Beiträge von MetalPirate im Thema „Die Faszination von...Darwin's Journey“

    Was ich aber nun wirklich nicht verstehen kann: Warum gibt man sich soviel Mühe und öffnet ein neues Thema mit langem Text zu einem Spiel, das man eher so semi-gut findet, obwohl es doch nachweislich (wie du selber schreibst) genug Alternativen gibt. Ist das nicht verlorene Liebesmüh?

    Ich schätze mal, weil man die Hoffnung hat, irgendetwas an dem Spiel übersehen zu haben und dass es doch die Perle ist, für die es viele halten.


    Aus einem ähnlichen Grund hatte ich mal in einem längeren Thread-Startbeitrag nach dem Reiz von Terra Mystica gefragt, nachdem meine Erstpartie ein kompletter Reinfall war (was u.a. an dämlichen Hausregeln lag, nach denen auf Empfehlung des Spielbesitzers gespielt wurde).

    Puh. So viel Text im Startbeitrag. Jetzt im dritten Anlauf mal komplett durchgelesen. Aber wer sich so viel Mühe mit dem Startbeitrag gibt, der verdient auch eine ausführliche Antwort. Auch wenn ich mit bisher vier Partien (und ohne jede Lobeshymnen hier im Forum) sicher nicht der beste Verteidiger des Spiels bin.

    Bisher würde ich nämlich Darwin's Journey (ab jetzt: DJ) bei 8/10 sehen, durchaus mit Chancen zu Höherem. Aber klar ist: andere Spiele wie etwa Teotihuacan oder Bonfire hatte ich zu diesem Zeitpunkt schon mehr ins Herz geschlossen. Anderes, was hochgelobt ist, z.B. Arche Nova, steht dagegen bei mir auch nach 10+ Spielen immer noch "nur" bei 7,5, sprich: spiele ich gerne mit, aber ich verstehe die Faszination daran nicht wirklich. Und das ist völlig okay so. Es muss nicht jedes Spiel bei jedem gleichmaßen zünden...


    Einzelne Sachen mal herausgegriffen:

    Was macht für euch die Faszination dieses Spiels aus?

    Das hat für mich thatmountain in Beitrag 12 sehr gut getroffen. In Kurzform: haufenweise interessante Spielentscheidungen.

    Nur mit seiner Einschätzung von Barrage als Meisterwerk gehe ich nicht ganz konform. Für mich reiht sich Darwin's Journey Stand heute nahtlos unter die bisherigen Luciani-Highlights Marco Polo, Tzolk'in, Tiletum oder von mir aus auch Barrage ein. Die liegen für mich allesamt so im Bereich 8,0 bis 8,5 -- und damit unter eine ganzen Reihe von echten Meisterwerken wie etwa Teotihuacan. Solche echten Meisterwerke hat Luciani für mich bisher keine produziert. Viel Gutes, einiges Sehr Gutes, nichts Überragendes.


    Worker Placement Titel gibt es, vor allem im Kenner- und Expertenbereich, wirklich nachweislich wie Sand am Meer.

    Richtig. Aber in dem Bestreben, nichts Besonders an DJ finden zu wollen, listest du anschließend viele Spiele mit Worker Placement Anteilen auf, die im wesentlichen doch andere Schwerpunkte haben. Wie ein mindestens mal gleichberechtigter Deck Building Anteil bei Endless Winter oder Ruinen von Arnak. Da schießt du etwas über das Ziel hinaus.

    Außerdem: wie verbreitet Worker Placement ist, sollte keine allzu große Auswirkung auf die Bewertung eines konkreten Spiels haben. Spiele sind gut oder schlecht. Das ist es, was zählt. Und im Endeffekt ist Worker Placement für mich auch nur eine Realisierungsform von Aktionsauswahl -- und in seinem Zug eine Aktion zu wählen, ist nun mal zentrales Element fast jedes Spiels.


    Was ich aber persönlich eher weniger verstehen kann, ist, wieso man sich ausgerechnet Darwin's Journey bei sich Zuhause ins Regal stellt

    Vorsicht. In einem Forum wie diesem schreiben hunderte unterschiedliche Leute. Nicht jeder hat DJ zuhause. Du hörst nur von denen, die es haben. Und wenn's denen überwiegend gefällt, tja, dann loben sie's halt. Warum auch nicht? Von denen, die sich sagen "och nö, DJ brauche ich nicht, Worker Placement Spiele habe ich genug", wirst du in einem Forum schlicht gar nichts zu dem Thema DJ lesen.


    Das Artwork des Boards von "Darwin's Journey" ist ein zartes "Grau in Beige in Ocker in Braun" und damit eine liebevoll trostlose Hommage an alle altbacken anmutenden, unansprechenden JASE-Italoeuros des letzten Jahrzehnts.

    Na und? Wenn (und das ist eine elementare Einschränkung hier!) ein Spiel in einigen Punkten sehr gut oder gar herausragend ist, dann kann ich Schwächen in anderen Feldern problemlos verzeihen. Sei es fehlende Eignung für bestimmte Spielerzahlen oder unspektakuläres Artwork oder einen schwierigen Einstieg beim Erlernen oder eine mittelmäßige Spielregel oder ein Thema, das ich normalerweise nicht so mag. Oder sonst irgendetwas, das unter die Kategorie "lösbares bzw. ausblendbares Problem" fällt.

    Konkret zum DJ-Artwork: Das gibt bei mir sicher keine Pluspunkte. Aber eben auch keine Minuspunkte. So furchtbar ist's dann auch nicht.


    Also noch einmal fix heruntergebrochen: Arbeiter, 4 Leisten, Aufträge, Spezialisieren, Tokens & Kettenzüge. Kennen wir alles. Been there, done that. Mechanisch ist hier wenig Neues drin, sondern nur sehr viel Altes, einmal kraftvoll verquirlt.

    Innovativ ist's sicher nicht, aber meiner Meinung nach stellst du DJ hier zu schlecht dar. Da sind andere Italo-Euros deutlich näher am puren Kopieren von Bekanntem. Nicht zuletzt sind da so viele Zutaten verquirlt, dass es meiner Meinung nach von Autor und/oder Redakteur schon eine deutlich überdurchschnittliche Beherrschung des Spieleentwicklungs-Handwerks braucht, um sowas überhaupt zum Laufen zu kriegen.


    Erstens: einige der genannten Sachen gibt's auch als Boni außerhalb von Worker Placement Feldern. Und ja, da sind wirklich interessante Effekte dabei. Zweitens, häufiger Regelfehler: wenn du ein Feld freischaltest, darfst du es direkt einmal nutzen, und das sogar auch denn, wenn du die Siegel-Voraussetzungen (noch) nicht erfüllst. Das wird von Anfängern gerne unterschätzt.


    Das ist schon sehr restriktiv. Ich kann diese "tollen", starken Aktionen im Vergleich zu den eher langweiligeren, schwachen Standardaktionen demnach erst circa in Runde 3-5 machen. Mein Spielzreiz sagt mir aber, ich möchte sie eben auch gern schon in Runde 1 machen können. Und das ist sehr schwierig bis nahezu unmöglich, was ich persönlich schade finde. Ein früherer Zugang zu diesen hätte in meinen Augen den Spielspaß erhöht.

    Ganz direkt gesagt: Du solltest das Spiel vielleicht noch ein paar mal spielen. Dann dürfest du sehen, dass man starke, belohnende Aktionen auch schon früher bekommen kann.


    Zudem ist es noch so, dass, wenn ich auf ein Feld gehen möchte, wo jemand anderes oder man selbst im gleichen Bereich ist, man Strafe bezahlen muss.

    Falsche Einstellung. Beim klassischen Worker Placement (Agricola & Co) kannst du belegte Felder gar nicht mehr nutzen. Dann ist's doch belohnender, wenn man es gegen Zusatzkosten (nicht Strafe!) doch noch kann. Und dass die Zusatzkosten mit der Spielerzahl skalieren müssen, ist doch klar. Bei anderen Spielen wie Great Western Trail (Nutzung fremder Gebäude) ist's doch genauso.


    Aber gerade in der jüngeren Vergangenheit hatten eigentlich die Spiele den meisten Erfolg, die eher eine Linie des konstanten Belohnens gefahren sind, als diejenigen, die einem immer mal wieder auf die Finger schlagen und sinngemäß sagen: "Du darfst das jetzt nicht/kannst das jetzt nicht machen, weil dir fehlt dafür XYZ!".

    Das sehe ich überhaupt nicht so. Erst aus dem Überwinden von Hindernissen kommt die Befriedigung, etwas erreicht zu haben. Nicht aus dem Zugeschmissen-Werden mit Belohnungen.


    Also sieht man sich im Zweierspiel sehr oft vor dem Dilemma: "Mache ich jetzt das, was ich eigentlich unbedingt machen möchte, obwohl es schweineteuer ist, oder gehe ich auf ein ganz anderes, kostenloses Feld, mit einer Aktion, die mir gerade eigentlich gar nicht so viel bringt?".

    [...]

    Eine Loose-Loose-Loose-Situation.

    [...]

    Überall gibt es Zwänge, die Optionen sind sehr limitiert, die guten Felder schnell weg, andere kann ich nicht benutzen weil ich nicht die richtige Siegelkombination habe, nicht genügend Geld habe oder das Feld noch nicht einmal gebaut wurde. Klar gibt es dann fairerweise hier und da auch mal wieder eine Partie, wo alles flutscht und man genug Geld hat und alles ein bisschen wie am Schnürchen läuft aka der eigene Plan komplett aufgeht, aber diese sind imho sehr, sehr selten und bei gleicher Gegnerstärke eher rar gesäht.

    Mit mehr Spielerfahrung könnte/dürfte/sollte dieses Gefühl verschwinden.


    Abschließend: Ich empfehle DRINGEND (wie eigentlich bei allen komplexeren Titeln), bei der Erstpartie mit dem empfohlenen Setup, hier u.a. mit festen Crew Cards, zu spielen. War bei meiner ersten Partie mit fremdem Erklärer nicht der Fall und das hat direkt zu einer ziemlich unbefriedigenden Partie geführt.