Beiträge von ravn im Thema „19.4. - 25.4.2010“

    Auf der "Essen spielt" Spielerveranstaltung am Sonntag in Essen gespielt:


    Glen More Pre-Produktionsversion vom Autor erklärt und in Fünferrunde gespielt. Mal wieder ein anspruchsvolles Alea-Spiel. Schöne in sich verwobene Spielmechanismen. Im Kern wandert man mit seinem Aktionspöppel im Viereck und sammelt ein Plättchen ein, dass man dann in seiner Auslage einbaut. Je weiter man vorsprescht, desto später kommt man wieder an die Reihe. Wartet man zu lange hinten, sind die begehrten Plättchen schon weg. Durch einen vorgegebenen Flusslauf und Wegstrecke ergeben sich Zwänge in der Anlage, wobei man sowieso nur angrenzend an seine Dorffiguren anlegen kann. Rund um das neue Plättchen werden dann die vorhanden Felder aktiviert, man sammelt Rohstoffe, kann Rohstoff-Kombinationen in Siegpunkte tauschen oder seine Dorffigur zu bewegen. Bei Zwischenwertungen gibts Differenzpunkte im Vergleich zum schlechtesten Mitspieler in dieser Kategorie. Und und und. Hat Spass gemacht, wenn auch das Handling etwas fitzelig war, was aber auch an der Pre-Produktionsversion lag. Für mich eine klare Kaufempfehlung, wenn man komplexer verzahnte Spiele mag, die nicht zwingend kompliziert sein müssen.


    Danach Samarkand in Viererrunde. Das Thema Wüste und Kamele und in Familien einheiraten wirkt arg aufgesetzt. Irgendwas mit Zügen oder Firmen oder Stromnetze und Aktien wäre ebenso gegangen. Es soll ein Familienspiel sein und spielt sich ein klein wenig wie Chicago Express ultra-light, aber eigentlich macht man nicht mehr, als sich in Familien einkaufen, dann damit Kamelstrecken bauen, um Warenplättchen einzusammeln und in Übereinstimmung mit seinen Handwarenkarten bringen. Unser Spielablauf lebte von Vorlagen für die Mitspieler. Wer bei den Interessen der Mitspieler mitschwimmen kann, sammeln nebenbei Punkte, auch ohne aktiv zu werden. Mich hat das Spiel nicht so recht überzeugt, irgendwie mittelmässig. Eventuell muss man es nochmal spielen, damit es besser wird. Hatte mir zumindest mehr davon versprochen.


    Weiter gings mit Revolution von Pegasus. Gleichzeitig mit verschiedenen Währungseinheiten planen und die auf Charakterfelder verteilen. Wer die Mehrheit hat, darf den Character ausführen und bekommt Siegpunkte, neue Währungseinheiten, Positionen auf dem Spielfeld, darf Positionen vertauschen und so. Das typische ich-denke-dass-du-denkst-dass-ich-denke und am Ende ist eh alles Zufall. Der Funkte ist bei keinem vom uns übergesprungen, so dass wir nach der vierten Runde abgebrochen haben. Ein typisches Beer-and-Bretzler-Spiel, aber ohne echtes Thema, das recht blass bleibt und lanweilig durch die ewigen Wiederholungen und der kaum möglichen Planbarkeit ist.


    Heckmeck Barbeque ist irgendwie ein Downgrade vom alten Heckmeck. Das Material ist schlechter geworden, der Ablauf unnötig in die Länge gezogen und während die Mitspieler am Zug sind, kann man bequem auf Toilette gehen oder eine Raucherpause machen oder Löcher in die Luft starren. Ich fand die Downtime selbst bei vier Spielern zu gross und mir reicht das alte Heckmeck völlig aus.


    Gipfelstürmer erinnert ein wenig an "Die Aufsteiger" ist aber ganz anders. Mit Hilfe von Winkelklötzchen baut man zuerst gemeinsam an einem Berg und versucht für sich einen einfacher Aufstieg zu schaffen, während man den Mitspielern Hindernisse durch lange Wege oder hohe Aufstiege in den Weg legt. Sind alle Klötzchen verbaut beginnt der Aufstieg. Von seinem Spielplaneck muss man mit drei Figure den höchsten Gipfelpunkt erreichen. Per Würfel geht man 1 oder 2 Bewegungsfelder vor oder zieht eine Aktionskarte, die einem hilft oder die Mitspieler behindert. Anstatt eine Bewegungsaktion auszuführen kann man auch eine vorab gezogene Aktionskarte ausführen. Dieser Spielabschnitt ist eher launisch und konfrontativ geprägt, weil man die Mitspieler durch Aktionskarten ausbremst und hofft, nicht selbst ausgebremst zu werden, um sich schnell ins Ziel zu würfeln. Mir hats gefallen, auch wenn die zweite Phase eher glückslastig ist, weil wer oft 5-6 würfelt und damit 2 Bwegungspunkte hat, ist schlicht schneller als ein 1-2er-Würfler. Wer allerdings zu offensichtlich führt, macht sich damit zur Zielscheibe von Aktionskarten. Für mich ebenfalls eine Kaufempfehlung.


    Zum Abschluss dann Velo City. Ihr kennt das Leitern-Spiel? Statt Leitern, auf denen man runterfällt, gibt es Kanaldeckel, die einen zurückwerfen auf den Kurs in Richtung Ziel. Per Würfel bewegt man sich alleine oder im Pulk vorwärts, wobei man dann auch die Mitspielerwürfel nutzen kann, um seine Auswahl und das Würfelglück zu zergrössern. Auf dem Weg sammelt man Trinkdosen ein, die Würfelvorteile geben oder man im Windschatten mit anderen mitfahren kann. Vor 20 Jahren wäre das Spiel innovativ gewesen, aber im Jahre 2010 ist es kaum mehr als ein nettes Familienspiel. Wer mehr Tiefe erwartet, der kann nur enttäuscht werden. Für mich gibts bessere Strassenrennenspiele, so dass man Velo City nicht zwingend braucht, es tut aber auch niemanden weh.


    Fazit von "Essen spielt": Entspannter Spielesonntag mit vielen guten Spielrunden und teils durchwachsenen Spielen. Aber lieber vorab ausprobiert und verworfen als vorschnell für den Schrank gekauft. Mit Glen More - bin da schon auf das endgültige Spielmaterial gespannt - und Gipfelstürmer zwei wirklich gute Spiele kennengelernt und Samarkand hoffe ich irgendwann (spätestens in Herne beim Spielewahnsinn) nochmal zu spielen, um mir ein endgültiges Urteil zu bilden.

    Am Samstag in Dreierrunde mit zwei eher Gelegenheitsspielern erstmalig Catacombs ausprobiert und eine Partie gespielt. Hatte mir vorab einen Rahmen mit Bande ausm Baumarkt gebastelt (6,04 Euro Materialkosten für eine MDF-Platte, die an allen Seiten 5cm den Plan überragt und 2x 1m Kunstoffwinkel schwarz mit 2,5cm Höhe zugeschnitten). Funktioniert perfekt und keine einzige Scheibe ist vom Tisch gefallen und die Kunstoffbande dämpft auch Schnippser, die ins Spielfeld-Aus gehen - die werden also nicht zurück reflektioniert. Die Bande selbst stört auch in keiner Weise beim Schnippsen. Also genau so, wie es sein soll. Mit Ikea-Drehteller sehr bequem zu spielen.


    Die Charakterkarten sowie die des Oberbösewichts hatten sich inzwischen arg gebogen und waren wohl in China nicht richtig augetrocknet. Aber nichts, was ein paar Bücherstapel über Nacht nicht in Griff wieder bekommen könnten. Beim restlichen Material keine Beanstandungen, ausser dass eine gelbe Fernschuss-Scheibe anfängt, Risse zu bekommen. Werde ich reklamieren bei Sand of Time Games und gut ist. Eben ein Kleinverlag, bei dem man Abstriche machen muss beim Erstlingswerk.


    Spielerisch hat das Spiel absolut überzeugt. Ich hab den Dungeon-Master gespielt und somit die Rolle der Monster übernommen. Meine zwei Mitspieler jeweils zwei Helden. Die ergänzten sich untereinander gut, wohl auch weil alle Helden unterschiedliche Fähigkeiten haben und als Heldengruppe aufeinander abgestimmt agiereren müssen, um zu überleben. Das mit dem Überleben hat fast schon zu gut geklappt - in den wenigsten Situationen waren die Helden in Bedrängnis. So ein Barbar in Bersekerwut kann eben schon einiges wegkloppen, auch wenn er das nur zwei Mal im Spiel kann. Diese zwei Mal können schon den Unterschied machen. Und auch die anderen Helden sind auf ihre Art mächtig - oder habe ich schlicht nur zu schlecht geschnippst?


    Schön auch, dass die einzelnen Monster wirklich unterschiedlich sind und ihre ganz eigene Taktiken brauchen, um effektiv zu wirken. Einziger Kritikpunkt dabei sind die verwendeten Icons auf den Monsterkarten. Ein Symbol für zwei völlig verschiedene Fähigkeiten, nur durch die Farbe unterschieden ist nicht gerade intuitiv. Letztendlich kommt es aber auf die Fingerfertigkeit und ein gutes Auge an - günstige Positionen muss man sehen und dann auch per Scheibenschnipp gekonnt ausführend nutzen. Da sind eine ganze Menge an Manöver möglich und wer einfach so drauflos schnippt, sieht sich schnell von Monsterhorden umzingelt wieder, die auf einen Helden einprügeln.


    Die Helden sollten sich kooperativ vor ihrem Zug absprechen, wer was macht. Ob das dann in der Ausführung klappt, ist noch eine ganz andere Geschichte. Wie bei allen kooperativen Spielen sollte da niemand die absolute Führerposition übernehmen und anfangen, Befehle an die Mitspieler zu verteilen nach dem Motto "Du machst das, und ich mache das, also los jetzt!". Da liegt es an der Gruppe selbst, dass sich einzelne Spieler zurücknehmen und die anderen ebenso mitspielen lassen.


    In der Grundvariante ist Catacombs ein recht einfaches Spiel. In fünf Minuten sind die Grundregeln erklärt und man kann schon losspielen. Die paar Details der Zauber und Spezialfähigkeiten einzelnen Helden gibts später und die der Monster erst, wenn diese auch wirklich auftauchen. Die Erstpartie hat bei uns so 90 Minuten gedauert, mit weniger Pläne schmieden sicher auch in 60 Minuten möglich gewesen. Wer mehr will, kann diverse Zusatzregen dazunehmen und sich durch ein Dungeon-Labyrinth statt einer Raumabfolge kämpfen. Das Spiel schreit förmlich nach Erweiterungen. Sei es neue Helden mit neuen Eigenschaften oder neue Monster mit anderen Fähigkeiten oder individuell gestaltete Bodenpläne fernab der sechs beiliegenden (3 Stück doppelseitig bedruckt). Da gibt es massig Potential, wenn man die Mischung aus Geschicklichkeit und kooperativem Fantasy-Dungeon-Crawler denn mag.


    Bin schon auf kommende Partien gespannt. Catacombs ist für mich eines der aktuellen Highlights 2010 fernab des Mainstreams. Sicher nichts für jede Spielrunde, aber wer ein wenig Geschicklichkeitsspiele mag und auch dem Fantasy-Thema was abgewinnen kann, für den ist es sicher einen Kauf wert - auch wenn es 45 bis 50 Euro kostet.


    Danach noch eine Runde A la carte. Einfach lustig faszinierend das Spiel, wobei die Faszination mehr vom Material als vom eigentlichen Spielablauf ausgeht. Für eine kurze Auflockerungspartie gut, sofern man denn zügig spielen mag. Weil mit zu langgezogener Spielzeit verliert das Spiel an seiner Faszination. Gerne wieder, aber in kleiner Dosis und immer nur dann, wenn man ein wirklich aussergewöhnliches Spiel sucht.


    Den Abschluss hat dann ein Videozockabend bis Nachts um 02:00 Uhr auf der PS3 gemacht. Dank Beamer und 2 Meter Bildbreite immer wieder ein Erlebnis. Eine Anschaffung, die ich schon viel früher hätte tätigen sollen und mir schon seit 3 Jahren beste Dienste leistet beim Zocken und Filme schauen. Nichts kann Bildgrösse ersetzen ausser noch grössere Bildgrösse. PAIN und MotorStorm Pacific Rift zu dritt um die Wette gezockt. Ideale Abwechslung zum Brettspiel, aber wahrlich kein Ersatz für mich und im Zweifelsfall immer lieber Brettspiel als PS3. Die ist beruflich eh schon viel zu oft an.


    ... am Sonntag gehts dann weiter bei "Essen spielt". Mal sehen, was mich da so erwartet an Mitspielmöglichkeiten.


    Cu/Ralf