Beiträge von Dumon im Thema „Was macht ein gutes kooperatives Spiel aus, bei dem am Ende nur einer gewinnen kann?“

    Sprich, die Person, die das Spiel für alle verlieren will, muss nur schlecht spielen und durch die Verbannung wird das nur beschleunigt.

    Eine ganz, ganz wichtige Einschränkung sei hier kurz erwähnt:
    Wenn jemand schlecht spielt und/oder ein SPiel für alle verlieren will, weil
    a) die Person keinen Bock hat
    b) die Person das Spiel möglichst schnell beenden will (möglicherweise aufgund von a))
    funktioniert das bzw. so ein Spiel natürlich überhaupt nicht!

    Wichtig ist bei semi-kooperativen Spielen, dass alle am Tisch Bock drauf haben oder die Unlust zumindest adäquat verdrängen. Ist das nicht der Fall, dann kann man auch nicht verhindern, dass jemand das Spiel absichtlich gegen die Wand fährt. DAS kann auch die Metaebene nicht abfangen.

    Zudem würde ich auch behaupten, dass Spieler, die nur so "nebenbei" mitspielen bzw. "vor sich hin spielen" (the social gamer), solchen Spielen ebenfalls nicht zuträglich sind. In unserem Metier haben wir das nicht so oft, meist spielen alle "auf Sieg", aber es sollte mE auch bedacht werden, wenn man solche Spiele anvisiert.

    Ob solche Spiele für euch oder eure Gruppe sinnvoll sind, das könnt ihr natürlich nur selbst wissen...

    Ich bin da anderer Meinung. Aber es muss eben gelingen, bei den Mitspielern das Bewusstsein für diese Metaebene zu erzeugen - damit sie verstehen, wie essentiell das für diese Art Spiel ist...


    Und ich käme mir als hinten liegender Spieler durchaus dämlich vor, wenn mir jemand z.B. Ressourcen schenkt, damit ich mehr Punkte habe und noch Interesse, mitzuspielen. Wie blöd fühlt sich dann ein Sieg an, der so errungen wurde?

    Wenn es dazu kommt, dann ist es schon zu spät. Das Ziel ist, dass niemand so weit hinten liegen darf, damit man ihm/ihr massiv unter die Arme greifen muss.
    Und diese Spiele bieten oft genug Möglichkeiten, zu "helfen", ohne dass es groß auffällt.

    Ist definitiv ein Balanceakt. Und Spieler müssen gewillt sein, sich darauf einzulassen. Das können aber genauso gut neue Spieler sein. Bei eingespielten Gruppen läuft es halt einfacher...

    Ich muss leider etwas daneben grätschen, denn das, wonach du fragst, sind Semi-Coops: Spiele, bei denen man zwar kooperativ vorgehen muss, am Ende aber nur einer gewinnen kann.

    Ich glaube aber, zu verstehen, was du meinst - der Schwerpunkt soll vom kooperativen Anteil ausgehen, und der kompetitive Teil (also der, dass nur einer gewinnen kann) soll klein(er) sein.

    Du hast nicht nach der Definition gefragt, und ich entschuldige mich, direkt damit zu brechen. Nur sind das, was du ansprichst, halt eben keine Coops per se.


    So, jetzt aber zum Eingemachten.
    Ich kenne eigentlich nur ein Spiel bisher, bei dem der kooperative Aspekt zumindest vordergründig sehr hoch ist und der "Verrat" oder das Verfolgen eigener Ziele, auch auf Kosten anderer, meist erst spät zum Tragen kommt (auch wenn die Saat dafür schon vorher ausgeworfen wird) - Nemesis. Oder zumindest wirkt es (nach der einen Partie, die ich bisher spielen konnte) so auf mich. Allerdings muss bei Nemesis nicht zwingend nur einer gewinnen, da sich nicht alle Zielsetzungen widersprechen. Daher kann deutliche Kooperation auch für mehrere Spieler (und deren individuelle Ziele) von Vorteil sein.
    Man möge mir widersprechen, wenn ich da mit meiner Einschätzung falsch liege...

    Ich habe in den letzten Jahren einige Spiele kennen gelernt, bei denen zumindest kleinere kooperative Aspekte das kompetitive Spiel anreichern. Aber öfter sind sie halt eher das fokussierte Feature als ein Nebeneffekt. Und bei diesen finde ich interessanterweise, dass CO2 (zumindest die Erstauflage, die zweite kenn ich noch nicht) gerade einen guten Job macht, denn der kooperative Teil des Spieles liegt primär zu Anfang des Spieles, und wenn man dann sichergestellt hat, dass der CO2-Wert nicht kritisch wird, dann kann man sich die Köppe einhauen, ohne noch auf irgendwas achten zu müssen. Klar legt man dafür schon vorher den Grundstein, aber die Notwendigkeit des Konkurrenzkampfes mit härtesten Bandagen ist da noch nicht gegeben. Kann man machen, aber das ist mE nicht sinnvoll.

    Ein anderes Spiel, das ich in dieser Hinsicht mittlerweile (post-SU&SD) fantastisch finde in diesem Zusammenhang, ist Archipelago. Pre-SU&SD fand ich es richtig schlecht, und meinte, es funktioniert aufgrund des Semi-Koop-Aspektes überhaupt nicht. Auch dabei ist diese "ja, wir müssen Ressourcen geben, aber ICH gebe sie definitiv nicht ab, fang du doch an"-Situation massiv gegeben. Wenn man so spielt, dann ist ziemlich garantiert, dass das Spiel tankt. Allerdings gibt es auch eine geheime Zielsetzung, bei der ein Spieler gewinnen kann, wenn das Spiel tankt. Es ist also nicht gegeben, dass man es allen automatisch versaut - in dem Bestreben könnte man einem Mitspieler auch direkt in die Hände spielen! Man weiß aber nie, ob jemand dieses Ziel auch tatsächlich hat, da es auch sein kann, dass es gar nicht im Spiel ist...
    ...wenn man aber abwägt, dann muss man auch feststellen: "wenn ich nicht tanke, dann gewinnt irgendwer, nicht ich; wenn ich aber tanke, dann gewinnt vielleicht auch ein anderer, aber ich habe wenigstens die CHANCE, dass KEINER gewinnt..."

    Ich kann den Gedanken vollkommen nachvollziehen, der hier geäußert wurde:
    "Warum sollte ich denn bewusst schlechter spielen, nur um es anderen leichter zu machen?"
    Aber das ist eben genau der Gedankenansatz, von dem aus diese Art Spiele (ich versuche, das Wort Semi-Coop zu vermeiden) nicht funktionieren werden, denn dann wird der hinten liegende irgendwann immer zu dem Schluss kommen, dass das Tanken des Spieles der einzig sinnvolle Weg ist. Wenn man nicht zu der Sorte "ich versau niemandem das Spiel"-Spieler gehört, für die aber meines Erachtens diese Art Spiele auch nicht gemacht sind...

    Das Problem bei der Ansicht ist, dass "Tanken" quasi als "Bug" aufgefasst wird, nicht als valide Option. Der Spieler, der das Spiel an die Wand fährt, will es nur anderen versauen, weil er nicht gewinnen kann. Denn gewinnen, darum geht es ja.
    Das ist aber nicht der Fall. Für den Spieler, der das Spiel tankt, ist das eine valide Option.
    Und wenn man beginnt, diese "valide Option" mit in seine strategischen Überlegungen mit einzubeziehen (nämlich, indem man dafür Sorge zu tragen hat, dass sie ausgeschlossen bleibt), DANN funktioniert diese Art von Spielen auch. Und dann spielt man eben nicht "schlechter", damit andere mithalten können. Dann spielt man dann OPTIMAL, wenn keiner einen Grund hat, zu tanken. Dieser feine Grat, diese Balance, macht den Reiz solcher Spiele aus.

    Wie in allen strategischen Spielen, liegt auch bei dieser Art Spiel eine Abwägung von Kosten und Nutzen jeder Entscheidung zugrunde. Mache ich diese Aktion oder diese - welche bringt mir mehr. Kümmere ich mich erst um dieses oder jenes Feuer - was ist wichtiger. Auch bei diesen Spielen müssen diese Entscheidungen getroffen werden. Nur ziehen sie eben auch die Spielsituation der anderen Spieler mit ein, und das wesentlich interaktiver, als es viele andere solcher Spiele könnten. Bringt es mir auf lange Sicht (und im Hinblick auf den Sieg) vielleicht mehr, jetzt auf drei Ressourcen zu verzichten (und sie dem Allgemeinwohl zu spenden)? Oder bleibe ich stur und die anderen müssen opfern?
    Man kann nun natürlich argumentieren "ja, aber dann falle ich vielleicht von der Vorreiterposition, und liege irgendwann ganz hinten". Ja, natürlich. Und dann müssen die ANDEREN dafür sorgen, dass DU das Spiel nicht mit der validen Option beendest, die dir bleibt - dem Tanken.

    Gerade bei Archipelago lässt sich das auch thematisch begründen (so geschehen in dem Video von SU&SD). Bei anderen Spielen weiß ich zuwenig, um das auch darlegen zu können, ich bin mir aber recht sicher, dass auch da thematisch passende Gründe für gefunden werden könnten, warum man das macht (und nicht nur "some people just wanna see the world burn").

    ICh würde daher dazu raten, das Ganze vielleicht nicht von vornherein auszuschließen. Vielleicht mal einfach versuchen, von anderer Position aus aufs Spielgeschehen zu blicken, sich auf den Gedanken einzulassen, und das dann mal weiterspinnen. Man muss ja für ein solches Gedankenexperiment nicht gleich der MEinung sein, dass es eine gute Idee ist, und das Argument stimmt und für einen auch selbst zutrifft. Darf sich diesem aber natürlich auch nicht komplett versperren.
    Hinterher kann man natürlich immer noch zu dem Schluss kommen, dass dieser Ansatz einem selbst keinen Mehrgewinn bringt. Das ist auch vollkommen in Ordnung. Dann aber werden wohl die meisten dieser Art Spiele nicht gefallen.
    Was auch wieder völlig okay ist. Es gibt genug Alternativen!

    :)