Beiträge von LemuelG im Thema „Der Herr der Ringe: Die Ringe der Macht - Episoden Diskussion & Theorien“

    Amazon ist so zufrieden mit den Showrunnern, dass sie ab sofort eine beratende Funktion bekommen und erfahrenere Showrunner ihre Plätze einnehmen. Branchenintern wird von einem Retooling für die zweite Staffel gesprochen. Da bin wirklich gespannt wie die zweite Staffel ausfallen wird.

    Finde hier bislang nur, dass das seit Kurzem als Gerücht verbreitet wird. Fände ich etwas seltsam zu einem Zeitpunkt, wenn die Dreharbeiten zu Staffel 2 schon begonnen haben, denn dann ist mutmaßlich ja ein Gutteil der Skripte schon fertig. Warten wir mal ab, ob irgendetwas Offizielles kommt.

    Wenn man sich mal mit großen Schauspielern auseinandersetzt, die abgrundtief böse Charaktere spielen, dann liest man von denen häufig solche Interviewaussagen wie "Aus seiner Sicht ist er der Held der Geschichte" oder "Nein, er sieht sich absolut nicht als böse". Ich denke, sobald man in einer Geschichte einen Bösewicht als handelnde Figur (statt als reines zu besiegendes Konzept) hat, ist es kreativ in aller Regel interessanter, wenn dieser eine Motivation hat außer "Ich will alles Leben vernichten, denn ich hasse es". Insofern macht es schon Sinn, wenn Sauron in der Serie AUS SEINER SICHT etwas Gutes tut und Ordnung und Stabilität schaffen will. Er ist die Hauptfigur in Saurons Heldengeschichte über die Neuordnung von Mittelerde.


    Allerdings: Man kann sich schon die Frage stellen, ob nicht etwas verloren geht, wenn das große Böse plötzlich vermenschlicht wird. Will man Darth Vader als kleinen Jungen sehen oder Sauron als Menschen? Geht damit etwas von ihrer furchteinflößenden Wirkung verloren? SOLLTE man solche Geschichten (weiter)erzählen, die ja meist Prequels zu Werken mit einem weitgehend absolut Bösen sind?


    Ich habe dazu noch keine abschließende Meinung, kann aber völlig nachvollziehen, warum die Macher der Serie diesen Weg gehen.


    Am Rande, völlig nachvollziehbar finde ich auch, weshalb die Ringe der Menschen und Zwerge noch keine Rolle gespielt haben. Wenn man diese schmiedet, braucht man zeitnah auch 16 Empfänger dieser Ringe, von denen man bislang aber bestenfalls 2 (die Regentin von Numenor und Durin III) kennengelernt hat. Erzähltechnisch ein Ding der Unmöglichkeit, mal eben glaubwürdig aus dem Nichts 14 neue Figuren einzuführen, ohne zuvor deren Reiche etabliert zu haben, was aber die erste Staffel völlig überfrachtet hätte (es reicht schon, dass man zu Beginn von Staffel 2 noch 1-2 Elben-Ringträger wird etablieren müssen). Da macht es mehr Sinn, in den folgenden Staffeln eine Abweichung vom Original in Kauf zu nehmen, um dafür schlüssiger erzählen zu können. Bei so etwas hat es Serie / Film halt schwerer als ein Buch, vor allem bei Tolkien, der im Zweifel nur Namen auflistet, wenn überhaupt. Wenn man irgendwann mehr menschliche und zwergische Herrscher in Kämpfen und Räten gesehen hat, dann wird sich ein Weg finden, zu den Ringen zu kommen.

    Ich finde, die Serie glänzt im Visuellen mit ihren Schauwerten. Die Bilder, die Spezialeffekte, die nahtlose Darstellung von großen und kleinen Figuren, die glaubwürdigen architektonischen Anleihen an die HdR-Filme, die gesamte Ausstattung, das liegt schon deutlich über dem, was man im TV sonst gewohnt ist und hat für mich auch eine ganz eigene Bildsprache gefunden. Das fängt vieles auf, was an anderer Stelle schwächer ist.


    Ich bin weitgehend zufrieden mit den Darstellern. Ich nehme ihnen das ab, was sie in den jeweiligen Szenen vermitteln wollen. Nicht wirklich begeistern tun mich Gil-galad und Celebrimbor, die bringe ich nicht mit dem zusammen, was ich mir unter Elfen vorstelle. An Elrond musste ich mich gewöhnen, das hat gedauert. Und Halbrand ist mir zu blass, da wäre ein Typ wie Sawyer aus Lost für mich richtiger. Dafür finde ich toll, dass Nazanin Boniadi, die ich schon in HIMYM und Homeland großartig fand, hier eine große Rolle hat, und finde auch die meisten handelnden Menschen, Zwerge, Uruks, Harfüße sowie Galadriel und Arondir überzeugend.


    Vorlagenunabhängige Story-Inkonsistenzen im Writing und/oder Editing nehme ich wahr, kann damit aber bislang noch leben, das reißt mich nicht aus der Suspension of Disbelief; finde es zumindest nicht schlimmer als in anderen Serien. Noch besteht zudem die Hoffnung, dass das eine oder andere davon beabsichtigt war und uns noch der eine oder andere unerwartete Twist bevorsteht, der dies oder das erklärt.


    Inkonsistenzen mit Tolkien sind mir egal, ich habe aber das Gefühl, dass es weniger sind, als man denken würde. Und die erste Folge war gefühlt so langsam, wie Tolkien schrieb ... (Ketzerische Anmerkung: Tolkien war für mich ein toller Weltbauer, aber nur ein mittelmäßiger Schriftsteller.)