Gestern gab es den klassischen "Neue Mitspielerin kommt zum Ausprobieren vorbei, ob Spielen was für sie ist"-Abend, immerhin 7 Stunden wurden zahlreiche 2er-Spiele ausprobiert und geguckt was gefällt. Darunter:
#FuchsimWalde Stichspiel für zwei mit nur 33 Karten, bei dem man versuchen muss, entweder 0-3 oder 7-9 Stiche (von 13) zu erhalten. Dabei haben alle ungeraden Karten zusätzliche Aktionstexte. Bei Fuchs im Walde sieht man immer ganz gut, aus welcher Spielesozialisation neue Mitspieler:innen so kommen; wer bereits Erfahrung mit Skat, Bauernskat oder Doppelkopf gesammelt hat findet sich hier leicht wieder und hat schnell Spaß; wer Stichspiele gar nicht kennt, für den ist das Spiel ein guter Einstieg, um Grundprinzipien zu lernen und die eigenen Karten einschätzen zu lernen. Die Aktionskarten sind dabei natürlich das Salz in der Suppe, die das Blatt (höhö) noch wenden können. Schön war der Kontrast zu Dr. Jekyll und Mr. Hyde zu sehen: Das richtet sich mit seinem fast noch schlankeren Regelwerk (und den dafür umso mächtigeren Trankkarten) eindeutig nur an Stichspielprofis, alle anderen werden es verfluchen; hier beim Waldfuchs geht es da deutlich harmonischer und harmloser zu (man freut sich dann bei verlorenen Runden gerne auch mal über die 7, die man dann doch noch einkassiert hat und die einen Punkt bringt).
#HerrderRingeDieEntscheidung Hartes Kontrastprogramm; bei diesem wunderbaren Stellungskrieg, das trotz des etwas abstrakt anmutenden Spielbretts spielerisch hochthematisch ist (alle Figuren haben Sonderfähigkeiten entsprechend der Handlungen, die sie im Buch auch vollbringen), versucht man als Gefährtenspieler Frodo zum Schicksalsberg zu bringen, vorbei an den Truppen Saurons; als Sauron hingegen will man möglichst schnell vier eigene Figuren im Auenland platzieren.
Ausgesucht hatte ich das Spiel, weil die Mitspielerin HdR-Fannin ist; aber wie so oft merke ich doch immer wieder, dass die alten Kosmos-2er entdeckt werden müssen. Ein erstes Spiel sagt da so gar nichts über die Qualitäten und die Langlebigkeit des Spiels aus. Immerhin dämmerte ihr am Spielende, dass es schon Sinn macht, dass ausgerechnet Frodo seitwärts ausweichen kann (und so relativ leicht in ein unbewacht zurückgebliebenes Mordor vorstoßen kann). Die meisten Kosmos-2er sind wirklich etwas für Spieler mit langem Atem und dem Willen, die tieferliegenden Strategien zu entdecken; das steht stark im Kontrast zum Gefallenwollen, wie es aktuell die meisten Neuerscheinungen praktizieren, die ihre guten Momente bereits in den ersten Partien zelebrieren (und danach öfters auch als nackter Kaiser vor einem stehen und nichts mehr zu bieten haben).
#StoneAge Das geht immer, dachte ich mir, und es ging auch gut. Stone Age ist ein Veteran, mit dem man fast nie etwas falsch macht, es führt Grundprinzipien des Worker-Placement ein, dabei darf man aber auch würfeln; es zeigt, wie Set Collection und Mehrheiten sammeln funktionieren, aber auf sehr leichte, eingängige (spielerische wäre hier wohl Unsinn) Weise. Ein ideales Einsteigerspiel, und so war es gestern dann auch der erste Titel, der helle Begeisterung weckte und auf die eigene Kaufliste gesetzt wurde.
#Inselnaus1001Nacht Das Remake von "Der kleine Prinz - Mein Zuhause ist zu klein" mit Dixit-Grafik kam dann auch gestern auf den Tisch, ein Plättchenlegespiel, wo man Symbole sammelt und zugleich selbst festlegen kann, welche dieser Symbole am Ende werten. Nominell bis zu fünf spielbar, finde ich es zu zweit am reizvollsten, da hier ein kleiner, gemeiner Auktionsmechanismus zum Tragen kommt: Ich wähle aus drei Teilen zwei offen, eins verdeckt aus und überlasse der Mitspielerin die erste Wahl. Die muss jetzt riskieren, ob ich vielleicht das beste Teil versteckt habe - oder gerade der Zonk dort auf sie lauert. Das funktionierte wieder einmal hervorragend, mit viel Ärgerei, auf die beide Seiten hereinfielen. Auch dieses Spiel wanderte sofort auf die Kaufliste der Novizin (auch wenn ich ehrlich den aktuellen Verkaufspreis für ziemlich hoch angesetzt halte, dafür dass es die frühere Version im halben Karton auch für die Hälfte gab).
#MachiKoro Nicht mein Lieblingsspiel, aber diese Würfelei um Karten kommt ja doch bei vielen sehr gut an, so auch gestern. Gespielt wurde gleich mit der Großstadt-Erweiterung, die ich noch nicht kannte; ich hatte aber jetzt auch nicht den Eindruck, dass sie viel zum Spiel beiträgt (klassisches more of the same), die Strategien bleiben immer noch gleich. Wobei mir der Verlag gestern verdächtig stark vorkam... Bei Erwähnung der Tatsache, dass es mit dem gleichen Grundmechanismus eine Fantasy-Variante gebe, wurde jemand seeeehr hellhörig; sieht so aus, als müsse in Kürze Valeria wieder öfter auf den Tisch ;).
#RevolteInRom Stefan Felds bestes Zweierspiel (und das sage ich nicht leichtfertig), man spielt Karten an eine Skala von 1 bis 6 aus und aktiviert sie mit Würfelwürfen. Auch hier gilt das oben geschriebene: Manche Spiele wollen entdeckt werden, und es ist immer wieder traurig, wenn sie dazu nach einer Partie schon keine Chance mehr haben. Ich kann es schon gar nicht mehr zählen, wie oft ich Revolte in Rom mit neuen Spielern ausprobiert habe, immer in der Hoffnung, irgendwem außer mir müsse es doch gefallen, aber es klappt leider fast nie. Ich finde es nach wie vor absolut großartig (und Teil 2 ist auch deutlich weniger glücksabhängig als das erste Spiel, wobei man das leicht reparieren kann, indem man "Bestechung" einfach auch in Teil 1 nutzt oder gleich jeden Spieler eines der Kartensets nutzen lässt).
#Seeland So, nach den ganzen Einstiegstiteln sollte es dann doch noch etwas anspruchsvoller werden, zunächst mit dem in meinen Augen meistunterschätzten Titel von Kramer/Kiesling: In diesem Spiel platzieren wir Mühlen zur Entwässerung und Saatgut, um am Ende wunderbar abwechslungsreiche Tulpenfelder entstehen zu lassen. Gekauft werden diese über ein ziemlich einfaches, aber gut funktionierendes Rondell. Der eigentliche Clou liegt aber in der mitgelieferten Erweiterung: Der Rekordmarker ist eine enorm punkteträchtige Wette darauf, dass man im Spielverlauf die beste Ernte erreicht hat (fast schon als hätte jemand "Da ist der Wurm drin" in ein anderes Spiel importiert), der Stadtvogt hingegen prüft bei einzelnen Ernten ob die Vorgaben der Stadt erreicht wurden, und belohnt bzw. bestraft entsprechend. Da man absehen kann wohin er als nächstes zieht, bringt dies ein hochstrategisches Element mit ins Spiel hinein.
Dem Grundspiel mag man vorwerfen, dass es etwas zu glückslastig ist; aber m.E. braucht es nicht die "taktische Variante" (mit vorgezeichneten Feldern auf der Rückseite des Spielplans), damit aus Seeland ein tolles Fast-schon-Kennerspiel wird, da reichen schon die Stadtvögte völlig aus. Es ist ein bißchen wie bei Carrara, das Spiel wird unterschätzt, weil es zu oft ohne die Erweiterungen gespielt wurde.
#YukonAirways Ja gut, was sonst soll ich im oberen Familien/fast-schon-Kennerbereich auf den Tisch bringen als eines meiner absoluten Lieblingsspiele. Aber anders als bei den vorangegangenen Titeln war hier der Komplexitätshorizont der Neuspielerin dann doch übertroffen, die Flugplanung erfolgte in den ersten vier Tagen nur mit Hilfe. Ich fürchte, dass gerade die vielen Möglichkeiten an Upgrades, die man dem eigenen Flugzeug angedeihen lassen kann, für Neuspieler ungefähr so überfordernd sind wie für meinereins eine Erstpartie Arler Erde. Gefiel aber recht gut, trotz der Unsicherheiten, und soll bald nochmal gespielt werden ("solange ich die Regeln jetzt endlich begriffen hab").
#Finca Aus Erfahrungen lernend ging ich dann doch nochmal auf SdJ-Niveau (zumindest das wo es früher mal lag), und der Rondell-Mechanismus wurde doch gleich wiedererkannt. Man kauft via sehr cleverem Rondell Früchte und bringt diese dann mit Eselskarren in die Fincas auf Mallorca. Die erste Runde Finca in langer Zeit, wo es endlich mal richtig gut für mich lief, und ich tatsächlich zwei Bonusplättchen ergattern konnte. Die Regeln zur Früchtebegrenzung aus der zweiten Auflage (nur 9 Früchte bei zwei Spielern) sind essentiell, damit das Spielgefühl größerer Runden erhalten bleibt. Der Titel ist und bleibt für mich ein absoluter Klassiker, und funktioniert gerade im Einsteigerbereich hervorragend, bleibt aber zumindest für mich auch immer noch spannend, da das Rondell gar nicht so leicht zu beherrschen ist (zu zweit ist es wenigstens noch kontrollierbar).
#HeckmeckDeluxe Zum Beinahe-Abschluss dann noch ein Würfelklassiker, ich hab noch nie erlebt dass jemand damit keinen Spaß hat - bis gestern abend. Es gibt diese Menschen, die Würfeln nicht zu nahe kommen sollten ( Alan Smithee kann zumindest bei Merchant of Venus ein Lied davon singen), aber das gestern war schon grotesk. Bei acht geworfenen Würfeln schaffte es die Mitspielerin fünfmal hintereinander, keine Bratwürmer zu würfeln, dafür mehrere 1er-Kniffel hinzulegen und auch sonst alles zu tun, womit man bei Heckmeck garantiert verliert. In der Form habe ich Würfelpech tatsächlich noch nicht live erlebt, das war fast schon gruselig unstatistisch.
#Kakerlakentanz Um den ansonsten ja positiven Eindruck vom Abend noch zu retten, holte ich dann noch diese Variante des altbekannten Kakerlakensalat-etc.-Prinzips raus, bei der man zusätzlich zur Ansage der Tanzbewegung auf der Karte diese auch mit den Armen durchführen muss. Das Spiel ist nichts für eine Gruppe, die nicht aus sich herausgehen kann, sonst aber schreiend komisch, weil man (oder zumindest ich) ja eh die Hälfte der Zeit die falschen Bewegungen macht (und dann alle ausliegenden Karten aufnehmen muss).
Insgesamt ein netter langer Abend, und eine neue Mitspielerin dürfte eingeworben sein, wenn auch anfangs zumindest nicht für die Brechertitel.