Beiträge von Plasticman71 im Thema „[2021] Mind MGMT“

    Wir haben eine unterschiedliche Auffassung von eigene Meinung und Subjektivität.

    Nee, höchstens was eine präzise Ausdrucksweise, Lektüre und Argumentation anbelangt. Der Rest ist geschenkt.

    Ich hatte den Eindruck, dass du nach meinem Vorwurf einer gewissen Unkenntnis etwas angekratzt reagiert hast. Deshalb habe ich mir überhaupt die Mühe gemacht, dir etwas ausführlicher zu antworten. Leider bin ich bei dir mit dem Wunsch - wie zuvor ravn mit seinen emphatischen Beiträgen - nach einer weniger geschmacksorientierten aber dafür differenzierten Sichtweise der Gestaltung und Ästhetik von Mind MGMT krachend gescheitert. Akzeptiert! Aber würden die Menschen immer auf "der individuellen Ebene" ihrer persönlichen Eindrücke ver- und beharren, gäbe es keine vertiefte Kenntnis von Kunst und Kultur sowie eine Diskussion ihrer konkreten Formen und Inhalte. Und darum ging es mir bei Mind MGMT als Brettspiel im Bezug zu den Comics von Matt Kindt. Sollte ich dich dabei irgendwie in deiner Comic-Expertise gekränkt haben, entschuldige ich mich dafür in aller Form. Ich bin in dieser Hinsicht einfach eine andere Wissens- und Diskussionskultur gewöhnt. Mein Fehler. Aber bitte sag mir nicht, dass du mit deiner Formulierung "... einzigartig hässlich. *Duck und weg*" es nicht offen auf Provokation und Widerspruch angelegt hast. Das kannste deiner Großmutter erzählen. :) Ich habe darauf gerne reagiert, aber ziehe mich jetzt zurück und überlasse dir mit Freuden das letzte Wort bzw. die weitere Diskussion.

    Du zitierst wortwörtlich etwas von meinem Blog, was ich dort so nicht finde.

    Hi Christian, du findest deinen Kommentar vom 30. Juni 2022 unter dem Artikel von Markus „Mind MGMT Parapsychisches Spionagespiel". Hier der entscheidende Passus: „Bei Mind MGMT ist das Problem die Gestaltung. Das schreckt einfach alle ab, allerdings sind solche Kontroversen ja ein Fest um darüber zu Schreiben." [Hervorhebung von mir]

    Das Einzige wogegen ich mich wehre, sind solche generalisierenden Aussagen in Verbindung mit einer stark abwertenden Formulierung wie "einzigartig hässlich". Hättest du von Anfang deine Meinung als einen rein subjektiven Seheindruck sprachlich klar gekennzeichnet, hätte ich mich zu dem ganzen Thema gar nicht geäußert. Auch bei anderen Themen in diesem Forum wird deutlich zwischen persönlicher Meinung und allgemeinen Behauptungen unterschieden bzw. darauf Wert gelegt. Zu keinem Zeitpunkt habe ich dir deine persönliche Meinung abgesprochen oder sie gar als "falsch" gebrandmarkt. Wäre schön, wenn du das anerkennen würdest. Mir ging es wirklich nur um das Spiel und den Hinweis darauf, dass die Ästhetik von Matt Kindt einen spezifischen Zeichenstil und eine eigenene Tradition im US-amerikanischen Comic besitzt und in diesem Sinne trotz ihrer individuellen Merkmale eben nicht "einzigartig" ist. (Ganz unabhängig davon, ob man diese Ästhetik für sich als "schön" oder "hässlich" bewertet!) Dementsprechend ist es auch kein Zufall, dass die Macher von Mind MGMT sich den Comic Harrow County als nächste Vorlage ausgesucht haben. Diese Tradition hat aber meines Erachtens eher wenig mit Frank Miller, Jim Steranko oder gar Max Ernst zu tun. Wenn du dich weiterhin mit mir über Comic und Kunst, deine diesbezüglichen Vorlieben, Abneigungen unterhalten möchst, bist du herzlich dazu eingeladen, aber dann sollten wir dafür eine andere Form finden.

    Was ich allerdings stark bezweifle, ist das persönliche Wert- und Geschmacksurteile wie "hässlich" oder "schön" rein subjektiv sind. Diese basieren immer auf größeren kulturellen und sozialen Zusammenhängen und wirken auf diese zurück. Und so wie es in unserer westlichen Kultur einen über Jahrtausende geprägtes und sich wandelndes Ideal der Schönheit gibt, so gibt es spätestens mit Robert Campins Bildnis eines feisten Mannes (um 1425) oder Albrecht Dürers' Zeichnung seiner 63-jährigen Mutter (1514) einen eigenen Diskurs der Hässlichkeit in der Philosophie und Kunstgeschichte (Siehe hierzu u.a. Umberto Eco, Nelson Goodman, Angela Fabienne Huguenin). Hat das etwas mit dem Thema Brettspiel zu tun? Durchaus! Dieses Forum ist voll mit Gefällt mir/Gefällt mir nicht-Aussagen, wenn es zum Beispiel um das Redesign alter Spiele wie Village geht. (Selbst-)kritische Überlegungen oder gar eine tiefergehende Beschäftigung damit, worum etwas so und nicht anders dargestellt ist etc., sind dagegen rar gesät. Dieses gilt aus meiner Sicht leider auch für den Brettspieljournalismus: Hier wäre nicht nur für die allgemeine Akzeptanz von Brettspielen als Kulturgut noch viel zu leisten.

    Wo steht das auf meinem Blog von mir? Hat das vielleicht Markus geschrieben?

    Nee, das ist wie oben angegeben eine Aussage von dir. Übrigens mein Nickname hier ist Plasticman71. Nix mit Plasticity und Studios. Es tut mir wirklich leid, wenn dir meine obigen Kommentare zu anstrengend sind: ich habe dir weder deinen persönlichen Geschmack abgesprochen noch irgendwelche Rechtfertigung verlangt. Mir ging es vielmehr um ein vertieftes Verständnis bestimmter Zeichenstile sowie ihrer Bedeutung und Herkunft, also eine künstlerische Auseinandersetzung, die über rein subjektive Eindrücke hinausreicht. Ich verstehe aber auch gut, wenn für eine solch differenzierte Argumentation in diesem Forum nur bedingt Platz ist.

    Hässlich ist eine subjektive Empfindung und du kannst da nun zig Awards rausholen, das wird meinen Geschmack nicht ändern. Ich mag die Kolorierung nicht und ich finde den Strich viel zu unruhig. Das hat auch überhaupt nichts mit Unkenntnis zu tun, sondern mit Geschmack.

    Niemand streitet dir deinen persönlichen Geschmack ab. Aber dein früherer Post und auch dein Kommentar auf deiner Webseite ("Bei Mind MGMT ist das Problem die Gestaltung. Das schreckt einfach alle ab, ...") war mir zu verabsolutierend und verlässt die Sphäre der subjektiven Wertung. Die Rezension des Spiels auf brettspiel-news.de und die Kommentare hier von ravn und mir zeigen doch sehr klar, dass es eben nicht allen so geht, sondern die grafische Gestaltung von anderen im Gegenteil als sehr positiv und gelungen angesehen wird. Deshalb auch mein früherer Hinweis auf zwei der wichtigsten Preise der US-amerikanischen Comicindustrie. Darüber hinaus versuche ich persönlich erst einmal die Intention eines spezifischen Zeichenstils zu verstehen, unabhängig davon, ob er schön oder hässlich ist. Bei Matt Kindt lässt sich ähnlich wie in den Comics von Jeff Lemire oder Ted McKeever eine gewisse künstlerische Haltung und Tradition erkennen, die ganz bewusst Fehlfarben, eine zittrige Strichführung u.a. in Anlehnung an die Technik des Holzstichs oder köperliche Missgestaltungen einsetzt, um eine alternative Ästhetik zu kreieren, die sich von den Mainstream-Comics aus dem Hause Marvel oder DC deutlich abgrenzt. Ich empfinde das als äußerst wohltuend, kreativ und in sich überzeugend, aber das ist natürlich nur meine ganz persönliche Meinung. :)

    Wem der Grafikstil von Mind Mgmt gefällt, dem kann ich nur die gleichnamigen Graphical Novals von Matt Kindt empfehlen. Preisgünstiger Einstieg per Omnibus-Taschenbuch - dreiteilig.

    Wuahahah. Wegen des Stils musste ich in meiner Spielgruppe hart kämpfen. Er ist einzigartig. Ich würde aber sagen, einzigartig hässlich. *Duck und weg*

    Na ja, die Grafik des Spiels entspricht ziemlich genau der Comicvorlage. Hier von "einzigartig hässlich" zu sprechen, zeugt schon von einer gewissen Unkenntnis verschiedener Zeichenstile im Comic- und Illustrationsbereich. Nicht umsonst ist Matt Kindt sowohl für den Harvey- wie auch den Eisner Award für das "Best Graphic Album" nominiert gewesen.

    Wenn man alle drei "Omnibus"- Ausgaben holt, hat man dann alles? Ist die Geschichte fertig?

    Ja. Der ursprüngliche Run bestand aus 36 Einzelheften, der zunächst in 6 Hardcover- und später dann in 3 Omnibusausgaben wiederveröffentlicht wurde. 2018 gab es noch einen Kickstarter mit Comic und 7Inch-Single. Dieses Jahr erschien mit Mind MGMT Bootleg eine Fortsetzung, die von den verschiedenen Künstlern umgesetzt wird, aber nichts an der früheren Hauptgeschichte ändert.

    ravn

    Die Hardcover-Bände sind deutlich vor den Omnibus-Ausgaben erschienen, die nur Softcover sind. Die Hardcover sind rund 200 Seiten lang und enthalten 6 Einzelhefte, die Omnibus mit über 400 Seiten die doppelte Anzahl. Außerdem die von dir angesprochenen gefakten Werbeanzeigen und zusätzliches Artwork am Ende der Publikation. Beide Versionen variieren minimal in der Formatgröße, sind aber beide identisch mit den Einzelheften. D.h. in der Summe bekommst du bei den Omnibus-Ausgaben mehr Stories + Artwork für den Geld, musst dafür aber auf eine stabile Bindung verzichten.

    Ich kann von meiner Seite aus die Comics von Matt Kindt nur empfehlen. Ob man MIND MGMT wirklich für das Verständnis des Spiels gelesen haben muss, kann ich nicht sagen, da ich noch auf meine deutsche Version von der Spieleschmiede warte. Schon die frühen Publikationen von Matt Kindt (Pistolwhip, Super Spy) beschäftigen sich mit den Themen Krimi, Mystery und Spionage, was meines Erachtens super zu der Idee eines Deduktionsspiels passt.