Unsere Eindrücke nach ca. 2/3 der Kampagne
Modus: Wir spielen wie immer zu zweit, die ersten Quests haben wir jeder 1 Charakter gespielt,
und sind dann zu 4 Charakteren übergegangen, was uns besser gefällt.
Wir haben — aufgrund der Aussagen in diversen Rezensionen — gleich mal den Schwierigkeitsgrad etwas erhöht, indem wir einen Aktivierungs-Chit pro Held weniger in den Chit-Beutel (Initiative/Aktivierung) getan haben. Diese Vorgehensweise haben wir aber schnell wieder verworfen, da sie zwei Probleme von KC noch verstärkt (zu kurz, unausgewogene Spieleraktivierung).
Stattdessen haben wir die HP der Gegner immer weiter erhöht, um das Spiel spannender zu machen.
Wir spielen mittlerweile mit 50% mehr Hitpoints als auf den Gegnertableaus angegeben, KC spielt sich jetzt richtig spannend und die Encounter haben eine gute Länge. Verloren haben wir bisher dennoch keinen einzigen Encounter.
Spielmaterial Grundbox
Das Spielmaterial ist sehr hochwertig und edel illustriert.
Die HP-Dialer sind aber leider ziemlich locker und Aktionskarten sind eher enttäuschend designed. Auf den meisten Karten wäre sehr viel Platz für Illustrationen gewesen, stattdessen fühlt man sich hier eher an Perditions Mouth erinnert, eine riesige Zahl mit 1,5 Zeilen Text in der Mitte. Das steht dann auch noch in Kontrast zu den winzigen Symbolen und dem kryptische Ordnungs-Code, welcher zum Resetten des Spiels benötigt wird (davor graut es mir jetzt schon).
Dadurch, dass jeder Held und jedes Kapitel in einer eigenen Box kommt, kann das Spiel sehr schnell aufgebaut werden, und es vermittelt sich ein edler Eindruck, allerdings hat man über keine Lösung nachgedacht, wie die verschiedenen Karten der Stadtphase organisiert werden können.
Auch hat man keine Kartentrenner für die große Kartenbox beigefügt. Schade.
Spielmaterial Upgrade Kit
Im late Pledge war leider nur die Luxus-Variante erhältlich, sodass ich in den Genuss gekommen bin, den etwa doppelten Preis zu bezahlen..
In der kleinen Upgrade-Box befindet sich nichts, was man zum Spielen benötigt. Die Matten, Münzen und Acryl-Standees sind sehr hübsch (die Standees aus Pappe der Grundbox sehen auch toll aus). Die bedruckten Sleeves für die Heldenkarten kamen bei uns nach der ersten Partie wieder zurück in die Box: Da beim Spielen Exhausted-Karten mit in die Decks reingemischt werden können, sind wir lieber auf neutrale Sleeves für alle Karten umgestiegen.
Das Upgrade-Kit hat für uns nur einen kleinen Mehrwert und beschert KC ein schlechtes Preis-Leistungs-Verhältnis.
Spielanleitung
Das Spiel kommt mit wenig Regeln aus, man ist schnell drin.
Die Aufteilung der Spielanleitung in mehrere kleine Hefte funktioniert zwar, uns wäre ein traditionelles einzelnes Heft mit Glossar und einer Übersichtstafel der wichtigsten Symbole auf der Rückseite aber lieber, weil wir in den ersten Partien doch hin und wieder am Herumblättern waren.
Die Charaktere und der Heldenspielzug
Die Helden spielen sich sehr individuell, haben aber kaum erzählerischen Hintergrund.
Jeder Charakter hat eine dauerhafte Spezialfertigkeit und einen individuellen HP-Wert.
Ansonsten wird jeder Held ausschließlich von seinem Kartendeck definiert. Dieses besteht aus 9 Kartenpärchen (je 1 Aktion, 1 Boost) plus einer besonderen Aktion (Lantern), die freigeschaltet wird, sobald man eine neue Kartenhand nachzieht.
Die Aktionskarten sind eher einfach gestrickt. Positiv bemerkbar machen sich hier die Status-Effekte, die mit einigen Aktionen einhergehen und mit denen bestimmte Handlungen der Gegner abgeschwächt oder verhindert werden können.
Die Boosts können außerhalb des eigenen Zuges zur Unterstützung der anderen Helden gespielt werden und werten das Handkartenspiel deutlich auf.
Des weiteren ist es möglich, Karten zu erwerben, die Einmaleffekte auslösen, z.B. Heiltränke etc.
Negative Effekte verschmutzen die Kartenhand.
KC bringt auf Seiten des Heldenzuges nichts mit, das man nicht schon gesehen hätte (ich habe mich öfter an Perditions Mouth erinnert gefühlt, bei den Boosts an ein stark vereinfachtes Tanares Adventures).
Die Heldensteuerung in KC macht Spaß, hat aber eine große Schwachstelle:
Neben der Kartenhand gibt es nichts, auf das man zugreifen oder das man verändern kann, dadurch wirken Steuerung und Entwicklung eindimensional und vergleichsweise eingeschränkt.
Obwohl man mit Loot ziemlich überschüttet wird (wie in Sword&Sorcery Immortal Souls), haben wir nicht das Gefühl, dass die Charaktere auch an Breite zulegen.
Questdesign
Die Maps sind klein und Bewegung spielt nur eine untergeordnete Rolle, dadurch ist das Stellungsspiel immer offensichtlich, das schwächt den taktischen Aspekt des Spiels.
Die Gegner sind durchwegs interessant zu spielen, das handhaben der Status-Effekte im Zusammenspiel mit dem Chit-Bag macht wirklich Spaß.
Die Encounter sind allesamt viel zu leicht zu gewinnen, dafür haben wir eine für uns passende Hausregel gefunden: Die Gegner bekommen 50% mehr Hitpoints.
Leider haben wir diverse kleine Schwächen und Ungereimtheiten in einzelnen Quests gefunden. Nach der tollen Erfahrung mit „Tales from the red Dragon Inn“, das während der gesamten Kampagne nicht einmal für Fragezeichen gesorgt hat, hinterlässt KC diesbezüglich einen durchwachsenen Eindruck.
Ein paar Beispiele:
In einer Quest haben wir einen Anführer, der in Interaktion mit seinen Schergen gespielt wird und erst Schaden nehmen kann, wenn alle Schergen besiegt sind. Sobald das der Fall ist, werden die Chits der Schergen auf die aktiven Fertigkeiten des Bosses verteilt. Wir fanden das eigentlich spannend und freuten uns schon auf die zu erwartende Overlay-Karte für die Boss-Aktion, welche sich nur auf die Schergen bezog. Doch es gab kein Overlay …. und die Aktion hatte somit keine Bedeutung für den Rest des Encounters.
In einer anderen Quest wechselt der Gegner mehrmals seine Gestalt (immer dann, wenn seine HP auf Null gesunken ist), aber nach passenden Standees sucht man vergeblich: Seine sehr unterschiedlichen Gestalten werden mit demselben Standee gespielt.
In einer weiteren Quest kommt eine Karte ins Spiel, die einen Map Effekt auslösen soll, es steht aber nicht dabei, wann dieser Effekt aktiviert wird.
Chit-Bag:
Die Initiativ- und Gegnersteuerung wird über Plastikchips, die aus einem Beutel gezogen werden, abgehandelt. Das ist aufgrund der hohen Anzahl von Chits eine smarte und spannende Angelegenheit, die aber auch Nachteile mit sich bringt. Es kommt quasi nie vor, dass alle Chits gezogen werden, da einige spezielle Chits auf eine Mini-Time-Leiste gelegt werden, und sobald diese voll ist, kommen alle Chits zurück in den Beutel. Dadurch passiert es regelmäßig, dass die Chits eines Charakters (und damit des Spielers) seltener gezogen werden. Dieser Spieler kann dann, nachdem er seine Boost-Karten zur Unterstützung ausgespielt hat, nur noch zuschauen, was die anderen machen, und hoffen, irgendwann auch mal wieder dran zu kommen.
Wenn man zu viert spielen möchte, halte ich deswegen eine Hausregel für zwingend notwendig, damit
alle Spaß am Encounter haben. Steuert man mehrere Charaktere, führt das zu ausgewogeneren Spielanteilen.
Verzichtet man auf jegliche Hausregel, kann es zudem passieren, dass ein Gegner besiegt wird, noch bevor man ihn richtig in Aktion gesehen hat. Das führt mich zu einem weiteren Aspekt der Quests:
der Spielzeit:
Die Encounter spielen sich wesentlich schneller durch als bei allen anderen Vertretern des Genres, die wir bisher gespielt haben. Wir haben (mit bereits aktivierter moderater Hausregel) Quests in unter 20 Minuten gewonnen und teils vergeblich darauf gehofft, die eben neu erworbenen Aktionskarten auszuprobieren, weil der Encounter zu schnell beendet war.
Die Zeit ist der Aspekt, der besonders stark für eine Hausregel spricht, die die HP der Gegner erhöht, weil dadurch die Spielzeit verlängert wird und die Charaktere auch ausgespielt werden können.
Es ist für mich ein großes Rätsel, warum die Quests im zeitlichen Rahmen so gestaltet wurden. Soll das Spieler ansprechen, die eigentlich keine Zeit zum Spielen haben?
Die Kürze der Quests bringt einen zweiten Nachteil mit sich: Die Abenteuer- und Stadt-Phasen kommen uns im Verhältnis zu lang vor, obwohl sie eigentlich nicht lang sind.
Abenteuer- und Stadtphase
Die Kartenhandhabung finden wir etwas nervig, es gibt verschiedene Kartentypen im jeweiligen Kapitel oder Stadtkartenstapel, die unterschiedlich behandelt werden müssen.
Ein Storyheft und separate Karten hätten das Ganze für uns übersichtlicher gemacht, gerade auch, wenn ich daran denke, das Spiel zu resetten.
Die Skillchecks werden mit den Aktionskarten der Charaktere abgehandelt, hierbei wird die Farbe des Kartentyps abgefragt. (Die Farben der Karten werden außerdem dazu verwendet, um die Auswahl an Karten einzugrenzen, aus denen der Spieler sein Deck zusammensetzen kann.)
Spannende Entscheidungen gibt es fast keine, außerdem ist die Story ziemlich generisch, die Spieler-Charaktere sind nur minimal eingebunden.
KC landet hier für uns eher im unteren Mittelfeld.
Abschließende Gedanken
Wir finden ein mechanisch wirklich toll gebautes Spiel vor, auch sind die meisten Gegner spannend entworfen. Es gibt eine gute Portion Kooperation und die Status-Karten können für beide Seiten viel Momentum erzeugen.
Zwei Fragen jedoch drängen sich regelrecht auf: Warum gibt es für KC keine „easy/medium/hard/very hard“-Regeln? Die Encounter sind lachhaft leicht zu gewinnen und ohne Hausregeln hätte ich das Spiel schnell wieder verkauft.
Und warum sind die Quests so kurz angelegt, warum hat man das Potential der Overlay-Karten nicht stärker ausgeschöpft?
Wer vor Hausregel zurückschreckt, und mit mehr als 2 Spielern spielen möchte, dem kann ich Kinfire Chronicles nicht empfehlen, da die Wahrscheinlichkeit sehr hoch ist, dass sich jemand langweilen wird, während die anderen kämpfen.
Wir vergeben diesmal 2 Bewertungen, da sich die Hausregeln massiv auf unser Spielerlebnis ausgewirkt haben
Mit Hausregel (+50% HP für die Gegner)
7,5/10
(die Bewertung bezieht nicht den negativen Faktor ein, den das Upgrade-Kit auf das Preis-Leistungs-Verhältnis hat)
Ohne Hausregel
5/10