Hier gab es Freitag einen Überraschungsspieleabend, da ein alter Schulfreund etwas überraschend in der Stadt war und eigentlich zum Filmegucken vorbeikam, dann aber mangels geeigneter Filmvorschläge doch zum Spielen überredet werden konnte:
#GIPF, #YINSH , #LYNGK : Der Mann ist Profi in abstrakten Spielen (immerhin seit den 1980ern FIDE-Meister), insoweit hab ich bei solchen Spielen generell die Chancen eines Schneeballs in der Hölle, Spaß macht es natürlich trotzdem. LYNGK kannte er noch nicht, da konnte ich zumindest die erste Partie für mich entscheiden. Es hilft, dass sich dieses neueste GIPF-Spiel deutlich zufälliger und agressiver spielt als die Vorgänger. Ab der zweiten Partie konzentrierte er sich allerdings darauf, die Voraussetzung für die Lyngk-Regel zu schaffen und sehr erfolgreich zu nutzen (Stein auf gleichfarbigen Stein ziehen, was man dann als Ausgangspunkt für einen direkt folgenden zweiten Zug nutzen kann). So hatte ich das Spiel noch nicht erlebt, und so gespielt wird es dann wirklich anspruchsvoll (bisher hatte ich den Eindruck, es handele sich eher um ein Leichtgewicht der Reihe). Ich mag die GIPF-Reihe, stelle aber wieder einmal fest, dass ich einfach nicht die Hirnkapazität habe, um meine Züge so vorzuplanen wie es die Spiele verdienen und gegen geübte Spieler verlangen.Spaß macht hier aber auch verlieren, und ich lerne dabei besser zu werden.
#Calico: Hier hatte ich dann die Nase vorn, was aber nur an größerer Spielerfahrung lag. Calico ist für mich immer noch der schlimmste Hirnverbrutzeler, der es je ins Ravensburger-Programm geschafft hat (bisher hatte diesen Titel das alte Shogun inne). Ein brutales Plättchenlegespiel, bei dem imho einfach eine Siegbedingung zuviel gleichzeitig zu beachten ist, und bei dem man zufrieden sein muss, wenn man es weniger schlecht spielt als die Mitspieler. Für meine Runden ungeeignet, daher war ich froh es doch nochmal rausholen zu können. Kam aber nicht gut an ("das ist doch komplett zufällig!" lautete das nach einer Partie etwas voreilige Urteil).
#Lacrimosa: Endlich war der Preis angemessen gesunken, so dass auch ich mir diese Essen-Neuheit geleistet habe, die mich von allen Titeln des Jahrgangs wegen des grandiosen Themas mit am meisten interessiert hat. Erste Überraschung: Das Teil ist ein gehobenes Kennerspiel, ich habe keine Idee warum das seinerzeit im Essenkontext als Expertenspiel eingeordnet wurde. Die sechs Aktionsmöglichkeiten sind sehr klar, auch das Spielziel bleibt konstant vor Augen und wird sehr geradlinig verfolgt (was in meinen Augen nichts Schlechtes sein muss). Das Kartenmanagement erinnert stark an Rokoko, ist aber etwas leichtgängiger, da man ja nur die stärkeren Karten nach Aufwertung behält. Das Material (insbesondere die Spielerboards) ist über jeden Zweifel erhaben.
Zweite Überraschung: Im Kern ist es ein Gebietsmehrheitenspiel, damit hatte ich nicht wirklich gerechnet, und das verleidete mir die Freude an der Erstpartie ein wenig - selbst beim Lesen der Anleitung hoffte ich noch, dass dieser Anteil nicht derart stark ausgeprägt sein würde. Aber, auch wenn man einiges anderes macht, die meisten Punkte bringt am Ende dieser Mechanismus, wobei zumindest die Art und Weise, wie man sich an die Erfolge anderer hintendran hängen kann, ganz witzig ist.
Dritte, leider endgültig negative Überraschung: Das Thema bleibt am Ende ziemlich abstrakt, den toten Mozart in der Erinnerung von Stadt zu Stadt zu schieben erscheint etwas seltsam. Das hätte genauso gut vom toten Meerschweinchen von Anne auf Green Gables handeln können.
Devir schrieb zwar, dass noch eine deutsche Fassung kommen soll, aber so ganz kann ich das Spiel niemandem guten Gewissens empfehlen. Für mich (leider!) zumindest nach der Erstpartie nur ein ziemlicher Blender. Übermorgen kommt es nochmal auf den Tisch, mal sehen ob sich noch Überraschendes aus der Zweitpartie ergibt.
#MarvelChampions : Nach langer Pause wieder solo auf den Tisch gekommen. Ich war von der Guardians-Erweiterung und den dazugehörigen Heldenpacks ziemlich enttäuscht gewesen (Groot zu spielen ist wirklich komplett spaßbefreit, und auch mit Drax und Star-Lord hatte ich so meine Schwierigkeiten). Da aber MediaMarkt gestern viele Packs zu wirklich guten Preisen hatte, habe ich dort zugeschlagen und gleich das Mojo-Szenariopack als Kampagne durchgespielt. Diese irre TV-Show hat drei Schurken die sich spielen wie nichts anderes, was zuvor für MC erschienen ist (und auch in anderen LCGs kann ich mich nicht an Vergleichbares erinnern). Hier wurde wirklich tief in die Trickkiste gegriffen und ganz neue Konzepte angedacht. Jedenfalls hat das Set mein Interesse an Marvel Champions wieder neu entfacht, ich bin auf die nächste Partie mit Mutant Genesis sehr gespannt!
#GardensofBabylon Hier nochmal ausdrücklich Danke an DiSta , ohne den ich auf dieses Spiel nicht aufmerksam geworden wäre. Netterweise hatte es die Spiele-Offensive in sehr günstigem Angebot, und so wurde dieses Plättchenlegespiel gestern getestet. Ich war ziemlich überrascht, denn mit einem Reversi/Othello-Grundmechanismus hatte ich nun wirklich nicht gerechnet: Man kann die Saaten der Mitspieler einkesseln und so auf die eigene Seite bringen. Das Plättchenlegen selbst hat viel mit einem der sehr guten Bernd-Eisenstein-Spiele, Palmyra, gemein. Insgesamt ein erstaunlich interaktives und planungslastiges Plättchenspiel, weit weg von Carcassonne, und ganz bestimmt nicht ab 8, wie auf der Packung behauptet wird - dafür ist es auch viel zu böse, man nimmt sich in der zweiten Hälfte andauernd die Punkte gegenseitig weg. Einziges Problem ist für mich die Optik, man sieht teilweise sehr schlecht, wo man Punkte machen kann und wo nicht.
#Reykholt: Von meiner ersten Partie vor einiger Zeit war ich ziemlich underwhelmed, vielleicht weil sie zu zweit stattfand und das Aktionsangebot dann doch sehr eingeschränkt ist. Heute gab es eine totale Anfängerrunde, und für die holte ich es aufgrund der schönen Aufmachung nochmal aus dem Schrank. Zunächst habe ich gezögert, denn hier steckt eine schlichtere Version von Loyang drin, und ich liebe Loyang und brauche eigentlich keine einfachere Version dieses brillanten Spiels. Zu dritt taugt es dann aber doch deutlich mehr als zu zweit, und im direkten Vergleich ist es berechenbarer und effizienter spielbar als das manchmal doch etwas chaotische und unberechenbare Loyang, wo man vorrangig das Beste aus seiner Kartenhand machen muss. Reykholt ist hingegen ein echtes Optimierspiel mit reduziertem Glücksanteil, Zufall gibt es hier nur über die Gewächshäuser, und selbst was man da zieht ist halbwegs kontrollierbar. Heute ist mir zudem aufgefallen, dass Reykholt eigentlich das perfekte "das ist Uwe Rosenberg"-Testspiel für Anfänger ist - wem das gefällt, der wird auch mit den meisten anderen Rosenbergs höherer Komplexität Spaß haben.
Gespielt wurden außerdem #Seeland, #ViaRomana, #StarWarsCarcassonne und #Keyflower, ohne dass ich dazu noch viel Neues zu sagen hätte. Star Wars Carcassonne ist okay, der Kampfwürfel ein witziger Einfall, aber ich würde dann doch immer lieber Jäger und Sammler oder das gute alte Grundspiel (oder auch Über Stock und Stein) spielen. Keyflower bevorzuge ich nach wie vor in kleineren Runden, zu dritt gefällt es mir aktuell am besten, da funktioniert die Auktion bereits sehr gut, während sich die Wartezeiten in Grenzen halten.