Beiträge von MetalPirate im Thema „Sind Euros per Design zäh?“

    Ärger weil El Grande, Tikal und Torres zu komplex waren, und dann Puerto Rico wählen.

    Hey, mit Carcassonne hatten sie etwas Leichtgewichtigeres *und* Gutes dazwischen, das sie finanziell eigentlich saniert haben müsste, wenn sie für jedes verkauften Spiel ein bisschen was für die Logo-Nutzung bekommen haben. Und Villa Paletti ist nun wirklich nicht allzu toll, das kann sich auch nicht in Massen verkauft haben. So viel schlechter hätte da Puerto Rico auch nicht abgeschnitten.

    Bei Ville Paletti haben sie dann aber auch gemerkt, dass sie es übertrieben hatten und zu weit gegangen waren.

    Mit ein bisschen mehr Mut hätten sie damals auch Puerto Rico wählen können. Das war der gleiche Jahrgang. Schon klar: der perfekt geeignete SdJ-Gewinnertitel war Puerto Rico natürlich auch nicht. Aber zumindest nicht so komplett belanglos wie Villa Paletti.

    Torres war laut SdJ-Chronik eines ehemaligen Jurymitglieds endgültiger Auslöser für die Entwicklung, "leichtere" Spiele zu prämieren, auch weil die Verkäufe bei Torres miserabel waren und so die Vereinskasse schröpften.

    Hmmm. So schwergewichtig habe ich Torres gar nicht in Erinnerung. Eher als schrecklich abstrakt und hässlich; von daher wenig überraschend, dass die Verkaufszahlen nicht so pralle waren, gerade im Vergleich zu SdJ-Vorgänger Tikal und SdJ-Nachfolger Carcassonne, die beide IMHO qualitativ mindestens eine, wenn nicht zwei Nummern über Torres liegen. Aber wahrscheinlich gab's in dem Jahr einfach nichts geeigneteres für den Preis. Schwache Jahrgänge bedingen nun mal schwache Siegertitel, während in einem anderen Jahrgang dann z.B. Einfach Genial und Sankt Petersburg gegen Zug um Zug antreten dürfen.

    War nicht Tikal der vermeintliche Auslöser dafür, dass der Komplexitätsanspruch für die nachfolgenden Spiel des Jahres Titelträger von der Jury gesenkt wurde ?

    Verwechselst du das eventuell mit #Dominion? Das hat 10 Jahre später für größere Diskussion und letztendlich die Abspaltung von Kenner- und Kinderspiel geführt.

    BTW: Im Jahr direkt nach #Tikal war #Torres Preisträger. Auch nicht weniger grübelanfällig, dazu abstrakter und außerdem von der Jury mit Altersangabe "ab 12" (statt "ab 10" wie Tikal) versehen. Also: eher nein.


    Auf jeden Fall hat Java als Nachfolgespiel von Tikal nur noch 5 Aktionspunkte pro Zug spendiert bekommen.

    Ich glaube, dass 5, 10 oder 20 Aktionspunkte bei den Grüblern nicht viel Unterschied machen.

    Der Vergleich ist auch etwas wackelig, weil Aktionen in Tikal tendenziell teurer sind als in Java. Und waren es nicht 6 AP pro Zug bei Java?

    Es hängt eher vom Design ab. Hatte diese Woche mit einem Mitspieler über Tikal gesprochen - was ich persönlich nicht gut finde weil es zu viel Downtime in meiner Gruppe hatte. Das letzte Spiel ist schon etwas länger her, aber soweit ich mich entsinnen kann hatte man 10 Aktionspunkte die man in seinem Zug verbrauchen konnte. Wenn man dran war musste man "puzzeln" wie man diese 10 Punkte im besten Fall verbraucht, was bei unserem Spiel dann sehr "zäh" war und uns deshalb nicht gefallen hat.

    Ein besseres Beispiel als Tikal gibt es nicht, um zu belegen, dass das Problem eher an den (modernen) Spielern (der Spiele-Neuzeit) als am Spiel liegt. Tikal war Spiel des Jahres 1999. Das war vor Trennung in Kinderspiel/Spiel/Kennerspiel des Jahres, d.h. auch leicht komplexere Spiele, die man heute wohl eher bei Kennerspiel einsortieren würde, konnten theoretisch SdJ werden, aber dennoch galt damals wie heute: der Preisträger musste Massen- und Familien-tauglich sein. Das war Tikal damals. Altersempfehlung nach meiner Erinnerung: ab 10.

    Sowas haben deutschlandweit die Omas unbesehen ihren Enkels an Weihnachten geschenkt. Das haben Familien locker-flockig zuhause heruntergespielt, ohne auch nur auf die Idee zu kommen, es totgrübeln zu wollen. Warum schaffen das die heutigen Spieler nicht mehr und machen aus EXAKT dem gleichen Spiel mit den genau gleichen Regeln eine 4-Stunden-Grübelorgie?

    Mal nennPen & Paper Abend verbracht wo sich über das weitere Vorgehen 60 Minuten gestritten wurde?

    Nein. Aber dabei ist man ja wenigstens noch irgendwie involviert. Hast du schon Spiele mit Unbekannten erlebt, bei denen man ernsthaft überlegt, gegen alle Etikette das Smartphone herauszuholen und im Internet zu surfen, weil ein Mitspieler meint, an absolut jedem Zug 5-10 Minuten herumgrübeln zu müssen? Wenn man die ganze Zeit überlegt, wie man möglichst freundlich aus der Situation wieder rauskommt?

    Wie andere User bereits angemerkt haben, lassen sich die Punkte, weswegen man etwas als zäh empfinden kann, weit übergreifend ebenso anwenden. Davor bleiben weder Dungeon Crawler, Adventure Games, Wargames usw. verschont.

    Das ist sicher richtig. Trotzdem würde ich nicht widersprechen wollen, wenn jemand einwendet, dass der Spieler-Typ "perfekt spielen wollender Dauergrübler" eher von Euros als von Dungeon Crawlern angezogen wird, was dann doch wieder irgendwo speziell bei Euros die Gefahr erhöht, dass das Spiel sich deutlich länger hinzieht als es angemessen wäre. Auf offenen Spieletreffs oder auf Spielewochenenden trifft man gelegentlich solche Typen ohne jede Lockerheit, die selbst in der letzten Runde eines Spieles noch 10 Minuten an jedem Zug grübeln und alles durchrechnen, um dann mit 50 statt 40 Punkten Vorsprung zu gewinnen.

    Der Begriff "zäh" ist nun einmal (ab)wertend.

    Ich würde mal davon ausgehen, dass es nicht so abwertend gemeint war, wie es bei dir angekommen ist. Vom Kontext her passt da auch die Interpretation als "kann (beliebig) lange dauern".

    (Dass das "zäh" etwas unglücklich gewählt war, bleibt natürlich trotzdem richtig, genauso wie dein Hinweis diesbezüglich. Und Kritik an handwerklichen und/oder künstlerischer Arbeiten ist im Internet auch schnell potenziell missverständlich, wenn mit den im Prinzip gleichen Worten der eine Nutzer hetzen und der andere nur persönliches Missfallen ausdrücken will.)

    Wobei Bananenfischer gehört doch noch zu den nettesten Leuten hier

    Richtig. Vielleicht meint er auch eher denjenigen, den ich nur mitkriege, wenn andere ihn zitieren, und der hier offensichtlich einen etwas Denglisch-geprägten Sprachstil nachgeäfft hat, um sich wie üblich über andere zu erheben.

    Und ja, ohne Ignore-Funktion wäre das Forum ungenießbar.

    Aber ein Euro an sich ist doch ein kompetitives Spiel bei dem das Ziel ist mehr Siegpunkte als die anderen zu mache und zu gewinnen, so rein von der Prämisse her oder?

    Richtig. Aber es gibt schon eine Menge Grauzone zwischen "ich mache ohne großes Nachdenken irgendwas, was Siegpunkte bringen könnte" und "wenn ich's für notwendig halte, grübele ich auch mal 10 Minuten an einem einzelnen Zug"...

    Die Wichtigkeit von Siegkriterien (üblicherweise, aber nicht ausschließlich: maximiere deine Siegpunkte am Spielende) liegt für mich im Wesentlichen darin, dass sonst die Balance zusammenbrechen kann, wenn Spieler einfach nur komplett zufällig irgendwas machen. In diesem Sinne muss ich mich darauf verlassen können, dass Mitspieler "ernsthaft" spielen. Also zum Beispiel nicht ohne nachvollziehbaren Grund einem Dritten eine tolle Vorlage liefern, so dass dieser dann locker gewinnt.

    Ein gewisser Wettbewerbscharakter ist bei kompetitiven Spielen immer da, muss er auch, damit's "funktioniert", aber niemand zwingt einen, diesen über alles andere zu stellen.

    Wer Euros gut spielen möchte, muss also dementsprechend nachdenken und vorausplanen. Je weniger Spielerinteraktion und je weniger Zufallselemente, desto mehr kann planen in seinem Zug.

    Wer mit dieser Einstellung an Euros rangeht, braucht sich nicht wundern, wenn sie zu Grübelorgien degradieren.