Du ignorierst bei deinen Ausführungen die komplette menschliche Psyche. So objektiv und rational funktioniert für mich eine Abhandlung nicht. Du hast zwar objektiv recht, aber das Spiel ist wesentlich mehr. So reduzierst du das Spiel einzig auf den Deckbau. Das Mischen könntest du auch automatisieren. Und die Entscheidungen im Spiele durch Synergien, wenn sie denn mal kommen, sind so banal, da gibt es meist auch nur einen logischen Schluss. Etwas weiter ausgeführt, du könntest nach der Wahl der Karten eigentlich alles automatisieren und dann die ganze Phase canceln, wenn eine KI/Automatismus dir dann sagt, wer unter dieser Konstellation gewonnen hat. So wäre Challengers aber ein Flop. Aus meiner Sicht unterschätzt du den Faktor Mensch enorm. Der wird bei Brettspielen insgesamt vielleicht eh unterschätzt. Warum würfeln wir gerne? Nur für das Ergebnis? Ich glaube kaum. Warum fassen wir manches Material gerne an? Warum ziehen oft Deluxe-Komponenten? Brettspiele sind mehr als seine Mechaniken, auch bei einem Auto-Battler! Guck dir mal die kognitive Verzerrung IKEA-Effekt an und Studien zu Backmischung und dem Gefühl, einen Kuchen selbst gebacken zu haben.
Du beschreibst es ja sehr richtig: Die Entscheidungen sind i.d.R. trivial und das Spiel läuft nach dem Deckbau von alleine. Der Deckbau ist halt der interessante Teil - und das Spielen danach ggf. noch im Rahmen von "Funktioniert mein Gedanke?" (so wie man halt auch seine TCG-Decks "testspielt", um zu sehen, ob die Veränderungen Sinn ergeben. Analog dazu ist "Backmischung" auch kein Backen und "Thermomix" kein Kochen - das ist eine Zubereitung einer (vermutlich leckeren) Fertigspeise. Deluxe-Komponenten geben mir (das ist ja auch nicht bei jedem so) ein schöneres Gefühl beim Spielen. Auch von Monopoly und MäDn gibt es durchaus optisch SEHR attraktive Luxusausgaben, die ich dennoch meiden würde, wenn mir das Spiel an sich nicht gefällt.
Es fällt mir schwer, hier nicht das "Humbug"-Meme zu posten ...
Ich stelle mir gerade vor, wie du mit dieser Argumentation Spiele mit Programmiermechanik wie Robo Rally oder Space Alert ablehnst. Die sind nach der Planungsphase auch "determiniert". Und trotzdem macht es einen Heidenspaß, die programmierten Aktionen Schritt für Schritt durchzugehen. Das sorgt für Überraschungen und viel Emotionen. Und es ist überhaupt nicht mit der Emotion vergleichbar, bei Mädn eine 6 zu würfeln.
Das Aufdecken jeder einzelnen Karte ist bei Challengers ebenfalls viel spannender als ein Wurf bei Mädn. Vor allem weiß ich ja, welche Karten im Deck sind und noch kommen werden, was ich bei einem Würfelwurf nicht weiß. Alleine deshalb ist der Vergleich mit einem Würfelwurf schon unsinnig. Wenn du dabei keinen Spaß empfindest, dann ist das sehr bedauerlich, aber kein Grund, diese Sichtweise zu verallgemeinern.
Schön, dass Du nicht mit einem Meme, sondern richtig antwortest. Robo Rally würde ich vermutlich wieder mitspielen (die letzte Partie war Anfang der 2000er) - aber ums Gewinnen würde es mir nie gehen, weil der Zufallsfaktor in dem Spiel so immens ist, dass es einfach zu deutlichen Teilen Glück ist, wer gewinnt. Aber es machte mir damals Spaß, zu sehen, wie nach dem Programmieren eines guten Plans Chaos auf dem Spielfeld ausbricht. Da wurde geschubst, geschlittert und was-weiß-ich. Sehr immersives Spielgefühl.
Ob das Spielgefühl bei mir mit MäDn vergleichbar ist oder nicht, magst Du bitte mir überlassen. Ich nehme wahr, dass Du das anders wahrnimmst. Auch bei komplexeren Deckbauspielen geht es um Wahrscheinlichkeiten - und auch da kann Lady Luck einen hart im Stich lassen - aber dort trifft man wenigstens Entscheidungen. Welche Karte lege ich als Ressource? Welche Karte werfe ich ab, wenn ich gezwungen werde? etc. Hier ist es "ah, ich decke zufällig das auf". Das Ergebnis des Spiels ist dasselbe, wenn ICH mein Deck aufdecke oder wenn das jemand anders täte - da einfach keine Entscheidungen getroffen werden. Und damit bleibt für mich am Ende das Gefühl von Prädetermination.
Was die Verallgemeinerung angeht: Ich poste eigentlich immer nur meine Meinung - aber schön, dass diesmal ich auf der anderen Seite stehe. Hier im Forum ist nie so ganz klar, ob etwas nun "objektiv" (das ist ein schlechtes Spiel" oder "subjektiv" (ich mag das Spiel nicht) gemeint ist. Normalerweise rege ich mich darüber auf Insofern: Ertappt: Es ist natürlich subjektiv gemeint.
Mir ist nicht ganz klar, ob Du, Brettspiel Dude das Spiel bereits gespielt hast und wie Du es empfunden hast. Das Feeling, wenn die Decks langsam zuneige gehen oder die Gummiente unerwartet (ja, auch das gibts) zuschlägt, sind grandios. Und zwar eine ganze Deck-Runde lang.
Ich liebe Würfeln und da ist dieser eine Moment, der so viel entscheiden kann. Bei Challengers baut sich die Spannung über das Spielen des Decks auf (auch wenn es Gummiente-Momente gibt), hat also einen ganz anderen Spannungsbogen als beim Würfeln.
Eine Partie, die mich sehr ratlos zurückgelassen hat. Der Deckbau zwischendrin war nett und hatte Potenzial - leider boten die Karten zu wenig Entscheidungspotenzial. Einige wollte man früh auf der Bank haben (weil sie andere Karten pushen). Klappte das, gewann man, klappte das nicht, gewann man nicht. Beeinflussen konnte ich es nicht.
Ich würfle theoretisch ganz gern - aber dann ist mir von vornherein das Gewinnen auch egal, weils eh von Kommissar Zufall bestimmt ist. Tempo Tempo kleine Schnecke ist dahingehend z.B. super - alle würfeln für alle Schnecken und am Ende haben eh alle gewonnen (und das ist kein Sarkasmus. Entsprechend kommentiert hat das Spiel (mit Kindern) einen hohen Spaßfaktor)