Beiträge von Smuntz im Thema „18.04.-24.04.2022“

    Ein anderes interessantes taktisches Element: Wenn ein Spieler zum Beispiel schnell auf Bäume spielt, könnte ein anderer Spieler über den Steinkreis ALLE Baum-Bonus-Plättchen der Mitspieler einsammeln. Das führt dazu, dass der Baum-Spieler nicht mehr innerhalb einer Steinkreisrunde alle anderen Baum-Bonus-Plättchen holen kann, sondern er braucht nun für jedes Baum-Bonus-Plättchen immer eine Überrundung dieses einen Spielers, was ihn stark ausbremsen kann.

    Nun, ein Spieler, der das erfolgreich tut, macht das wohl weniger, um den anderen "Baumspieler" zu bremsen - vielmehr wird er selbst einer ;)

    Aber danke für die taktischen Überlegungen. Wie ich schon schrieb, bedarf es hier klar weiterer praktischer Erprobung. Und wenn man sich einmal mit einer Strategie hat übertölpeln lassen, richtet man da natürlich sein Augenmerk drauf und setzt rechtzeitig Grenzen, das ist ja in anderen Spielen genauso.

    Am Freitag kamen zwei (für mich) neue Spiele auf den Tisch. Sehr gefreut hatte ich mich auf Unangenehme Gäste. Ich liebe gute Logik-Deduktions-Spiele und da bietet ein Kriminalfall-Setting nicht erst seit Cluedo einen guten thematischen Rahmen. Selbst hatte ich dieses Spiel nicht auf Verdacht gekauft bzw. gebacken, da es doch mehr auf eine größere Runde - bis zu acht Spieler - zugeschnitten zu sein schien. Nach dieser ersten Spielerfahrung - wir spielten zu fünft - würde ich auch die Vermutung äußern wollen, dass das System der Informationsgewinnung bei weniger als vier Spielern eher unbefriedigend ablaufen dürfte.

    Mal wieder ist der Herr des Hauses - hier heißt er Walton - im Arbeitszimmer ermordet aufgefunden worden. Es gilt möglichst rasch folgendes zu belegen: den Täter (6 mögliche), sein Motiv (jeder der 6 hat 3 mögliche Motive, die durch 3 im Spiel befindliche Indizien erhärtet werden können), die Tatwaffe (20) und bei den nicht ganz so leichten Fällen (wir spielten einen mittelschweren), ob er einen Komplizen hatte und wenn ja, was dessen Motiv für seine Mittäterschaft gewesen ist.

    Für einen Fall müssen aus einer Vielzahl von Karten 70 herausgesucht werden, deren Indiziensumme das gesuchte Muster zweifelsfrei belegt - wenn man sie denn nur zu Gesicht bekommt. Zu Beginn einer jeden Spielrunde hat man sechs Karten auf der Hand, kann am Ende bis auf drei ablegen und auf sechs nachziehen. So ist Informationsgewinn möglich, auch wenn sich für einen selbst während einer Spielrunde nicht viel ergeben sollte. Hier fragt reihum nämlich jeder Spieler einmal nach zwei Fakten - das sind die sechs verdächtigen Personen und/oder Räume des Hauses - und bekommt von den anderen Spielern verdeckt Karten angeboten, die einen Hinweise auf das Gefragte beinhalten. Die Karten haben einen Indizienwert zwischen 1 und 3, die Summe der gebotenen Karten wird angezeigt, der Fragesteller muss sich mit mindestens gleichwertigen Karten im Tausch revanchieren.

    Bei diesem Tausch geht man gelegentlich leer aus, weil man nichts anzubieten hat oder der Fragesteller nichts gab. Auch muss man damit rechnen, dass man bekannte Karten zurück erhält. Den Lauf der Karten nachzuhalten macht aber keinen rechten Sinn, zu schnell werden diese umgeschlagen und teilweise bei Rundenende aus dem Spiel genommen, bis der einmal durchgespielte Kartenstapel gemischt neu aufgelegt wird.

    Nicht jeder, der ein Motiv hat, ist automatisch Täter oder Komplize. Er brauchte auch Zugang zur Waffe auf dem Weg seines Aufenthaltes zum Arbeitszimmer, auch sind Täter und möglicher Komplize ohne verlässlicher Aussage Dritter (bestimmte Karten) nicht zweifelsfrei voneinander zu trennen. Und so ist es leider auch in diesem Spiel mal wieder Glückssache, ob man - der perfekten Lösung so nah - endlich irgendwo in Besitz der fehlenden Information gelangt oder nicht. So hatte ich zwei Spielrunden lang bereits alles bis auf eine von zwei noch möglichen Waffen eingegrenzt, bevor ich - einen (falschen!) Rateversuch unternahm, als ein anderer Spieler die Lösung ermittelt hatte und auflösen wollte.

    Was mache ich nur mit diesem Spiel? Gestalterisch ist das Spiel großartig. Es fehlt zwar jegliche Farbe im bräunlich gehaltenen Material, ist aber dennoch sehr atmosphärisch. Wer in größerer geselliger Runde krimi-launiger Mitspieler eine gute Zeit miteinander erleben möchte, ist mit dem Spiel sicher gut bedient. Wer wie ich ein Spielziel verfolgen und an kritischer Stelle spielerische Mittel haben möchte, auch den letzten Zipfel zur Wahrheitsfindung zu ermitteln, kann sehr wahrscheinlich enttäuscht werden. Für mich kommt dieses Spiel daher leider nicht über die Gesamtbewertung "ganz nett" hinaus.


    Der Bäume liebende Idefix in mir (siehe mein Bericht zu Oak) kommt dieser Tage natürlich nicht an Living Forest vorbei, das Spiel kam mir dann sogleich in die eigene Sammlung. Familientauglicher Deckbuilder mit kleinen Engine-Effekten klang auch nach etwas, das gute Chancen hat, öfter auf den Tisch zu kommen.

    In einer ersten Partie zu dritt haben sich diese Erwartungen in der Praxis so teilweise bestätigt, hier müssen noch weitere Partien folgen. Denn es ging mir doch recht schnell, nachdem ein schlauer Mitspieler das System für sich umfassend zu nutzen verstand. Alsbald hatte er sich auf Schrittweite im Steinkreis verlegt. Einerseits kann man damit den Mitspielern die Boni für die Siegbedingungen zum eigenen Vorteil abluchsen, andererseits gezielt Felder ansteuern, die auch mal den einen oder anderen Doppelzug gleicher Kategorie erlauben, wie z.B. den Erwerb zweier Bäume im selben Zug. Und so hatte er seine 12 Bäume erreicht, als wir kaum die Hälfte hatten, von nennenswerten Zahlen bei Flammen oder Blumen ganz zu schweigen. Gut, es war schon spät und er wollte endlich nach Hause, hat vielleicht deshalb Gas gegeben und den Sack ratzfatz zugemacht ^^

    An Bäumen und ihren Boni führt für niemanden ein Weg vorbei, will man nicht nur mit den Karten allein glücklich werden und muss man sich doch auch der Feuer erwehren. Und so hat früh im Spiel jeder ein paar Bäume und ist dem Spielziel "12 Bäume" somit automatisch näher als "12 gelöschten Flammen" oder "12 Blumen". Da letztere keinerlei Engine-Effekte bieten und zum Spielgewinn nicht nur besessen sondern sichtbar gespielt sein wollen, kann ich mir nach diesem einen Spiel einfach nicht vorstellen, wie damit jemals ein Spiel gewonnen werden sollte, ohne dass zuvor einer eines der anderen Ziele (12 Bäume oder Flammen) erreicht wurde. Und auch das mit den Flammen dürfte schwierig sein, denn so viele gab es noch gar nicht zu löschen, da hat schon einer die Bäume gebaut, deren gesamter Vorrat ja vom Spielbeginn an greifbar ist.

    Hier wirkt das Spiel auf mich nach diesem nur einen Spiel etwas unbalanciert. Also nicht hinsichtlich der Chancengleichheit der Spieler, wohl aber auf die Erreichbarkeit der drei genannten Ziele. Und wenn das jeder so sehen sollte, ist eine gewisse Eindimensionalität im Spielablauf vorgezeichnet. Die Anforderung der Verschiedenheit der Bäume ist da keine wirkliche Einschränkung, wird durch die Beliebigkeit der Bäume auf Bonus-Chips und -Feldern stark aufgeweicht.

    Das Spiel kommt sicher noch öfter auf den Tisch, da ist längst nicht alles gespielt worden. Aber mehr als "ganz nett" fällt mir auch zu Living Forest im Moment leider nicht ein.

    PS: eine der 2er-Flammen bietet einen seltenen "Fehldruck" ;)

    #UnangenehmeGäste #LivingForest