Beiträge von fjaellraeven im Thema „Spiele, die das Hobby in Verruf bringen. Ganz seriöses Thema. Echt jetzt.“

    Ich kann Annabelle78 voll zustimmen. Oftmals sind es nicht die Spiele selbst, die schlecht sind, es ist viel mehr eine unpassende Runde oder Auswahl. Besonders wenn neue Leute ans Hobby herangeführt werden sollen, muss man genau überlegen was funktionieren kann und eben auch explizit was nicht.


    Von Nichtspielenden kann ich schwer verlangen, dass sie zwei Stunden eine Partie mitspielen und davor eventuell noch 30+ Minuten eine Erklärung über sich ergehen lassen müssen. Hier nutze ich absichtlich "ergehen lassen" denn selbst eine sehr gute Erklärung ist für Leute, die das nicht gewohnt sind und denen Hintergrundwissen über Mechanismen fehlt, eine sehr lange und wahrscheinlich auch schlauchende Zeit. Spätestens nach der Erklärung kann dann das Gefühl von Arbeit aufkommen. Das Spiel muss daher wirklich richtig überzeugen, da es diesen negativen Eindruck wettmachen muss und gleichzeitig noch Lust auf mehr machen sollte.


    Die Spielenden am Tisch und deren Stimmung haben auch großen Einfluss. Gerät man an Mitspieler, die auf berührt geführt pochen und Details zu derem eigenen Vorteil in Zuge des Neulings nicht erwähnen (alles schon erlebt), dann ist das Spiel selbst meist das geringere Problem und man möchte - selbst als "gestandener" Spieler - einfach aufstehen und den Raum verlassen (natürlich weißt man dann selbst darauf hin und spricht das Verhalten an).


    Für manch einen ist Spirit Island zum Einstieg mit erfahrenem Mitspieler kein Problem und eine runde Sache. Ich habe aber selbst im Familienkreis erlebt, wie relativ simple Spiele manch überfordern können. So hat meine Tante beispielsweise Love Letter oder Heckmeck am Bratwurmeck nicht verstanden. Jetzt kann man sagen: "Wie kann sie nur? Das sollte doch wirklich jeder verstehen", gut ist es aber, wenn man dann ein anderes Spiel auf den Tisch bringt, dass ihr besser liegt und sie nicht mit dem Gefühl der Verwirrung oder der Unfähigkeit zurücklässt. Häufen sich solche negativen Erfahrungen, dann nimmt das nämlich ebenfalls die Freude. Wir haben heutzutage zum Glück eine immense Auswahl an Spielen verschiedenster Genres.


    Jetzt lässt mein Post leider jeglichen Charme vermissen, der Bierbart s Posts auszeichnet. Vielleicht hilft es da, wenn ich bekenne, dass ich 18xx Titel mag. 18xx? Sind das nicht diese Exel-Listen mit laminierten Hexfeldern, Aktien, Taschenrechnern, Unmengen Pokerchips als Geldersatz und einer Farbpalette bestehend aus einem einzelnen Gelb-, Beige-, Grün-, Braun- und Grau-Fabrton? Ja, genau das sind 18xx Spiele. Wenn Optik ein wichtiger Faktor ist um den Einstieg und Spaß am Spiel zu finden, dann sind 18xx Spiele die Türsteher des Berghain, die dir den Eintritt unheimlich schwer machen.


    Eine Erklärung, bei der man garantiert noch nicht alles überblickt hat und dann geht es mit der Auktion der privaten Bahnen los. Hä? Wofür brauchte ich die nochmal? Naja, egal, erstmal bieten. Wie jetzt fehlt mir das Geld um eine Gesellschaft zu eröffnen? Und was mache ich jetzt? Hier herumsitzen? In der nächsten OR dann vielleicht doch was eröffnet und die erste Strecke gelegt: "Nein, fahren ist noch nicht, du brauchst erst eine Bahn und da darfst du das Teil nicht legen, denn da muss erst die private Gesellschaft in der grünen Phase eingekauft werden.". Bitte was? Gleich kann es zumindest los gehen. Neue Strecke gelegt, Zug fährt ein, Kurs steigt, es fühlt sich endlich Mal gut an.

    Der Spieler nach dir eröffnet eine neue Gesellschaft, kauft eine neue Bahn und rostet deine 2er. Das hast du zum Glück nicht mitbekommen, sodass du dich auf deinen nächsten Zug freust. Schön die Strecke gelegt, ausgerechnet was geht und dann der Runde verkündet: "Ich fahre für 130$." Von rechts kommt dann: "Nö, tust du nicht. Du hast gar keine Züge mehr." Naja, also wie in Runde zwei neue Züge kaufen. Was kosten die jetzt? So viel Geld habe ich doch gar nicht. Wieder von rechts: "Dann musst du das aus deinem privaten Vermögen zahlen und Aktien verkaufen". Genau das machst du und siehst zu, wie deine Aktie in den Keller fällt. Schlauerweise hattest du nur eigene Aktien und musstest jetzt durch den niedrigen Preis alle bis auf drei verkaufen. Den Priority Deal Marker hast du nicht und da deine Aktie soweit abgerutscht ist, dass deren Zertifikate nicht gegen das Limit zählen und in höherer Stückzahl erworbenen werden können, hattest du eine Gesellschaft mit modernem Zug, die sich jetzt aber jemand anderes gekauft hat, während du nun ohne Geld und Gesellschaft am Tisch sitzt.


    So wird keine erste Runde ablaufen, da man gerade zu Anfang von erfahreneneren Spielern unter die Fittiche genommen und auf mögliche Auswirkungen oder kommende Ereignisse hingewiesen werden wird. Optisch wirkt es trotzdem so ansprechend, dass ich alleine mit der Ankündigung ein 18er spielen zu wollen, bestimmte Personen in meiner Spielgruppe nahe an den Rand des Untertauchens bringen kann. Da ist ein Agricola von der Gestaltung ein absoluter Leckerbissen dagegen.