Schwieriger Abend in der Kennerspielgruppe gestern, ich ging mit einigen Spielen baden:
#Brügge Nach 6 Jahren das erste Mal wieder auf dem Tisch gelandet. Ich hatte vergessen, wie deutlich das Spiel sich nach "altem Feld" anfühlt - für mich ein durchaus positiv besetztes Prädikat, die harten Strafen für Bedrohungsmarker (einmal wurde ich gestern um sechs Handlanger gebracht, weil einfach partout keine passende Karte rauskam) erinnern an Im Jahr des Drachen, gleichzeitig regnet es an allen Ecken Siegpunkte, und manche Karten sind so stark, dass sie im richtigen Moment spielentscheidend sein können. Nur leider bin ich auch mit Notre Dame und Im Jahr des Drachen bereits in dieser Gruppe krachend gescheitert, und Brügge setzte diesen Trend jetzt leider traurigerweise fort. Zu zufällig war es den Mitspielern, zu gemein die Strafen für zuviele Bedrohungsmarker (es hilft dann auch nicht, wenn ein Spieler mehrmals alle Würfel auf 5 oder 6 würfelt), und die hart interaktiven Karten (Denunziant etc,) zogen dann zwei Mitspielerinnen endgültig den Spaß aus der Visage. Es wird wohl ein Spiel zu zweit bleiben müssen.
#Legends Ja gut, das hätte ich vorher wissen können. Ich mag den Look (Vohwinkel-Design a la In 80 Tagen um die Welt, Puzzle-Spielplan als angebrannte Landkarte mit Lücken, schöne Holzmarker in den typischen graubraunen Ravensburger-Farben), aber das sehen nicht nur im Netz viele anders. Als Spiel ist es ein offenkundiges "Jenseits von Theben"-Derivat: Man reist von Ort zu Ort und holt sich dort entweder Karten, legt ein Reisetagebuch an (und nimmt damit an der Wertung teil, wenn dieser Ort gewertet wird), und kann im Club der Abenteurer durch Abgabe weiterer Karten beeinflussen, dass der gewünschte Ort auch an der Wertung teilnimmt. Zwei Clous hat das Spiel: Zum einen werden jede Runde nur 5 der 8 Orte gewertet, was dazu führt, dass alle Mitspieler sich auf bereits besetzte Orte stürzen; zum anderen kann man die Tagebücher anderer Mitspieler verdrängen (bis hin zum Aus-dem-Spiel-nehmen). Auch hier kam die Garstigkeit des Designs (die ich für einen typischen Familien-Ravensburger-Titel fast schon beispiellos finde) überhaupt nicht gut an, auch der Theben/Patchwork-Zeitmechanismus führte zu Widerständen, weil so Reisen zu entfernten Orten zumeist auch die letzte Aktion war, die man für längere Zeit unternehmen konnte. Auch hier gilt: MIr gefällt es gut (definitiv besser als Theben), aber meinen Mitspielern muss ich damit nicht mehr kommen.
#Kartograph Auf den ausdrücklichen Wunsch einer Mitspielerin kam dann noch dieser Titel auf den Tisch, an dem ich nach 10 oder so Partien damals relativ schnell die Lust verloren hatte. Für einen anderen Mitspieler war es aufgrund traumatischer Erlebnisse mit einer Gruppe, die die Karten mit Buntstiften zwei Stunden lang ausmalten, kein positiv besetztes Spiel, um es milde auszudrücken, er ließ sich aber überreden mitzuspielen - nur um dann am Ende von der Mitspielerin zu hören, dass dies doch nicht das gesuchte Spiel gewesen sei (das war Trails of Tucana, wie sich dann herausstellte). Nunja, die Tetris-Plaziererei war ganz nett, aber mehr auch nicht, und auch Kartographin und Co. haben da meinen Eindruck nicht grundlegend verbessern können. Insgesamt bin ich mit diesem Polyomino-Spielprinzip halt einfach wirklich, wirklich durch (bei Fest für Odin, das sich besagter Mitspieler als Ausgleich für nächste Woche gewünscht hat, ist es nicht so zentral, da kann ich noch damit leben).
In anderer Zusammensetzung kam der Diceplacer #EternalPalace , den viele hier ja als ihren Flop 2022 sehen, dann erstaunlich gut an. Es ist klar ein Derivat von Marco Polo, wobei der Fokus der Spielaktionen auf Set Collection gesetzt wird, und es ist imho ein reines 3-5-Spieler-Spiel, wobei der Sweet Spot bei 4 Spielern liegt - die Etikettierung ab 1 Spieler hat dem Teil so richtig geschadet, denn die entsprechenden Spielberichte machen mehr als deutlich, wie wenig der Grundmechanismus mit zu wenigen Mitspielern funktioniert. Eternal Palace ist das typische "an der Redaktion hat's gehapert"-Familienspiel+, dessen nicht 100%ig funktionales Material und ein umständliches Regelwerk Probleme machen. Hinzu kommt, dass die vielen unterschiedlichen EInsatzorte eine Komplexität vorgaukeln, die gar nicht drin ist. Aber wenn man es einmal durchblickt hat (und dann auch prägnant vermitteln kann), macht es auch mir viel Spaß und bietet einige Elemente, die ich so noch nicht woanders gesehen habe (v.a. die Entscheidung, weniger dafür höherwertige Aktionen durchführen zu können, oder lieber mehr minderwertige, das ist hier spannend gelöst). Jedenfalls kam Eternal Palace in der Runde erstaunlich gut an und soll bald wieder gespielt werden.
Ein Knizia-Triple mit #Babylonia , #BlueLagoon und #Samurai gaben dann noch den Abschluss. Alles drei Knizias mit Plättchenlegemechanismus, wobei Babylonia am Ende wie ein Zwitter aus den beiden anderen Spielen wirkt. Blue Lagoon ist davon mit Abstand der zugänglichste und am modernsten wirkende Titel und ein wirklich gutes Familienspiel. Hier hat man den Eindruck, dass es keine Ecken und Kanten mehr gibt, die die anderen beiden Titel durchaus dominieren (und die für den echten Knizia-Fan dann ja auch das Salz in der Suppe sind). #Samurai hatte ich wirklich vollständig verdrängt, die Wertung, bei der die meisten gesammelten Figuren für den Einstieg in die Wertung sorgen, dann aber nicht mehr daran teilnehmen, und wo dann die weiteren Figuren der anderen beiden Gruppen zählen, ist immer noch sehr genial, und die beiden Bonusplättchen, die Figuren oder Plättchen vertauschen können, sind mithin spielentscheidend. Bleibt Babylonia, das Mechanismen aus mehreren anderen Knizia-Spielen miteinander überblendet: Man baut Streckennetze a la Durch die Wüste, sammelt Zikkuratsbonuskarten mit heftigen, z.T. dauerhaften Aktionsverbesserungen und wertet Städte nach Samurai-Muster, wobei hier alle Spieler je nach Anzahl eigener Städte mitprofitieren. Aus heutiger Sicht ist Samurai hier das sperrigste Spiel, aber auch das was mich von den Dreien am neugierigsten gemacht hat es noch einmal tiefer zu erkunden. Babylonia ist Knizia-untypisch eine Siegpunktevermehrungsmaschine, was der Chose ein extrem belohnendes Gefühl gibt. Erneut spielen will ich sie alle nochmal.
Außerdem wurde am Wochenende das #PrincessBrideAdventureGame nochmal rausgeholt und mit den Kindern zum sicheren Sieg geführt. Gefühlt ist das Spiel etwas zu einfach (wenn man, was der Anleitung nicht wirklich zu entnehmen ist, weiß, dass man Aktionen bis auf das Kartentauschen mehrfach pro Runde machen darf), ansonsten aber wirklich ein hochthematisches Coop, in dem man den ganzen Film Szene für Szene nachspielt. Da die Brautprinzessin eines meiner Lieblingsbücher ist und der Film bei den Kindern immer noch hoch im Kurs steht, war es eine große Gaudi, und ich überlege, ob ich mir den Nachfolger zum Zauberer von Oz nicht doch noch holen soll. Ebenso wurden #Karak wieder mehrere Runden durch den Plättchenlegedungeon gewidmet, einschließlich der Erweiterung, wobei die PvP-Kampfmöglichkeiten leicht antisoziale Tendenzen bei meinen Kindern zum Vorschein brachten, die mich doch etwas verstörten... Und zuletzt gab es die hübsche polnische Ausgabe von #CocoCapitano mit dicken Pappteilen und sehr schönen Holzmeeplen, die für 3 Euro im TKMaxx verscherbelt wurde - ein sehr einfaches Würfel-Sammelspiel von Knizia, für das meine beiden eigentlich schon zu alt sind, an dem sie aber trotzdem ihren Spaß hatten. Und so ein typisches Spiel, wo ich alter Gierschlund gegen meinen besonnenen Siebenjährigen nichtmal den Hauch einer Chance habe.