Beiträge von PalioDeMonte im Thema „Frosted Games: Änderungen im Vertrieb“

    Wenn die Verkäufe nicht geringer als erwartet waren wundert mich aber, dass das Spiel so schnell - und auch bei Frosted selbst - rabattiert wurde.

    Es gab bei Online-Händlern schon Rabatte, bevor das Spiel in Essen überhaupt erschienen ist. Die können noch gar nichts mit irgendwelchen Verkaufszahlen zu tun gehabt haben. Das Spiel war sogar auf der Messe selbst bei Händlern günstiger zu bekommen als bei Frosted Games am Stand.

    Viel effektiver hätte ihnen ihr eigener Vertrieb gar nichts ins Knie schießen können.

    (Und vielleicht bringt uns das dann auch wieder weg von der Diskussion über Endless Winter und zurück zum neuen Vertriebsmodell.)

    Ich finde das Beispiel ganz erhellend, weil wir am Beispiel Endless Winter einige Dinge im Vertrieb sehen, die mich als Verlag auch stören würden. Also bleiben wir noch einen Moment dabei.

    Die Ausgangssituation war ja folgende: Ein erfolgreicher Kickstarter, ziemlicher Hype vorab in Geek-Kreisen, vor allem im englischsprachigen Bereich. Die SPIEL 2022 naht, Exemplare für Frosted/Pegasus sind schon da, die Exemplare für Fantasia Games noch nicht. Um den Kickstarter-Backern entgegenzukommen, wird der Release so weit wie möglich zurückgehalten, aber auf der SPIEL muss das Spiel da sein, keine Frage. Der UVP lag bei 89,99 €, wenn ich mich richtig erinnere.

    Was passiert? Der eigene Vertriebspartner und alle dort angeschlossenen Händler haben das Spiel auf der Messe für 69,00 €, also lächerliche 20 Euro weniger als der Verlag. Weil der Vertrieb entscheidet, einen Teil seiner Marge an die Kunden weiterzugeben. Und der Verlag muss entscheiden, ob er nachzieht und den Preis senkt (also quasi ab ET mit Dumpingpreisen arbeitet) oder den Preis hoch hält und dementsprechend weniger verkauft. So oder so, jegliche vernünftige Kalkulation ist damit zum Teufel.

    Das Spiel war, wenn ich mich richtig erinnere, ab Dezember/Januar überall ausverkauft. Nicht zum vom Verlag beabsichtigten Preis, aber da hat man, wenn man mit Großhändlern arbeitet, keine Hoheit drüber. Also kein Flop, sondern durchaus ein Erfolg. Dementsprechend heißt es: Nachdrucken! Leider zieht sich der Nachdruck, wie in vielen Fällen seit 2021, länger als gewünscht und statt im Sommer kommt der Nachschub erst kurz nach (hab ich das richtig im Kopf?) der SPIEL. Das Problem ist jetzt: Weil gerade so viel Ware ankommt, sind die Lager beim Großhändler voll (zumindest stelle ich mir das so vor). Außerdem ist das Verhältnis in den letzten Monaten deutlich abgekühlt. Was passiert also? Der komplette Nachdruck wird so schnell wie möglich in den Markt gejagt, koste es, was es wolle. Die Preissenkungen kommen, bevor überhaupt klar ist, wie die Nachfrage am Markt aussieht. Und die Kunden sind verunsichert, warten auf den nächsten Bestpreis, der ab jetzt nur noch einen Weg kennt: nach unten. An weitere Nachdrucke ist für den Verlag nicht zu denken, weil der UVP mittlerweile bei 99,99 liegt, Thalia, Hugendubel und Co den Titel aber für die Hälfte raushauen.

    Ein neuer Plan muss her und für Frosted ist das die Trennung von Pegasus. Wenn ich mir die Grafik bei brettspiel-angebote.de anschaue, wurde die Entscheidung final spätestens zum Jahreswechsel kommuniziert - ab Januar macht Pegasus seine Lager leer und will mit dem Spiel nichts mehr zu tun haben. Ich habe gerade in diesem Fall jedenfalls nicht den Eindruck, dass der Preissturz irgendetwas mit der Rezeption des Spiels zu tun hat.

    Gerade dieses Beispiel zeigt für mich, warum Frosted das macht. Bei den relativ kleinen Auflagen ist es wichtig, dass die Erlöse pro Exemplar stimmen - was in einem Spannungsverhältnis mit dem Versuch steht, den UVP in einem sinnvollen Bereich zu halten. Bei höheren Auflagen mag es funktionieren, einen gut ausgestatteten Premium-Titel mit einem UVP von 89 € so zu kalkulieren, dass er für 50 € beim Kunden ankommt und an der Wertschöfungskette alle - Händler, Zwischenhändler, Verlag - mitverdienen. Aber eigentlich sieht ein realistisch kalkulierter Titel für 79 € bei diesem Vertriebsmodell eher aus wie #eMission, dem man seine Kompromisse in der Ausstattung ansieht.

    Insofern (und damit kriege ich mal die Kurve zurück zum neuen Vertriebsmodell) hoffe ich, dass Frosted einen Weg gefunden hat, weiterhin gut ausgestattete Spiele zu einem akzeptablen Preis zu veröffentlichen, bei dem sie genug verdienen um weiterzuarbeiten und der Handel trotzdem mitverdienen kann. Vielleicht ist da noch nicht alles perfekt, aber ich glaube zumindest, dass es sich hier um ein aufrichtiges Bemühen handelt. Und für uns ändert sich nur, dass wir uns die Preisabschläge von 20 € gleich bei Veröffentlichung abschminken können. Als regelmäßiger Crowdfunding-Backer begrüße ich das, weil es meine persönliche Frustration auch minimiert ;)

    Endless winter halte ich aus einem einfachen Grund für ein schlechtes Beispiel: das Spiel kam bei den Endkunden einfach nicht so gut an wie erhofft. Hier im Forum, in meinem Bekanntenkreis, aber auch in der zweiten Runde der sozialen Medien mehrten sich da negative Einschätzungen und entsprechendes Word of Mouth. Die 7,8 ist vorrangig durch Eintragungen vor Veröffentlichung der Retail entstanden und für KS typisch, aktuell gibt es immer mehr ernüchterte Einträge zwischen 5 und 7. Wenn die Verkäufe da bei Frosted eingebrochen sind, hat das m.E. bei diesem Spiel auch etwas mit seiner Qualität zu tun (was nicht die generelle Argumentation in Frage stellen soll, dass Rabattierungen zur Messe für Frosted geschäftsschädigend sind,).

    Ich denke nicht, dass da Verkäufe "eingebrochen" sind, weil es einige sehr lautstarke Kritiker des Spiels gab. Zumal ich es angesichts von 7700 Ratings, die auch aktuell überwiegend bei 8 und 9 liegen, für eine steile These halte, deine eigene Erfahrung zu verallgemeinern. Das machst du doch sonst auch nicht.

    Ich verstehe jeden, dem das nicht "crunchy" genug ist, aber halte Endless Winter noch immer für ein sehr gutes Sandbox-Euro mit einem interessanten, eher lockeren Spielgefühl.

    cLamserY Ohne den Fall jetzt zu kennen: Der große Vorteil von Großhändlern ist, dass ich Bestellungen bei verschiedenen Verlagen bündeln kann, ohne jeweilige Mindestbestellwerte erfüĺlen zu müssen. Das heißt, ich kann auch z.B. 5 Exemplare 20 Strong nachordern, wenn ich sonst nichts von Frosted brauche, aber z.B. noch 10 MicroMacro und 10 Vale of Eternity. Direkt beim Verlag lasse ich das erstmal sein, bis ich dann z.B. noch 5 TMB brauche und meine 10 vorbestellten Unconscious Mind kommen. Und dann bin ich halt nicht so lückenlos lieferbar. Aber irgendwann bekomme ich das alles wieder rein...

    mavman Am Schwerkraft-Modell ist eigentlich nichts falsch, es rumpelt da nur bei der Umsetzung, sprich dem konkreten Umgang mir Handwls- oder Endkunden. Aber dafür haben wir einen eigenen Thread. Lasst uns hier beim Frosted-Modelĺ bleiben. Ich erhoffe mir hier sowas wie "nachhaltig kostendeckende Konditionen + Kundenservice". Skellig hatte ich da als vergleichbar wahrgenommen, auch wenn ich da die Struktur von deren Handelsvertrieb nicht kenne.

    Was bedeutet das für Online Shops wie die Spiele-Offensive, Milan, Fantasywelt, Thalia, buecher.de, Weltbild, bol.de etc.?

    Wer von denen würde denn direkt bei Frosted Games bestellen? Bei Thalia kann ich mir das weniger vorstellen, bei Milan schon eher

    Naja, Thalia ist einer der wenigen (Online-)Händler, der Schwerkraft-Titel führt - das dürfte nicht über zwischengeschaltete Großhändler gehen.