Mal ein Allerersteindruck: Aufgebaut braucht das Spiel eine Menge Platz. Der Spielplan ist genauso gross wie von Twilight Struggle und dazu hat jeder Spieler noch seine Spielübersicht, auf der der komplette Rundenablauf nachlesbar ist sowie eine Statusleiste, die mit Counter gefüllt wird, die anzeigt, auf welche "Bedürfnisse" sich eine Gattung spezialisiert hat. Zusätzlich will noch eine Menge Holzmaterial untergebracht werden. Einen grossen Esszimmertisch braucht es da schon.
So gross der Spieplan ist, so übersichtlich ist er aber auch. Die Farbgebung ist eher pastell-erdig gehalten und die farbigen Holzpöppel der Spieler zeichnen sich gut auf den unterschiedlichen Geländeteilen ab. Zudem gibt es durchdachte Ablageplätze, grossformatige Übersichten und der gut für alle einsehbare Aktionsbereich. Aufgebaut macht das Spiel einen gediegenen Eindruck, der fast schon einem abstrakten Kunstwerk in seiner Schlichtheit gleicht. Eine Menzel-Grafik wäre hier völlig fehl am Platz, schliesslich soll man sich auf das Spielgeschehen konzentrieren und das kann schon verkopft-herausfordernd genug sein, auch ohne ablenkende Grafik voller Detailentdeckungen.
Das Regelwerk von Combat Commander, das vom selben Autor ist, wird - soweit ich das auf BGG mitbekommen habe - als eines der besten, weil verständlichsten Regelwerke gelobt. Als Wargame-Einsteiger fühlte ich mich ein wenig überfordert, aber bei Dominant Species war ich voll in meinem Element. Alles ist für mich absolut verständlich und fern jedes Zweifels beschrieben. Beispiele sind genau da, ebenso wie Querverweise, wo ich die erwartet hätte. Zudem sind viele Mechanismen uns Eurogamer einfach bekannt, nur die Mixtur ist anders, neu und deshalb umso interessanter.
Im Kern geht es mal wieder um Siegpunkte. Thematisch versucht man seine Gattung als die dominierende gegenüber den Gattungen der Mitspieler zu platzieren. Zeitlich spielt es kurz vor Beginn der Eiszeit. Das sorgt für Zeitdruck. Dafür wird eine Welt aus Hexfeldern ausgelegt, wobei die Start-Verteilung durchaus variabel sein kann aber nicht muss. An den Kreuzungspunkten der Hexfelder, dort wo bei Siedler von Catan die Dörfer gebaut werden, liegt je eines von sechs verschiedenen "Bedingungen" aus, das somit für bis zu drei Hexfelder wirkt. Jede Gattung hat Startwerte von "Bedürfnissen", die diesen "Bedingungen" besonders gut entsprechen sollten, zumindest dort wo man sich per Holzklötzchen auf den Hexfeldern aufhält und ausbreiten will. Unabhängig von der Anzahl seiner Klötzchentiere ist man dominant in einem Hexfeld, wenn man diese Bedingungen und Bedürfnisse möglichst gut und besser als die Mitspieler in Einklang bringt. Das (und noch einiges mehr) versucht man mit einem Worker-Placement-Mechanismus zu erreichen, mit dem man eine ganze Menge, aber eben nicht alles auf einmal, manipuliert, so dass es besser für einen selbst und schlechter für die Mitspieler passt. Im Laufe des Spiels wächst die Landschaft und vereist an anderen Stellen zugleich, werden aktiv Wertungen ausgelöst. Genau an dieser Stelle wird das Spiel mit seinen Verzahnungen komplex, aber eben nicht unnötig kompliziert vom Ablauf.
Unterschiedliche Startvoraussetzungen und dezente Sondereigenschaften der Gattungen in Verbindung mit einem immer wieder neuen Startaufbau der Hexfelder und Bedingungen und ausliegenden Möglichkeiten, wie und wann sich diese Bedingungen wo verändert können und/oder Punkte bringen, wobei dann noch offen liegende Ereigniskarten ins Spiel kommen, die man gezielt nutzen kann, oder eben nicht den Mitspielern überlassen sollte, daraus scheint sich ein lang anhaltender Spielreiz zu entwickeln. Im Kern abstrakt, aber durch die sich gegenseitig verdrängenden Gattungen dann doch wieder anschaulich umgesetzt, wird daraus was Rundes.
Einziger Nachteil könnte die Spieldauer sein, weil die liegt mit angegebenen 2 bis 4 Stunden deutlich über dem gewohnten Eurogamer-Niveau. Wobei es mit 2 bis 6 Spieler (ideal wohl 4) gut spielbar sein soll. Die Vielzahl an Möglichkeiten könnte für manchen Mitspieler ebenfalls zu einem Problem werden. Weil ich behaupte mal, dass man zumindest in den ersten Partien erstmal die Möglichkeiten im gewagten Blindflug ausloten und sich auf seine Intuation verlassen muss, wenn man den Spielablauf nicht von einer Denkstarre zur nächsten zergrübeln will. Klar kann man für jedes Hexfeld erstmal die Dominanz für jeden Mitspieler errechnen, um dann zu prognostizieren, wie sich was entwickeln könnte. Aber eigentlich sollte dieser kleinteilige Vorgang nicht das eigene Denken bestimmen und blockieren, sondern als "ganzes Bild erfasst" im Hintergrund ablaufen, so dass man das Muster an sich begreift und durch seine Aktionen feine neue Fäden weben kann.
Fazit: Wer ein komplexeres Eurogames-Workerplacement mit konfrontativen Elementen (das Thema ist schliesslich die gegenseitige Verdrängung) sucht, weil er von Caylus und Vasco da Gama eher gelangweilt ist, könnte hier ein Referenz-Spiel des Genres finden. Vom Ansatz könnte das gut und gerne auch ein Martin Wallace Spiel sein und niemand würde sich wundern. Ich bin schon hochgespannt auf meine erste echte Partie fernab eines Regel-Lern-Aufbaus.
Cu / Ralf
PS: Wenn ich Details durch vereinfachte und zusammenfassende Darstellungen verfälscht habe, dann tschuldigung, aber ich wollte eher einen Gesamteindruck als eine Regelnacherzählung bieten. Die Regeln gibt es eh bei www.gmtgames.com zum Download.