@ode.: Mir scheint, dass du den Unterschied zwischen "einzelnes Spiel (nicht) ausbalanciert" und "viele Spiele im statistischen Mittel (nicht) ausbalanciert" nicht verstanden hast.
Bei asymmetrischen Spiel mit festem Setup lässt sich jedes einzelne Spiel gut ausbalancieren. Bei symmetrischem Spiel mit zufälligem Setup auch. Bei asymmetrisch mit zufälligem Setup ist das aber kaum möglich, da geht's nur ungefähr und ausgeglichen wird's (bestenfalls) im statistischen Mittel über unendlich viele Spiele. Je größer Asymmetrie und Zufalls-Setup, umso unausgewogener wird's in aller Regel im Einzelspiel. Dazu ein Gedankenexperiment.
3 Spieler spielen ein simples Würfelspiel: 600 mal mit Standardwürfel (D6) würfeln, alle Würfe aufaddieren, höchste Summe gewinnt. (Okay, sowas würde keiner freiwillig spielen, aber als Gedankenexperiment taugt es. ) Das Spiel in Reinkultur ist fair und ausgeglichen. Erwartungswert für jeden ist 2100 Augen: je 100 1er (zusammen 100 Augen), 2er (200 Augen), 3er (300 Augen), ..., 6er (600 Augen) und 100+200+300+400+500+600 = 2100. Der Mathematiker rechnet alternativ gleich 600 * (6+1)/2.
Grundspiel mit Asymmetrie-Regel: Am Anfang werden drei Charakterkarten verteilt, eine mit 1+6, eine mit 2+5, eine mit 3+4, die entsprechenden Zahlen zählen für den jeweiligen Spieler doppelt. Auch das ist ein faires Spiel. Erwartungswert für jeden: 2800 Augen. 700 mehr als oben, weil jedem Spieler 7 Augen verdoppelt werden, wenn er 1 bis 6 je einmal wirft.
Grundspiel jetzt ohne Asymmetrie, aber dafür mit Zufalls-Setup: am Anfang wird eine Zahl gewürfel, die doppelt zählt. Auch das ist ein faires Spiel. Wird die 1 verdoppelt, ist der Erwartungswert für alle 2100+100=2200 Augen, bei der 2 2300, usw., bei der 6 dann 2100+600 = 2700 Augen. Der Erwartungswert ändert sich je nach Setup, aber das Spiel bleibt stets fair für alle Spieler.
Schmeißt man aber Asymmetrie-Regel und Zufalls-Setup zusammen (beide für sich genommen fair im jedem Spiel!), d.h. jetzt zählt die am Anfang gewürfelte Zahl vierfach, wenn die eigene "Charakterkarte" sie aufweist, dann wird das Spiel auf einmal unfair bzw. unbalanciert, dann dann hat der, der den 1+6 Charakter zieht, den Vorteil, dass vervierfachte 6er am wertvollsten sind. Wenn man sehr viele Spiele spielt und jedes Mal die Charakterkarten zufällig verteilt, gleicht sich das wieder aus (so ähnlich wie die Fehlentscheidungen im Laufe einer Fußball-Bundesliga-Saison...), aber dennoch ist das einzelne Spiel unfair, wer mit dem 1+6 Charakter starter, hat bessere Gewinnchancen. Will man Asymmetrie und Zufall für jedes einzelne Spiel fair gestalten, dann müssten mathematische Randbedingungen gelten, die eigentlich nur noch komplett langweilige Spiele erlauben würden.
Wohlgemerkt: ich will nicht behaupten, dass ein Design wie das von Marco Polo schlecht wäre. Ich stimme ganz im Gegenteil @Flundi zu, dass Asymmetrien sehr reizvoll sein können (sofern sie noch strategische Vielfalt erlauben und der Charakter nicht zu stark vorgibt, welche Strategie zu spielen ist). Aber ob ein Spiel reizvoll für die Spielerunde ist, weil jeder mal jede Rolle (mehr oder weniger unabhängig vom Punkte-Ergebnis) ausprobieren will, oder ob das Spiel für den wettbewerbsmäßigen Vergleich unter möglichst gleichen Bedingungen im Rahmen einer Brettspielmeisterschaft taugt, das sind dann doch zwei deutlich unterschiedliche Sachen.