Beiträge von Bierbart im Thema „Fire in the Lake“

    Beide Spiele werden halt ganz überwiegend von fortgeschrittenen Spielern gespielt, denen man also bedenkenlos jedes komplexere Spiel servieren kann. Würde ich zumindest so einschätzen. Fire in the Lake ist für mein Dafürhalten einfach eine andere Liga.

    Ja, kurzes Szenario. Ich habe nicht genau auf die Uhr geschaut, aber es hat etwa 2,5 h gedauert. Das Spiel war mit dem zweiten Coup zu Ende, wir haben also etwa die Hälfte des Kartenstapels aufgebraucht.... was wiederum bedeutet, das wir in 150 Minuten etwa 12 reguläre Karten plus einen Coup abgehandelt haben, was wiederum bedeutet, dass wir grob überschlagen sechs Minuten pro Zug benötigten.


    Also insgesamt lief die Sache schon halbwegs rund, wie ich finde. Ein einzelner grober Regelverstoß ist uns unterlaufen, und ich vermute, dass wir ein paar wenige Details nicht beachtet haben. Das ist ja beinahe unvermeidlich bei Spielen dieser Kompliziertheit. Und ja, dieses Spiel ist kompliziert, da kann einer sagen, was er will. Es ist wie bei Cuba Libre auch, oder wie bei wahrscheinlich jedem asymmetrischen Spiel: Man muss sich schon darüber im Klaren darüber sein, welche Fähigkeiten die anderen Fraktionen haben, und vor allem auch darüber, unter welchen Voraussetzungen sie diese wie einsetzen können.

    • Beispiel: Die USA wollen einen Assault in einem Highland starten. Es macht einen himmelweiten Unterschied, ob dort eine US-Basis steht.

      • keine Basis: 2 US-cubes killen 1 enemy piece
      • mit Basis: 1 US-cube killt 2 enemy pieces

    Solche Details MUSS jeder Spieler einfach im Kopf haben, sofern er nicht einen schweren Fehler nach dem anderen begehen möchte. Die Sache wird dann dadurch erschwert, dass die ARVN ebenfalls die Möglichkeit hat, Assaults durchzuführen (sogar unfreiwillig im Zug des Amerikaners), nur ist es dann wiederum egal, ob da nun eine US-Basis steht. Es ist aber auch egal, ob da eine ARVN-Basis steht, da das, anders als bei den USA, keinen Einfluss auf den Kampf hat. Dann müssen die Amis für einen solchen Assault keine Ressourcen bezahlen, die ARVN aber schon, usw...


    Kurz gesagt: Das Spielen von nur einer Fraktion wäre für das Kennenlernen des Spiels bzw. der Funktionsweise einer einzelnen Fraktion sicher besser geeignet, denn man würde nicht so erschlagen von den vielen kleinen, aber wichtigen Regeln. Nur: Wie die einzelnen Aktionen miteinander verwebt sind, würde dadurch auch nicht klar. Sinnvoll agieren kann man erst, wenn man die Details verinnerlicht hat, sonst ist jede Partie aufs Neue wie Autofahren mit verbundenen Augen.


    Ich sehe in dieser Kompliziertheit des Spiels übrigens auch ein handfestes Problem: So, wie ich die Sache einschätze, ist dieses Ding nämlich sogar für einige fortgeschrittene Spieler eine Nummer zu kompliziert. Ich bin mir nicht sicher, ob ich das Spiel wirklich auf den Tisch bringen kann bei Leuten, mit denen ich bereits verhältnismäßig schwere Spiele wie das FFG-Civilization oder Im Wandel der Zeiten gespielt habe. Wir sind mit Fire in the Lake schon in einem Bereich, der mehr Einarbeitungszeit beansprucht, als für ein Brettspiel üblich ist. Ich bin eigentlich der Ansicht, dass Cuba Libre nicht zuletzt aus diesem Grund das dankbarere der mir bekannten COIN-Spiele ist.

    (Disclaimer: Dies hier ist ein Beitrag, der vom Wochenthread hierher ausgelagert wurde, und daher von mir nicht als Spielbesprechung angedacht und geschrieben wurde.)


    Fire in the Lake


    Hätte ich mich dazu entschlossen, bei den Spielzielen 2015 mitzumachen, dann wäre eines meiner "5 mal spielen"-Ziele sicher Fire in the Lake gewesen, zumindest von der Motivationsseite her betrachtet. Da ich jedoch keine großartigen Zweifel daran hege, dass ich dieses Spiel im laufenden Jahr mindestens fünf mal bearbeiten werde, wäre das nicht besonders spannend geworden. Es gibt kein zweites Spiel, das mich derzeit im selben Maße reizen kann. Und wäre der Stichtag nicht der 1. Januar 2015 gewesen, so hätte ich das "5 mal spielen"-Ziel mit der gestrigen Partie auch bereits erreicht.


    Ausgangslage:

    • Euer Mitforist Bierbart hat schon vier Partien auf dem Buckel, aber bringt nach wie vor die Details zu den Fraktionen durcheinander. Euer zweiter Mitforist @AngryDwarf hat Fire in the Lake noch nie gespielt, aber er kennt dafür das Schwesterspiel Cuba Libre aus dem Effeff.
    • Wir schreiben das Jahr 1965. Die "Young Turk" regieren Südvietnam und allem Anschein nach würde der Krieg heute wieder sehr kurz ausfallen. Ich kontrolliere die ARVN und die USA, AngryDwarf die NVA und den VC.

    Entwicklung

    • Nguyen Huu Tho ist in Saigon unterwegs! Der Vietcong etabliert deshalb eine Basis in der Hauptstadt. Danach standen Wahlen an, und die Regierung entschied, das Ergebnis nicht manipulieren. Das war ganz toll für die Hilfe, aber überhaupt nicht toll für die Situation in Saigon, denn nach der ersten Rekrutierung des VC hatte sich quasi über Nacht eine Terrorzelle mit acht(!) Guerillas in der Hauptstadt gebildet! Alles Augenreiben half da leider nicht, aber - was ein Zufall - gleich darauf putschte sich Nguyen Van Thieu an die Macht. In der Folge stiegen die USA voll in den Konflikt ein, und Saigon platzte schier aus allen Nähten vor lauter Polizei und Militärpräsenz.
    • So bekam die Regierung die Möglichkeit, zunächst die ganze Stadt nach Aufständischen zu sweepen. Die Amerikaner radierten daraufhin den VC in Saigon mit einem Schlag restlos aus, und flogen zudem erste Luftangriffe auf die NVA, die sich im Norden des Landes, sowie im Mekong-Delta zu massieren :rolleyes: zu sammeln begannen. Das entschiedene Engagement der Amerikaner setzte vor allem den Vietcong militärisch enorm unter Druck, brachte aber weder die USA, noch die Regierung Südvietnams wirklich dem Sieg näher. Insbesondere die Regierung wirkte nicht stabilisierend auf das Land.
    • Die NVA wagte nach dem praktischen Zusammenbruch des VC eine Offensive auf die bevölkerungsreichen Regionen des Landes und übernahm die Kontrolle in mehreren Provinzen. Sie hatte so zumindest kurzzeitig die Siegbedingung erreicht! Selbstverständlich wäre es nur eine Frage der Zeit gewesen, bis die USA mit ihrer berühmten überlegenen Feuerkraft und auch die Regierung mit ihrer enormen Polizei- und Militärmacht die Invasoren wieder zurückgeschlagen hätten - zumal in Laos und Kambodscha alle NVA-Basen beinahe unbewacht zurückgeblieben waren. Die NVA aber hatte den Zeitpunkt ihrer Offensive sehr klug gewählt, da sich der nächste Putsch ankündigte. Zwar kam dieser nicht so schnell, wie von der NVA erhofft, aber der Monsun verhinderte im entscheidenden Moment die Sweeps und Märsche der USA, sodass der NVA und somit den Kommunisten insgesamt der Sieg nicht mehr zu nehmen war.


    Neuere Eindrücke


    Ich habe im Wochenthread schon mehrmals beschrieben, was mich an Fire in the Lake fasziniert und manchmal auch frustriert. Ich finde es nach wie vor sehr schwer, bei diesem Spiel den Überblick zu wahren, wobei "wahren" ja impliziert, dass man den Überblick zu irgendeinem Zeitpunkt gehabt hätte. Das ist nicht unbedingt der Fall. Allerdings war es gestern erstmals so, dass einer der Mitspieler in meinen Runden überhaupt einmal einen Schlüssel zum Sieg gefunden hatte, wenn der sich auch aus purer Not heraus eher unerwartet ergeben hatte.


    Heute steht eine weitere Partie auf dem Programm. Wieder nur zu zweit und gegen jemand anderen, aber nach dem gestrigen Lichtblick bin ich sehr neugierig, ob ich von der Phase des Verinnerlichens der Spielmechanismen -- gestern war auch für mich erstmal wieder Regelauffrischung angesagt -- werde übergehen können zur Phase der planbaren Spiels.


    #FireInTheLake