Beiträge von koala-goalie im Thema „09.10.-15.10.2023“

    #Karvi

    Ich lief am Spieletreff dieser schöne Neuheit von Hans im Glück über den Weg und hab mal ja gesagt bevor ich wusste um was geht und was für eine Art Spiel es ist...

    Es geht um Wikinger, um Schiffe (daher der Name), Krieger, Händler, Bier ... Oder um ein nach der Glenmore/Kraftwagen-Zugreihenfolge funktionierendes Aktionsrondell und letztendlich darum Ressourcen irgendwie in Schiffstableauausbauten und Siegpunkte zu tauschen.

    Das funktioniert so, dass man in seinem Zug, also wenn der eigene Spielstein (ein "Bier-Würfel") ganz hinten liegt, diesen auf ein beliebiges freies Feld nach vorne zieht, den dort abgebildeten Bierpreis durch "runterdrehen" des Würfels bezahlt und die dort abgebildete Aktion ausführt. Zusätzlich darf man in seinem Zug freie Aktionen machen, und deren wichtigste ist das Ziehen des eigenen Schiffs auf dem Nordseeplan gegen die Abgabe von Proviant. Mit dem Schiff sammelt man so Handelsaufträge oder Plündergelegenheiten, die man durch eine Handels- oder Plünderaktion auf dem Aktionsrondell in das eigene Tableau einslotten darf und damit nicht nur dicke Siegpunkte generiert sondern auch stärkere Erholungs-Aktionen frei schaltet. Denn Bier als Treibstoff für das Aktionsrondell und der Proviant als Treibstoff für das Schiff sind immer knapp und nicht jeder bekommt regelmäßig Gelegenheit beides aufzufüllen. (So sind jeweils nach einer halben Runde auf dem Rondell entsprechende Felder angebracht, aber auf der einen Seite muss man sich oft für eins der beiden entscheiden und die der anderen Seite sind es jeweils drei, so dass bei vier Spielern einer leer ausgehen muss ...)

    Und für die Plünderungen muss ich als Ressource Krieger anheuern und verletzten und für den Handel gebe ich Felle, Silber und Goldbarren ab.

    Zwei weitere Mechanismen sind noch eine Erwähnung wert: zum Einen gibt es Entwicklungskarten, welche mir mit der Schiffsbewegung bzw. mangelndem Proviant oder auch mit Schlachten und verletzten Kriegern oder Biermangel und anderen Widrigkeiten des Aktionsrondells gegen Ressourcenabgabe aus der Patsche helfen. Das Ausspielen ist eine freie Aktion, das Erhalten befindet sich auf dem Rondell.

    Und zum Anderen kann ich mein Schiff für besondere Fähigkeiten ausbauen oder neue Hinkelsteine für persönliche Endwertungsziele aufstellen. Diese individualisieren das Spiel etwas.


    Ich würde es jetzt als in Summe doch eher gehobenes Kennerspiel einordnen, weil ...

    • Es im Kern nicht so viel Komplexität enthält. Es konzentriert sich doch ziemlich auf den Kernmechanismus des Aktionsrondells.
    • Man ziemlich schnell ohne Bier oder Proviant dastehen kann und das mitunter ziemlich doof ist. Und dann können die lieben Mitspieler einem das auch noch Vorenthalten ... wenn man nicht aufpasst.
    • Die weiteren Mechanismen mit den Karten und Schiffsupgrades durchaus mächtig sind, wenn diese clever genutzt werden können.

    In unserem Spiel erreichte der Gewinner 184 Punkte, der zweite 175, der dritte etwas über 150 und Nummer vier hatte eine Katastrophenpartie mit einstelligen Punkten. Jeweils ca. die Hälfte kam über die Endwertung, die beiden vorderen Plätze haben ihre Schiffe früher ausgebaut und ihre daraus resultierenden Fähigkeiten besser und öfter benutzt. Außerdem waren alle drei Hinkelsteinplätze für Endwertungen besetzt. Beide setzten auf den Handel und schalteten alle sechs Handelsplättchen frei. Und obwohl ich die Wichtigkeit des Bieres auf dem Rondell direkt erkannt hatte, unterschätzte ich ziemlich wie knapp der Proviant ist.

    Interaktion ist über die Aktionsreihenfolge und auch ein paar weitere Kleinigkeiten durchaus in zum Spiel passendem Maß vorhanden. Die Züge der Mitspieler in mein Spiel mit einzubeziehen, macht mein Spiel besser. Thematisch sollte man Euro-typisch eher ein Auge zu drücken, die großen Linien passen schon irgendwie, aber im Detail wird's thematisch gesehen etwas seltsam. Aber das Spiel ist schön gestaltet, das Material umfangreich und die Pappschiffe sehen ziemlich gut aus. Manche Mitspieler bemängelten den (beim Plättchen und Karten Ziehen) vorhandenen Zufall, ich empfand diesen als angenehm dosiert.

    Insgesamt ist das Spiel ein gutes, aber auch sehr klassisches Euro. Mit hat es viel Spaß gemacht, aber ein Gefühl von großer Originalität wollte sich nicht einstellen. Also "Just another Euro", aber ein Gutes. Spiele ich gerne wieder mit, würde es auch vorschlagen, aber eine Aufnahme in die eigene Sammlung ist derzeit nicht geplant.


    #Septima

    Zu dritt gab es gestern noch Septima, für alle die Erstpartie, daher wurde die Einsteigervariante verwendet. In dieser hat man nur acht statt neun möglicher Aktionen zur Verfügung, der Ritualtrack fehlt und noch ein paar andere Features. Und die Kernideen von Septima gefallen mir richtig gut: Diese Aktionsauswahl mit Verbindungsbonus (wenn mindestens ein weiterer Spieler diese Aktion wählt), welcher dann durch zusätzliche Aufmerksamkeit der Hexenjäger vergolten wird, die Zutaten für nur in bestimmten Mondphasen wachsen, die Hexenprozesse. Das ganze sieht super aus und die Idee und die Aktionsmechanik sind auch erstmal ganz spannend.

    Aber nach einmal drüber schlafen bin ich mir nicht so sicher, ob mir das nicht alles ein wenig zu entschärft, zu "weich gespült" ist.

    • Dieser Verbindungsbonus kommt mir bei manchen Karten unterschiedlich stark vor und oft auch einfach zu schwach um dafür den Verlust einer Hexe zu riskieren. Das meine ich jetzt nicht mechanisch oder Balance-technisch (wie auch, Erstpartie), aber aus dem Dilemma dieser Entscheidung hätte mehr heraus geholt werden können. Wenn ich den Bonus unbedingt haben will, könnte ich mit anderen Spielern über die Aktion verhandeln. Aber das war gestern selten der Fall, wir haben zwar verhandelt, aber die Entscheidung war nicht "thrilling"
    • Der Hexenjäger ist - wenn man mit dem Sammeln fertig ist - ziemlich zahnlos. Ich habe in der zweiten Runde eine Hexe verloren (und wieder gewonnen) und mir danach gedacht, dann kann ich ja auch alles (außer Sammeln) in der Mitte des Dorfes machen. Zutaten hatte ich bis dahin ausreichend beschafft.
    • Siegpunkte in der abgespeckten Variante erhält man über geheilte Bürger und persönliche Sammelziele. Die Sammelziele (z.B. habe X Tränke übrig oder X loyale Bürger im Gerichtssaal) empfand ich persönlich leider auch etwas langweilig, sodass ich mich mehr auf die Heilung fokussiert habe. Und ... Hier stört mich dann doch etwas das Krankenhaus, welches sich gut nutzen lässt um die Punkte der Leisten hoch zu pushen. Die Boni braucht man gegen Ende meist eh nicht mehr und die Siegpunkte sind so Timing-unabhängig garantiert.
    • Oft hat man die nächsten Aktionen schon voraus geplant und das Spiel tut wenig um einen mit Alternativen zu verführen. Und in der abgespeckten Variante kam es zu Situationen wo ich meine kurzfristigen Ziele erreicht hatte und keine Aktionen fand, was ich aktuell noch dringend brauchte oder vorbereiten müsste. Das führt dann dazu, dass in den 20 Aktionen des Spiels nur halb so viele wichtige Entscheidungen versteckt sind.

    In gewisser Weise wirkt Septima auf mich wie ein Prototyp mit guten Ideen, der dann mit einer Null-Acht-Fünfzehn-Wertung vervollständigt wurde. Septima ist bei weitem kein schlechtes Spiel (sondern ein gutes), und ich hatte Spaß. Und ich freue mich auf eine Folgepartie mit kompletten Regeln. Nur hätte ich mir etwas mehr erwartet. Trotz originellem Setting, schönem Deluxe-Material und einiger originellen Ideen fühlt sich Septima mehr nach JASE (diesmal mit "Soulless" :evil: ) an, als das oben genannte, auch sehr klassische Karvi. Vermutlich gehöre ich hier nur bedingt zur Zielgruppe.

    Ich hatte ursprünglich selbst überlegt es zu unterstützen, mich aber noch dagegen entschieden. Ich glaube aktuell, dass war die richtige Entscheidung. Aber vielleicht könnt es ja bald zu einer vollen Partie und mein Eindruck korrigiert sich. Endstand war übrigens 106 zu 102 zu irgendwas über 70.