Auf der "Essen spielt" Spielerveranstaltung am Sonntag in Essen gespielt:
Glen More Pre-Produktionsversion vom Autor erklärt und in Fünferrunde gespielt. Mal wieder ein anspruchsvolles Alea-Spiel. Schöne in sich verwobene Spielmechanismen. Im Kern wandert man mit seinem Aktionspöppel im Viereck und sammelt ein Plättchen ein, dass man dann in seiner Auslage einbaut. Je weiter man vorsprescht, desto später kommt man wieder an die Reihe. Wartet man zu lange hinten, sind die begehrten Plättchen schon weg. Durch einen vorgegebenen Flusslauf und Wegstrecke ergeben sich Zwänge in der Anlage, wobei man sowieso nur angrenzend an seine Dorffiguren anlegen kann. Rund um das neue Plättchen werden dann die vorhanden Felder aktiviert, man sammelt Rohstoffe, kann Rohstoff-Kombinationen in Siegpunkte tauschen oder seine Dorffigur zu bewegen. Bei Zwischenwertungen gibts Differenzpunkte im Vergleich zum schlechtesten Mitspieler in dieser Kategorie. Und und und. Hat Spass gemacht, wenn auch das Handling etwas fitzelig war, was aber auch an der Pre-Produktionsversion lag. Für mich eine klare Kaufempfehlung, wenn man komplexer verzahnte Spiele mag, die nicht zwingend kompliziert sein müssen.
Danach Samarkand in Viererrunde. Das Thema Wüste und Kamele und in Familien einheiraten wirkt arg aufgesetzt. Irgendwas mit Zügen oder Firmen oder Stromnetze und Aktien wäre ebenso gegangen. Es soll ein Familienspiel sein und spielt sich ein klein wenig wie Chicago Express ultra-light, aber eigentlich macht man nicht mehr, als sich in Familien einkaufen, dann damit Kamelstrecken bauen, um Warenplättchen einzusammeln und in Übereinstimmung mit seinen Handwarenkarten bringen. Unser Spielablauf lebte von Vorlagen für die Mitspieler. Wer bei den Interessen der Mitspieler mitschwimmen kann, sammeln nebenbei Punkte, auch ohne aktiv zu werden. Mich hat das Spiel nicht so recht überzeugt, irgendwie mittelmässig. Eventuell muss man es nochmal spielen, damit es besser wird. Hatte mir zumindest mehr davon versprochen.
Weiter gings mit Revolution von Pegasus. Gleichzeitig mit verschiedenen Währungseinheiten planen und die auf Charakterfelder verteilen. Wer die Mehrheit hat, darf den Character ausführen und bekommt Siegpunkte, neue Währungseinheiten, Positionen auf dem Spielfeld, darf Positionen vertauschen und so. Das typische ich-denke-dass-du-denkst-dass-ich-denke und am Ende ist eh alles Zufall. Der Funkte ist bei keinem vom uns übergesprungen, so dass wir nach der vierten Runde abgebrochen haben. Ein typisches Beer-and-Bretzler-Spiel, aber ohne echtes Thema, das recht blass bleibt und lanweilig durch die ewigen Wiederholungen und der kaum möglichen Planbarkeit ist.
Heckmeck Barbeque ist irgendwie ein Downgrade vom alten Heckmeck. Das Material ist schlechter geworden, der Ablauf unnötig in die Länge gezogen und während die Mitspieler am Zug sind, kann man bequem auf Toilette gehen oder eine Raucherpause machen oder Löcher in die Luft starren. Ich fand die Downtime selbst bei vier Spielern zu gross und mir reicht das alte Heckmeck völlig aus.
Gipfelstürmer erinnert ein wenig an "Die Aufsteiger" ist aber ganz anders. Mit Hilfe von Winkelklötzchen baut man zuerst gemeinsam an einem Berg und versucht für sich einen einfacher Aufstieg zu schaffen, während man den Mitspielern Hindernisse durch lange Wege oder hohe Aufstiege in den Weg legt. Sind alle Klötzchen verbaut beginnt der Aufstieg. Von seinem Spielplaneck muss man mit drei Figure den höchsten Gipfelpunkt erreichen. Per Würfel geht man 1 oder 2 Bewegungsfelder vor oder zieht eine Aktionskarte, die einem hilft oder die Mitspieler behindert. Anstatt eine Bewegungsaktion auszuführen kann man auch eine vorab gezogene Aktionskarte ausführen. Dieser Spielabschnitt ist eher launisch und konfrontativ geprägt, weil man die Mitspieler durch Aktionskarten ausbremst und hofft, nicht selbst ausgebremst zu werden, um sich schnell ins Ziel zu würfeln. Mir hats gefallen, auch wenn die zweite Phase eher glückslastig ist, weil wer oft 5-6 würfelt und damit 2 Bwegungspunkte hat, ist schlicht schneller als ein 1-2er-Würfler. Wer allerdings zu offensichtlich führt, macht sich damit zur Zielscheibe von Aktionskarten. Für mich ebenfalls eine Kaufempfehlung.
Zum Abschluss dann Velo City. Ihr kennt das Leitern-Spiel? Statt Leitern, auf denen man runterfällt, gibt es Kanaldeckel, die einen zurückwerfen auf den Kurs in Richtung Ziel. Per Würfel bewegt man sich alleine oder im Pulk vorwärts, wobei man dann auch die Mitspielerwürfel nutzen kann, um seine Auswahl und das Würfelglück zu zergrössern. Auf dem Weg sammelt man Trinkdosen ein, die Würfelvorteile geben oder man im Windschatten mit anderen mitfahren kann. Vor 20 Jahren wäre das Spiel innovativ gewesen, aber im Jahre 2010 ist es kaum mehr als ein nettes Familienspiel. Wer mehr Tiefe erwartet, der kann nur enttäuscht werden. Für mich gibts bessere Strassenrennenspiele, so dass man Velo City nicht zwingend braucht, es tut aber auch niemanden weh.
Fazit von "Essen spielt": Entspannter Spielesonntag mit vielen guten Spielrunden und teils durchwachsenen Spielen. Aber lieber vorab ausprobiert und verworfen als vorschnell für den Schrank gekauft. Mit Glen More - bin da schon auf das endgültige Spielmaterial gespannt - und Gipfelstürmer zwei wirklich gute Spiele kennengelernt und Samarkand hoffe ich irgendwann (spätestens in Herne beim Spielewahnsinn) nochmal zu spielen, um mir ein endgültiges Urteil zu bilden.