Am Sonntag Nachmittag in entspannter Dreier-Runde:
Urban Sprawl : Für uns alle eine Erstpartie und deshalb auch ein Blindflug. Vom Regelwerk recht einfach und eingängig. Allerdings erzeugt das Spiel eine gewisse Komplexität auf dem Spielfeld, die man erstmal erfassen und für sich zu nutzen lernen muss. Das fängt mit dem Stadtraster an, das kreuzförmig für jedes neue Gebäude neue Mehrheiten-Verhältnisse erzeugen kann. Zudem kann sich die Wertigkeit der Gebäude ändern und das jeweilst höchstwertige Gebäude ist schon wichtig, um die Politiker mit ihren Sonderfähigkeiten nutzen zu können. Dann gibt es noch die ganzen Bauaufträge mir ihren individuellen Sondereigenschaften als Kartentexte.
In der Summe wird daraus ein komplexes Gebilde, das im Spielverlauf Downtime erzeugen kann, weil man bis auf bangen-und-hoffen und ein wenig vorausplanen wenig sonst machen kann, wenn die Mitspieler am Zug sind und die führen einen kompletten Zug am Stück aus, bevor der aktive Spieler wechselt.
Vom Spielgefühl erlebt man durch die diversen Ereignisse eine Art Stadtentwicklungs-Geschichte mit. Da kann es schon mal knallhart gegen die Mitspieler gehen, wenn man deren teuren Gebäude überbaut, Mehrheiten wegklaut und Politiker en Masse bei Wahlen abwirbt in Folge. Langfristig planen kann man in der ersten Partie sowieso nicht, da man weder die Gebäude kennt noch die möglichen Ereignisse, die im Spielverlauf auftauchen können.
Mit 3 1/2 Stunden Spielzeit ein zeitliches Schwergewicht in der Gewichtsklasse von Dominant Species. Eher taktisch mit flexibler Planung zu spielen, um das möglichst Beste aus der aktuellen Situation zu machen. Spielerfahrung wird sich aber sicher auszahlen, denn mit einer Partie im Rücken kenne ich jetzt schon so einige Fallstricke, die man vermeiden sollte. Diese für sich im Spiel herauszufinden hat aber auch seine ganz eigene Faszination.
Drei Spieler ist wohl die ideale Spielerzahl. Zu viert würde sich nur die Downtime erhöhen und das durch Mitspieler-Aktionen erzeugte Chaos zunehmen. Könnte ebenfalls reizvoll sein, wenn alle zügig spielen wollen oder Downtime eh kein (negatives) Thema ist.
Klar ein Spiel für Freaks und kein Eurogame für Jedermann, auch wenn diverse Mechansimen aus anderen Eurogames übernommen scheinen. Die besondere konzentrierte Kombination macht Urban Sprawl besonders, eventuell auch zu denklastig oder komplex, je nach Herangehensweise oder eigenem Anspruch an den optimalen Spielzug. Eine Art spröden Charme kann ich dem Spiel nicht absprechen. Aber gerne wieder - in erneut geeigneter Runde.
Fortuna : Alle zieht es nach Rom, weil dann endet das Spiel. Also eine Art Wettlauf, nur dass man nebenbei noch Rohstoffe einsammelt, Geld scheffelt und Siegpunktkarten einsammeln sollte, um erfolgreich zu sein. Wer sich nur auf sein Würfelglück verlässt, ist eigentlich selbst Schuld. Da kann man schon gegensteuern, aber wie genau und wann, das zeigt erst eine erste Partie. Wenn es blöd läuft, kann die aber schon genug sein, um ein negatives, weil zu zufälliges Bild, zu hinterlassen.
So hatte ich das Pech, dass ich im Spielverlauf nur eine einzige Siegpunktkarte gezogen habe, dafür aber massig kurzfristige Vorteilskarten, die allerdings keine Siegpunkte ergaben. Selbst Schuld, weil ich hätte viel eher mehr Würfel kaufen sollen, um öfters auch Karten ziehen zu können, bevor meine Mitspieler all die Siegpunktkarten längst herausgefischt hatten.
So bleibt für mich mit Fortuna ein Spiel zurück, das seine Ecken und Kanten hat, irgendwie schon Spass macht, in Einzelfall aber auch ganz schön frustrierend sein kann, wenn man schliesslich merkt, mit dem eigenen Strategieansatz nichts mehr mit dem Spielausgang zu tun zu haben. Eigentlich müsste dann eine zweite Partie folgen, oder zumindest der Wunsch danach, aber andere Spiele des Genres haben für mich einen besseren Spannungsbogen. Somit bleibt Fortuna nur gutes Mittelmass - zudem mit eher durchwachsenem Material.
Cu / Ralf