Beiträge von Diggler im Thema „Crowdfounding Preise vs. Retail - Erklärung benötigt“

    Ich mein, im Kern stimme ich ja auch völlig überein mit der Meinung: wenn im Kickstarter steht „Backer first“, dann sollte man es zuerst bekommen. Ganz egal welche logistischen (&logischen) Gründe dagegen sprechen. Es sollte ganz einfach so sein.

    Ich bin ja da ein Verfechter des Realismus und sage: "Versprechen sind schön und gut, aber manchmal eben aufgrund von Ereignissen außerhalb unseres Einflusses nicht zu erfüllen".
    Ich kann dir gerne versprechen, am Wochenende mit dir in den Zoo zu gehen. Wenn ich aber morgen ins Koma falle, bringt es auch nix, wenn du an meinem Krankenbett mit den Füßen aufstampfst und greinst: "Du hast es aber versprochen!!! Das sollte ganz einfach so sein."
    Ja, stimmt. Und aus Gründen, die außerhalb meiner Kontrolle liegen, habe ich das Versprechen nicht einhalten können. Es ist halt nicht immer so einfach.

    Das ist die Welt, das ist das Leben - Versprechen werden mit besten Absichten gegeben, und dann passiert etwas, und sie können nicht realistisch eingehalten werden. Und bei einem Kickstarter, der zwei Jahre später aufgrund einer unvorhergesehenen Pandemie oder wasauchimmer dann in einer völlig irrwitzigen globalen Frachtsituation auf den letzten Metern halt zwei, drei vier Wochen nach dem Retail ausgeliefert wird ... das ist dann etwas, das außerhalb des m.E. völlig unrealistischen Wunsches liegt, dass jedes Versprechen immer und überall egal zu welchem Preis und unter welchen Bedingungen eingehalten werden müsse.

    Frei nach John Lennon: Life is, what happens to you while you're busy making other promises.

    (Ich freue mich jetzt schon auf die "Dann meinst du also, dass niemals irgendwo irgendein Versprechen eingehalten werden muss?" Fragen ... :) )

    So ganz stimmt das nicht.

    Wenn man die Versprechen ernst nehmen würde, könnte man sehr wohl Maßnahmen treffen, dass diese mit sehr großer Wahrscheinlichkeit eingehalten werden. Nur müsste man dann halt auch bereit sein, diese Versprechen auch gegen die eigenen Interessen (sprich auf eigene Kosten) aufrecht zu erhalten, wenn einmal etwas schief geht.

    Ein Punkt um das Versprechen einzuhalten wäre, die Retailspiele nicht fast gleichzeitig, mit nur wenigen Wochen Abstand, auszuliefern. Wenn da mehrere Monate dazwischen liegen, kann so ein Überholer schon mal nicht passieren.

    Andere Möglichkeit, wenn man zu den mehreren Monaten Abstand nicht bereit ist, die Retailspiele erst auf die Reise zu schicken, wenn man weiss, dass ein Großteil der KS-Spielein der Region angekommen ist.

    Und ja, die Lagerkosten sind scheinbar stemmbar, denn genau das macht Mythic seit Monaten mit den Spielen der Backer, die die Zusatzzahlung nicht geleistet haben.

    Ist halt eher eine Frage wie ernst man ein Versprechen nimmt und was man bereit ist dafür zu tun, um es einzuhalten.

    Deine Argumentation macht irgendwie keinen Sinn, weil es gar nichts mit dem Retailer zu tun hat.

    Das Risiko, dass ich als Backer eingehe, nehme ich ja dem Projektbetreiber ab und gehe dort in Vorleistung und von dem erwartet man sich dafür auch Benefits, als Gegenleistung.

    Was das mit dem normalen unternehmerischen Risiko eines Retailers zu tun haben soll, verstehe ich nicht wirklich.

    Grundsätzlich richtig, nur wie soll ich als Backer abschätzen, wieviel der Projektbetreiber für die Entwicklung und Produktion des Spiels wirklich benötigt.

    Das musst du doch gar nicht abschätzen. Der Projektbetreiber möchte die Summe X von dir und bietet dir dafür am Ende das Produkt Y. Und du entscheidest, ob dir die Unterstützung diese Summe wert ist oder nicht. Ob dann am Ende für den Projektbetreiber ein Gewinn von 1.000 Dollar oder ein Gewinn von 1.000.000 Dollar rauskommt, sollte für dich doch eigentlich egal sein. Du bekommst nach wie vor das Produkt Y für die Summe X, also genau das, was dir versprochen wurde. Und du darfst mit dem Gefühl leben, dass ohne deine Summe X das Produkt Y vielleicht nie erschienen wäre.

    Mit "extra zu Kasse gebeten" meine ich natürlich, dass hier das Geld der Backer zur Erreichung höherer Margen verwendet wird, was halt nicht meiner Vorstellung des Crowdfunding-Gedankens entspricht.

    Dann hast du - zumindest aus meiner persönlichen Sicht - eine sehr falsche bzw. naive Vorstellung des Crowdfunding-Gedankens.

    Ich denke wir sind da einfach zu weit auseinander bezüglich unserer Einstellung und drehen uns da nur im Kreis.

    Für das Unterstützen des Projektes und das Übernehmen des Risikos sollten die Backer ja eher einen Benefit vom Kampagnenbetreiber bekommen und nicht noch extra zur Kasse gebeten werden, gegenüber normaler Retailkunden.

    Aber sie werden ja nicht "extra zur Kasse gebeten", sondern sie zahlen genau das, was sie von vornherein wussten.

    Da geschieht auch nichts "auf dem Rücken der Backer". Wenn es dir als Backer nur darum ging, dass das Spiel überhaupt erscheinen kann, dann müsstest du dich doch eigentlich sogar freuen, wenn der Herausgeber erfolgreich ist und noch mehr an dem Projekt verdient!? Alles andere würde doch bedeuten, dass du es nur als einen Spielekauf betrachtest!?

    Grundsätzlich richtig, nur wie soll ich als Backer abschätzen, wieviel der Projektbetreiber für die Entwicklung und Produktion des Spiels wirklich benötigt.

    Mit "extra zu Kasse gebeten" meine ich natürlich, dass hier das Geld der Backer zur Erreichung höherer Margen verwendet wird, was halt nicht meiner Vorstellung des Crowdfunding-Gedankens entspricht.

    Beim zweiten Absatz kommen wir jetzt aber in den karitativen Bereich mit deiner Argumentation.
    Ich sehe Crowdfunding jetzt nicht als Spende, sondern eher als eine Art Investition. Und bei einer Investition hat man natürlich auch Eigeninteressen, auch wenn man bei der Umsetzung einer Idee helfen will.

    Also nein, ich sehe es weder als reinen Spielkauf, noch als karitative Tätigkeit.

    Wenn Du mit Deinen Gedanken schon so weit bist, kannst Du doch nur die logische Konsequenz ziehen, nichts mehr beim Crowdfunding zu unterstützen.

    Durch Beschweren in irgendwelchen Foren werden die Projektersteller sicher nichts ändern, sondern erst dann, wenn ihre Projekte nicht mehr ausreichend finanziell unterstützt werden.

    Das ist ja eh schon jetzt so. Ich schaue mir für mich interessante Kampagnen einstweilen sehr genau an und steige bei vielen aus den genannten Gründen nicht mehr ein, sondern warte auf einen Retail-Release.

    Dass die Backer das Risiko tragen, war aber nie anders und ist doch von vornherein bekannt!? Genau ist das doch das Prinzip von Crowdfunding, das Risiko auf viele Schultern zu verteilen!?

    Und man hat ja als Herausgeber auch keinerlei Gewissheit, tatsächlich Verlage zu finden, die eine Retailversion machen.

    Das Risiko zu tragen ist ja in Ordnung und Teil des Crowdfunding.
    Nur ist es für mich dann nicht in Ordnung, auf dem Rücken der Backer Gewinnmaximierung zu betreiben.
    Passt für mich halt nicht mit dem Grundgedanken des Crowdfundings zusammen.
    Für das Unterstützen des Projektes und das Übernehmen des Risikos sollten die Backer ja eher einen Benefit vom Kampagnenbetreiber bekommen und nicht noch extra zur Kasse gebeten werden, gegenüber normaler Retailkunden.

    Beim Kickstarter ist das letztendlich auch nicht anders. Der Kampagnenersteller verkauft dem Retail-Verlag eine komplette Auflage und hat damit einen überschaubaren Aufwand. Dafür kann er mit einer kleineren Marge leben. Zugleich sinkt sein Produktionspreis und er verdient mehr an der Kampagne. Das "könnte" er zwar den Backern zurückgeben, so etwas dürfte aber sehr selten geschehen.

    Damit ist dann ja eigentlich alles gesagt und bestätigt die Vermutung so manches Backers, dass man beim Crowdfunding eher oft der Dumme ist und es mit dem ursprünglichen Crowdfunding-Gedanken nur noch wenig zu tun hat. Man lässt sich das Spiel vorfinanzieren, tritt einen beträchtlichen Teil des Risikos an die Backer ab, lässt sich auch die Transportkosten aus China abgelten und macht zusätzlich noch mehr Marge mit den Backern.

    Ich hinterfrage halt, ob die Auflagengröße solcher großen und komplexen Spiele im Handel dann wirklich so viel größer ist, als beim Crowdfunding, dass man dann von so viel geringeren Stückkosten sprechen kann.

    Aber um so etwas zu hinterfragen, sollte man Äpfel mit Äpfeln vergleichen, nicht mit Birnen. Wenn sich 9 Verlage in unterschiedlichen Länden zusammentun für eine gemeinschaftliche Retail-Version, können (je nach Größe des Spiels) auch 25.000 bis 40.000 Stück zusammenkommen, und dann ist der Preis auf jeden Fall günstiger als bei 19.000. Und andersherum, wenn ein Kickstarter 5.000 Backer findet (was IMHO öfter geschieht als 19.000), dann reichen schon 2 Partner für Retail-Lokalisationen, um die Auflage auf 10.000 zu erhöhen, und das ist auch deutlich günstiger als 5.000.

    Deshalb verstehe ich nicht, was du mit dem Vergleich der 19.000 von Frostpunk mit irgendeinem Pegasus-Spiel von 3.000-5.000 eigentlich aussagen willst, weil es so oder so hinkt.

    Ich glaube, wir argumentieren da komplett aneinander vorbei.
    Die Ursprungsfrage war ja, warum Spiele im Handel günstiger sein können, als zuvor für Backer beim Crowdfunding und das Argument eines Users war die höhere Auflage im Handel und somit geringere Stückkosten.

    Aber auch mit deinem Beispiel wäre das ja eher widerlegt. Denn abgesehen von der nicht deutlich höheren Auflage alleine durch die Lokalisationspartner, müsste die dann höhere Gesamtauflage bei fairem Vorgehen ja auch den Backern zugute kommen.

    "Und andersherum, wenn ein Kickstarter 5.000 Backer findet (was IMHO öfter geschieht als 19.000), dann reichen schon 2 Partner für Retail-Lokalisationen, um die Auflage auf 10.000 zu erhöhen, und das ist auch deutlich günstiger als 5.000."

    Wenn ich jetzt mal Frostpunk als aktuell ausgeliefertes Beispiel-Spiel nehme, dann gab es alleine auf KS (ohne Late Pledger und ohne Retail-Backer) 19.000 Backer. Ich kenne jetzt die Zahlen nicht, aber kann mir kaum vorstellen, das Pegasus von so einem teuren Expertenspiel im deutschsprachigen Raum in der 1. Auflage mehr als 3000, vielleicht 5000 Stück verkauft.

    Da vergleichst du jetzt aber Äpfel mit Birnen. Die knapp 19.000 Backer sind weltweit und in 9 (?) Sprachen, während eine Pegasus-Auflage nur in 1 Sprache für die 3 D-A-CH-Länder produziert wird. Und dass ein Kickstarter-Spiel direkt in 9 Sprachen läuft, ist doch auch eher die Ausnahme, oder? Insofern hast du hier kein typisches Beispiel gewählt.

    Hier ging es ja um Werkzeugkosten und die beziehen sich meines Wissens auf die Miniaturen und die sind sprachunabhängig. Und wie du selbst schreibst, sind 9 Sprachen beim Crowdfunding ja sehr unüblich, weshalb sich normal auch die Druckchargen auf viel weniger Sprachen aufteilen.

    Ich hinterfrage halt, ob die Auflagengröße solcher großen und komplexen Spiele im Handel dann wirklich so viel größer ist, als beim Crowdfunding, dass man dann von so viel geringeren Stückkosten sprechen kann.

    Deine Argumentation, vor allem mit deinen Beispielzahlen, kann ich nicht wirklich nachvollziehen.

    Bei den meisten Projekten, die nicht komplett Nische sind, liegt die Backerzahl meist zwischen 2.000 bis 20.000 Stück.

    Wenn ich jetzt mal Frostpunk als aktuell ausgeliefertes Beispiel-Spiel nehme, dann gab es alleine auf KS (ohne Late Pledger und ohne Retail-Backer) 19.000 Backer. Ich kenne jetzt die Zahlen nicht, aber kann mir kaum vorstellen, das Pegasus von so einem teuren Expertenspiel im deutschsprachigen Raum in der 1. Auflage mehr als 3000, vielleicht 5000 Stück verkauft.

    Deswegen verstehe ich die Argumentation der angeblich geringem Produktionszahlen bei KS-Projekten und den dagegen so hohen Auflagen im Handel nicht wirklich. Gerade wenn es wie auf KS üblich, meist um sehr nerdige und teure Spiele geht.