Beiträge von Archibald Tuttle im Thema „15.04.-21.04.2023“

    Über den Spieleabend am Dienstag hab ich im "5 Spiele"-Thread berichtet, weil da nur Neuheiten auf den Tisch kamen. Und pronto salvatore hab ich da den besten Titel vergessen:


    #SkyTeam Das Spiel zu beschreiben hieße Eulen nach Athen tragen, aber das Spielgefühl hatte ich so nicht erwartet und ist ziemlich einzigartig. Es ist wie eine zugespitzte Form des bei Hanabi ja noch recht entspannten Gemeinschaftsgefühls "jetzt leg bloß nicht das Falsche ab!". Bei Hanabi hatte ich aber nie das Gefühl, dass es wirklich um etwas geht - hier liegt eine gewisse Dringlichkeit darin, man will sein Flugzeug nicht abstürzen lassen, und die Spannung ist physisch spürbar. Absolut geniales Spiel, das ich jetzt ganz dringend auch selbst brauche, und ich bin fest überzeugt, dass die Jury um das Spiel nicht drumrum kommt. Nur was gibt man ihm dann? SdJ ist wegen der Familienuntauglichkeit als reiner Zweier schwierig, KsdJ wäre eine Möglichkeit, da ist aber die Konkurrenz dieses Jahr besonders groß. Daher würde ich hier auf einen Sonderpreis wegen der neuen Spielerfahrung und zur Würdigung eines exemplarischen Zweierspiels tippen. Dass es einen Preis kriegt halte ich für unvermeidbar.


    Danach wurde noch zweimal gespielt:


    Am Mittwoch gab es #Everdell. Nur das Grundspiel in der Collector's Edition, nach der Erfahrung mit #Farshore am Dienstag wollte ich es zum Vergleich nochmal spielen. Und was soll ich sagen: Everdell gefällt mir besser. Auch wenn Farshore erkennbar besser gestreamlinet ist und für Gelegenheitsspieler das bessere Gesamtpaket darstellt, ist es mir doch schon zu glatt und auch schlicht zu sehr vereinfacht. Everdell hat ein deutlich höheres Spannungs- (und auch Glücks-)moment beim Ziehen der Karten, kommt da gen Ende die richtige Kombo raus, kann man selbst bei völlig verkorkstem Anfang noch gut mithalten. Und die Erweiterbarkeit ist ebenfalls ein valides Pfund in der Waage für Everdell - Farshore alleine würde mir wohl bald langweilig werden.

    Nun werden beide Spiele nicht mehr meine Lieblingsspiele, aber wenn würde ich eindeutig lieber Everdell nochmal mitspielen. Und Farshore braucht wirklich niemand, der Everdell schon hat - die DNA ist zu 90% identisch, der Preis unangemessen hoch und für die meisten hier ist die Komplexitätsreduktion bei Farshore eher ein Nachteil.


    Ebenfalls gespielt wurden da noch #ZocknRoll mit der Expertenversion (der Dummy bei drei Spielern ist gar nicht so unlustig, der macht so manchen Überraschungskniffelwurf und versaut einem das Push-your-luck ordentlich) sowie, nachdem mein geliebtes #Hoftheater mal wieder jemand nicht mitspielen wollte (Schnüff), noch eine Runde #Metropolys in Vorbereitung auf das bald eintreffende Skyrise. Zu Metropolys hab ich hier ja schon viel geschrieben, ein geniales Grundstücksauktionsspiel mit leider optischen Mängeln, die in der aufgebrezelten Roxley-Version wohl ausgemerzt sein werden, wobei Skyrise wohl auch spielerisch nochmal deutlich komplexer wird. Ich bin wirklich sehr gespannt.


    Zuletzt noch als sehr schneller Zweier eine Partie #OrionDuel mit Momo95 , der damit endlich mal ein Spiel angeschleppt hat, das ich zukünftig meiden werde wie der Teufel das Weihwasser. Es handelt sich um ein ziemlich abstraktes Plättchenlegespiel, bei dem man alle Teile immer zur Verfügung hat und beliebig anlegen darf - dabei zeigen die eigenen Plättchen auch Felder des Gegners. Ziel ist es, vier Galaxien zu verbinden oder den Gegner dazu zu bringen, drei schwarze Löcher zu verbinden. Beim Spielen hat es mich dann so an Schach erinnert, dass ich schnell raus war. Für den Bauchspieler in mir ist ein Spiel, wo ich in Analyse-Paralyse verfallen muss um eine Chance zu haben, ein Anathema. Solche Spiele mag ich nur, wenn - wie bei Onitama - die Optionen begrenzt sind und man nur 2-3 Züge in die Zukunft denken muss, nicht 5 und mehr wie hier bei nahezu endlosen Optionen. Schade drum, es sieht wirklich hübsch aus und ist sicher sehr clever, aber wirklich einfach nicht meins.


    Gestern dann eine Runde #Yedo Deluxe, bei der wir alle den Fehler gemacht haben, vorab auf 6 Runden zu gehen (also ohne schwarze Karten) und dann in Runde 4 zu sagen: Ach guggemal, das ging ja schnell, dann lass uns noch bis Runde 8 spielen. Zum einen fehlen einem dann die schwarzen Karten (und die Angst vor dem Shogun-Tod) viel zu sehr, zum anderen zog es sich dann doch in den letzten beiden Runden sehr. Mach ich nicht nochmal so. Ansonsten ist Yedo immer noch sauspannend, gerade zu fünft wird es dann echt knapp auf dem Brett, was Geishas und Anbauten angeht, und die aggressiven Aktionskarten machen ihrem Namen wirklich alle Ehre. Die regelverändernden Aktions- und Ereigniskarten haben mir diesmal am besten gefallen, die werde ich zukünftig immer mit reinnehmen. Gehandelt wurde als gäbe es kein Morgen mehr, wobei auch hier die Regeln nicht ganz eingehalten wurden - Karten wurden fröhlich durch den Raum gehalten. Man könnte hoffen, dass es bei unbekannten Karten schneller ginge, aber unsere Spielerfahrung mit New Angeles sagt da eher "nein". Der Endspurt war dann sehr knapp, @RAW wäre zweiter geworden, wenn er einen anderen Arbeiter weggestellt hätte oder mir den Bonus meiner zweiten Karte weggenommen hätte. Gewonnen hat diesmal Haddock im Tiebreaker, der so clever war als letzte Aktion noch die Spielerreihenfolge zu verändern.

    Yedo ist schon ein ziemliches Biest: Wie Ben2 mal vor 10 Jahren bei Spielama sagte, fühlt es sich eigentlich total unkompliziert an, man beschafft Ressourcen (von denen sich nur wenige verbrauchen) und erfüllt Aufträge, es gibt eine Auktions- und eine Worker-Placement-Phase, und fertig ist die Laube. Wie das aber alles ineinandergedrechselt ist, ist schon ziemlich ungewöhnlich, und die Fiesigkeiten geben da so ein ganz und gar nicht euro-typisches Hau-Drauf-Element rein, das man mögen muss. Und das Handelselement ist straight aus dem Spieledesign der 1990er, es gibt schon Gründe, warum das heute unbeliebt ist (nicht nur der Zeitfaktor). Auch gestern konnte man wieder sehen, dass das Spiel unterschiedlich gut ankam. Ich mochte schon die Eggert-Version sehr, und seit ich kapiert habe wie man die Stapel am besten zusammenstellt, mag ich die Deluxe sogar noch etwas mehr. Die Frage der gespielten Runden ist allerdings die Wahl zwischen Pest und Cholera: In 8 Runden sind schwarze Karten sportlich, aber wenigstens noch im Spiel; in 6 Runden können sie mit Spezialisten reingenommen werden, werden aber kaum genutzt. Mit 8 Runden dauert das Spiel dann aber auch seine garantierten 4 Stunden zu fünft, was sich dann tatsächlich zu lang anfühlt. Wahrscheinlich liegt der Sweet Spot da einfach bei 3-4 Spielern.

    andere Mitspieler mit Feuerballmurmeln umzuwerfen.

    Schöner Bericht. Frage an Rande: Wie viele Murmeln benötigt es, um einen Mitspieler umzuwerfen? Und stehend oder sitzend? ;)

    Kommt auf die Murmel an...



    Und ich sollte besser nicht von der Runde #StickyCtulhu gestern berichten, wo meine Tochter mir in ihrem Übereifer gleich mehrere "Klatschen" ins Gesicht verpasste... (übrigens immer noch ein tolles Kinderpartyspiel!).

    kyrilin und anke79 Da bin ich der weinende Dritte in Eurer Mitte. Ich hab Voidfall jetzt schon dreimal auf- und abgebaut, und jedes Mal verliert es dabei mein Interesse. Habe ich so zuvor nur bei der Verteidung erlebt, selbst High Frontier hält da mein Interesse besser aufrecht.


    Am Wochenende gab es


    #FireballIsland (auch bekannt als "Der Fluch des Vul-Khan", so hieß die Vorlage damals in Deutschland, die Restoration Games da vor ein paar Jahren aktualisiert hat). Das Spiel ist sehr nah dran am Original, näher als etwa Dark Tower. Allein die Karten machen es weniger glückslastig, was ihm gut tut. Erstmals wurde mit allen Erweiterungen gespielt, was dann ein großer Klumpatsch an Plastik auf dem Tisch ist, aber trotzdem immer noch Spaß macht. Das Spinnennest mit Sprungfeder ist eindeutig mein Favorit, der "letzte Abenteurer" ist auch ganz nett. Ausgerechnet die dickste Erweiterung, das Wrack, hat mich jetzt am wenigsten überzeugt, weil man damit an der Hauptinsel vorbeispielen kann, dann macht das Feuerballwerfen ja keinen Spaß mehr. Insgesamt ist die Qualität des Plastiks bei den Erweiterungen besser als im Grundspiel, wo es schon arg wabbelig zugeht an der einen oder anderen Stelle.

    Für wen ist Fireball Island was? Für Menschen mit Kindern, und für solche, die das Kind in sich noch sehr aktiv fühlen können. Es ist ein sehr seichtes Familienspiel, dessen Hauptspaß darin besteht, andere Mitspieler mit Feuerballmurmeln umzuwerfen. Die Erweiterungen braucht man nur, wenn man weiteren Unfug hinzufügen will und der Spielzeugcharakter im Vordergrund steht. Das Spiel selbst wird dadurch weder besser noch schlechter, nur lustiger.


    #MerchantsCove : Jetzt mal mit den Kindern gespielt, und das hat erstaunlich gut geklappt. Ich hab lediglich die fortgeschrittenen Marktregeln weggelassen und jedem Kind seinen Helden einzeln erklärt, aber dann lief das für 90 Minuten wie geschmiert. Merchants Cove ist im Herzen ein asymmetrisches Familienspiel, dessen einzige echte Hürde das Erklären der unterschiedlichen Helden ist - und das durch die Helden beliebig komplexer gemacht werden kann. Ich bin schon sehr gespannt auf die kommende Erweiterung, die das Ganze nochmal deutlicher in Richtung Kennerspiel verschieben soll. Es tut mir im Herzen weh, dass sich das in Deutschland wohl nicht so richtig gut am Markt platzieren konnte (zumindest verstehe ich den jetzt schon einige Zeit erfolgenden Ausverkauf so). Gewonnen hat mein Achtjähriger mit dem Gastwirt, und nach dem Spiel glaube ich an die Gabe der Prophetie, denn der hat immer genau gewusst, wo welche Gilde ankommt (selbst wenn er es selbst nicht beeinflusst hat). Falls jemand ein asymmetrisches, sehr variables Spiel zwischen Familie und Kenner sucht, kann ich das nach wie vor immer noch nur empfehlen - aktuell kriegt man ja die Erweiterungen schon für 10 Euro.


    #Adelverpflichtet Als Catan-Agnostiker ist das hier ja MEIN Klaus-Teuber-Spiel. Die Mischung aus Bluff und Schere-Stein-Papier (wo man die Gebote der Mitspieler stehlen kann) ist für mich nach wie vor unerreicht, eines der besten SdJ seiner Zeit, und macht heute noch Spaß, WENN man Psychologie im Spiel mag. Das Spiel funktioniert wirklich nur, wenn man sich darum bemüht, die Aktionen der Mitspieler zu erahnen, bzw. genau diese Ahnungen erfolgreich unterläuft (was gleichzeitig aber auch dazu führt, dass man absichtlich nie optimal spielen wird). Diese Gradwanderung macht Adel verpflichtet für mich heute noch unterhaltsam, ich kann aber auch Mitspieler verstehen, die lieber optimale Auktionen spielen wollen, die sind dann bei der Konkurrenz von Herrn Knizia besser aufgehoben (mit Ausnahme von Medici, wo Psychologie letztlich auch der Schlüssel zum Erfolg ist).


    #AveRoma Ein auf Verdacht bei gab62 miterworbenes Expertenspiel im alten Rom, das mir gar nichts sagte, aber die Kurzbeschreibung auf BGG klang vielversprechend, die Regel war dann leider arg suboptimal, so dass ich nicht ganz sicher bin, ob alles richtig gespielt wurde. Clou der Veranstaltung: Wir haben Arbeiter mit unterschiedlichen Werten auf der Hand - bekommen aber in der nächsten Runde je nach Einsetzort Arbeiter der Mitspieler mit anderen Werten zurück. Diese Idee ist genial, und erinnert aus der Ferne an Lions of Lydia, hier ist aber alles weitaus komplizierter. Man hat nahezu 20 Optionen jede Runde, Punkte gibt es für Gebäudebau, Area Control, Leisten hochlaufen, Set Collection, der Engländer würde sagen "everything but the kitchen sink". Das spiegelt sich dann auch in der Symbolik - so ein heilloses Chaos an unterschiedlichen Symbolen in einem Spiel hab ich selten gesehen. Die auf BGG kritisierten Unbalanciertheiten sind mir im Spiel nicht aufgefallen, da kann ich zumindest Entwarnung geben. Ansonsten ist das hier ein komplexer Experteneuro, den man mit mehr redaktioneller Sorgfalt besser empfehlen könnte, und der mich stark an die späteren T-Spiele erinnert hat. Eine Empfehlung mag ich da aber nicht abgeben, auch weil es wirklich völlig unthematisch ist, leider. Den Arbeitereinsetz- und rückholmechanismus will ich aber gern nochmal in einem anderen großen Spiel sehen, der ist toll.


    #TrekkingthroughHistory Sehr schönes Familienspiel+, das mit dem Geschichtsthema leider so überhaupt nichts macht. Schwamm drüber, dafür verbindet es zwei meiner Lieblingsspiele: den Auswahlmechanismus von Patchwork mit dem Kartensortieren von Thurn und Taxis. Entfernt erinnert das Bauen des Zeitstrahls dann noch an puzzelige Kartenbauer wie Shinkansen, ist aber hier deutlich charmanter und besser gelöst, vor allem fühlt es sich belohnender an. Ausstattung ist mir ja meistens egal, aber hier sind Token und Kartenqualität schon sehr hochwertig. Ist in meinen Augen ein sehr guter Kandidat fürs KsdJ, wenn auch am unteren Rand dafür (aber fürs SdJ dann doch zu kompliziert zu erklären). Ebenfalls von gab62 erworben, ich vermute es war ihr zu seicht?


    #Lata Costa und Rola haben wieder zugeschlagen. Wir kaufen Fisch ein und produzieren Dosenfisch (also schon das zweite Dosenfischspiel in kurzer Zeit, muss wohl gerade in der Luft liegen). Ich mochte ja Yinzi und Café sehr, und Lata ist more of the same, wenn auch mit vorgeschalteter Auktion der Spielerreihenfolge und Wertungskarten, bei denen es durchaus Glück braucht um die richtigen zu bekommen. Ein schickes kleines Kartenspiel von Pythagoras, die neben Pessoa noch eine ganze Reihe toller Kartenspiele im Sortiment haben (Fado, Lusitania etc.), und gut solo spielbar, auch wenn für mich die Auktion hier den eigentlichen Spielreiz ausmacht. Hier muss ich gab62 besonders danken, denn ohne sie hätte ich davon gar nichts mitbekommen - mit der Schmiede scheint Pythagoras nicht mehr zusammenzuarbeiten. Deutsche Anleitung liegt trotzdem bei und ist auch nicht schlechter als zu Schmiedezeiten.