Wenn man denn dann noch unbedingt was kritisieren möchte, kann man behaupten, dass Hauptspiel wäre ja männerzentriert und die Frauen "nur" eine Erweiterung. Da kommt man dann allerdings in semantisches Argumentationsterrain, in dem man oft zu garkeinem Kompromiss mehr bereit ist und meiner Ansicht nach der Sache eher schadet.
Meine Sichtweise dazu basiert auf der historischen Situation der Astronomie im 17. Jahrhundert. Mir liegt es fern, hier eine allgemeine Debatte über die Rolle von Wissenschaftlerinnen im Brettspiel zu führen. Dazu braucht es einen eigenen Thread.
Mir geht es wie in meinen gestrigen Äußerungen um das konkrete Beispiel Galileo Galilei. Und hier ist für mich der Netzwerkgedanke entscheidend: Dank Latein als Wissenschaftssprache konnte sich Maria Cunitz mit ihren männlichen Kollegen wie Kepler europaweit austauschen. Leider sind ihre Briefe verschollen und es gibt einige Unklarheiten in ihrer Biografie. Die von mir ebenfalls genannte Elisabeth Catherina Koopman war mit dem Astronomen Johannes Hevelius verheiratet und hat mit ihm zusammengearbeitet.
Klar kann man ein Brettspiel oder eine Erweiterung konzipieren, die sich allein auf die Errungenschaften von Astronominnen fokussiert. Orientiert man sich aber an den überlieferten historischen Fakten, dann ist es u.a. der Austausch und die Zusammenarbeit von Männern und Frauen, die das heliozentrische Weltbild in der Astronomie verankert haben. Man darf nicht vergessen, welche Gefahren damals für beide Geschlechter mit dieser wissenschaftlichen These verbunden waren. Die Inquisition von Galileo Galilei ist da nur ein Beispiel.
Ich bin mir bewusst, dass ein Brettspiel wie Galileo Galilei solche kooperativen und komplexen historischen Zusammenhänge nur bedingt abbilden kann. Und das wäre in der Tat ein anderes Spiel.
Darüber hinaus ist mit der Verbesserung der Linsen und Teleskope im 17. Jahrhundert eine enorme Wissensexplosion verbunden, die zu einer detaillierten Vermessung des Sternenhimmels geführt hat. Da bilden die 36 Entdeckerkarten im Grundspiel von Galileo Galilei nur die äußerste Spitze der damaligen astronomischen Entdeckungen ab.
Zur Verdeutlichung lohnt ein Blick in den gemeinsam mit ihrem Ehemann Johannes kompilierten Sternenkatalog von Elisabeth Catharina Koopman Hevelius. Laut Wikipedia verzeichnet der 1690 publizierte Prodomus Astronominae rund 600 neue Sterne zu den bisher 1564 bekannten!
Leider hat Elisabeth Hevelius dieses Werk nur unter dem Namen ihres 1687 verstorbenen Ehemannes herausgegeben. Heute ist ihr Name u.a. mit einer von der EU geförderten Webseite verbunden, die sich dezidiert mit Frauen in der Wissenschaft beschäftigt und deren Gleichstellung fördert.
Für mich wäre es im Fall von Galileo Galilei am sinnvollsten, man versucht die von mir hier skizzierten historischen Fakten umzusetzen. Ich persönlich brauche keine Erweiterung, die sich nur auf Astronominnen konzentriert, sondern eine, die das Zusammenwirken von Männer und Frauen in der Astronomie des 17. Jahrhunderts auf ein spielbares Maß herunterbricht und abbildet. Damit wäre ich schon zufrieden.