Dann schreibe ich auch gerne mal einen Erfahrungsbericht, da ich anhand der Beiträge im anderen Thread oft das Gefühl vermittelt bekommen habe, dass ich ja die Ausnahme bin und ganz viel Glück habe.
Das glaube ich allerdings nicht. Sicher gibt es Situationen, die es viel schwieriger machen, mit Kind zu spielen. Eine natural 20 für Brettspielkinder habe ich aber auch nicht gewürfelt.
Unsere Tochter (1,5 Jahre) macht praktisch keinen Mittagsschlaf, hat sie noch nie.
Wenn sie tagsüber mal mehr als 30 Minuten am Stück schläft, ist das viel. Dabei schläft sie zu 99% nur neben, auf oder an mir oder meiner Frau dran. Ablegen ist nahezu unmöglich wenn sie schläft, den Raum verlassen undenkbar.
Wir haben uns also schon früh Tragetücher aus dehnbarem Stoff besorgt, die man sich überziehen kann wenn das Kind schon auf einem schläft. So ist es möglich in der Zeit trotzdem problemlos zu spielen.
Ohne jemanden persönlich angreifen zu wollen, aber über das Argument „Nachdem das Kind um 19 oder 20 Uhr endlich im Bett liegt bin ich zu müde um noch ein Spiel aufzubauen“ kann ich nur schmunzeln. Unser Kind geht Abends nicht ins Bett. Wir haben es oft versucht, es geht nicht. Sie geht mit uns schlafen oder garnicht. Selbst wenn wir uns um 9 mit ihr hinlegen und das Licht ausmachen, klettert sie nur im Bett rum und bleibt aktiv. Vor 23 Uhr passiert da nichts.
Also ist sie immer mit im Raum und benötigt mal mehr und mal weniger Aufmerksamkeit, wenn wir Abends spielen. Auch damit haben wir uns arrangiert und versuchen jeden Abend entsprechend ihrer Laune was Kleines, was Großes oder im Zweifel garnichts auf den Tisch zu bekommen.
Natürlich sind das alles sehr individuelle Dinge, aber ich bin der Meinung dass man sich mit genügend Motivation die meisten Umstände seinen Prioritäten anpassen kann. Natürlich gibt es Ausnahmefälle, über die ich mir nicht anmaße zu urteilen.
Neben der Beschäftigung unserer Tochter sind wir vor einem Jahr umgezogen und renovieren seitdem schrittweise Haus und Garten. Das hat dazu geführt, dass unser Spieltisch im Laufe des Jahres in 4 verschiedenen Zimmern stand, wohingegen der Fernseher über 10 Monate in einem Haufen Umzugskartons stand und nicht angeschlossen war. Auch das fällt für mich unter die Kategorie „Motivation und Priorisierung“. Völlig wertefrei. Wenn jemand lieber fernsieht, ist das natürlich fein. Jeder soll in seiner Freizeit machen, was ihn glücklich macht. Dann bitte aber nicht beschweren, dass man mit Kind keine Zeit mehr zum Brettspielen hat. Denn weniger Zeit für eigene Hobbys hat man, das ist anders garnicht möglich. Schließlich ist man für ein Leben mehr verantwortlich.
In meinem Fall hieß das, dass ich seit Dune 1 nichtmehr im Kino war, Netflix, Disney+ und Playstation Plus zwischenzeitlich deabboniert und mein Hobby als Amateurschriftsteller komplett pausiert habe. Im Urlaub waren wir seit 5 Jahren dank covid sowieso nichtmehr, daher ist die Zeit auch schon wieder zum Spielen drin.
Wichtig für den Kontext ist vermutlich noch, dass ich 90% der Spielzeit mit meiner Frau spiele, da unser Freundeskreis über ganz Deutschland verteilt lebt und wir vor Ort außer Krabbelgruppen noch keinen großen Hobbyanschluss haben.
Die restlichen 10% sind Besuche von Freunden oder Wochenenden auf die vorrangig ich fahre um andernorts mit Freunden zu spielen.
Wenn Besuch da ist, beschäftigen wir uns natürlich auch gemeinsam mit dem Kind, gehen spazieren, essen Kuchen und machen Dinge, die andere Leute auch tun. Allerdings spielen wir auch so viele Spiele, wie es die Zeit zulässt, gerne auch mal bis tief in die Nacht während das Kind bei einem von uns auf dem Arm schläft. Das führt dann gerne mal zu extrem anstrengenden Montagen, aber den Preis sind wir bereit alle 2 Monate oder so mal zu zahlen.
Vor zwei Wochenenden bspw. haben wir zu dritt an 3 Tagen je eine Partie Frostpunk, Everdell mit 2 Erweiterungen, Imperium:Legends, 3 Partien Beast, Cascadia, Knarr und zwischendurch immer mal Sky Team gespielt, wenn einer beim Wickeln oder Kochen war.
Ich hoffe das macht dir Mut, dass man auch mit Kind Zeit zum Spielen finden kann, auch wenn man sicherlich engmaschiger priorisieren muss und dafür dann andere Dinge zeitweise hintanstehen müssen. Idealerweise natürlich nie das Kind.