misterx
Ich kenne nicht alle Civ-Spiele, aber wenn man mir die Pistole auf die Brust setzen würde und ich das Spiel ENTWEDER als Civ- oder als Heavy-Euro-Spiel betiteln müsste, würde ich zum Heavy Euro neigen.
Man hat eine Weltkarte, auf der man sich bewegt, man erforscht Orte und Ressourcen, man kann Ressourcen abbauen und verarbeiten, man kann Technologien entwickeln und sich verbessern. Das ist da alles drin. Sind halt Holzmarker, die du auf der Karte platzierst oder auf dein Tableau stellst. "Krieg" findet allerdings nicht statt, außer in einem sehr rudimentären Verdrängungsmechanismus, den man benutzten KANN (wodurch man selbst einen kleinen Nachteil erhält, und die Nahrungskosten für den anderen Spieler erhöht, wenn dieser seine Leute nicht anschließend wieder weg bewegt), wenn man ein konfrontativer Spieler ist. Wir haben es gestern nicht getan. Area Control findet gar nicht statt.
Von daher: Es ist wirklich eher Optimierspiel als Civ-Spiel, aber es bindet halt die oben genannten Elemente alle sinnvoll ein.
Gut möglich, dass man das als Leistenschieber sieht, aber mich hat es doch eher an Voidfall erinnert als an z.B. Tapestry. Es gibt ein paar Entwicklungsleisten, die man hochgehen kann (ähnlich den klassischen Tempelleisten), von denen man aber realistisch maximal ein oder zwei hinauf wandert, und die nur einen kleineren Aspekt des Spiels ausmachen, alles andere ist vornehmlich Tableau-Building und Aktionsmaximierung. Es gibt auch keine großen Boni oder so. Ein paar, aber nicht viele.
Tantis:
Ich sehe da zwei Faktoren:
1. die Erfahrung. Es ist einfach wirklich, wirklich, wirklich viel. Ich meine, du hast von Beginn an 21 Aktionen zur Auswahl (in jeweils 3 Ausbaustufen), es gibt 18 unterschiedliche Ressourcen, du hast Effekt Karten auf der Hand, es gibt Einkommen und Sonderaktionen, Zielplättchen und, und, und. Es ist einfach wirklich viel, und du wirst in einem Spiel niemals alles davon nutzen können.
(Ein schönes Beispiel aus der Partie gestern: ich habe mich sehr auf die Rundenziele gestürzt und diese gefördert, wodurch mein Tableau fast leer blieb und ich nur sehr wenig entwickelt habe, aber in der ersten Spielhälfte so gut wie alleine auf der Weltkarte unterwegs war. Ein Mitspieler hat sich auf sein Tableau gestürzt, wodurch er so gut wie nichts auf der Weltkarte hatte und der dritte Spieler hat in der ersten Spielhälfte vornehmlich auf einen Entwicklungsaspekt konzentriert und in der zweiten dann noch die halbe Weltkarte bevölkert und erkundet.)
Das bedeutet, gerade in der ersten Partie dauert es einfach wirklich LANGE, bis man das alles aufgenommen hat.
Aber irgendwann macht es Klick, denn alles ist sehr logisch und komplakt aufgebaut und miteinander verbunden und am Ende trotz der Menge wirklich sehr übersichtlich. Ich hatte jedenfalls die Erfahrung, dass ich zu Beginn der Erklärung dachte: Hui, ist das alles viel, und am Ende der Partie ist das alles wie ein Haufen Spinat in der Pfanne in sich zusammengeschrumpft und kam mir gar nicht mehr so viel vor. Aber am Anfang ist es eine Menge.
Und 2. deine Mitspieler. Wir sind ja in meiner Gruppe alles Grübler, da dauert ohnehin alles länger.
Und wie oben erwähnt, bietet das Spiel eine Menge Möglichkeiten - wie gesagt, 21 Aktionen. Diese schrumpfen aber recht schnell zusammen, aus 2 Gründen:
a) Man kann gar nicht alle machen. Entweder gibt es keine Rohstoffe zum verarbeiten, oder man hat keine interessanten Rohstoffe in der Nähe, die man abbauen will, man will keine Stämme migrieren, oder sich nicht fortpflanzen, weil man die Nahrung nicht hat, man kann nichts bauen oder will keine der Karten ziehen, die bereit liegen, oder, oder, oder.
b) Jede Aktion kostet zwei Würfel, von denen man Anfangs sechs hat. Und jede Aktion braucht zwei Würfel mit bestimmten Werten: Zum Beispiel braucht "Erkunden" eine 2 und eine 4. Hast du keine 2 und keine 4, kannst du also nicht erkunden.
Es gibt diverse Möglichkeiten, Werte zu manipulieren oder Marker als Würfel zu benutzen, aber die muss man eben auch erstmal haben. Das heißt, deine vorhandenen Würfel schränken deine Optionen ebenfalls ein. Hast du keine Würfel mehr (oder willst du die, die du noch hast) nicht verwenden, führst du einen Reset aus, bei dem du alle Würfel neu wirfst. Danach ist die Auswahl an möglichen natürlich wieder größer. (Allerdings rückt jeder Reset eines Spielers das Ende der Ära ein Stückchen näher.)
Ich würde hier also Folgendes sagen: ca. 1 Stunde für die erste Regelerklärung (kann kürzer sein, wenn man die Informationen auf den Spielertableaus gut durchblickt, denn die sind alle da und sehr übersichtlich. Powerplant wird sich freuen. ), und anschließend nochmal 1 bis 1,5 Stunden pro Spieler in der Erstpartie, auch abhängig vom Grübelgrad.
Kennt man das Spiel, denke ich, dass es gut in 40-60 Minuten pro Spieler machbar ist, auch je nach Grübelgrad.
Wie so oft in solchen Spielen dauert es am Ende etwas länger, weil man in den letzten ein, zwei Aktionen nochmal durchrechnet, wo die meisten Punkte liegen mit dem, was man noch machen kann.
Wir haben jedenfalls gestern zu dritt nicht ganz 4 Stunden gebraucht (nach der Erklärung).