist das alles wieder vorbei und niemand hat Schaden genommen, sondern zusammen im abgesteckten Rahmen Spass und/oder Herausforderung gehabt. Deshalb kann ich mich der 2er-Spielbox-Note für das Spiel in keinster Weise anschliessen. Als Spiel verstanden sind die unüblichen Verdächtigen super unterhaltsam. Mit der Wirklichkeit verwechselt aber fatal. Diese Unterscheidung traue ich meinen Mitspielern und auch mir aber zu und deshalb habe ich keine Probleme mit dem Spiel. Ihr?


    Zug um Zug Asien-Erweiterung : Eine Zug um Zug Variante. Diesmal spielen wir in Teams gegen die anderen Teams. Wir hatten zwei Zweierteams, die mit gemeinsamen Aufträgen und begrenzten Absprachen in Bezug auf die Karten in der vor uns aufragenden Kartenhalter-Reihe das übliche Zug um Zug gespielt haben. Tunnel wie in Europa gibt es, aber ansonsten Grundspiel pur. Nur eben in Teams und genau das machte den Reiz aus. Auf einmal spielt sich der Evergreen begrenzt anders und deshalb interessant neu. Aber auch hier darf man keine Konfrontation scheuen, weil die Strecken sind nun einmal begrenzt und werden sich mit dem anderen Team kreuzen. Aggressiv spielen zahlt sich aus. Einzig der Grad der Absprachen ist im Regelheft zu oberflächlich geregelt und wollte in der Praxis nur begrenzt auf die gemeinsame Kartenauslage begrenzt funktionieren. Ansonsten absolut empfehlenswert für Zug um Zug Freunde.



    Cu / Ralf