Beiträge von Archibald Tuttle im Thema „06.02.-12.02.2023“

    Ich muss nach dem heutigen Abbau des Spiels noch einen kleinen Nachtrag ergänzen: Die Materialqualität der Pappplättchen selbst ist sehr gut, und die Rahmen funktionieren auch so wie sie sollen. Die sind etwas stabiler als sie aussehen, da sie aus Kunststoff gefertigt wurden. Angesichts der Tatsache, dass Splotter kein großer Verlag ist, ist der aufgerufene Preis für Menge und Qualität voll in Ordnung. Ich persönlich hättenmir gewünscht, dass die Zeichnungen etwas weniger nach Clipart aussehen würden (was auch nicht wirklich zutreffend ist, es handelt sich eher um einfache technische Zeichnungen, wie man sie vor 150 Jahren so auch angefertigt hätte). Jedenfalls gewohnt man sich an das auf den ersten Blick noch etwas abschreckende design. Und die goldenen Automeeples sind wirklich herzallerliebst.

    Gestern nochmal #Myrmes mit der Expertenrunde zu dritt. Haddock und Aleo machten es mit sehr unterschiedlichen Strategien in ihren ersten Partien sehr spannend, was mir nochmal zeigt, dass es keinen klaren Königsweg zum Sieg über die anderen Ameisenkolonien gibt. In Runde 7 habe ich dann Haddock eigentlich nur von einem Landstrich abschneiden wollen - und dabei völlig lahmgelegt, da er noch keinen zweiten Tunneleingang gebaut hatte. Das war so gar nicht gemeint, zeigt mit aber nochmal, wie fies man dieses Spiel wirklich spielen kann. Geniales Teil, das gerne bald nochmal auf den Tisch kommen darf (auch wenn ich die Bedenken meiner Mitspieler teile, dass es nach ~10 Partien ausgespielt ist, zumindest ging es mir 2013 so - aber gottseidank vergesse ich da auch alles wieder).


    Und heute dann ENDLICH der neue Splotter, #HorselessCarriage. Vorab die beiden negativen Punkte die ich sehe:

    - In einem Punkt ist das SUSD-Video sehr akkurat: Das Spiel ist fiddly as hell. Das Puzzle-Element ist im Handling erstaunlich schlecht gelöst, man stupst nur kurz dran und alles ist perdu. Roads&Boats etwa ist da deutlich stabiler, auch und gerade wenn man es mit PVC-Auflage spielt.

    - Die Anleitung ist ein Graus, die ist einfach noch nicht wirklich fertig, an erstaunlich vielen Stellen gibt es starken Nachfragebedarf und unklare Stellen. Das habe ich so noch bei keinem Splotter erlebt und lässt mich glauben, dass man hier unter großem Zeitdruck getextet hat. Da wird es noch einige Rückfragen und hoffentlich bald ein bitter nötiges FAQ geben.


    Halbwegs neutral sehe ich das Material: Optisch ist es für mich ein Rückschritt hinter FoodChainMagnate, das ich ja richtig hübsch fand, ungefähr auf dem Stand von Great Zimbabwe, aber gut, wer Splotter kauft weiß ja ungefähr was ihn erwartet. Ich wünschte nur, man hätte sich was für die Puzzleteile überlegt, damit diese besser aufliegen. Aber es ist schon eine Riesenmenge an Chits und anderen Teilen, die da auf einen einprasseln, und mein Tisch war zur Abwechslung mal wieder auf 1,10*4,20m ausgezogen. Der erste Aufbau hat alleine fast 40 Minuten gedauert, allein um die Teile zu identifizieren und angemessen zu sortieren.

    Die Spielzeit liegt am oberen Ende, unsere Erstpartie hat zu viert 5 Stunden ohne die Erklärung gedauert, das wird sich so bei 3-4 Stunden einpendeln, drunter sehe ich es zu viert jedenfalls nicht. Definitiv einer der längsten und komplexesten Splottertitel.


    Nun aber zum Positiven, und insgesamt sehe ich Horseless Carriage trotz dieser Punkte absolut positiv: Mechanisch ist es über weite Strecken ein Splotter-Best-Of: Das Puzzlen ist Antiquity entlehnt, Forschung aus Indonesia, die Verkaufsreichweite ist aus FoodChainMagnate - aber wie so oft komplett neu zusammengefügt und mit anderen Schwerpunktsetzungen. Dabei fühlt es sich deutlich weniger thematisch als diese Spiele an, die ersten Runden konzentrieren sich auf den eigenen Aufbau und sind eher solitär, aber im weiteren Spielverlauf ist es genauso von negativer Interaktion geprägt wie die meisten anderen Splotterspiele: Ohne die Mitspieler zu beobachten und ihre Pläne zu sabotieren wird man auch hier nichts werden. Das (sauschwer zu optimierende) Puzzlen erweist sich letztlich als gar nicht so zentral wie man zunächst denkt, Handel und Reichweite sind weitaus siegpunktträchtiger. Und sabotieren kann man, mein lieber Scholli. Ich habe nicht gut genug aufgepasst und flog dann durch eine einzige Mitspieleraktion mittendrin im weiten Bogen aus dem Spiel, konnte fast drei Runden lang nichts Sinnvolles mehr tun. Ich fand es großartig, aber das hat auch das Potential andere Mitspieler massiv zu vergrätzen. Horseless Carriage ist ein absolut kompromissloser Splotter, der hat m.E. keine Chancen zu einem zweiten Food Chain Magnate zu werden, da fehlt in meinen Augen der Mass-Appeal des Vorgängers (obwohl auch der schnell entschieden sein kann). Aber für die alten und neuen Fans ist das hier ein ziemlich einzigartiges, böses, fieses, tiefes und manipulatives Spiel, mit dem man selbst gestandene Expert:innnen zum Zähneknirschen, Heulen und Wehklagen bringen kann. Tolles, tolles Spiel, das ich noch sehr oft spielen will.

    Leider nein, für beide Karten reicht mein Tisch nicht aus und die Matte (die würde passen) habe ich nicht. Letztes Jahr in Willingen hätte es fast geklappt, aber die Organisatoren der Runde reisten wegen Corona früher ab…

    Würde mich aber schon mal reizen in einer entsprechend großen Runde!

    Dann lass uns das mal gemeinsam für Ostern planen, ich hab zwar auch nur die beiden Karten, aber der Tisch ist groß genug.. ;)

    Ich habe mir die Portugal-/ und Mexikokarte aufgrund der Spielerzahl (2-3) bisher noch nicht zugelegt. Aber das neue Herausforderungen auf den Karten Einzug halten, ist doch super. Ist ja bei #Funkenschlag auch so…

    Ist die Karte zu stark, bist du zu schwach! ^^

    Der Unterschied zu anderen Karten ist, dass die meistens eine dauerhafte neue Regel haben (und natürlich oft auch neue Rail Barons etc). Hier hast du Lacerda-typisch eine ganze Reihe von kleineren Wenn-Dann-Einmaleffekten, die man gezielt ansteuern und in die eigene Strategie einbauen kann. Ich finde das nicht negativ, aber das Spielgefühl des Grundspiels ändert das schon sehr.


    Und: Lacerda hat auf BGG selbst geschrieben, dass er seine Karte am liebsten zu viert spielt. Dann allerdings beharkst Du dich ab dem zweiten Zug mit den anderen, jeder deiner Züge wird zu einem Nachteil für die anderen. Jemand auf BGG sprach von einem Thermonuklearkrieg in einer Telefonzelle ;).


    Hattest du schonmal Transcontinental ausprobiert?

    Da ich aktuell nur eingeschränkt arbeiten kann, bleibt etwas mehr Zeit als sonst für Solopartien und Runden auf BGA und Konsorten. Zuletzt gab es da:


    #Myrmes auf Boiteajeux: Man steuert eine Ameisenkolonie, die um die Vorherrschaft im lokalen Garten kämpft. Effektiv fungiert der Spielzug dabei als Programmieraktion: Ich plane zu Beginn den Einsatz meiner Ammen, die Larven, Arbeiter und Soldaten ausbrüten, kann Gebietsherrschaft im Garten herstellen (oder zerstören), dabei auch Ressourcen erzeugen, und zuletzt mit eingesparten Ammen Aufgaben erfüllen und die Kolonie erweitern. Das Spiel läuft über 12 Runden, aber das Gefühl chronischen Mangels verlässt einen bis zum Schluss nicht mehr - nie hat man für alles ausreichende Ressourcen zur Verfügung, und desöfteren macht einem der Mitspieler einen Strich durch die schöne Vorprogrammierung, so dass man retten muss was zu retten ist. Denn der Garten ist verflixt klein, und da der Plan an die Spielerzahl angepasst wird, steht man sich regelmäßig gegenseitig auf den Ameisenfüßen.

    Dass man die Pheromon-Plättchen der Mitspieler zerstören kann, ist ein unglaublich gemeiner Einfall, denn das bringt dem Mitspieler dann z.T. schon enorm viele Punkte in einem Spiel, wo man am Ende mit 70-80 schon ein sehr gutes Ergebnis eingefahren hat. Zugleich wird Myrmes so zu einem ziemlich agressiven und interaktiven Beitrag zum Euro-Aufbauspielgenre. Ich verstehe nach der Partie jedenfalls sehr gut, wieso davon nächstes Jahr eine Neuauflage kommt, das funktioniert immer noch sehr gut und es bleibt ziemlich einzigartig. Einziger Wehrmutstropfen: Myrmes ist 2013 einer der letzten großen Ystari-Titel gewesen und hatte wie so oft bei dem Verlag eine derart dicht gepackte und dabei immer noch mit Lücken versehene Anleitung, dass das Reinkommen gefühlt jedes Mal ein Neulernen ist. Das liegt aber auch daran, dass die Strategien, die man für das Spiel braucht, auf den ersten Blick überhaupt nicht ersichtlich sind und erst einmal erarbeitet werden müssen (die erste Partie ist hier wirklich die klassische Lernpartie, die auch gerne mal doppelt so lange dauert). Ich bin gespannt, was für die Neuauflage geändert wird (ein modularer Spielplan und die alternativen Kolonieteile der Promo wären in jedem Fall ein guter Ausgangspunkt, um das Spiel zu erweitern, während die vom Designer abgesegneten Kolonieplättchen 4. Ebene m.E. kaum erreichbar sind).


    #Horrified Ich besitze leider noch nicht die neuere Standalone-Erweiterung, aber es gibt so derart viele Fan-Erweiterungen auf BGG für dieses wirklich lustige, nicht sehr tiefschürfende, aber sehr unterhaltsame und nicht ganz einfach zu schaffende Monster-Koop, dass man lange auch nur mit dem Grundspiel beschäftigt sein kann. Diesmal waren Freddy Krueger, Pinhead, Pennywise und Jason Vorhees mit von der Partie, mit wirklich gut ausgedachten und thematisch passenden Sonderfähigkeiten. Gerade solo funktioniert Horrified ganz hervorragend, und wer das Thema mag, ist hier m.E. wirklich gut aufgehoben.


    #Venedig durfte nochmal mit "verbessertem" Brett auf den Tisch. Venedig ist für mich ein kleiner Trauerfall: Da verbirgt sich irgendwo ein richtig gutes Pick-up-and-Deliver, nur war es mit dem alten Brett schlecht zu spielen und materialtechnisch schlicht nicht gut ausgedacht. Jetzt hat man mit Da Vincis Werkstatt eigens ein neues Spielbrett verkauft, und ja, jetzt passen die Schiffe und Würfel wie sie sollen, und es ist auch halbwegs übersichtlich. Aber die Optik... es sieht halt wirklich aus wie eine Bauskizze aus Leonardos Zeiten, braun in braun mit braunen Sprenklern zwischendrin. Funktional aber hässlich, oder dysfunktional und schön - da hat man jetzt die Auswahl.

    Ich mag das Spiel ja eigentlich, es ist ein hart interaktives Pickup-and-Deliver mit Nebenaufträgen und Möglichkeiten, die Mitspieler zu blockieren. Zu zweit fällt die Blockade weitgehend als Spielmechanismus weg, das Spiel wird freundlicher, auch ein wenig solistischer (selbst der Bot stört da nicht weiter). Ideal ist die Spielerzahl also m.E. definitiv nicht, aber als Kennenlernpartie gut geeignet. Die kleine Perle, die das Spiel zu dritt und zu viert sein kann, muss man sich hier ziemlich hart erarbeiten. In niedrigen Spielerzahlen (und wahrscheinlich auch sonst) würde ich Phraya eindeutig vorziehen. (Ach ja, ich habe auch versucht es solo zu spielen, der Automa ist klassischer Turczi, und der Doge funktioniert auch gut als Gegenspieler - aber der ist derart im Vorteil, dass man genau gegen seine Stärken spielen muss, was die Chose etwas eindimensional werden lässt).


    #VordenTorenvonLoyang Immer noch mein liebster Solo-Rosenberg, viel neues kann ich da gar nicht mehr zu sagen, außer dass er mir immer noch Spaß macht, und das nach fast 14 Jahren, in denen das Spiel sicher jedes Jahr auf den Tisch kam. Außer Onirim kenne ich kein anderes Solospiel, mit dem ich es so lange ausgehalten habe.


    #TalesoftheArabianNights habe ich mal mit den Kindern getestet, jenes Storybuch-Spiel, das einem unglaublich zufällige Abenteuer aus 1001 Nacht um die Ohren haut, einen wahlweise als blinden verzauberten Prinzen durchs Meer schippern lässt oder durch eine böse Hexe in eine Sklavin verwandelt. Das Spiel ist ein Abenteuer, es ist nicht wichtig wer hier siegt, es geht um die Geschichte, die das Spiel jedes Mal aufs Neue erzeugt. Mittlerweile kenne ich ganze Paragraphen auswendig, aber es macht mir immer noch gigantischen Spaß.


    #Gizmos ist ja seit einiger Zeit auch auf BGA, ein kleiner Engine-Builder, bei dem das haptische Hantieren mit den kleinen Energiekugeln, die aus einem Spender automatisch herauslaufen, das eigentliche Highlight ist. Leider hat das ja trotz all der Preise und positiven Reviews nicht so ganz abgehoben, und auch die wohl mal geplante Erweiterung ist dann nie erschienen. Auf BGA entfällt die eine "Schwäche" des Designs, dass die Abhängigkeiten und Boni gen Ende bei zu vielen ausliegenden Karten tendenziell unüberschaubar werden. Dafür ist es in echt natürlich viel schöner, mit den Murmeln um sich zu werfen.


    Für #TwilightInscription gibt es (jetzt schon) die ersten Angebote, die den Preis für die deutsche Ausgabe auf erträglichere 45 Euro senken (und die Promowürfel lagen auch noch bei). Für die Ausstattung ist der Preis jedenfalls signifikant angemessener als die 70 Euro, die es in Essen kosten sollte - am Ende erhält man, wenn man es böse formuliert, einen Kartenstapel und 32 laminierte Folien zum Beschreiben. Dafür ist es solo eine sehr angenehme Erfahrung, auch wenn es aus Twilight Imperium nur einen geringen Umfang herauslöst und diesen zu einem isolierten, solistischen Erlebnis macht. Gerade die Diplomatiephase (für mich das Herzstück von Twilight Imperium) geht hier halt verloren. Die Regeln sind für FFG übrigens ungewohnt gut geschrieben, da man sich hier mit einer Art "Schnelleinstieg" beholfen hat, der auch wirklich gut funktioniert. Auch wenn Hadrianswall und Roma et Alea auf BGG mit vergleichbarer Komplexität ausgewiesen werden, ist Twilight Inscryption doch um einiges einfacher im Einstieg, da es mehr auf die im R&W-Genre üblichen Kettenzüge und -effekte setzt. Solo ist man in 90 Minuten durch. Ich würde niemandem empfehlen, Twilight Imperium durch Inscription ersetzen zu wollen, aber für den kleinen Kick zwischendurch ist es ein gutes Roll&Write mit schönem Thema.


    #RailwaysofPortugal So ganz kriege ich es im Kopf immer noch nicht zusammen: Für das doch sehr offene Spielsystem Railways of the World (ehemals Railroad Tycoon) hat man sich ausgerechnet Vital Lacerda geholt, um eine Portugalkarte zu designen. Anders als erwartet hat er die Gelegenheit nicht genutzt, um das Spielprinzip auf den Kopf zu stellen, stattdessen hat er wohl die kleinste, engste, ineinander verschachtelste Karte des ganzen Systems designt. Hier steht man sich wirklich andauernd auf den Füßen, fast wären uns die Kreuzungen ausgegangen beim Schienenbau. Die Städte sind fast alle grau und müssen erst entwickelt werden, was die Karte zugleich hochvariabel macht. Bei Lacerda erwartbar war, dass diese Map anders als fast alle anderen eine ganze Reihe von Zusatzregeln einführt (Inseln, Seestrecken, Industriezeitalter etc.), die allerdings auch ein wenig die Leichtigkeit und das Sandkasten-Gefühl aus dem Spiel herausnehmen. Torlok Hier hast Du mal eine Railways-Karte, die sich fast wie ein CoSim spielt. Für die nächste Woche ist eine Partie mit der riesigen Australienkarte geplant, ich bin gespannt.

    und zudem nimmt man auch andere Städter bzw. Schurkenkarten und das Dracheninselfest hinzu, um mehr Einfluss auf den Spielablauf zu nehmen.

    #MerchantsCove

    Letzteres ist in meinen Augen absolut zentral. Die Karten reichen von "Ich kann meinen Stiefel Runterspielen" bis zu "Heilige Scheiße, was geht denn plötzlich hier ab". Wer also Interaktion im Spiel will, die über das Beobachten der anderen hinausgeht (was auch extrem wichtig wird, um z.b. Schiffe möglichst unpassend zu beladen) , der sollte die expertigeren Karten ruhig schon nach wenigen Partien ausprobieren. Das ist dann schon eine signifikante Änderung des Spielgefühls (aber nix für Kuschelspieler).