Nach dem etwas unschönen Verlauf der vergangenen Woche hatte ich für gestern eine ganze Reihe älterer Familienspiele für die Gelegenheitsspielerrunde vorbereitet - also zumindest ich hatte damit sehr viel Spaß ;). Im Einzelnen:
#Asara im Profimodus und mit beiden Erweiterungen (Gaben des Kalifen und Haus des Flaschengeistes). Asara ist Set-Collection in seiner reinsten Form, man kauft Turmteile in sechs Farben und kann diese dann zusammen bauen. In den vier "Jahren" des Spiels gibt es Zwischenwertungen, die sich auf die Zahl der Türme und verbauten Goldschmuck beziehen, und eine Schlusswertung, wo die höchsten Türme der Farben, der höchste Turm insgesamt und die meisten Türme gewertet werden. Man kauft die Türme über Handkarten - und das ist mechanisch der eigentliche Clou: Wer die erste Karte spielt, legt für diesen Bereich die Kartenfarbe fest. Wer die dann nicht hat, muss zwei Karten als Joker verbrennen, was man natürlich tunlichst vermeiden will. Das Haus des Flaschengeistes hilft hier, die manchmal frustrierenden Situationen zu nivellieren, indem er gegen Geld Regelbruch erlaubt. Und die Gaben des Kalifen überschütten das Spiel mit Bonuseffekten, was die Variabilität und die erzielbaren Punkte drastisch erhöht. Beide Promos waren nicht ganz leicht aufzutreiben (eine erschien nur beim Österreichischen Spielemuseum, die andere vor Ewigkeiten in der Spielbox), haben sich aber sehr gelohnt, denn sie bringen Asara doch einiges an Komplexität und Variation (es ist gar nicht mehr so klar wie vorher, wo man zuerst hin will).
Asara ist ein wunderbarer Kramer/Kiesling, auf den ersten Blick ein einfaches Familienspiel, dass es es aber - wie so oft bei diesem Autorenduo - faustdick hinter den Ohren hat. Und durch die Schlichtheit der beiden zentralen Mechanismen wirkt es auch immer noch völlig zeitlos. Die Optik ist Ravensburger at it's best, in meinen Augen wunderschön (andere finden es sicher etwas altbacken). Ich verstehe sehr gut, dass das 2011 nicht das Spiel des Jahres gewonnen hat, denn wirklich neu ist hier auch 2011 nichts gewesen, aber in dieser Komprimierung interessanter Entscheidungen muss man eine gute Stunde Spielzeit erstmal hinbekommen. Einfach ein richtig gutes Spiel.
#DerPate von Kosmos und Michael Rieneck: Ein waschechter Vorfahr des Dice-Placement-Genres, wobei hier der Glücksfaktor der Würfelwürfe schon etwas höher ist als bei späteren Vertretern. Andererseits: Wer hätte gedacht, dass Kosmos mal ein Spiel auf den Markt geworfen hat, bei dem man Boxkämpfe manipuliert, die Läden der Mitspieler aufmischt und ganz ungehemmt die Konkurrenz im Fluss versenken darf (und das tut man ganz literal, indem man ihre Meeple auf den Fluss des Spielbretts legt)? Ein großer Spaß, den man aber auch durchaus ernsthaft spielen kann, vor allem wenn man bereit ist hier ein paar Hausregeln hinzuzunehmen (nein, normalerweise bin ich auch kein Fan von Hausregeln, aber hier wird das Spiel wirklich deutlich besser). Auf Hall9000 wird bereits deutlich empfohlen, die Würfel per Kniffelmodus festzulegen (also dreimal würfeln und je mind. einen Würfel herauslegen). Unsere zusätzliche Variante - die ich jedem empfehle - ist ein Verhandlungselement einzubauen, so dass man andere Spieler bestechen kann, bestimmte Dinge NICHT zu tun. Geld ist eh am Spielende ausschlaggebend für Sieg und Niederlage, also liegt es nahe, am Ende den Zurückliegenden zu bestechen, denn der entscheidet mit seinen Aktionen oft darüber wer gewinnen kann. Und thematisch ist das natürlich ohnehin. Mit beiden Zusatzmechanismen ist es für mich ein tolles böses Ärgerspiel mit hoher thematischer Dichte.
#ReisezumMittelpunktderErde Der kleine Bruder von Dorns "In 80 Tagen um die Welt"; natürlich ebenfalls eine Verspielung eines Jules-Verne-Romans. Was mich damals wie heute begeistert, ist wie eng das Spiel am Buch bleibt, bis hin zu kleinen und kleinsten Details wie dem Hansbach, dem Pilzwald etc. Problematisch ist die für ein Familienspiel viel zu hohe Regeldichte - die Anzahl an Symbolen und unterschiedlichen Karten zu erklären ist vor dem ersten Spiel eine für das Niveau des eigentlichen Spiels sehr hohe Hürde (es sind vier verschiedene Kartenarten im Spiel, eine die man zum Bewegen braucht, eine weitere mit Ausrüstungskarten, die zwei verschiedene EInsatzmöglichkeiten haben können, dann noch Ereignisse und zusätzlich die einzusammelnden Fossilienschätze; und bei der Bewegung gibt es ebenfalls fünf verschiedene Geländearten). Hat man das aber endlich geschafft, macht das Spiel in seinen drei Etappen sehr großen Spaß, und bietet tatsächlich einige knifflige Entscheidungen (ruiniere ich den anderen ihre Pläne, indem ich möglichst schnell zum Ziel renne, oder sammle ich lieber gemütlich Fossilien, auch wenn ich einige wieder verlieren werde?). Die Ausstattung ist über jeden Zweifel erhoben (schöne Wassersteine, tolle grafische Gestaltung, und sogar ein kleines Floß, mit dem man am Ende aus dem Vulkan geschossen wird, sind dabei). Insgesamt ein Spiel mit Haken und Ösen, das mir persönlich aber sehr gut gefällt.
Mit #Utopia kam so etwas wie meine ultimative Regalleiche auf den Tisch. Ein völlig hemmungslos überproduziertes Gebietsmehrheitenspiel, bei dem man zuerst Fürsten auf Stadtteile verteilt, um dann im zweiten Schritt zahlreiche Plastikminiaturen auf einem unglaublich schönen und ziemlich unübersichtlichen Spielplan zu platzieren. Optisch und im Handling ist Utopia eine Wucht, das Spiel könnte man heute wieder auf den Markt werfen (bis aufs Cover) und hätte wahrscheinlich einen erfolgreichen Kickstarter damit. Die Anleitung ist absurd kurz - nur vier Seiten beinhalten am Ende mehr Regeln als so manche 12seitige Anleitung. Zu dritt kommt man sich nicht allzu sehr in die Quere, da geht es eher ums schnelle Bauen und effiziente Erfüllen der eigenen Auftragskarten (übrigens ein sehr schlauer Catch-up-Mechanismus, der Führende bekommt in der Folgerunde schlicht weniger Aufträge und kann so gut eingeholt werden). Fürs Spielende gibt es eine schlaue Variante (u.a. auf Hall9000 zu finden), die man nutzen sollte, sonst hat man hier das gleiche Königsmacher-Problem wie beim Paten. Das Spiel wurde mir vor mehreren Jahren im Brave New World bei einem Großeinkauf kostenlos dazu gegeben, entsprechend hatte ich so gut wie keine Erwartungen an den Titel (und das erklärt auch, warum es so lange im Regal lag). Jetzt wo ich es gespielt habe bin ich schon etwas überrascht, dass es derart böse gefloppt ist; andererseits fallen mir auch gleich mehrere Gebietsmehrheitenspiele ein, die ich eher spielen würde. Aber Utopia hat auch durchaus seine Momente, und sei es den prachtvoll mit Plastikgebäuden zugekleisterten Spielplan bei Spielende noch einmal anzuschauen und heimlich "Eines Tages wird all das Dir gehören" zu denken. Muss man nicht haben, gebe ich aber auch nicht weg.
Über #KopfanKopf hatte ich ja schon oben berichtet, das hat auch in der zweiten Partie sehr gut funktioniert, und die Spezialeigenschaften der Pferde sind strategischer einsetzbar als ich nach der ersten Partie gedacht hätte. Und auch zu Michael Schachts großartigem Kartenspiel #Gold muss ich nicht mehr viel sagen, das habe ich hier schon mehrere Male über den grünen Klee gelobt. Eines der besten taktischen Kartentauschspiele in 20 Minuten das ich kenne, es geht viel eher darum was man den anderen zu nehmen zwingt als was man selbst kriegt.
Den Abend beschlossen dann noch zwei Runden #WürfelBohnanza . Irgendwann hat Rosenberg mal in einem Interview gesagt, er halte Würfel-Bohnanza für sein unterschätztestes Design. So ganz kann ich ihm da nicht folgen (da sähe ich mittlerweile eher Hallertau oder natürlich Babel), das Spiel kann sich, wenn die Karten unglücklich rauskommen, leider ordentlich dahinschleppen. Da immer alle mitspielen, muss man teilweise einige Zeit warten bis man weiterwürfeln darf, dafür hat man natürlich selbst weniger Wartezeiten in den Zügen der anderen. Aber spaßig ist diese intelligente Kniffel-Variante durchaus, auch wenn sie letztlich nichts mit dem Karten-Bohnanza zu tun hat.